Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Aber eines dürfen wir nicht außer Acht lassen: Wir wollen gleichzeitig attraktive Energiepreise für alle Beteiligten, für den privaten Haushalt und für die Wirtschaft. Wir brauchen das für unseren Standort. Deswegen muss die Energieerzeugung auch wirtschaftlich sein. Wir können nicht in großem Umfang Strukturen installieren, die eine Dauersubventionierung benötigen. Dass wir uns diesbezüglich gerade bei erneuerbaren Energien teilweise auf einer Gratwanderung befinden, weiß auch jeder. Aber der Vollständigkeit halber muss darauf hingewiesen werden.

Man kann erneuerbare Energien nicht allein deshalb in den Vordergrund stellen, weil es schick ist, mit ihnen zu arbeiten, sondern wir müssen die Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung erhalten und sie dort, wo wir sie nicht haben, erreichen.

Wir wären bei der Windenergieerzeugung nie so weit gekommen, wenn es nicht die öffentliche Förderung gegeben hätte. Deshalb stehe ich hinter der öffentlichen Förderung. Aber ich weiß genauso, dass die Konstrukteure und Anlagenhersteller weit unter ihren technischen Möglichkeiten geblieben sind, weil nämlich die öffentliche Förderung dafür Sorge getragen hat, dass sie, obwohl sie sich nicht richtig angestrengt haben und die Möglichkeiten, wirtschaftlich zu arbeiten und wirtschaftlich Strom zu erzeugen, nicht voll ausgenutzt worden sind, trotzdem ihr Geschäft machen konnten.

Jetzt ist es an der Zeit, die letzte technologische Möglichkeit aus dem Know-how, das wir durchaus haben,

herauszukitzeln. Auch diesbezüglich müssen wir ein gewisses Druckpotenzial aufmachen, aber nicht unter dem Motto: Es ist schick, aus Wind Strom zu machen, und egal was es kostet, wir marschieren immer weiter. Es geht um Wirtschaftlichkeit. Jetzt müssen wir alle Beteiligten auch ein bisschen dazu zwingen, die Wirtschaftlichkeit stärker in den Vordergrund zu stellen, als das in den letzten Monaten und Jahren passiert ist.

Ich weiß den Versuch zu würdigen, all das und ein paar andere Fragen in ein Konzept zu gießen.

Sie kennen unsere Bemühungen, zum Beispiel die Förderung und Verstromung von Braunkohle in SachsenAnhalt zu erhalten. Hierbei weiß ich mich im engen Verbund mit meinen Wirtschaftsministerkollegen, deren Solidarität ich habe. Ich habe mehrfach für entsprechende Beschlüsse gesorgt. Ich weiß, dass der Bundeswirtschaftsminister voll hinter der Auffassung steht, dass der Bereich Braunkohle bei uns erhalten bleiben muss. Ich weiß, dass sich die Kumpel sicher sind, dass die Stromerzeugung aus Braunkohle wirtschaftlich ist. Das heißt, wir haben eine wirtschaftlich leistungsfähige Art, Energie zu erzeugen. Auch diese gehört zu unserem Energiemix.

Ich glaube, ich habe die Schnittstelle, wo man staatlicherseits eingreifen und Dinge steuern kann und wo es marktwirtschaftliche Dynamik ist, zumindest so angerissen, dass das Spannungsfeld deutlich wird. Nur in diesem Spannungsfeld macht ein Energiekonzept Sinn, in dem man vielleicht Handlungsmöglichkeiten herausarbeitet, aber an anderer Stelle der Marktwirtschaft zugesteht, dass sie nicht alles finster beeinflusst, sondern im Sinne des Verbrauchers auch in der Lage ist, ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzeugen.

