Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

Wenn ich jetzt aber höre, dass Sie sagen, wenn ich Ihnen in den Arm fallen würde, könnte ich auf Ihren Schoß kommen, dann frage ich mich: Um Gottes Willen, wo haben Sie Ihren Arm, wenn Sie arbeiten?

(Heiterkeit bei der CDU)

Das ist das Problem, dass zu viel Emotionen und zu viel Vorfestlegungen die Sache behindern können.

Deswegen meine Bitte: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Lassen Sie uns ruhig einmal abstimmen. Wir führen die Debatte darüber, ob wir uns in dieser Weise die Anträge des jeweils anderen als eigene Leistung umhängen, vielleicht an anderer Stelle noch einmal intensiver. Ich halte es nur - dabei bleibe ich auch, Herr

Brachmann - für einen Etikettenschwindel, den Sie mit der Änderung unseres Antrages in der Überschrift und im Vorspann vornehmen. Ich halte dies prinzipiell für unzulässig.

Sie haben heute die Mehrheit; wir werden heute sicherlich auch keine Verfassungsgerichtsentscheidung herbeiführen können, aber fair ist es nach meiner Meinung nicht. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Preiß, DVU, von Herrn Mertens, FDVP, und von Herrn Wolf, FDVP)

Herr Kollege Remmers, ich habe vergessen zu erwähnen, dass sich Herr Dr. Brachmann zu einer Frage gemeldet hat. Würden Sie diese Frage noch beantworten?

Aber ja.

Das ist sehr schön. - Bitte schön.

Den Unmut darüber, meine Damen und Herren, der sich jetzt gegen mich richten mag, dass ich Sie noch länger vom Heimweg abhalte, bitte ich unmittelbar an Herrn Brachmann weiterzuleiten.

Das ist einfach, Herr Remmers. - Ich will auf eine Bemerkung zurückkommen, Herr Remmers. Sie sagten, es sei für Sachsen-Anhalt unzumutbar, wenn jemand zur Berufung von Stendal nach Naumburg reisen müsse. Beantworten Sie mir bitte die Frage, an welche Berufungsinstanz sich jemand, der sich vom Amtsgericht scheiden lässt und mit dem Urteil nicht einverstanden ist, wenden muss. Wohin muss er dann?

Dann muss er natürlich nach Naumburg.

Ach so! - Gerade in Familiensachen sind die Dinge längst konzentriert. Kein Mensch regt sich darüber auf.

Ja.

Herr Brachmann, wenn Sie Fragen stellen wollen, die Sie immer gleich selbst beantworten und die Sie dem Publikum und dem Hohen Haus auch noch erläutern, dann können wir das so machen, aber dann setze ich mich wieder hin.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der PDS - Zu- stimmung von Herrn Becker, CDU)

Wir sind uns ja darüber einig, dass bei Anwendung der Experimentierklausel Sachverhalte fachlich ordentlich geprüft werden müssen. Aber Sie sind doch ein alter Fuchs. Stimmen Sie mir zu, dass es einer politischen Abwägung und Entscheidung unterliegt und von der Beantwortung der Frage, ob man das will oder nicht, abhängig ist, ob man so etwas durchsetzt oder nicht?

(Herr Bischoff, SPD: „Alt“ würde ich nicht gelten lassen!)

Um jetzt noch ein bisschen Justizgeschichte zu betreiben, sage ich Folgendes:

Erstens. Die Zuständigkeiten des Oberlandesgerichtes für die zweite Instanz bei Scheidungssachen waren immer in dieser Weise geregelt.

(Zuruf von Herrn Dr. Brachmann, SPD)

Die Justizreform hat sie damals in folgender Weise geändert: Um es etwas bürgerfreundlicher zu machen, hat man die Scheidungsverfahren, die ursprünglich erstinstanzlich an den Landgerichten zu verhandeln waren, auf die Amtsgerichte zurückverlagert, dann allerdings die zweite Instanz aus praktischen Gründen beim Oberlandesgericht gelassen. Da ist nicht gegen die Bürger, sondern durch Herunterverlagerung der ersten Instanz auf das Amtsgericht für die Bürger entschieden worden.

An solche Dinge muss man sich natürlich erinnern, wenn man so debattiert, wie Sie es gerade anfangen wollen, Herr Brachmann.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Zweitens. Selbstverständlich - hoffentlich - ist die Antwort auf die Frage, ob ich mich an einem Experiment beteilige, kopfgesteuert und willensbestimmt, aber ob ich es mir leisten kann, ob es Sinn macht, prüfe ich, bevor ich meinen Willen bilde. Darüber, meine ich, sollten wir uns wiederum einig sein.

Der einzige Vorwurf, den ich Ihnen mache, bezieht sich darauf, dass Sie die Reihenfolge geändert haben. Sie haben erst Ihren Willen gebildet und dann die Realisierbarkeit geprüft. Umgekehrt wäre es vielleicht vernünftiger.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Preiß, DVU, und bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte. Ich stehe jetzt vor der schwierigen Aufgabe, unseren Ältestenratsbeschluss umzusetzen. Ich bitte herzlich darum, dass die Fraktionen über diese Ältestenratssitzung informiert werden und dass darüber debattiert wird, damit wir uns künftig nicht hier im Parlament über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Änderungsantrages auseinander setzen müssen, bis wir gegebenenfalls die Geschäftsordnung angepasst haben.

