Wenn wir uns das Thema Bauwirtschaft ansehen, Herr Gürth, dann ist es in der Tat so, dass die Gesamtsituation sehr schwierig ist. Das hat mit vielen Gründen zu tun, unter anderem damit, dass man öffentliche Gebäude nicht zweimal bauen kann, dass der Wirtschaftsbau nicht so gegriffen hat, wie man sich das in der Prognose vorgestellt hat, dass die Kaufkraft zu gering ist - das hat auch etwas mit Einkommen zu tun -, um kleinere Handwerksleistungen in kleine Bereiche vergeben zu können.
Es ist so, dass im Grunde der Wohnungsbau und auch die Wohnungsunternehmen inzwischen eine ganz andere Philosophie für sich selbst gestalten müssen. Sie sagen inzwischen selber auch: Wir sind nicht mehr in der Zeit, in der wir expandieren und Expansionskonzepte machen, sondern wir sind in der Zeit des Umstrukturierens und des Rückbaus; das ist für uns etwas ganz Neues. Aber der Bedarf im Wohnungsbau ist eben nicht mehr so hoch und damit ist auch das zurückgegangen.
Natürlich werden wir - das ist aber auch der einzige Bereich, bei dem wir sicher sein können, dass noch sehr viele Aufträge kommen werden - im Bereich des Tiefbaus, der Infrastruktur in den nächsten Jahren eine zuverlässige Größe haben. Aber alles andere ist schwankend.
Das ist so und die öffentliche Hand muss auch mit ihren Geldern haushalten. Wir werden die Baunachfrage nicht an dem ausrichten können, was sich in den Unternehmen der Bauwirtschaft, vielleicht sogar noch unter Berücksichtigung eines möglichen Wachstums in den Betrieben, an Möglichkeiten ergibt. Das kann sicherlich nicht der Weg sein. Das wissen wir alle.
Das Vergabegesetz schafft natürlich keine wertschöpfende Quelle für die Bauwirtschaft, sondern es regelt den Wettbewerb in bestimmten Bereichen mit und es hat zum Ziel, dass sich die öffentliche Hand eben nicht an der Preisspirale nach unten beteiligt. Das, was im Vergabegesetz über Entgelttarife steht, hat Kollege Metke als Tarifexperte hinreichend erläutert. Dafür bin ich ihm sehr dankbar und wir brauchen das sicherlich nicht zweimal zu erläutern. Es ist in der Tat eine ganze Spanne von möglichen tariflichen Lösungen, die geltend gemacht werden können, die auf der Grundlage des Gesetzes angewandt und auch anerkannt werden können.
Was den Runderlass angeht, so ist es wirklich so, dass wir dort auf berechtigte Forderungen der Wirtschaft eingegangen sind. Das ist auch vernünftig so. Wir haben am Anfang der Diskussion im Landtag und auch in der Landesregierung in der Situation gestanden, dass die Bauwirtschaft gesagt hat: Ihr dürft uns keine zusätzlichen Regelungen auferlegen, ohne dass ihr auf der anderen Seite der Verpflichtung nachkommt, dass die öffentliche Hand dann auch sicherstellt, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag bekommt.
Das, Herr Gürth, ist der Ursprung des Runderlasses, der auf Anregung der Bauverbände und der Bauwirtschaft sowie des Baugewerbeverbandes sehr schnell zwischen Innenministerium und Wirtschaftsministerium ausverhandelt worden ist und auch sofort in Kraft treten kann, sobald das Gesetz verabschiedet und in Kraft getreten ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch beim Innenminister bedanken, weil ich weiß, dass er besondere Schmerzen hinsichtlich der Einbindung der gesamten öffentlichen Hand und der Kommunen in dieses Gesetz und damit auch in den Runderlass hat.
- Ich weiß nicht, ob sie berechtigt sind. Jeder hat seine Klientel, die er zu vertreten hat. Ich kann es verstehen, wenn zumindest vom theoretischen Ansatz her einige Kommunalvertreter die Befürchtung äußern, dann weniger Aufträge auslösen zu können.
