Protokoll der Sitzung vom 18.05.2001

Beratung

Zum Berufsvormündervergütungsgesetz (BVormVG)

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/4484

Dieser Antrag wird von der Abgeordneten Frau Krause eingebracht. Bitte schön.

Kommen wir zu einer Thematik zurück, die SachsenAnhalt und die Menschen in Sachsen-Anhalt wirklich betrifft.

(Zustimmung von Frau Dirlich, PDS, und von Frau Fischer, Leuna, SPD)

Herr Präsident! Meine werten Damen und Herren! Das seit Juni 1998 gültige Berufsvormündervergütungsgesetz regelt für Berufsbetreuer, unter welchen Voraussetzungen welche Vergütung erhoben werden kann. Für Betreuer mit einem Hochschulabschluss oder einer vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung ist in den neuen Bundesländern ein Stundensatz von 54 DM festgelegt. Verfügt ein bereits vor In-Kraft-Treten des Gesetzes als Berufsbetreuer tätiger Vormund mit den entsprechenden Kenntnissen noch nicht über den erforderlichen Berufsabschluss als Berufsbetreuer, so kann er vorübergehend bis zum Ablegen einer entsprechenden Prüfung den Höchstsatz erhalten. Die im Gesetz genannte Frist bis zum 30. Juni 2001 kann durch Landesverordnung bis zum 31. Dezember 2002 verlängert werden.

Im Ausführungsgesetz zum Berufsvormündervergütungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. Januar 2000 ist das Verfahren zur Durchführung dieser Prüfung und die Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung zu diesem Gesetz festgeschrieben. Diese Rechtsverordnung wurde in Sachsen-Anhalt allerdings erst am 31. Dezember 2000 erlassen.

Ein Zeitverzug von elf Monaten gegenüber dem Erlass des Gesetzes führte nun dazu, dass innerhalb des Übergangszeitraums, der am 30. Juni 2001 endet, nur ein Prüfungstermin im Mai dieses Jahres - vom 2. bis 4. Mai - zur Verfügung stand.

In der Berufsvormünderprüfungsordnung vom 13. Dezember 2000 werden in § 6 Schwerpunkte benannt, zu denen die Prüflinge in mehreren schriftlichen Klausuren und in einer mündlichen Prüfung Kenntnisse nachweisen müssen. Ohne sie jetzt im Einzelnen zu benennen - das würde den Rahmen überschreiten, das kann auch jeder Abgeordnete nachlesen -, kann man feststellen, dass das eine nicht zu unterschätzende Anforderung an die nachzuweisenden Prüfungsinhalte ist.

Nach meiner Kenntnis haben an dieser Prüfung bisher 15 als Betreuer Tätige teilnehmen können - bei einem von Staatssekretär Herrn Professor Dr. Schimanke bereits am 2. Dezember 1999 im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales genannten Nachqualifizierungsbedarf von ca. 160 Personen.

Bei Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Verlängerung der im Gesetz genannten Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2002 durch das Land entstehen den bisher nicht geprüften Betreuerinnen und Betreuern wie auch vielen Betreuungsvereinen finanzielle Einbußen, da eine Eingruppierung in niedrigere Vergütungsstufen als bisher üblich erfolgt.

Um dies im Interesse der Betreuerinnen und Betreuer sowie der Betreuungsvereine, aber insbesondere im Interesse der Aufrechterhaltung entstandener Betreuungsstrukturen in einer guten Qualität zu sichern, stellt die PDS-Fraktion den Ihnen vorliegenden Antrag und beantragt aufgrund der äußerst engen Terminsetzung und der Ihnen vorgetragenen Begründung eine Direktabstimmung.

(Zustimmung bei der PDS)

Im Ältestenrat ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden in der Reihenfolge DVU-, FDVP-, CDU-, SPDund PDS-Fraktion. Vorher hat für die Landesregierung Frau Ministerin Schubert um das Wort gebeten. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Betreuungen werden grundsätzlich ehrenamtlich und somit unentgeltlich geführt. Die ehrenamtlich tätige Betreuerin und der ehrenamtlich tätige Betreuer können lediglich den Ersatz von Aufwendungen in tatsächlicher Höhe oder pauschal in Höhe von 600 DM pro Jahr verlangen.

Im Jahr 1999 wurden ca. 3 300 Familienangehörige und ca. 450 sonstige ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer durch Erstbestellung vom Gericht eingesetzt. Das sind ca. 63 % der Erstbestellungen im Jahr 1999 in Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren! Ca. 37 % der Erstbestellungen erfolgten an Berufs-, Vereins- oder Behördenbetreuer. Diesen Betreuerinnen und Betreuern steht für ihre Tätigkeit, die berufsmäßige Betreuung, eine Vergütung zu. Ist der Betreute mittellos, werden der Aufwendungsersatz sowie die Vergütung aus der Staatskasse gezahlt. Dies waren im Jahre 1999 für das Land Sachsen-Anhalt 19 Millionen DM.

