Protokoll der Sitzung vom 06.04.2001

Es gibt eine gemeinsame Erklärung vom 26. November, Allianz zur Erhaltung der Elbe in Böhmen und Sachsen. Im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Bau von zwei Staustufen in Tschechien nahe der deutschen Grenze sind die Umweltverbände von Tschechien und der Bundesrepublik Deutschland betroffen. Das ist doch nicht im Rahmen der Selbstbefassung von Ausschüssen oder von Briefen - auf welcher Ebene auch immer - auszuhandeln; denn in diesem Zusammenhang spielen auch internationale Verflechtungen eine Rolle.

Wenn Sie in den Magdeburger Hafen gehen, dann stellen Sie fest, dass dort zwei Schiffsreedereien vertreten sind, nämlich die Deutsche Binnenschifffahrtsreederei und die Tschechische Schifffahrtsgesellschaft. Es geht nicht an, dass wir ständig über die EU-Osterweiterung reden und nicht dafür sorgen, dass durchgängige Lösungen zustande kommen. Es muss vernünftig abgewogen werden und wir müssen uns am Ende wirklich entscheiden, was wir wollen.

(Herr Sachse, SPD: Das ist Bundesverantwor- tung und in die müssen wir uns einbringen!)

- Das liegt zwar in Bundesverantwortung, aber es betrifft unser Land ganz wesentlich. Wir haben schützenswerte Potenziale. Wir sind auch daran interessiert, dass der Schifffahrtsweg in Gang bleibt. Es ist unsinnig, weiterhin Hafenausbaumaßnahmen zu fördern, aber nicht dafür zu sorgen, dass sie genutzt werden können. Das Geld ist zum Fenster hinausgeworfen. Deswegen drängen wir darauf, dass hierbei Druck gemacht wird.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Sachse, SPD)

Herr Dr. Süß, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Ich komme sofort zum Schluss. - Ich schlage vor, dass beide Anträge in einer gemeinsamen Sitzung von Wirtschaftsausschuss, Umweltausschuss und Verkehrsausschuss behandelt werden. Wir sollten das nicht lange vor uns herschieben. Es muss auch keine zahlreichen Vorlagen geben. Es geht uns einfach darum, den aktuellen Stand zu erfahren. Wir wollen die Landesregierung, die wir bereits auf dem richtigen Weg sehen, mit mehr Druck nach vorn schieben. Das ist unser Anliegen.

(Minister Herr Keller hat neben Minister Dr. Heyer Platz genommen - Herr Dr. Daehre, CDU: Sie sprechen miteinander! Das ist schon ein Vorteil!)

- Deswegen unser Antrag, beide Anträge in die Ausschüsse zu überweisen und in den drei Ausschüssen gemeinsam zu behandeln. Das ist unser Anliegen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Damit ist die vereinbarte Debatte abgeschlossen. Wortmeldungen gibt es nicht mehr. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Der letzte Antrag war, nicht zunächst über den Änderungsantrag abzustimmen, sondern beide Anträge in die Ausschüsse zu überweisen.

(Unruhe)

Ich muss darauf hinweisen, dass wir mit der Debatte fertig sind und jetzt abstimmen. Sind Sie damit einverstan

den, dass wir beide Anträge in einem Verfahren an die Ausschüsse überweisen?

(Herr Sachse, SPD: Wir wollen abstimmen! Das ist eine klare Richtung! Wir haben uns auch in den Redebeiträgen geäußert! - Herr Scharf, CDU: Über welchen wird zuerst abgestimmt?)

- Herr Sachse, deswegen frage ich. - Dann wird abgestimmt. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag ab.

(Herr Scharf, CDU: Nein!)

- Herr Sachse will keine direkte Abstimmung.

(Herr Scharf, CDU: Aber, Herr Präsident, nach der Geschäftsordnung muss zuerst über eine Aus- schussüberweisung abgestimmt werden, wenn das beantragt wird! - Herr Sachse, SPD: Richtig!)

- Dann machen wir das. Die Ausschussüberweisung gilt für beide Anträge.

(Frau Stolfa, PDS: Immer!)

Dann stimmen wir jetzt über den Antrag von Herrn Dr. Süß ab, beide Anträge in die Ausschüsse zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei drei Stimmenthaltungen und einer größeren Zahl von Gegenstimmen ist mit Mehrheit die Überweisung beider Anträge in die genannten Ausschüsse beschlossen.

Ich wiederhole: Es handelt sich um die Ausschüsse für Raumordnung und Umwelt, federführend, für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten und für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr.

Meine Damen und Herren damit ist der Tagesordnungspunkt 22 abgeschlossen. Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule in Mildensee bei uns begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung

Berichtigung eines Beschlusses der 50. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der FDVP - Drs. 3/4384

(Unruhe)

- Ich bitte auch die Kollegen der PDS-Fraktion um Ruhe. Herr Dr. Heyer, ich möchte verstanden werden. - Der Antrag der FDVP-Fraktion wird von der Abgeordneten Frau Wiechmann eingebracht. Bitte schön.

Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 6. Februar 2001 machte die Fraktion der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei gegenüber dem Präsidenten des Landtages von SachsenAnhalt darauf aufmerksam, dass in dem Beschluss des Landtages in der Drs. 3/50/4063 B ein Verweisungsfehler enthalten ist, und bat um die Berichtigung der Beschlussausfertigung.

