Obwohl die eingeleiteten Maßnahmen, wie zum Beispiel die Einrichtung einer Gendatenbank, richtig und ein Schritt hin zu mehr Verbrauchersicherheit sind, braucht man aus unserer Sicht dazu keine Aufforderung oder Bestätigung durch den Landtag. Ebenso wenig bedarf es einer Aufforderung durch das Parlament, eine europaweite Einführung anzustreben und dazu erforderliche Anstrengungen durch die Landesregierung zu unternehmen.
Die CDU-Fraktion hat - auch das haben Sie verfolgt - dem Minister und der Landesregierung bereits in den vergangenen Wochen die volle Unterstützung bei dieser Politik im Interesse unserer Landwirtschaft zugesichert.
Nicht ganz ohne Bauchschmerzen stimmen wir dem Punkt 1 des SPD-Antrages zu; denn diese allgemeine Floskel, die Agrarpolitik auf „umwelt-, verbraucher- und tiergerechte Ziele“ neu auszurichten, lässt aus unserer Sicht alles zu und hängt trotz eines EU-Förderrahmens doch sehr weitgehend von der jeweiligen parteipolitischen und unter Umständen ideologisierten Position ab. Zudem erweckt sie den Eindruck, als ob konventionelle Landwirtschaft und Erzeugung von Lebensmitteln bisher immer gegen Umwelt und Verbraucher gerichtet gewesen wären.
Dringend notwendig ist jedoch eine eindeutige Positionsbestimmung zu der Einführung einer Obergrenze bezüglich der Anzahl von prämienfähigen Rindern innerhalb eines Betriebes, wie es von der EU vorgeschlagen worden ist, und zu einer möglichen Kürzung von Direktzahlungen bei Überschreitung der Obergrenze.
Diese Entscheidung wäre ein eklatanter Verstoß gegen die Chancengleichheit zwischen Betriebs- und Rechtsformen, und das europaweite Problem - es wurde eben schon genannt - würde in erster Linie auf dem Rücken der ostdeutschen Betriebe ausgetragen. Das ist nicht nachvollziehbar und wird deshalb auch von uns abgelehnt.
Um jedoch die vor allem von den Sozialdemokraten in den Wahlkämpfen gepriesene Chancengleichheit nachhaltig zu sichern, Herr Barth, muss sich die SPD-regierte Bundesregierung bei der Finanzausstattung zur Bewältigung der BSE-Folgekosten in ausreichender Weise einbringen,
um Tierhaltern und Tierzüchtern wieder ein wirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen, aber auch um dem Verlust von Marktanteilen in der Fleisch- und Lebensmittelerzeugung und im Handel entgegenzuwirken.
Die Politik - ich glaube, auch in dieser Hinsicht sind wir uns weitgehend einig - sollte sich nicht zu sehr darauf verlassen, dass der Verbraucher bereit ist, für gesunde Lebensmittel mehr zu zahlen. Dass Produkte gesund und preiswert sind, wird auch künftig - in dieser Hinsicht bin ich mir sicher - Vorrang beim Einkauf haben.
Eine weitere Forderung unseres Änderungsantrages, die Forderung nach Ablehnung des von EU-Agrarkommissar Fischler vorgelegten Siebenpunkteplanes, resultiert insbesondere aus den Plänen, die gerade unsere ostdeutschen Betriebe benachteiligen würden, wie die Einführung einer Obergrenze von maximal 90 Tieren pro Betrieb. Alle anderen Teile des Planes werden von uns als notwendig und wünschenswert erachtet. Deshalb würden wir dem Vorschlag des Kollegen Barth zustimmen, unseren Änderungsantrag wie vorhin genannt zu korrigieren.
Die Überprüfung des gesamten bisherigen Systems der Ausgleichszahlungen für Marktordnungsfrüchte und Tierprämien und deren Ersatz durch ein System einheitlicher Flächenzahlungen ist zu begrüßen. Das ist eine Forderung, die schon älteren Datums ist; aber sie scheint angesichts der BSE-Krise jetzt eine größere Chance zu bekommen, umgesetzt zu werden.
Ich möchte ein letztes Wort zu der beantragten Unterstützung der Anwendung des von der Universität Halle erarbeiteten landwirtschaftlichen Bilanzierungsprogrammes Repro sagen. Wir unterstützen die Einführung eines derartigen Programmes, wir sind uns auch sicher, dass es uns überzeugen wird, aber wir hätten schon Interesse daran, dass es uns vorgestellt wird. Deshalb bitten wir um eine Information im Ausschuss. Das kann bei unserem Besuch in der Universität geschehen. Wir erachten es schon als wichtig, dass solche innovativen und wirksamen Systeme schnell eingeführt werden, um damit eine Wende in der Agrarwirtschaft des Landes zu unterstützen.
