Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

wird von der Ausnahmeregelung in § 64 Abs. 6 Satz 3 Gebrauch gemacht, nach der der Landtag Ausnahmen von dieser Vorschrift beschließen kann, mit der Möglichkeit, dass Grundstücksverkaufserlöse auch für das Stopfen von Löchern im Haushalt und für andere Zwecke verwendet werden können.

Da wir eine ganze Menge von Möglichkeiten haben, auch auf diesem Weg Erlöse zu erzielen, deren Ergebnisse dem Land erhalten bleiben sollten, ist es sinnvoll, diese Mittel in einer solchen Stiftung anzulegen, weil sie dadurch bewahrt würden. Es ist der Sinn von Stiftungen, dass Mittel zweckgebunden bewahrt werden und die

Ausschüttung von Mitteln nur aus den Ergebnissen der Anlage des Stiftungsvermögens erfolgt.

Das bedeutet, dass solche Stiftungen Jahre brauchen, bevor sie effizient werden. Das Schaffen einer solchen Stiftung bedeutet nicht, dass man damit in den nächsten ein oder zwei Jahren schon Politik gestalten kann. Auch die Thüringer Stiftung läuft noch nicht so, wie es gedacht ist. Sie beginnt jedoch zu laufen. Man braucht mindestens fünf bis zehn Jahre, bevor solche Stiftungen so arbeiten, wie es angestrebt ist. Man muss aber einmal damit anfangen.

Deswegen halten wir es für vernünftig, ein solches Instrumentarium auch in Sachsen-Anhalt zu schaffen. Wir haben das einmal mit dem Einzelplan 52, bei der Schaffung des Sondervermögens, versucht. Das war in Ansätzen einmal so gedacht. Es ist aber bisher nicht so gelaufen. Wer sich an die letzte Sitzung des Finanzausschusses erinnert, der weiß, dass in diesem Bereich finanzielle Mittel nachgeschossen werden müssen, weil die Probleme so groß waren, dass auch der Sonderfonds nicht ohne zusätzliche Landesmittel ausgekommen ist.

Für die Stiftung gilt dem Rechtsstatus nach, dass das Vermögen dort nicht aufgezehrt werden darf. Lediglich die Stiftungserlöse stehen zur Verfügung. Das ermöglicht es aber, dass Erlöse aus dem Verkauf von Landesvermögen und von Grundstücken als Wert erhalten bleiben und dennoch für solche Zwecke eingesetzt werden können.

Da wir eine sich selbst tragende Wirtschaftsförderung organisieren müssen, die es ermöglicht, dass auch die Institutionen der Wirtschaft in diesen Förderprozess eingebunden werden, schlagen wir vor, die Erfahrungen anderer Bundesländer in diesem Bereich zu nutzen und auch bei uns in Sachsen-Anhalt eine solche Stiftung zu begründen.

Das ist nicht eilig. Das muss nicht sofort entschieden werden. Deshalb schlagen wir auch vor, darüber jetzt nicht sofort abzustimmen, sondern diesen Antrag in die Ausschüsse zu überweisen.

Wir schlagen den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten und den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft als mitberatende Ausschüsse und den Ausschuss für Finanzen als federführenden Ausschuss vor, weil es ein Finanzierungsinstrument sein soll, das wir begründen wollen. Dafür, meine Damen und Herren, bitten wir um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke für die Einbringung, Herr Professor Böhmer. Meine Damen und Herren! Die Fünfminutendebatte erfolgt in der Reihenfolge: FDVP, PDS, SPD, DVU, CDU. Als erster Rednerin erteile ich für die Landesregierung Ministerin Frau Budde das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Idee ist in der Tat nicht ganz neu, weil wir bereits im Jahr 1995 schon einmal darüber diskutiert haben und der Landtag die Landesregierung damals schon dazu aufgefordert hatte, eine Stiftung und/oder eine Gesellschaft einzurichten. Wir haben uns damals für die Gesellschaft, für die Errichtung der IBG entschieden.

