Meine Damen und Herren! Ist noch jemand im Plenarsaal, der noch nicht abgestimmt hat und dies noch tun möchte? - Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um die Auszählung.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Mit Ja votierten 60 Abgeordnete. Es gab keine Neinstimmen. Der Stimme enthielten sich 34 Abgeordnete. 22 Abgeordnete waren nicht anwesend. Damit ist das Gesetz beschlossen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung über Abschnitt II der vorliegenden Beschlussempfehlung, zu den vom Ausschuss empfohlenen Entschließungen. Gestatten Sie, dass wir über die Abschnitte A bis D insgesamt abstimmen? - Es wünscht niemand getrennte Abstimmung, dann verfahren wir so.
Wer stimmt den Entschließungen, die der Ausschuss empfiehlt, zu? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Empfehlung des Ausschusses bezüglich der Entschließungen gefolgt worden.
Ich lasse jetzt über den Entschließungsantrag der CDUFraktion in der Drs. 3/5069 abstimmen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion hat keine Mehrheit gefunden.
Dieser Antrag wird von der Abgeordneten Frau Dr. Paschke eingebracht. - Vielleicht können der Kultusminister und Herr Dr. Bergner ihr Gespräch an anderer Stelle führen oder etwas leiser. - Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zu Beginn meines Beitrages eines deutlich unterstreichen: Der PDS war seit Beginn der Diskussion über das Leitbild und dann über die Gesetze bewusst, dass der Stadt-Umland-Problematik innerhalb der Gebietsreform eine besondere Bedeutung zukommt.
Zwar ist das Problem für sich genommen eher ein Problem der Landesentwicklung und der Raumordnung; findet jedoch die Debatte um die Stärkung der Leistungsfähigkeit zentralörtlicher Gliederungen vor dem Hintergrund einer bereits laufenden Gebietsreform statt, hat die zeitliche Komponente eine besondere Bedeutung. Deshalb bestand bereits seit der Diskussion um die Vorschaltgesetze die Forderung der PDS, dass die Landesregierung spätestens zum Jahresende ihre Vorstellungen in Bezug auf den Stadtumlandbereich darstellt, da sowohl der kreisliche als auch der übrige gemeindliche Bereich entscheidend vom Lösungsansatz im Stadtumlandbereich abhängen.
Inzwischen wurden dazu unterschiedliche Schritte unternommen. Am 23. November 2000 wurde im zeitweiligen Ausschuss erstmals über die Problematik beraten. Seit diesem Zeitpunkt wurde in der Öffentlichkeit immer wieder die Frage aufgeworfen, wie und wann es eine Entscheidung für den Stadtumlandbereich geben wird. Unsererseits gab es dann immer die gleiche Antwort: Im Herbst wird das Ergebnis des Gutachtens bzw. der Analyse der Landesregierung vorgelegt. Für den kreisangehörigen Raum gilt dies genauso wie für die kreisfreien Städte.
Unsere Erwartung war es stets, dass der Ausschuss hinlänglich Gelegenheit erhält, die von der Landesregierung angelegten Kriterien und vor allem deren Wichtung zu diskutieren. Dies ermöglichte es, die von den Gemeinden immer wieder vorgetragene Behauptung zu entkräften, dass die Landesregierung für jede einzelne Gemeinde bereits ein Reformergebnis vorliegen hätte. Ich möchte es deutlich sagen: Uns missfällt ausdrücklich, nunmehr Ergebnisse der einen Analyse sozusagen für jedes Dorf konkret in der Zeitung nachlesen zu müssen.
Das betrifft ebenso Spezifika von Betrachtungsweisen im kreisangehörigen Raum, beispielsweise die Problematik von Kragenverwaltungsgemeinschaften. Es erschwert nach unserer Auffassung die Diskussion, wenn wir erst über Steinitz, Brietz, Dambeck usw. öffentlich diskutieren und danach der zuständige Ausschuss über
das Gesamtpaket verhandelt. Bereits vor einem Jahr hat Herr Dr. Köck für die PDS-Fraktion angemahnt, dass es bei einer zu frühzeitigen Betrachtung des Einzelfalls immer schwerer wird, zu einer komplexen Denkweise zu gelangen.
In einem Punkt sollten wir uns keine Illusionen machen: Mit der jetzigen Entscheidung werden die wesentlichen Weichen gestellt. Das betrifft nicht selten sowohl die gemeindliche Partnerwahl als auch die Wahl des kommunalen Modells.