Die zu gewährende Vergütung beträgt in den neuen Ländern 31,50 DM für jede Stunde der für die Führung der Vormundschaft aufgewandten und erforderlichen Zeit. Verfügt jedoch der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich die zu gewährende Stundenvergütung je nach Ausbildung auf 40,50 DM bzw. auf 54 DM.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Regelung sollte die Qualifikation der Betreuerinnen und der Betreuer generell stärker berücksichtigt werden. Betreuerinnen und Betreuer ohne diese entsprechende Qualifikation im Sinne von § 1 des Berufsvormündervergütungsgesetzes, die jedoch bereits seit längerem Vormundschaften und Betreuungen durchgeführt haben, erhalten bei einem entsprechenden Nachweis ihrer Tätigkeiten sowie der Teilnahme an einer fachspezifischen Umschulung oder Fortbildung und der erfolgreichen Ablegung einer Prüfung - darum geht es hier - gleichfalls die erhöhte Vergütung nach § 1 Abs. 2 des Berufsvormündervergütungsgesetzes.

Bis zum 30. Juni 2001 können die Gerichte auch bei Berufsvormündern, die bis zum 1. Juli 1998 bereits über einen Zeitraum von zwei Jahren Vormundschaften berufsmäßig geführt haben, den höheren Stundensatz zugrunde legen. Das Gericht kann dies tun, es muss es aber nicht.

Der Zeitraum für diese Übergangs- bzw. Härtefallregelung könnte durch eine Rechtsverordnung von der Landesregierung bis Dezember 2002 verlängert werden. Der Bedarf lässt sich jedoch nicht so ohne weiteres begründen. Dies kann man an der Zahl der Anmeldungen für die Berufsvormünderprüfungen ablesen. Entgegen den Erwartungen von damals ca. 180 prognostizierten Prüflingen liegt die Zahl der tatsächlich zur Prüfung angemeldeten Kandidaten weit unterhalb der Prognose.

Gegenwärtig liegen der Prüfungskommission beim Landesamt für Versorgung und Soziales ca. 80 Prüfungsanmeldungen vor. Für Prüfungen im Jahr 2001 sind es 36 Anmeldungen. Diese Prüfungen finden gerade in diesen Tagen statt. Die übrigen Anmeldungen betreffen die Prüfungstermine in den Jahren 2002 und 2003. Die erforderlichen Voraussetzungen für die Teilnahme an den Prüfungen werden erst dann erfüllt sein.

Die Landesregierung ist gern bereit, sofern dies gewünscht wird, im zuständigen Ausschuss weitere Erläuterungen zur Problematik zu geben.

Aber, Frau Krause, ich muss eines sagen: Die zuständigen Minister und die entsprechenden Mitglieder der Fraktion haben gestern die Problematik noch einmal erörtert. Ich denke, man sollte hier nicht päpstlicher sein als der Papst. Wir sind bereit, die Frist zu verlängern, obwohl ich für meine Person und für mein Haus sagen muss, dass wir die Notwendigkeit nicht eingesehen haben. Wenn wir aber diese Ost-Sonderregelung weiterführen können und den notwendigen Beruf der Betreuerinnen dadurch erweitern könnten, sollte man dies tun. - Danke.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Die DVU-Fraktion hatte keinen Redebeitrag angemeldet. - Es bleibt scheinbar dabei.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Nachfrage!)

- Frau Krause, Entschuldigung, eine Frage an die Frau Ministerin. - Frau Ministerin, sind Sie bereit zu antworten? - Bitte schön.

Frau Ministerin, ich habe nur eine Frage, die sich aus Informationen von unterschiedlichen Betreuungsvereinen ergibt. Können Sie mir zustimmen, dass es bei den Frauen und Männern, die bereit sind und die Prüfung ablegen möchten, sehr unterschiedliche Gründe dafür gibt, dass sie sie nicht entsprechend dem Bedarf in diesem Jahr in der anberaumten Prüfungszeit ablegen können?

Ich habe derartige Aussagen aus einem Betreuungsverein, nämlich dass sehr wohl das Interesse an der Ablegung der Prüfung besteht, es aber Gründe dafür gibt, dass es in diesem Jahr nicht passieren kann. Dann müssten diese Betreuerinnen - es sind Frauen - die finanziellen Einbußen erst einmal hinnehmen. Genau das wollen wir eigentlich vermeiden.

