Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. Die Gesundheitsministerin war nicht da.

Entschuldigung, ein Geschäftsordnungsantrag.

Die CDU-Fraktion hat noch nicht gesprochen. Wenn das schon der Schlussbeitrag der FDVP sein sollte - -

Ich hatte mich ebenfalls gewundert. Also, bitte schön.

Entschuldigung. Gerade habe ich zu meiner Kollegin neben mir gesagt: Ich mache mir zur Vorsicht einen Haken an die Namen von denen, die schon gesprochen haben. Aber dieser Haken war zu früh gemacht. Bitte, Frau Wernicke.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen, weil er nicht zur Versachlichung beiträgt, teilweise von falschen Positionen ausgeht und teilweise von der Realität und von bereits eingeleiteten Maßnahmen überholt worden ist.

(Zuruf von Frau Wiechmann, FDVP)

Herr Wolf, die für Verbraucher, für Landwirte, für den Tierschutz, aber auch für den ländlichen Raum äußerst schwierige Situation ist nicht als Thema für populistische und starke Sprüche geeignet.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der FDVP: Das ist nicht populistisch!)

Dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, eine kurze Stellungnahme der CDU-Fraktion zu diesem Thema und dem sich anscheinend auftuenden Konfliktfeld Landwirtschaft/Verbraucherschutz abzugeben. Ich will mit der derzeit schicken Forderung - Herr Krause, aber auch der Minister ist schon darauf eingegangen - nach einem Umorientieren in der Landwirtschaft beginnen.

Verbraucherschutz hat oberste Priorität, darin sind wir uns sicher alle einig. Er ist aber kein Freibrief für rote oder grüne Politiker, die im Moment ideologisieren und gegen technisch einwandfreie und tierartengerechte Haltungsformen vorgehen,

(Beifall bei der CDU)

die neuerdings als Massentierhaltung oder auch als Agrarfabriken bezeichnet werden. Es ist zu befürchten, dass diese Politiker ihre bisher nicht mehrheitsfähigen grünen Vorstellungen gegen eine bei uns gefestigte Agrarstruktur mithilfe der BSE-Krise durchsetzen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Betriebsgrößen und ökologischer Landbau allein sind kein Maßstab für eine verbraucherorientierte Tierhaltung und Erzeugung eines gesunden Lebensmittels. Herr Minister Keller hat durchaus Recht, wenn er sagt, einmal verlorene Marktanteile in dieser Branche sind von heute auf morgen nicht zurückzugewinnen.

(Beifall bei der CDU)

An erster Stelle der Forderungen nach einer langfristigen Sicherstellung eines höchstmöglichen Verbraucherschutzes steht nach unserer Ansicht die verstärkte Investition in Wissenschaft und Forschung, um eine beweisbare

Ausgangsposition für fachlich fundierte Entscheidungen zu finden und um die derzeitige Diskussion auf einen sachlichen Stand zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Alle Initiativen in diese Richtung finden unsere volle Unterstützung, aber auch alle Initiativen der Landesregierung, wie der Aufbau der Gendatenbank, wie Initiativen zur flächendeckenden Kontrolle und auch das Bemühen um die weitere Vereinheitlichung aller Instrumente in diesem Prozess auf EU-Ebene.

Aber auch das Verantwortungsbewusstsein der Verbraucher selbst ist mehr denn je gefragt; denn wir wissen alle: Die Zufuhr von Nahrungsmitteln ist nun einmal lebensnotwendig. Auch ohne BSE wird es immer ein gewisses Gefahrenpotenzial geben, welches man nicht zu 100 % ausschließen kann, wobei ich aber nicht sagen will, dass das Verfüttern von Tiermehl oder der in den letzten Tagen dargestellte Missbrauch von Antibiotika bei der Schweinehaltung toleriert werden kann.

Ebenso ist die konkrete und ehrliche Etikettierung der Lebensmittel eine unbedingte Voraussetzung, um die Bereitschaft des Verbrauchers, sein Lebensmittel selbst zu wählen, für sein Lebensmittel mehr zu zahlen, zu fördern.

Die CDU-Fraktion hat bereits vor 14 Tagen ein Konzept gefordert, um eine eventuelle Krise, wie sie nun leider in Mücheln besteht, zu bewältigen. Dazu gehört die Beantwortung solcher Fragen, wie sie der Minister eben selbst aufgeworfen hat: Wie hat die Entschädigung zu erfolgen, in welchem Umfang, wer zahlt und in welchem Ausmaß werden Ausfälle bezahlt? Wie hat die Entsorgung der Tierkörper zu erfolgen? Denn auch die logistische Frage in diesem Prozess ist ein Problem und sicherlich sind hierzu noch keine abschließenden Lösungen gefunden worden. Leider haben sich Bund und Land mit einer solchen vorsorgenden Aufgabe bisher nicht beschäftigt.

Der Minister hat sich heute - das begrüße ich - zu dieser Problematik umfassend geäußert. Wir können ihn in seinen Aussagen nur weitgehend bekräftigen.

