Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Bei dem Besuch des Bundeskanzlers in den USA, der kürzlich stattgefunden hat, kam es zu einer Kontroverse zwischen Bundeskanzler Schröder und dem amerikanischen Präsidenten Bush zu dem Thema der Ratifizierung des Umweltabkommens von Kyoto. Präsident Bush sieht bei Einhaltung des Abkommens die Konjunktur in seinem Land gefährdet.

Man stelle sich einmal vor: Das reichste Land der Erde mit einer sehr geringen Besiedlungsdichte will das Umweltabkommen nicht mittragen. Aber wir in Deutschland mit mehreren Millionen Arbeitslosen erlauben uns solche die Konjunktur hemmenden Maßnahmen, obwohl wir einsehen, dass für die Umwelt im globalen Rahmen mehr getan werden muss.

Dazu muss man wissen, dass die USA bei einem Anteil von 6 % der Weltbevölkerung für 25 % des jetzigen CO2Ausstoßes verantwortlich zeichnen. Über die so genannten GUS-Staaten liegt momentan kein verlässliches statistisches Material vor. Man kann aber davon ausgehen, dass die Ergebnisse gegenüber denen der USA noch um ein Vielfaches höher liegen werden.

Energieintensive Bereiche der Wirtschaft sind natürlich gegenüber den USA nicht mehr konkurrenzfähig. Bei den jetzigen Energiepreisen werden wohl dringend gebrauchte Investoren um Deutschland einen Bogen machen und in unsere Nachbarländer ausweichen.

Ganz besonders schlimm sieht es aber in den Branchen aus, welche von dieser Bundesregierung gleich zweimal mit Reformen gesegnet wurden. Ich meine hiermit die Arztpraxen und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens. Durch die Gesundheitsreform sind die Einnahmen im Gesundheitswesen geringer, aber durch die Ökosteuer die Ausgaben für Heizung und Elektroenergie in diesem Bereich um etwa 25 % gestiegen.

Auch in diesem Bereich ist es schon zu Entlassungen gekommen. Es ist abzusehen, dass die medizinische Betreuung der Bevölkerung irgendwann nicht mehr in dem erforderlichen Umfang gewährleistet werden kann.

Wieder fordert die DVU-Fraktion die Landesregierung auf, im Bundesrat für die Aussetzung der dritten Stufe der Ökosteuer einzutreten. Des Weiteren soll die Bundesregierung im Verbund mit anderen Staaten auf die USA einwirken, damit man sich dort zu Lande auch an internationale Abmachungen in puncto Umweltschutz hält.

Wir müssen mit unseren Produkten auf dem Weltmarkt wieder konkurrenzfähig werden. Deshalb dürfen die Belastungen für die deutschen Firmen nicht höher sein als in anderen Ländern. - Danke.

(Zustimmung bei der DVU)

Danke sehr. - Das Schlusswort hält der Abgeordnete Herr Gürth für die CDU-Fraktion. Bitte, Herr Gürth.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir zum Ende der Debatte noch einmal Gelegenheit haben, die Redebeiträge, die gehalten worden sind, zusammenzufassen und darauf einzugehen. Ich möchte zuerst auf den Beitrag des Finanzministers eingehen.

Herr Finanzminister Gerhards, Sie meinten in Ihrer Rede, die aus dem Parlament seitens der CDU-Fraktion gestellten Fragen und deren Beantwortung seien witzlos gewesen. Ich sage Ihnen: Nicht die Fragen und deren Beantwortung waren witzlos, sondern Ihr Auftritt war einfach beschämend.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Mit einer unglaublichen Arroganz behandeln Sie das selbstverständliche Fragerecht des Parlaments. Dies steht Ihnen nicht zu.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDVP)

Wenn sich herausstellen sollte, dass Sie wissentlich Falschaussagen gemacht haben, dass Sie wissentlich Daten zurückgehalten haben, dass Sie Informationen hatten - vielleicht sogar Datenbanken oder Gutachten -, dann aber entgegen der Wahrheit auf Fragen sinngemäß geantwortet haben „Dazu liegt der Landesregierung nichts vor“, dann wird das Konsequenzen haben, dann werden wir das parlamentarisch in diesem Hause noch einmal behandeln. Das kann ich Ihnen garantieren.

Wir werden uns auf keinen Fall eine solche Unkultur des Umgangs mit dem Parlament weiter bieten lassen, wie Sie sie hier praktizieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Ich frage mich auch, welche Verantwortung Sie für dieses Land übernehmen und wie die Landesregierung ihre Verantwortung für die Bürger des Landes SachsenAnhalt im Bundesrat wahrnimmt.

Warum kann eine Landesregierung, nachdem sie im Bundesrat der Einführung der Ökosteuer zugestimmt hat, nicht die Frage beantworten, welche Be- und Entlastungen zum Beispiel aufgrund der höheren Energiepreise und aufgrund der Ökosteuer für die chemische Industrie, für die Metall verarbeitende Industrie, für Handwerk, Gewerbe, Dienstleistungsgewerbe usw. entstehen? Normalerweise müssten Sie doch im Vorfeld der Einführung einer solchen Steuer prüfen, welche

Auswirkungen diese haben wird. Sie können doch keinen Blindflug im Bundesrat unternehmen. Das ist völlig unverantwortlich.

