Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Herr Professor Trepte -

Noch einen Satz zugunsten der Landesregierung.

Einen Satz, ja.

Herr Minister Gerhards, natürlich ist es aus diesen Gründen wirklich nur in Einzelfällen möglich, belastbare Aussagen zu quantifizierbaren Wirkungen der Energiepreiserhöhung zu machen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Dr. Rehhahn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Konsequenzen der Energieverteuerung für Sachsen-Anhalt“ - Herr Gürth, Sie müssen die Überschrift wirklich einmal lesen -, hieß Ihre große Anfrage. Als ich mir in Vorbereitung auf diese Debatte die Anfrage näher angesehen habe, ist mir klar geworden, dass es im Detail um eine Ökosteuerdebatte gehen würde. Ich habe mich nicht getäuscht. Sarkastisch könnte ich jetzt feststellen, dass es die Regelmäßigkeit der vergangenen zwei Jahre gebietet, wieder darüber zu reden, alle sechs Monate, damit wir nicht aus der Übung kommen.

Die Sachargumente zum Thema Ökosteuer haben wir sowohl im Plenum als auch im Finanzausschuss mehrfach und hinreichend ausgetauscht. Wir haben dabei festgestellt, dass wir in unserer Meinung nicht übereinstimmen. Ich befürchte - das hat sich auch herausgestellt -, dass sich auch heute daran nichts ändern wird.

Es gibt das schöne Wort „beratungsresistent“. Herr Gürth, irgendwo muss man dieses eventuell auf Sie anwenden. Ich habe aber die Hoffnung - jetzt geht gerade Herr Professor Böhmer hinaus -, dass der von Ihnen ins Land gerufene anerkannte Wirtschaftsfachmann Ihnen eventuell ein klein wenig - ich möchte das Wort in Anführungszeichen setzen - Nachhilfeunterricht gibt, damit Sie dann die Zusammenhänge etwas besser erkennen können und erkennen werden.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Kommen wir zum Inhalt. Die CDU-Fraktion hat mit der Großen Anfrage eine wirkliche Fleißarbeit vollbracht. 157 Fragen, und sie hat dabei nicht ein einziges Mal das Wort „so genannt“ vergessen. Mir ist beim Lesen der Fragen nur nicht ganz klar geworden, worin der Erkenntniszuwachs liegen soll.

Von der Landesregierung geforderte Aussagen zur künftigen Entwicklung der Energiepreise im weitesten Sinne haben wir nicht erhalten, konnten wir auch nicht erhalten, weil sich die Landesregierung partout nicht als Prophet betätigen wollte.

Hatte die CDU-Fraktion das eventuell erwartet? Hatte die CDU-Fraktion ernsthaft erwartet, dass es in der Landesregierung irgendjemanden gibt, der heute schon weiß, wohin sich in den kommenden Jahren die Öl- und Gaspreise entwickeln werden oder wie sich der Wechselkurs zwischen dem Euro und dem Dollar gestalten wird? - Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Gürth, dass Sie so etwas wirklich erwartet haben.

Oder verdanken wir diese Frage ganz einfach dem Umstand, dass die CDU-Fraktion noch immer nicht zur Kenntnis genommen hat, dass die Entwicklung der Energiepreise am allerwenigsten von den politischen Entscheidungen in Berlin zur Ökosteuer abhängig ist?

(Zuruf von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Auch das ist heute mehrfach dargestellt worden. Aber ich glaube, Sie wollen oder können es nicht begreifen.

Die Antwort der Landesregierung liefert dennoch ganz interessante Fakten. Gefragt nach den Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt, konnten nur die Auswirkungen auf

den Landeshaushalt dargestellt werden. Dazu gibt es sehr konkrete Aussagen.

Natürlich sind die Ausgaben für Energie - egal in welcher Form - in der Zeit zwischen 1998 und 2000 gestiegen. Sie sind auch wegen der Ökosteuer gestiegen, aber nicht nur deswegen.