Aber ich weiß nicht, ob das unbedingt die Begründung ist, die das Gesetz kippen sollte. Ich denke nämlich, dass Nacharbeiten, die in den Kommunen häufig die Folge sind, die öffentlichen Kassen auch nicht unbedingt erleichtern, dass man also auf Qualität beim Bau achten sollte
und dass das auch mit einer gewissen Solidität und auch mit einem bestimmten Fachkräftebesatz im Unternehmen zu tun hat. Darauf sollte auch die öffentliche Hand achten.
Im Übrigen, Herr Becker, ist es wirklich so, dass insbesondere von den kommunalen Spitzenverbänden sehr oft geäußert worden ist, die Vergabestellen und die Verwaltung seien dazu nicht in der Lage. Wäre ich Bürgermeisterin, Oberbürgermeisterin oder Landrätin, würde ich mich sehr dagegen wehren, dass meine Spitzenverbände dies in den Ausschusssitzungen auch noch so nach vorn tragen und im Grunde damit der öffentlichen Verwaltung ein Armutszeugnis ausstellen.
Ich weiß, dass das Vergabeverfahren ein sehr schwieriges Verfahren ist und dass dabei sehr viele Dinge beachtet werden müssen. Ich selber - das gebe ich zu könnte das nicht aus dem Stand. Ich bin aber auch keine Vergabestelle. Aber die berechtigten Erwartungen an die öffentliche Hand sind einfach so, dass dies gekonnt werden muss.
Wenn das Vermögen der Vergabestellen dazu noch nicht ausreicht, müssen wir es eben stärken. Auch die Bauverbände haben ihre Bereitschaft dazu erklärt und gesagt: In Ordnung, dann machen wir eben noch einmal gemeinsame Schulungen, wenn es da Unsicherheiten gibt. - Aber dieser Zustand muss erreicht werden, ob mit Gesetz oder ohne Gesetz.
Das Gesetz ist im Grunde bloß noch ein bestimmter Druckpunkt, um dies zusätzlich mit Nachdruck zu unterstreichen.
In dem Beratungsverfahren reichte die Skala der Meinungen in der Tat von totaler Ablehnung bis zu der Forderung: Erweitert das auf alle öffentlichen Dienstleistungsbereiche.
Solche Meinungen wurden nicht etwa von Politikern vertreten, sondern sind in der Tat aus der Wirtschaft selber gekommen, nämlich unter anderem von den Handwerksbetrieben. Es gibt zunehmend einzelne Innungen, die an das Wirtschaftsministerium herantreten und sagen: Wir finden das vernünftig; wir haben inzwischen eine solche Breite in der Struktur der Unternehmen, auch kleine Unternehmen, die nach Tarif bezahlen, dass wir es richtig finden, wenn die öffentlichen Hände sicherstellen, dass an die Unternehmen vergeben wird, die sich dieser Verantwortung bewusst sind.
Die Gebäudereinigerinnung hat mir das schon direkt geschrieben. Ich weiß, das andere tarifgebundene Innungen ähnlicher Auffassung sind, wobei ich weiß, dass es dort Unterschiede gibt. Ich glaube, dass diese Forderungen auch künftig aus den Wirtschaftsbereichen selbst kommen müssen.
Man muss - das ist der Inhalt des Ergänzungsantrages, den die Fraktionen eingebracht haben, Herr Gürth
recht zeitnah, nämlich noch vor dem Ende der Legislaturperiode - ich weiß, dass das eine sehr kurze Zeit ist, aber wir müssen es tun - schauen: Reichen die Kontrollmechanismen, die wir im Gesetz verankert haben, aus? Ist die Wirksamkeit so?
Es ist Ihr gutes Recht, erst einmal zu sagen, das glauben wir nicht. Die Nachweisführung liegt in der praktischen Arbeit. Das ist völlig klar. Eben dies wollen wir tun, weil wir selbst daran interessiert sind, dass das Gesetz keine Luftblase und keine politische Absichtserklärung ist, sondern dass es in der Praxis auch ausgeführt wird und zu dem Ergebnis führt, dass die Preisspirale nach unten durch die öffentliche Hand nicht weiter vorangetrieben wird. Wir sind gern bereit zu prüfen, ob es reicht.