Insofern freue ich mich, da die Anträge ein bisschen kontrovers gestellt worden sind, auf die Debatte. Sie können davon ausgehen, dass ich in voller Offenheit daran interessiert bin, in Sachsen-Anhalt einen ordentlichen Energiemix zu haben. Aber die Wirtschaftlichkeit muss auch gegeben sein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Gürth. Bitte, Herr Gürth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern Morgen lief im Radio eine Anfrage an Radio Eriwan. Sie lautete ungefähr so: Stimmt es, dass in den USA jeder Mensch ein Auto hat? - Knistern im Radio, dann kam die Antwort: Im Prinzip ja, aber bei uns hat jeder einen Parkplatz.

Als ich den Antrag von Herrn Professor Trepte las, fragte ich mich natürlich: Stimmt es, dass alle ein Energiekonzept haben, nur wir nicht? Die Frage kann man nicht mit „im Prinzip ja“ beantworten. Ich habe mich einmal kundig gemacht.

Mittlerweile hat man das Thema in allen Bundesländern auf der Tagesordnung. Aktuelle Gesetzgebungen und Konzepte gibt es in den Ländern Brandenburg und Sachsen aus den Jahren 1993 und 1996. Diese werden derzeit überarbeitet. Die Bundesregierung hat versprochen, zum Ende des Jahres 2000 ein Energiekonzept vorzulegen. Es würde Sinn machen, das Energiekonzept

der Bundesregierung gewissermaßen als Grundlage zu haben, auf der man ein Landesenergiekonzept aufbauen kann.

Es gibt aber einen aktuellen Anlass, der für uns wichtig ist, im Lande eine vernünftige konzeptionelle Vorstellung dazu zu entwickeln und öffentlich bekannt zu machen, wie die Energieversorgung in Sachsen-Anhalt strukturiert werden soll.

Das sind zum einen die Fragen des Klimaschutzes, die zu Recht angesprochen worden sind. Das ist ein sehr wichtiges Thema. Aber das, was im Zusammenhang mit der Begründung „Klimaschutz“ im Land Sachsen-Anhalt passiert ist, ist nicht alles begrüßenswert. Wenn ich mir die Windparks und die Entwicklung in diesem Ressort anschaue, dann stelle ich fest, dass es viel Wildwuchs aufgrund fehlender rechtzeitiger Entscheidungen gibt. Das ist auf keinen Fall zu begrüßen.

Insofern brauchen wir eine gewisse Ordnung, eine gewisse Strukturierung bezüglich der regenerativen Energien. Wir müssen fragen: Wo sind welche Standorte wirtschaftlich sinnvoll und sogar zu fördern?

Das Zweite ist die Frage der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und somit auch der Arbeitsplätze. Wir haben als Land Sachsen-Anhalt eine Reihe von Eigeninteressen zu vertreten und diese müssen wir auch nach außen deutlich machen.

Das betrifft auf der einen Seite natürlich die Preise. Die Energiepreise im Land Sachsen-Anhalt sind, verglichen mit Standorten im Westen der Republik, immer noch um 10 % höher. Es gibt aufgrund der europäischen Wettbewerbspolitik eine Liberalisierung, die hinsichtlich der Energiepreise eine enorme Bewegung ausgelöst hat. Wir stellen fest, dass nach einem Preiswettbewerb nach unten wieder eine Art Konsolidierung zustande kommt. Es ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt wir neue Oligopole mit wiederum höheren Energiepreisen haben werden. Was hat sich dann verändert?

Fakt ist aber: Aufgrund der Liberalisierung hat sich die Wettbewerbssituation für die Energieerzeuger auch in Sachsen-Anhalt wesentlich geändert. Sachsen-Anhalt muss auch daran interessiert sein, Energie zu produzieren, nicht nur Energie zu konsumieren. Das betrifft nicht nur Stadtwerke, die vor Ort auftreten und zum Teil eine Reihe von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen errichtet haben. Es betrifft nicht nur Energieparks, es betrifft viele andere auch. Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen, die Mibrag.