Ich fasse zusammen. In Verbindung mit unserem Änderungsantrag in der korrigierten Fassung, wie sie eben vorgeschlagen worden ist, stimmen wir einer Annahme der Punkte 1 bis 4 des SPD-Antrages zu. Wir würden auch dem Punkt 5 zustimmen, wenn die PDS mitgehen würde, den ersten Teil von Punkt 5 entsprechend dem eben genannten Vorschlag zu streichen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag unterstützt die Bemühungen auf EU-, Bundes- und Landesebene, die Agrarpolitik auf umwelt-, verbraucher- und tiergerechte Ziele neu auszurichten - so nachzu- lesen im SPD-Antrag.
Meine Damen und Herren! Erlaubt sei die Frage, welche ernst zu nehmenden Bemühungen der Landesregierung der Landtag in Sachsen-Anhalt denn unterstützen oder auch noch begrüßen soll. Mir ist bis zum heutigen Tag nicht eine Bemühung bekannt.
- Halt! Doch, Entschuldigung: Minister Kellers Gendatenbank, wie sie im SPD-Selbstbelobungsantrag freudig gefordert wird. - Aber die kann damit wohl nicht gemeint sein.
Seine durchstochenen Rinderohren werden das Vertrauen des nicht informierten Verbrauchers in die durch die Folgen der BSE-Krise geschwächte Landwirtschaft auch nicht zurückbringen. Alles in allem, denke ich, ist das ein schönes Wolkenschloss. Mehr ist dieser Versuch leider nicht wert.
Im Treibsand der EU, meine Damen und Herren, wird auch dieser magere Ansatz von Bemühungen der Landesregierung verschwinden.
Weiterhin liest man, dass der Landtag den Kurs der Landesregierung begrüßt. Laut Herrn Kellers Aussage könne er aber aus Gründen des europaweiten freien Marktes und der Regelung in der Europäischen Union nichts im Alleingang unternehmen. Ist der zu begrüßende Kurs der Landesregierung nun der von SachsenAnhalt, der von Berlin oder am Ende doch nur wieder der vorgegebene Spielraum aus Brüssel?
Mit anderen Worten: Kapitän Keller steuert mit seinen einseitigen europäisch abgestimmten Bemühungen die „Titanic Sachsen-Anhalt“ auf landwirtschaftlichem Kollisionskurs, und Sie, meine Damen und Herren - auch von der CDU -, halten ihm mit ihrer zurückhaltenden Opposition auch noch das Steuer.
Mit mageren Sechspunkteempfehlungen, der berühmten Gewebekneifzange und dem Nachplappern von EU-Vorgaben ändern Sie weder an den Folgen der BSE-Krise für die Landwirtschaft noch in der Agrarpolitik etwas.
Punkt 3 des Antrages, meine Damen und Herren, die im Rahmen der Agenda 2000 mögliche Kürzung der Direktzahlungen für landwirtschaftliche Betriebe bei Überschreitung der Unternehmensgröße abzulehnen, stimmen wir natürlich zu. In diesem Sinne wird die Landesregierung in ihren Bemühungen auch von der FDVPFraktion unterstützt. Wir wünschen uns allerdings sehr, dass es nicht nur bei Bemühungen bleibt.
Genauere Ausführungen über unsere Auffassung zur Betriebsgröße landwirtschaftlicher Unternehmen werden Sie dem Inhalt unseres Redebeitrags zu dem eigenen Antrag entnehmen können, der im Anschluss an meine Rede behandelt werden wird.
Meine Damen und Herren von der Fraktion der SPD, Sie begründen Ihren Antrag wie folgt - ich zitiere -:
„Die Verbraucher sind sensibilisiert für eine nachhaltige, umweltschonende und tierartgerechte Landwirtschaft, die gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel erzeugt, die Umwelt nachhaltig nutzt und“
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie sprechen vom ethischen Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren, dulden aber - das haben wir heute gerade wieder gehört - die Vernichtung von Fleisch dieser Tiere zur Regulierung des europäischen Marktes. In der Dritten Welt, meine Damen und Herren, verhungern Kinder.
Ihre Fraktion lehnte mehrheitlich die weltweite Ächtung und das Verbot uranabgereicherter Munition ab. Meine Damen und Herren, Sie sprechen vom ethischen Umgang mit Tieren und haben nicht einmal Achtung vor dem menschlichen Leben.