Mit der Einführung der Ökosteuer im Jahr 1999 sind die Beiträge zur Rentenversicherung aber inzwischen um 1,2 Prozentpunkte gesunken und sie werden in den kommenden Jahren weiter sinken. Das sollten Sie bitte beachten. Das macht auch deutlich, dass es in dieser Hinsicht Erfolge gibt. Übrigens ist die Entwicklung, die sich 16 Jahre lang unter der CDU-geführten Bundesregierung vollzogen hat,

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

- genau, Herr Scharf, auch das wissen Sie - in eine andere Richtung gegangen und hat andere Ergebnisse gebracht. Aufgrund der Absenkung der Beiträge zur Rentenversicherung wurden in unserem Landeshaushalt seit dem Jahr 1999 jährlich 24 Millionen DM an Ausgaben eingespart.

(Herr Gürth, CDU: Wie viel Mehrkosten für Ener- gie?)

- Es sind jährlich 24 Millionen DM eindeutig eingespart worden.

(Herr Gürth, CDU: Nein!)

Die gleiche Summe - Herr Gürth, das kennen Sie auch ist den Landesbediensteten damit mehr in die Tasche gelangt.

(Herr Gürth, CDU: Wer hat Ihnen das aufge- schrieben?)

Diese Ausgabenersparnis überdeckt bei weitem die Mehrausgaben für Energie. Nach dem Prinzip der Logik dürfte das ungefähr im gleichen Maße für die Privatwirtschaft gelten, auch wenn die Landesregierung auf diesbezügliche Fragen der CDU-Fraktion nicht mit statistisch gesicherten Antworten antworten konnte, da diese Daten in dem Umfang einfach nicht zu erheben sind.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über die Ökosteuer debattiert haben, hat die Fraktion der SPD auch immer von der beabsichtigten Lenkungswirkung dieser Steuer gesprochen. Natürlich tritt diese Lenkungswirkung nicht sofort in messbaren Zahlen ein. Das kann selbst ein Nichtfachmann deutlich erkennen und müsste das auch verstehen. Deshalb ist die folgende Frage der CDUFraktion viel zu früh gestellt worden - ich zitiere, Herr Präsident -:

„In welcher Höhe hat sich an den Messpunkten im Land Sachsen-Anhalt eine Verringerung der Schadstoffkonzentration seit Einführung der so genannten Ökosteuer ergeben?“

Man kann in der Antwort auf die Große Anfrage aber trotzdem die einsetzende Lenkungswirkung erkennen. Unter Abschnitt V - Inneres - in Frage 1.4 möchte die CDU-Fraktion wissen, wie sich in den Jahren 1997 bis 1999 der durchschnittliche Energieverbrauch je Quadratmeter der Gebäudefläche getrennt nach verschiedenen Energieträgern verändert hat.

Die Antwort lautet, der Verbrauch sowohl an Gas, an Öl als auch an Fernwärme pro Quadratmeter ist in den Jahren kontinuierlich gesunken. - Das ist nur ein Bei

spiel, Herr Gürth. Daran können Sie deutlich erkennen, dass das eine entsprechende Wirkung hatte.

Was bleibt uns nun als Schlussfolgerung? - Die CDUFraktion hat diese Große Anfrage an die Landesregierung gestellt, um eine erneute Ökodebatte zu entfachen. Die Antwort hat sie aber in ihren Argumenten nicht unterstützt.

Im Gegenteil. Damit, dass die Ausgaben für jegliche Form von Energie in den vergangenen Jahren gestiegen sind, haben wir alle gerechnet. Die Antwort hat aber bewiesen, dass der Weg, den die rot-grüne Bundesregierung mit der Einführung der Ökosteuer im Jahr 1999 eingeleitet hat, richtig ist und richtig bleibt.