Das zwingend folgende Gesetz in der staatliche Phase wird nicht mehr die grundsätzlichen Fragen des Stadtumlandbereichs regeln, es zieht den Schlussstrich. Der Grundsatz muss in dieser Legislaturperiode geklärt werden. Dies soll und muss passieren. Darin besteht überhaupt kein Dissens.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der bisherige Verlauf der Gebietsreform, insbesondere auch die Debatte zum Dritten Vorschaltgesetz hat deutlich gemacht, dass man sorgfältig all jene Schritte vermeiden sollte, die zusätzliche Irritationen vorprogrammieren. Deshalb wird im Antrag ausdrücklich sowohl nach den Kriterien als auch nach dem weiteren Verfahren gefragt. Wenn das wie in diesem Fall uns selbst nicht klar erscheint, wie soll es dann für die Öffentlichkeit verständlich sein?
Bereits bei der Ankündigung des Antrages im zeitweiligen Ausschuss wurden die verschiedensten Bewertungen zur Sinnhaftigkeit eines solchen Antrages zu diesem Zeitpunkt abgegeben: Wahlkampf; überflüssig, weil im November erst das Gutachten fertig wird; typischer Fall für einen Selbstbefassungsantrag. - Wir meinen, nein. Zum einen ist der PDS wohl kaum vorzuwerfen, mit diesem Thema Wahlkampf zu führen. Wir haben uns stets ziemlich unabhängig von den jeweiligen Wahlen an der Sache orientiert und werden das auch weiterhin tun. Zum anderen legen wir größten Wert auf die Diskussion über objektive Kriterien und deren Rangigkeit.
Lassen Sie mich das an einigen Fragen erläutern. Gibt es beispielsweise Kriterien, die für sich genommen eine Eingemeindung rechtfertigen? In welcher Weise erfolgt eine Abwägung zwischen den schon in den Vorschaltgesetzen benannten Kriterien, zum Beispiel Vorrang von Zusammenschlüssen bestehender Strukturen, und raumordnerischen Komponenten?
Was die Möglichkeit der Selbstbefassung betrifft - nun gut, letztlich findet die Diskussion auf Ortsebene auch nicht in Selbstbefassung hinter verschlossenen Türen statt.
Mit unserem grundsätzlichen Ja zur Reform werden auch die Mitglieder unserer Fraktion immer wieder in Haftung genommen. Dazu stehen wir. Aber seit der Bildung des zeitweiligen Ausschusses steht die Landesregierung hier in einer besonderen Bringepflicht. Wenn der Ausschuss über die unter dem ersten Anstrich auch aufgeführten kreisfreien Städte am 18. Oktober 2001 noch nicht diskutieren will, sollten wir jedoch zumindest klären, wie wir zeitlich und inhaltlich weiter agieren. - So viel zum Verfahren.
Abschließend noch einmal zum Inhalt. Zu Beginn meines Redebeitrages habe ich darauf verwiesen, dass das Thema Leistungsfähigkeit zentralörtlicher Gliederungen und das Stadt-Umland-Problem viele Komponenten und
Ursachen hat. Wenngleich vor dem Hintergrund einer Gebietsreform der Eindruck erweckt wird, Eingemeindungen seien die entscheidende Reform zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Mittel- und Oberzentren, sollten doch die Chancen nicht ungenutzt bleiben, in die Diskussion sowohl Entwicklungstendenzen im europäischen Raum wie auch alle weiteren Faktoren einzubeziehen.
Zukunftsfähigkeit in der Stadt-Umland-Problematik zu gewährleisten heißt, zu einem tatsächlich solidarischen Lastenausgleich zu gelangen, heißt, der Raumordnung das Primat einzuräumen, heißt, wir müssen endlich dafür Sorge tragen, dass der Landesentwicklungsplan auch als das behandelt wird, was er ist: ein Gesetz.
Da wir beispielsweise im Rahmen der Funktionalreform ohnehin neu über den Finanzausgleich reden müssen, sollten wir rechtzeitig damit beginnen und uns nicht mit dem Verweis auf eine neue Legislaturperiode vertrösten. Deshalb sind neben den Geschäftsbereichen der Ministerien im zeitweiligen Ausschuss jetzt verstärkt auch solche Querschnittsprobleme zu beraten, weil die Zeit drängt.