Wir gehen jedoch derzeit davon aus, dass die im Gesetz festgeschriebenen Regelungen und die mit dem Runderlass getroffenen Festlegungen ausreichen. Ich habe der Handwerkskammer Halle gesagt - die das Gesetz stoppen und es sofort auf alle öffentlichen Dienstleistungen ausgeweitet haben wollte -, dass man das besser Schritt für Schritt machen sollte und es mit den Bereichen absprechen sollte, für die es dann einen zusätzlichen Gewinn bringt und sinnvoll ist.
Das werden wir auch tun. Das ist der Sinn und Zweck des Antrages. In diesem Sinne finde ich den Antrag vernünftig.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir mit dem Gesetz diese Ziele erreichen. Ich bin gern bereit, über die Kontrollmechanismen und über die praktische Ausführung nicht nur mit den Kommunen, sondern auch mit dem Rechnungshof zu reden.
Ich gehe zunächst davon aus, dass wir der öffentlichen Hand eine Sicherheit gegeben haben, indem wir das Gesetz mit dem Runderlass verstärkt haben. Wir werden sehen, ob es von der obersten Kontrollinstanz, dem Landesrechnungshof, noch etwas zu bemängeln gibt.
Frau Ministerin, es gibt zwei Fragen. Zunächst eine Frage von der Abgeordneten Frau Fischer. Bitte. - Vorausgesetzt, Sie wollen antworten.
Frau Ministerin, ich habe eine Frage, die sich zum Schluss Ihrer Rede ergeben hat, und zwar zu der im Entschließungsantrag erwähnten Prüfung. Sie sagen, bis zum Ende der Legislaturperiode wollen Sie die Wirksamkeit überprüfen. Wenn ich mich an den Verlauf, an das In-Kraft-Treten und das Wirksamwerden verschiedener Gesetze erinnere, würde ich sagen, bei diesem Gesetz wird es etwa Frühherbst, bis es wirksam wird.
Geprüft werden kann das Gesetz jedoch nur, wenn Aufträge der öffentlichen Hand vergeben werden. Dann folgt der Winter. Zu der Zeit sind die Kassen fast leer.
Hinzu kommt, dass der Finanzminister dann vielleicht meint, er müsse das Geld zusammenhalten. Das klingt meistens nach einer Haushaltssperre. Im Februar oder im März werden die Gelder wieder freigegeben. Wie ist eine Prüfung bei dem dargestellten zeitlichen Ablauf überhaupt zu realisieren?
Ich gehe nicht davon aus, dass das Gesetz erst im Herbst wirksam wird, sondern dass wir es zügig veröffentlichen werden. Auch der Runderlass wird zügig dazu bereitgestellt werden.
Wie es eben Ministerinnen gibt, die keine 100 Tage Schonzeit haben, wird es auch Gesetze geben, bei denen man nicht ein Jahr bis zur Kontrolle warten kann.
Wir müssen uns vielmehr der Mühe unterziehen und in der Zeit, die zur Verfügung steht, entsprechend kontrollieren. Ich denke, darauf haben alle ein Recht und einen Anspruch.
Frau Ministerin, der Abgeordnete Herr Gürth hat nach wie vor einen großen Fragedrang. Sind Sie bereit zu antworten? - Herr Gürth, stellen Sie bitte Ihre Frage.
Ich beschränke es auf eine Frage. Da mir die Gewerkschaften in diesem Lande nicht unwichtig sind und wir gerade über Kontrollmechanismen sprechen -
- Sie sind eine wesentliche Stütze und Säule unseres Sozialstaates. Das ist schon richtig. Man braucht vernünftige Partner, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter. Das war in der Union nie umstritten.
Ich möchte zu der Frage zurückkommen, bevor wir einen anderen Diskurs führen. Zu den Kontrollmechanismen, Frau Ministerin. Zu den Kontrollmechanismen gab es vom Vorsitzenden der IG BAU, Herrn Stepphuhn, der uns bekannt ist, einen interessanten Vorschlag. Ich konnte aus der Presse entnehmen, dass es einen Brief an den Regierungschef gegeben hat. Darin fordert die IG BAU Politessen, die gegen Tarifsünder vorgehen. Wie steht die Regierung zu diesem bemerkenswerten Vorschlag?
Wenn die Politessen so gut ausgebildet sind, wie die Vergabestellen am Ende ausgebildet sein sollen, dann würden sie diesem Anspruch gerecht werden können, Herr Gürth.