(Zustimmung bei der CDU, von Frau Helmecke, FDVP, und von Herrn Wolf, FDVP)

Wir werden nachhaken, ob Sie bei den Kammern, ob Sie bei den Verbänden oder bei der Martin-LutherUniversität, die sogar - zumindest für das sächsische Handwerk - eine Studie erarbeitet hat, nachgefragt haben. Haben Sie das nicht getan, werden wir uns mit dieser Sache noch einmal eingehend befassen. Das kann ich Ihnen garantieren.

Ich will zusammenfassen, was das Ergebnis dieser Anfrage ist:

Erstens. Es steht fest, die Ökosteuer hat keine zusätzlichen Arbeitsplätze generiert, sondern die Ökosteuer ist in der vorliegenden Form wegen der Belastung für die Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, ein Jobkiller.

(Zustimmung von Herrn Dr. Daehre, CDU - Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Zweitens. Die Ökosteuer ist unsozial, weil sie insbesondere sozial schwache Haushalte belastet und Haushalte mit höherem Einkommen entlastet.

Drittens. Sie belastet vor allem diejenigen, die im Land freiwillig und zum Teil ehrenamtlich in erheblichem Umfang zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke an Kultur- und Sportvereine, die mit den Lasten allein gelassen werden.

Viertens. Auch diejenigen, die die Sportvereine, Kulturvereine und sozialen Einrichtungen vor Ort unterstützen, die Kommunen, werden mit den zusätzlichen Kosten allein gelassen und dies geht zulasten unserer Schulen und des kulturellen Lebens in unseren Gemeinden.

Fünftens. Die Senkung der Rentenbeiträge als eines der wesentlichen Ziele der Ökosteuer und ihrer Einführung ist in dem bisherigen Umfang nicht nachvollziehbar. Wenn die Ökosteuer zur Senkung der Lohnnebenkosten und der Rentenversicherungsbeiträge führen sollte, müssen Sie uns erklären, warum gut die Hälfte der Steuermehreinnahmen aufgrund der Ökosteuer gar nicht für die Senkung der Rentenbeiträge verwendet wird. Das ist Betrug an den Bürgern dieses Landes.

(Zustimmung bei der CDU, von Herrn Wolf, FDVP, und von Herrn Mertens, FDVP)

Sechstens. Die von Ihnen propagierte Lenkungswirkung, insbesondere die ökologische Lenkungswirkung, tritt überhaupt nicht ein. Dies haben namhafte Institute festgestellt. Somit ist die Ökosteuer schon von ihrer Bezeichnung als „ökologische Steuer“ her ein Etikettenschwindel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Last, but not least, die Ökosteuer darf bei diesen negativen Auswirkungen, die wir heute feststellen, auf keinen Fall über das Jahr 2003 fortgeführt werden.

Wir können Ihnen garantieren: Wir werden diese Große Anfrage noch einmal parlamentarisch nachbehandeln. Wir werden bei diesem Thema - schon im Interesse der

Menschen in diesem Lande, die Arbeit haben, aber netto zu wenig in die Tasche kriegen, und der Menschen, die schon seit Jahren erfolglos einen Job suchen - nachfragen und nicht locker lassen. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zu den Großen Anfragen beendet. Der Tagesordnungspunkt 2 ist abgeschlossen.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und setzen die Beratung mit der Fragestunde fort. An die Fragestunde wird sich die Diskussion über das Volksabstimmungsgesetz anschließen.

Ich denke, wir können uns um 14 Uhr wieder hier treffen. Ich bitte um pünktliches Erscheinen.

Unterbrechung: 12.55 Uhr.

Wiederbeginn: 14.02 Uhr.

Wir setzen die durch die Mittagspause unterbrochene Sitzung fort. Wir kommen zu der allseits erwarteten Fragestunde. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde - Drs. 3/4381

Es handelt sich um sieben Kleine Anfragen. Die Frage 1 stellt der Abgeordnete Wolf von der FDVP-Fraktion. Er fragt nach der Beschäftigung von Hortnerinnen in Grundschulen mit festen Öffnungszeiten. Bitte schön, Herr Wolf.

Herr Präsident! Meine wenigen Damen und Herren! Die Einführung von Grundschulen mit festen Öffnungszeiten sieht die Beschäftigung von Hortnerinnen zur Schülerbetreuung vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viel Hortnerinnen werden durch das Außer-KraftTreten des Hortgesetzes zum 1. August 2001 freigesetzt, wie viel davon sollen in den Grundschulen mit festen Öffnungszeiten beschäftigt werden und wie viel davon sind gegenwärtig bereits als pädagogische Mitarbeiter vorgesehen oder eingestuft?

2. Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl der Hortnerinnen und welche Strukturen sind dann bei einer Beschäftigung existent? Ich bitte um Angabe der Beschäftigten, untergliedert nach pädagogischen und nichtpädagogischen Mitarbeitern, diese jeweils untergliedert nach Lebensalter, bisheriger Beschäftigungsdauer in Jahren und bisheriger und künftiger Wochenarbeitszeit in Stunden. Eine Anmerkung sei mir dazu gestattet: Mit der Zusendung einer tabellarisch verfassten Übersicht sind wir einverstanden. Kriterien für die Auswahl können direkt beantwortet werden. - Danke.

Für die Landesregierung antwortet Kultusminister Herr Dr. Harms.