(Herr Gürth, CDU: Wer hat Ihnen das aufge- schrieben?)

Die beabsichtigte Lenkungswirkung, den Energieverbrauch zu reduzieren, ist bereits deutlich nachweisbar und für viele erkennbar. - Danke.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD, und von Herrn Rothe, SPD)

Herr Abgeordneter Rehhahn, Herr Dr. Daehre möchte gerne eine Frage stellen. Würden Sie genauso gerne antworten?

Bitte sehr.

Herr Kollege Rehhahn, Sie haben in Ihren Ausführungen wieder ein Loblied auf die Ökosteuer gesungen, ähnlich wie auch der Finanzminister. Nun frage ich Sie unter Hinweis auf die „Mitteldeutsche Zeitung“ von heute, in der von einem Besuch von Finanzminister Eichel berichtet wird, der zur Zukunft der Ökosteuer nach dem Jahr 2003 etwa geäußert hat, dazu habe der Bundeskanzler das Nötige gesagt: Warum will der Bundeskanzler Schröder für das Jahr 2003 keine weitere Stufe der Ökosteuer, wenn die Ökosteuer aus Ihrer Sicht so positiv ist und wenn das alles so fantastisch ist?

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Die Antwort darauf wird die SPD-Fraktion im Jahr 2003 auch haben. Der Bundeskanzler hat nicht gesagt, dass es diese Ökosteuer im Jahr 2003 nicht weiter geben wird. Er hat gesagt, wir werden es dann zum richtigen Zeitpunkt überdenken. Man muss über Verschiedenes zum richtigen Zeitpunkt immer wieder einmal nachdenken. Das werden Sie wohl unserem Bundeskanzler gestatten.

(Lachen bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Nach der Bundestagswahl!)

Danke sehr. - Für die DVU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Brandt.

Herr Präsident! Werte Herren und Damen! Wissend um die Tatsache, dass es in der Wirtschaft abwechselnd

eine Konjunktur und eine Rezession gibt, und angesichts der daraus resultierenden logischen Schlussfolgerung, dass es eine Hauptaufgabe der Politik sein sollte, die Kurven der beiden wirtschaftlichen Gegebenheiten nach Möglichkeit auszugleichen, ist die Einführung der so genannten Ökosteuer nicht nachvollziehbar.

Bedingt durch die deutsche Einheit und die damit verbundene Umstellung der Wirtschaft auf marktwirtschaftliche Verhältnisse befinden wir uns seit zehn Jahren in einem Zustand der Rezession. Gerade als sich die Wirtschaft ein wenig erholt, führt die rot-grüne Bundesregierung die Ökosteuer ein. Dies ist entgegen aller wirtschaftlichen Vernunft und hat in Sachsen-Anhalt schon Arbeitsplätze gekostet.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen, welches auch im Plenum schon behandelt wurde, nämlich die Unterglasgartenbaubetriebe. Der DVU-Fraktion sind mehrere Fälle bekannt, in denen Gärtner den Winterbetrieb ihrer Gewächshäuser aus Rentabilitätsgründen eingestellt haben und Personal entlassen mussten.

Um die Wirtschaft nachhaltig anzukurbeln, meine Herren und Damen, gehört die Ökosteuer bis zum Erreichen einer Konjunkturphase ersatzlos ausgesetzt. Nach der Euphorie des ersten Jahres dieser Regierung musste selbst unser Finanzminister eingestehen, dass das Wirtschaftswachstum doch deutlich geringer ausfallen wird als bisher angenommen.

Bei dem Besuch des Bundeskanzlers in den USA, der kürzlich stattgefunden hat, kam es zu einer Kontroverse zwischen Bundeskanzler Schröder und dem amerikanischen Präsidenten Bush zu dem Thema der Ratifizierung des Umweltabkommens von Kyoto. Präsident Bush sieht bei Einhaltung des Abkommens die Konjunktur in seinem Land gefährdet.