In der Drs. 3/4063 und im vorgenannten Beschluss ist auf Seite 2 unter anderem Folgendes ausgeführt:

„... inwieweit Möglichkeiten bestehen, die speziell für diesen Täterkreis zuständigen Beratungsstellen in das Gesamtkonzept zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt mit einzubeziehen, beispielsweise im Rahmen von Beratungsauflagen für den Täter bei einer vorläufigen Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 StPO.“

Bei der inhaltlichen Ausgestaltung, meine Damen und Herren, des Sachvortrages ist der Hinweis auf § 153 rechtlich unzutreffend. Gemeint sein konnte mit der Verweisung nur die Vorschrift des § 153 a StPO. Hierauf wurde von der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei in der 50. Sitzung des Landtages aufmerksam gemacht. Offensichtlich ist die Sachkritik der Aufmerksamkeit des Hohen Hauses entgangen, da man wie gehabt offensichtlich anderweitig beschäftigt war.

Der Präsident des Landtages hat mit Schreiben vom 2. März 2001 bekundet, dass die falsche Benennung der Norm des § 153 der Strafprozessordnung im Wege der Auslegung des Beschlusswortlautes auf § 153 a der Strafprozessordnung ausgelegt werden kann, um einem aufwendigen Berichtigungsverfahren zuvorzukommen.

Normenwahrheit, meine Damen und Herren, und Normenklarheit verbieten aber einen solchen Weg. Eine Analogie ist nicht einschlägig und die tatbestandliche Reduktion des § 153 StPO in § 153 a StPO ist dogmatisch nicht zu rechtfertigen. Auch kommt eine Umdeutung nicht zum Zuge; denn dieses Rechtsinstitut ist fest in der Zivilrechtsdogmatik verankert.

Gar nicht passend, meine sehr verehrten Damen und Herren, und daher falsch ist die Empfehlung zur Auslegung. Die Auslegung ist die Ermittlung und Klarlegung des Bedeutungsgehaltes eines Begriffs oder eines sonstigen Umstandes.

Sie ist ein unentbehrliches Element der Rechtsmethodologie und hat mit der Sache nichts zu tun. Schon der nicht eindeutige Sachverhalt kann und muss aufgrund sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse, soweit solche vorhanden sind, und allgemeiner Lebenserfahrung ergänzt, klargelegt und ausgelegt werden.

Daneben ist auch die nicht eindeutige Rechtsnorm in allen betroffenen Einzelelementen auszulegen, das heißt ihr Verständnis inhaltlich zu erschließen. Das kann in ausdehnender oder einschränkender Weise geschehen. Sachargumente können dabei etwa sein der Begriff als solcher, das Interesse, der Zweck, ein allgemeines Prinzip, ein Vergleichsfall oder ein vernünftiges Ergebnis.

(Unruhe)

Zu beachten sind dabei, meine Damen und Herren, eventuell vom Gesetzgeber selbst bereits aufgestellte Auslegungsregeln. Ob ein wirkliches Bedürfnis nach Auslegung besteht, kann dabei nicht stets ohne weiteres festgestellt werden. Vielmehr kann dies nur in Kenntnis des juristischen Forschungs- und Meinungsstands zu der betreffenden Frage ermittelt werden.

Für die Auslegung, meine Damen und Herren, unterscheidet man die Arten oder Methoden, nämlich die grammatische, die historische, die systematische und die teleologische Auslegung. Auszugehen ist gramma

tisch vom Wortlaut der gesetzlichen oder sonstigen Rechtsnorm.

(Herr Scharf, CDU: Sie können das doch alles zu Protokoll geben! - Frau Fischer, Leuna, SPD: Muss man so schreien?)

Das heißt, auszugehen ist von dem einzelnen Tatbestandsmerkmal der Norm als Wort. - Herr Kollege Scharf, wir haben versucht, dem Landtagspräsidenten das in aller Kürze klar zu machen.

(Lachen bei der SPD)

Wir haben es in aller Kürze in unserem Schreiben versucht. Der Landtagspräsident hat gemeint, er könne das durch eine Auslegung heilen. Jetzt muss ich einfach weiter ausholen, um auch begrifflich verständlich zu machen, dass es im Wege der Auslegung nicht möglich ist.

(Herr Scharf, CDU: Das ist doch im Ältestenrat alles besprochen worden!)

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, ist festzustellen, dass § 153 StPO immer noch § 153 bleibt und nicht einfach in § 153 a StPO umbenannt werden kann.

Der grammatischen Auslegung folgt die systematische Auslegung, welche von der Stellung des Merkmals in der Vorschrift, der Stellung der Vorschrift im Gesetz und der Stellung des Gesetzes in der gesamten Rechtsordnung ausgeht. Allein die systematische Stellung der vorgenannten Bestimmungen verbietet es, § 153 in § 153 a StPO auszulegen. In einem Falle wird ohne Repression eingestellt, während im anderen Fall nach der Zustimmung des Betroffenen gesetzliche Anordnungen getroffen werden können. Zur Lösung des Problems ist die systematische Auslegung nicht geeignet.