Während meiner Recherche zu dem Antrag der FDVPFraktion fand ich in den Internetseiten der Landwirtschaftsministerien von Bayern, Sachsen und Thüringen auf der ersten Seite sofort Hinweise zu BSE-Hilfsprogrammen, Ansprechpartnern usw. Nur Sachsen-Anhalt hält sich dabei zurück. So findet der Suchende versteckt unter der Rubrik Pressemitteilungen und zwischen Artikeln zum Treffen des EU-Agrarrates, zu der internationalen Konferenz in Manila und zu bayerischen Landwirten im Ohrekreis doch noch Hinweise auf BSE.
Ich denke, das Verstecken von Informationen ist ein weiteres Indiz dafür, dass mit einem nicht vorhandenen BSE-Programm unserer rot-roten Landesregierung ein wunder Punkt getroffen wurde. Wer sich den offensichtlichen Problemen, meine Damen und Herren, aber nicht stellt, der wird sie auch nicht bewältigen.
Ich sage es noch einmal ganz klar und deutlich: Ein Wundermittel zur Bewältigung der BSE-Folgen im Land Sachsen-Anhalt ist unser Antrag auch nicht. Er ist aber eine stabile Grundlage, auf die aufgebaut werden kann. Die Mitarbeit aller Fraktionen ist hierbei gefragt.
Wir denken, die halbherzigen Ausführungen im SPDAntrag und auch in den anderen Änderungsanträgen können wir einfach nur ablehnen, ebenso den EU-Einheitskurs von Minister Keller. Inhaltlich würde ich allen Anträgen die Note „mangelhaft“ verleihen. Ich habe nur die Worte gehört: EU, Marktentlastung, EU... Mehr ist Ihnen nicht eingefallen.
Eigene Ideen müssen her, konstruktive Ideen vor allen Dingen und Vorschläge; aber diese kann ich in allen Anträgen nicht erkennen. Logische Konsequenz kann deshalb nur die Zustimmung zu unserem Antrag sein. - Danke schön.
Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Krause für die PDS-Fraktion das Wort erteile, begrüße ich herzlich Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums Magdeburg.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Jawohl, in der Agrarpolitik brauchen wir auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene unbedingt eine einheitliche Ausrichtung sowie eine höhere Verbindlichkeit bei der Umsetzung und Einhaltung der beschlossenen Maßnahmen.
Der springende Punkt, meine Damen und Herren, ist allerdings der, dass zur Sicherung von Ausgewogenheit und Chancengleichheit sowie bei der Einhaltung erforderlicher Leistungen immer auch die unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Regionen Europas und in der Bundesrepublik berücksichtigt werden müssen.
In diesem Sinne hat sich die PDS nicht erst heute für einen Kurswechsel in der Bundes- und EU-Agrarpolitik bzw. für eine Neuausrichtung ausgesprochen. Dazu gehören unbedingt auch die im vorliegenden Antrag enthaltenen Überlegungen bezüglich des Verbraucherschutzes und einer gesunden Ernährung der Bevölke
rung. Das muss für alle Nahrungsmittel Geltung haben, unabhängig davon, ob sie aus der traditionellen Landwirtschaft oder aus der Ökolandwirtschaft stammen.
Eine moderne Land- und Ernährungswirtschaft, wie wir sie meinen, kann keinen Bogen um moderne Technologien, um neueste Erkenntnisse der Naturwissenschaften und um ein hohes Niveau der Qualitätswirtschaft machen. Das schließt selbstverständlich immer die Korrelation bzw. die Wechselbeziehungen mit den natürlichen Gegebenheiten und sozialen Verhältnissen ein, unter denen die Landwirtschaft, aber auch die Verarbeitung und die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte betrieben werden.
Gleich ob direkt vermarktender Biobauer oder ein konventionelles Agrarunternehmen, ob groß oder klein - eine Umsteuerung der Agrarförderung und eine sinnvolle, abgestimmte Anwendung restriktiver Maßnah- men würde allen zukunftsorientierten Landwirten und schließlich dem Verbraucher helfen. Nicht erst Kontrollen, Überprüfungen, Zertifizierungen, sondern auch die Selbstöffnung des Unternehmens, zum Beispiel mit der Aktion „Offener Hof“, stehen für eine gläserne Landwirtschaft, die heute jeder Landwirt unterstützt, weil dies Vertrauen schafft.
An dieser Stelle möchte ich zum wiederholten Male darauf hinweisen, dass der gegenwärtige himmelschreiende Widerspruch darin besteht, dass die Landwirte ihr Unternehmen offen legen sollen und müssen und dies auch tun, dass aber andererseits der große nationale und internationale Agrarhandel sich nicht im Geringsten in die Karten schauen lässt. Aber gerade bei der Neuausrichtung der Landwirtschaft muss es einerseits darum gehen, diese Verweigerungshaltung aufzubrechen, und andererseits darum, sich so weit wie möglich von dieser Branche unabhängig zu machen.