Die PDS hat ihrerseits schon einige Vorstellungen in die öffentliche Diskussion gebracht und wird es auch weiterhin tun. Vom Grundsatz haben wir uns auch dazu bekannt, streng nach objektiven Kriterien Eingemeindungen nicht auszuschließen. Bis zur zeitnahen gesetzlichen Regelung, wie es im zweiten Vorschaltgesetz heißt, sollte die Zeit intensiv genutzt werden. Dazu soll dieser Antrag dienen. Wir bitten um Ihre Zustimmung.
Danke schön, Frau Dr. Paschke. - Wir kommen nun zur Aussprache. Dazu hat zunächst die Landesregierung um das Wort gebeten. Das Wort hat für die Landesregierung Minister Herr Dr. Püchel.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade bei der schwierigen Stadt-Umland-Problematik ist es der Landesregierung in den vergangenen Monaten gelungen, in einer sachlich nachvollziehbaren, transparenten und flexiblen Herangehensweise die Entscheidungsvorbehalte des Parlaments zu wahren. Das will ich vorweg sagen.
Das Ziel unseres Vorgehens ist es auch, dass wir im Umland der Mittelzentren die freiwillige Phase so wenig wie möglich einschränken. In diesem Spannungsfeld zwischen dem Parlamentsvorbehalt und der Freiwilligkeit bewegen wir uns jetzt. Mein Ziel ist es, hier für einen gerechten Ausgleich zu sorgen.
Meine Damen und Herren! Im Laufe der Diskussion über das Leitbild wurden insbesondere die Aussagen zur Stadt-Umland-Problematik von mehreren Seiten her kritisiert und als nachbesserungsbedürftig bezeichnet. Die von mir eingesetzte Stabsstelle zur Kommunalreform und zur Verwaltungsreform hat dieses Thema deshalb bereits im März 2000 aufgegriffen.
Zusammen mit den Regierungspräsidien und dem Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt wurde eine Erhebung unterschiedlichster Daten zu 79 Gemeinden im Umfeld der drei kreisfreien Städte durchgeführt. Diese Datensammlung ist als erster Schritt einer Verflechtungsanalyse zu betrachten. Sie wurde am
23. November 2000 dem zeitweiligen Ausschuss Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform vorgestellt.
Die erhobenen Daten haben noch einmal bestätigt, dass insbesondere im Umland von Halle und Magdeburg durch großflächige Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten bzw. von Wohnungsbaugebieten seit 1990 eine Entwicklung stattgefunden hat, die den im Landesentwicklungsplan gesetzlich festgelegten raumordnerischen Grundsätzen in einem erheblichen Maße widerspricht.
Die Landesregierung beschloss daher, zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen ein wissenschaftliches Gutachten einzuholen. Der Auftrag wurde Ende April an die Arbeitsgemeinschaft Professor Dr. Turowski/Dr. Greiwing vergeben. Das Gutachten soll unter anderem Aussagen dazu machen, ob und in welchem Umfang zur Lösung der festgestellten Stadt-Umland-Probleme Eingemeindungen in die kreisfreien Städte für erforderlich erachtet werden und welche Umlandgemeinden bei einer Eingemeindungslösung einzubeziehen wären.
Sollten Eingemeindungen nicht für erforderlich gehalten werden, sind Aussagen zur Notwendigkeit der Regelung der Stadt-Umland-Problematik durch andere Instrumentarien, zum Beispiel durch die Bildung von Stadt-Umland-Verbänden, Regionalkreisen usw., zu machen und dann eine Vorzugsvariante zu benennen.
Da entsprechende Stadt-Umland-Probleme auch im Hinblick auf einzelne Umlandgemeinden von Mittelzentren zu erkennen waren, hat das Innenministerium im Herbst 2000 begonnen, Daten auch über das Umland dieser Städte zu erheben. Entsprechende Forderungen wurden unter anderem auch im Rahmen der Diskussion über dieses Thema im zeitweiligen Ausschuss des Landtages erhoben.
Von daher soll der Gutachter auch eine Einschätzung abgeben, ob sich aus den Erkenntnissen zu den kreisfreien Städten und ihrem Umland grundsätzliche Aussagen zu den Mittelzentren herleiten lassen. Eine Einzelfallbetrachtung der Mittelzentren durch den Gutachter wird allerdings nicht stattfinden. Das Gutachten soll zum 30. November 2001 vorliegen, sodass ich Ihnen dazu heute noch keine Ergebnisse mitteilen kann.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich betonen, dass die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang es im Zuge der Kommunalreform zu Eingemeindungen in Ober- und Mittelzentren kommen wird, nach dem Zweiten Vorschaltgesetz dem Entscheidungsvorbehalt des Landtages unterliegt.