Wir wissen, dass es im Bereich der Energieversorgung in den neuen Bundesländern einen Eigentümerwechsel gibt; wir kennen die kartellrechtliche Entscheidung. Das bedeutet, aufgrund des Eigentümerwechsels müssen wir zusehen, dass wir die Existenz der Mibrag sichern. Das bedeutet neue Eigentümer, wenn die Veag veräußert wird. Diese müssen uns garantieren, dass 50 TWh verstromt werden.

Wir haben zwar Verträge, in den Verträgen zur Sicherung der ostdeutschen Braunkohle, also ganz speziell unserer Interessen, sind aber Mengengerüste, keine Preisgerüste enthalten. Das bedeutet, dass wir die Verträge in den Wind schreiben können. Von der Verstromung hängen aber Tausende Arbeitsplätze ab. Insofern sind nur einige Beispiele angerissen worden, die zeigen, wie dringend notwendig es ist, ein Energiekonzept zu bekommen.

Ich weiß, dass es einen Änderungsantrag der SPDFraktion gibt. Dem Änderungsantrag in der Urform hätten wir nicht zustimmen können. Mir ist aber bekannt, dass die SPD-Fraktion diesen Änderungsantrag noch einmal geändert hat, und zwar in dem Sinne, dass wir uns bis zum Jahresende ein Energiekonzept vorlegen lassen wollen - das ist, denke ich, eine angemessene Frist, um ein qualitativ gutes Konzept erwarten zu können - und dass wir noch vor der Sommerpause die Eckpunkte für ein solches Konzept in den zuständigen Fachausschüssen beraten.

Einen letzten Satz noch dazu, was Mibrag, Laubag und Veag betrifft. Ich denke, darüber müssten wir auf jeden Falle noch bis zum Ende des ersten Quartals im zuständigen Wirtschaftsausschuss sprechen; denn später wird das wenig Sinn haben. Ich gehe davon aus, dass das im Rahmen der Selbstbefassung auch möglich ist.

Insofern wird die CDU-Fraktion dem nun mit Spannung erwarteten neuen Änderungsantrag der SPD-Fraktion zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. - Den Standpunkt der SPD-Fraktion trägt jetzt der Abgeordnete Herr Sachse vor.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Es gibt in diesem Hause weitgehende Übereinstimmung zwischen der Landesregierung, dem Antragsteller, glaube ich, und auch der SPD-Fraktion, was die rasanten strukturellen Veränderungen in der Energiewirtschaft und das Erfordernis angepasster energiepolitischer Ansätze für die Bundesrepublik und das Land Sachsen-Anhalt betrifft. Die Dynamik dieses Prozesses ist angesprochen worden.

Seit der Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahr 1989 hat sich unser Haus schon des Öfteren mit dieser Thematik beschäftigt. Einerseits haben wir die Strompreisentwicklung begrüßt, andererseits haben wir den Druck auf die Primärenergieträger und das Fusionsfieber der großen Energiekonzerne bis hin zu den Zwängen für die kommunalen Stadtwerke kritisch begleitet. Die Aktivitäten im Klimaschutz sind ebenfalls bereits angesprochen worden.

Die letzten Diskussionen haben wir mit den Schwerpunkten Technologieförderung, regenerative Energien und Sicherung der Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie geführt. Herr Professor Trepte, Sie haben immer einen maßgebenden Anstoß zu diesen Diskussionen gegeben.

Bei dem vorliegenden Antrag soll das Thema aber umfassender diskutiert werden. So habe ich es zumindest aufgefasst. Ein Landeskonzept muss sich auch mit konkreten Umsetzungsstrategien beschäftigen.

Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass dies zumindest zu den im Antrag genannten Terminen nicht möglich ist. Auch müssen Fragen der Bestimmtheit und der Erwartungshaltung für ein derartiges Konzept bei der zurzeit vorhandenen Dynamik und der sich ergebenden absehbaren Entwicklung in der Energiewirtschaft unseres Landes diskutiert werden. Schnellschüsse ohne die Betroffenen bzw. die Akteure sind nach unserer Auffassung fehl am Platze, meine Damen und Herren.