Es ist durchaus richtig, dass es einige gibt, nämlich die Differenz zwischen 80 und 36. Insgesamt sind es 80 Prüflinge, 36 davon in diesem Jahr. Die restlichen sind Betreuer, die unter anderem deshalb die Prüfung nicht in diesem Jahr ablegen können, weil sie die notwendigen Tätigkeitszeiten noch nicht erfüllen und somit aufgrund mangelnder Voraussetzungen in diesem Jahr zur Prüfung nicht zugelassen werden können.

Aus diesem Grund haben wir gesagt, dass wir bereit sind, die nach dem Gesetz mögliche, noch einmal zu gewährende Verlängerung zu unterstützen. Ich habe mich breitschlagen lassen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Frau Krause, PDS: Das macht Sie sympathisch!)

Ich rufe sodann für die FDVP-Fraktion den Abgeordneten Herrn Weich auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 3 des Berufsvormünderver

gütungsgesetzes wurde eine Übergangsregelung geschaffen, die über einen begrenzten Zeitraum die Zahlung einer höheren Vergütung ermöglicht. Nach dieser Vorschrift kann das Vormundschaftsgericht einem Vormund bis zum 30. Juni 2001 eine Vergütung von bis zu 60 DM pro Stunde bewilligen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Betreuer vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes mindestens zwei Jahre lang berufsmäßig Vormundschaften geführt hat, also mindestens seit dem 1. Januar 1997.

Diese Vorschrift ist nur für diejenigen Vormünder relevant, die die betreuungsrelevanten Kenntnisse durch eine Lehre erworben bzw. keine entsprechende Ausbildung haben und nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes eine Vergütung von 45 DM bzw. 35 DM je Stunde erhalten würden. Nach § 2 des Gesetzes erhalten sie die Möglichkeit, binnen zweieinhalb Jahren eine Nachqualifizierung zu absolvieren, ohne in dieser Zeit größere Einkommensverluste hinnehmen zu müssen.

Mit der Bestimmung des § 3 Abs. 1 des Gesetzes sollte das Vertrauen langjährig tätiger Berufsbetreuer und Betreuungsvereine in die bisher geltenden, regelmäßig zu höheren Vergütungen führenden Regelungen geschützt werden. Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben, sich auf die im Gesetz festgeschriebenen Fristen einzustellen und an Nachqualifizierungslehrgängen teilzunehmen.

Für eine Verlängerung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 beschriebenen Fristen besteht kein Anlass. Wer diese Chance nicht genutzt hat, muss nun die Konsequenzen tragen und einen seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden niedrigeren Stundensatz in Kauf nehmen. Der Antrag der Fraktion der PDS zielt allein darauf, den Steuerzahler zu plündern und den Faulen zu schützen. Wir lehnen den Antrag ab.

(Zustimmung von Herrn Mertens, FDVP, und von Herrn Wiechmann, FDVP)

Nach der Erklärung der Frau Ministerin hat die CDUFraktion auf einen Redebeitrag verzichtet. - Ich rufe jetzt für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Frau Schmidt auf. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz etwas sagen. In der Einbringungsrede ist erläutert worden, worum es geht.

Ich bin froh darüber, dass die Landesregierung eingesehen hat - „sich breitschlagen lassen“ klingt etwas seltsam -, dass in diesem Bereich weiterhin Bedarf besteht. Ich kann mich auch daran erinnern, dass die Berufsbetreuer, als das Berufsvormündervergütungsgesetz geschaffen wurde, zumindest die, die mir bekannt sind, sehr froh waren, dass - auch auf Betreiben unserer Landesregierung hin - diese Ermächtigungsmöglichkeit überhaupt in das Gesetz hineingekommen ist.

Ich bin auch froh darüber, dass wir dem jetzt zustimmen können. Die genannten Zahlen weichen etwas von den mir vorliegenden ab, aber die Größenordnung stimmt zumindest. Wenn die Landesregierung die Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2002 verlängert, dann gibt es immerhin noch drei Prüfungsmöglichkeiten, die die Berufsbetreuer wahrnehmen können.

Es hängt auch nicht damit zusammen, dass sie faul sind, sondern es hing unter anderem damit zusammen, dass

die Verordnung erst sehr spät kam und eine notwendige Qualifizierung oder Vorbereitung auf die Prüfung gewissermaßen ins Blaue hinein kam und niemand - auch nicht diejenigen, die die Schulungen durchführen sollten -, wusste, worum es überhaupt geht.

Wir stimmen dem Antrag zu. Ich habe mit Herrn Remmers gesprochen und möchte in seinem Namen mitteilen, dass auch die CDU diesem Antrag zustimmt.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD - Oh! und Heiterkeit bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Das nennen wir künftig parlamentarische Rationalisierung.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)