Jetzt haben sich zwei Juristen über die Auslegung des Urteils oder über seine Anwendbarkeit im vorliegenden Fall gestritten. Das ist für mich dann noch ein bisschen schwieriger.

(Herr Remmers, CDU: Wir sind auch nur Men- schen!)

Ich teile die Auffassung des Kollegen Remmers bezüglich der Veränderungen der Überschrift und im Punkt 1. Aufgrund dieser beiden Änderungen habe auch ich Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit des Änderungsantrages.

Ich schlage vor, dass wir zunächst über den Änderungsantrag der SPD und - falls dieser Änderungsantrag eine Mehrheit erhält - ergänzend auch über den Antrag der CDU abstimmen. Damit wären die Rechte der Initianten gewahrt.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Moment!)

Noch einmal: Wir haben uns im Ältestenrat über ein Verfahren verständigt. Wenn Zweifel an der Zulässigkeit eines Änderungsantrages entweder aus der Mitte des Hauses oder bei der Sitzungsleitung auftreten, gibt es Verfahrensvorschläge. Es gibt also zwei Varianten. Ich könnte auch die erste Variante wählen und könnte darüber abstimmen lassen, ob die Mehrheit des Hauses der Meinung ist, der Änderungsantrag sei unzulässig. Das geht auch.

Weil wir von den beiden Juristen unterschiedliche Auffassungen gehört haben, schlage ich, um die Rechte beider Fraktionen, das heißt die Rechte der Initiatoren und auch die Rechte der Einbringer des Änderungsantrages, zu wahren, vor - - Ansonsten lasse ich das Haus einfach darüber abstimmen. - Herr Dr. Bergner, bitte.

Frau Präsidentin, ich will gar nicht in Ihre Vollmachten eingreifen. Ich wüsste nur ganz gern, was bei den zu erwartenden Mehrheitsverhältnissen am Ende herauskommen soll.

(Zuruf: Das werden wir sehen!)

Herr Kollege Bergner, wir hatten uns im Ältestenrat darüber verständigt, übergangsweise, bis wir eine Regelung in der Geschäftsordnung gefunden haben, so zu verfahren, weil uns ein anderes Instrument nicht zur Verfügung steht, als im Zweifel, wenn wir ihn nicht ausräumen können, das Hohe Haus darüber abstimmen zu lassen. Anders geht es leider nicht.

Mein Vorschlag in diesem Fall lautet, da es auch von Juristen unterschiedliche Auslegungen gibt und ich persönlich als amtierende Präsidentin die Zweifel teile: Wenn sich jetzt kein Widerspruch von anderer Seite erhebt - wie gesagt, sonst lasse ich darüber abstimmen -, stimmen wir zunächst über den Änderungsantrag der SPD gewissermaßen als eigenständigen Antrag ab. Sollte dieser Änderungsantrag eine Mehrheit finden, werden wir anschließend über den Ursprungsantrag abstimmen. Damit wird das Recht der Initiatoren des Antrags gewahrt. Findet dieses Verfahren Zustimmung?

Sie haben Zweifel, Herr Scharf? - Sonst lasse ich abstimmen.

(Herr Scharf, CDU: Lassen Sie mal abstimmen!)

- Gut, dann ist das für mich noch einfacher. Ich lasse jetzt darüber abstimmen, ob dieser Änderungsantrag von der Mehrheit des Hauses für zulässig gehalten wird.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das vierte Mal!)

Diejenigen, die den Änderungsantrag für zulässig halten, bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen. - Von der Mehrheit des Hauses wird der Änderungsantrag für zulässig gehalten. Deswegen gehen wir den üblichen Verfahrensweg.

(Frau Wiechmann, FDVP: Eine Fraktion stimmt über ihren eigenen Antrag als zulässig ab!)

- Kollegin Wiechmann, Sie waren dabei, als wir uns über das Verfahren verständigten. Ich bin jetzt so verfahren. Ich lasse jetzt auch nicht mehr darüber debattieren.

Diejenigen, die dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion in Drs. 3/4566 die Zustimmung geben, bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer ganzen Reihe von Gegenstimmen hat der Änderungsantrag eine Mehrheit gefunden.

Ich lasse jetzt über den Ursprungsantrag in der so geänderten Fassung abstimmen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Es ergeben sich die gleichen Mehrheitsverhältnisse. Damit wurde dem Antrag in der geänderten Fassung zugestimmt. Wir haben den Tagesordnungspunkt 25 damit abgeschlossen.

Ich äußere noch einmal meine Bitte an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Bis wir eine Regelung in der Geschäftsordnung gefunden haben, sollte in den Fraktionen noch einmal darüber beraten werden, damit wir nicht wieder vor ähnlich schwierige Situationen gestellt werden. Außerdem müssten natürlich die Änderungsanträge etwas eher eingereicht werden.