Nachdem nun der BSE-Fall in Mücheln bestätigt wurde, ist in erster Linie die Frage der Unterstützung und Entschädigung des Betriebes zu lösen - auch hierbei unterstützen wir das Ministerium bzw. die Landesregierung -, um an dieser Stelle auch künftig weiterhin Landwirtschaft betreiben zu können.

(Zustimmung von Herrn Sommerfeld, CDU)

Die Bundeslandwirtschaftsministerin hat sich trotz dieser Entscheidung heute nach wie vor eindeutig zu positionieren, nach welchen Kriterien künftig betroffene Bestände behandelt oder auch getötet werden müssen.

Ich gebe zu bedenken, ob es sachlich, wirtschaftlich und ethisch vertretbar ist, Bestände in solch einem Umfang - ich hoffe, es kommen nicht noch größere Bestände auf uns zu - zu vernichten und somit einer ganzen Region die wirtschaftlichen Grundlagen zu entziehen.

Aber andererseits - auch das sehen wir realistisch - wäre bei einer teilweisen Keulung der Absatz von Milch und von Fleisch der betroffenen Betriebe nur schwer sicherzustellen, und es wäre auch schwierig, den wirtschaftlichen Betrieb dieses Unternehmens langfristig zu sichern. Denn es ist fraglich, ob sich der verunsicherte Verarbeiter und der verängstigte Verbraucher künftig mit Vertrauen an diesen Betrieb wenden würden.

Deshalb kritisieren wir die heutige Entscheidung nicht, geben aber die ethischen und die wissenschaftlich nicht belegbaren Bedenken noch einmal zu Protokoll.

Die CDU stellt fest und stellt die Forderung auf: Bei einer Keulung von Tierbeständen ist zu entschädigen, um die Existenz der Bauern und der ländlichen Räume zu sichern. An den Kosten der Entschädigung, an den Kosten aufgrund der Einkommensausfälle, die nicht nur beim Landwirtschaftsbetrieb entstanden sind, und an den Kosten der Tierkörperbeseitigung haben sich Bund und Land zu beteiligen. Die Lasten dürfen nicht vollständig auf den Landwirt, aber auch nicht über den Preis - das möchte ich hervorheben - vollständig auf den Verbraucher abgewälzt werden.

Wir wissen wohl, dass es angesichts der rechtlichen Situation und angesichts der finanziellen Lage im Land eine schwierige Aufgabe sein wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die CDU wird sich in diesen Prozess weiterhin konstruktiv, sachlich und ohne Hysterie einbringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Kollegin Wernicke, ich hoffe, dass Sie mir noch einmal verzeihen. - Frau Wiechmann, Sie wollten eine Frage an Frau Wernicke stellen. - Sie möchte nicht antworten. Jetzt spricht der Abgeordnete Herr Wolf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unbequeme Anträge kommen nun einmal von der FDVPFraktion. Das müsste bekannt sein.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS - Herr Dr. Süß, PDS: Unqualifizierte!)

Und sie sind hochaktuell. Wenn sie als populistisch bezeichnet werden, nehme ich das Lob gern an; denn für mich ist dieser Begriff positiv.

(Lachen bei der PDS)

Ich stelle fest: Erstens. Die Gesundheitsministerin war nicht anwesend, als wir über üble Krankheiten redeten.

Zweitens. Wir reden von Menschen; die Regierung redet nur von den Beständen und von der Milch.

Drittens. Die Gegenwart ist zu bewältigen. Es wird ständig ausgeführt, was man später, also morgen, ändern will.

Viertens. Der Minister klammert sich an den Standpunkt, wir hätten nur ein finanzielles Problem, sonst keines, vielleicht noch ein EU-Problem. Echte Fragen sind: Was kann ich meinem Kind zu essen geben?

(Frau Krause, PDS, lacht)

- Fragen Sie einmal die Mütter, die lachen dabei nicht.

(Oh! bei der PDS)

Wie grenze ich Gefahren ein? Also andersherum: Informationen sofort.

Wenn ich den Minister richtig verstanden habe, können wir nichts machen. Die EU darf uns vergiften. Das ist sogar rechtlich untermauert.

(Herr Sachse, SPD: Und Sie haben die Lösung? - Herr Dr. Bergner, CDU: So ein Quatsch!)

Ich sage es noch einmal: Da fällt uns gerade noch zur richtigen Zeit dieser umfangreiche Bericht des Gesundheitsministeriums in die Hände. Auf dem Umschlag steht rechts unten: Vorsorgen! Und darin sucht man und stolpert man herum, aber es ist kein Hinweis auf die ungeheure Gefahr zu finden, in der sich die Menschen befinden; denn es hat Methode. Wenn sich die Vorturner in Berlin nicht bewegen, macht man hier auch nichts. So gerät man in Regierungskrisen; denn etwas anderes ist es nicht.

Und nicht ich habe hier die Fragen zu beantworten, vielmehr habe ich welche zu stellen. Warum gibt es noch keinen Sonderausschuss im Landtag? Warum haben wir außer der Kneifzange für Rinderohren gar nichts? Wieso erhält die Bevölkerung keine Information von der Regierung? Wozu ist die Regierung eigentlich da?

(Zustimmung von Herrn Weich, FDVP - Lachen bei der SPD)