In dem vorliegenden Antrag wird in der Begründung formuliert, dass die Handlungsspielräume des Landes erheblich seien. Da habe ich meine Bedenken, Herr Professor Trepte. Darüber, ob die Handlungsspielräume des Landes wirklich so groß sind, würde ich mich sehr gern mit Ihnen unterhalten.

Die bisherigen Ausarbeitungen von energiepolitischen Konzepten und Leitlinien berücksichtigen die Gesamtheit der neueren Entwicklung jedenfalls nicht bzw. nicht umfassend. Der Minister ist darauf eingegangen; bei der Einbringung des Antrages ist ebenfalls darauf eingegangen worden.

Der energiepolitische Dialog für die Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Globalisierung und der vereinbarten Klimaschutzziele ist im vergangenen Jahr sehr intensiv geführt worden. Auf dieser Grundlage müssen wir für unser Land Überlegungen anstellen, um gerade in der alten Industrieregion Mitteldeutschland einen angemessenen Beitrag zu leisten.

Der Wirtschaftsminister ist auf erste Entwicklungen eingegangen. Darauf wollen wir aufbauen, auch darauf, dass sich Deutschland eines der anspruchsvollsten nationalen Klimaschutzziele gegeben hat.

Wir möchten darüber unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Akteure diskutieren und möchten uns den Aktivitäten in unserem Lande mit einem energiepolitischen Dialog weiter nähern. Wir hoffen, diesen gemeinsam mit der Landesregierung noch in diesem Jahr führen zu können. Also, Herr Professor Dr. Trepte, das Wort „Geheimniskrämerei“ sollte sich in Bezug auf diese Thematik nicht festsetzen.

Die SPD-Fraktion schlägt deshalb diesen Dialog vor, an dessen Ende auch energiepolitische Leitlinien für unser Land stehen können, die einen realistischen Handlungsrahmen für die nächsten Jahren erkennen lassen. Ein Konzept der Bundesregierung wird in absehbarer Zeit ebenfalls vorliegen. Auch diese Dinge möchten wir einbeziehen.

Ich gebe zu, dass unser Änderungsantrag vielleicht etwas unkonkret war. Ich bin darauf hingewiesen worden. Aufgrund der vorgezogenen Behandlung des Tagesordnungspunkts habe ich eine Neufassung nicht schriftlich vorlegen können. Ich hoffe, Sie können mir folgen, wenn ich die Änderung vortrage.

Ich würde sehr gern etwas in dem ersten Absatz unseres Änderungsantrags verändern. Er soll wie folgt geändert werden:

„Die Landesregierung wird beauftragt, dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten federführend sowie dem Ausschuss für Raumordnung und Umwelt bis zur parlamentarischen Sommerpause dieses Jahres Eckpunkte für ein Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt vorzulegen. Diese sollen Grundlage für einen landesseitigen Energiedialog sein. Dabei sollen die Entwicklungen auf EU- und Bundesebene mit einbezogen werden. Der Entwurf für ein Energiekonzept ist bis zum Jahresende vorzulegen.“

Ich denke, hieran ist nun in angemessener Bestimmtheit ein Arbeitsplan für dieses Jahr zu erkennen. Vielleicht kann sich auch der Einreicher diesem Gedanken nähern.

Der zweite Absatz soll in der Fassung des Änderungsantrags beibehalten werden. - Ich bitte um Zustimmung

zu dieser Änderung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Können Sie das wiederholen?)

Danke sehr. - Herr Gürth, haben Sie eine Frage oder klären Sie das im Dialog mit Herrn Sachse? - Offensichtlich das Zweite.

Bevor ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Wolf das Wort erteile, begrüßen wir Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums in Magdeburg ganz herzlich.

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte, Herr Wolf, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann es an dieser Stelle kurz oder lang machen. Doch die Erarbeitung eines eigenen Energiekonzepts für das Land Sachsen-Anhalt ist auch unseres Erachtens zwingend notwendig, da eine moderne Energiepolitik und -planung Eckpfeiler eines zukunftsgerichteten Landes sind.