Im Übrigen ist eines nicht ganz richtig: Die Bedarfe, die im Förderfonds heute auftauchen und über die wir in der Sitzung des Finanzausschusses diskutiert haben, kommen nicht aus dem Bereich Technologie oder aus dem Technologiefonds. Sie entstehen vielmehr dadurch, dass wir in dem Impuls-Programm, das wieder aufgelegt werden soll und das unter dem nächsten Tagesordnungspunkt zu diskutieren ist, große Verluste haben und daher die Mittel immer wieder auffüllen müssen. Das ist einer der großen Verlustbringer, der Mittel nicht in dem Umfang in den Haushalt zurückbringt, wie wir uns das vorgestellt hatten.

Das Hauptproblem von jungen Unternehmen, von Technologieunternehmen und von technologieorientierten Unternehmen, die Kapitalbeschaffung, besteht nach wie vor. Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Pilotanlagen sowie Markteinführungen von neuen Produkten und Lösungen werden mit der Finanzierung, die die IBG zur Verfügung stellt, abgedeckt. Inzwischen sind es 135 Millionen DM, die der IBG zur Verfügung gestellt worden sind, und 78 Beteiligungen mit einem Volumen von rund 128 Millionen DM sind zugesagt worden.

Die IBG ist in dieser Form auch deshalb so entstanden, weil wir - anders als bei einer Stiftung - mit dem Geld, das wir dort eingesetzt haben, zusätzliche Finanzierungsfonds aus dem KfW-Bereich und Technologiefonds von anderen Banken einwerben konnten, wo wir nur unseren Eigenanteil einbringen mussten. Wir konnten aufgrund der Möglichkeit, diese Technologiefonds mit einwerben zu können, zusätzliche Beteiligungen eingehen. Denn wir haben natürlich in den Jahren seit dem Bestehen der IBG nicht 135 Millionen DM alleine zur Verfügung gestellt; wir haben dazu vielmehr Geld von außen eingeworben.

Insofern, denke ich, war die Entscheidung damals, die IBG, eine Beteiligungsgesellschaft, und keinen Technologiefonds zu gründen - ich habe damals jedoch zu den Skeptikern gehört; denn ich hätte damals lieber einen Technologiefonds gegründet -, dennoch richtig, weil die Erfolge, die aufgrund dieser Beteiligungen erzielt worden sind, dieses auch zeigen. Hier sind auch nicht die hohen Ausfallquoten zu verzeichnen.

Ich möchte an dieser Stelle darauf verzichten, das gesamte Konzept zur Innovations- und Entwicklungsförderung vorzutragen. Ich möchte es auch deshalb nicht tun, weil Sie das bereits sehr wohlwollend vorgetragen haben.

Ich möchte, genau wie Sie, empfehlen, dass wir über die gesamte Angelegenheit im Ausschuss von Grund auf diskutieren und die Fragen klären, ob sich das überhaupt lohnt, wie lange man dafür braucht und ob das in der Tat jetzt oder ob es vielleicht in einem Jahr diskutiert werden sollte, wenn die Finanzlage und die Steuereinnahmen vielleicht wieder ein wenig anders aussehen; denn es ist in jedem Fall Geld, das dafür eingesetzt werden muss. Hier muss man sehen, ob das jetzt vorhandene Instrumentarium ausreicht. Darüber sollten wir aber im Ausschuss ohne irgendwelche Vorurteile diskutieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Frau Ministerin. - Frau Wiechmann hat für die FDVP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stiftungen gibt es in Deutschland eine ganze Menge. Mitunter dienen sie auch einem guten Zweck. Ich erinnere an die Stiftung des Landes Thüringen zur symbolischen Entschädigung der vom kommunistischen Regime Zwangsausgesiedelten. Für diese Menschen hatten aber das Land Sachsen-Anhalt und der Ministerpräsident Höppner nichts übrig und lehnten die Gründung einer derartigen Stiftung ab.

Dann gibt es natürlich auch Stiftungen, die in erster Linie gut dotierte Versorgungsposten für unterzubringende Klientel schaffen sollen. Wenn ich aber heute davon ausgehe, dass das bei der von Ihnen beantragten Stiftung, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, nicht so sein wird, dann erscheint Ihr Antrag zur Gründung einer Stiftung für Technologie und Innovation auf den ersten Blick sinnvoll und auch wirklich toll.

Auf den zweiten Blick schwindet meine Euphorie dann doch ein wenig. Natürlich weist das Land SachsenAnhalt Defizite bei der Förderung von technologieorientierten und innovativen Unternehmen auf, aber eben nicht nur dort.

Im Übrigen wäre diese Stiftung mit der Technologiestiftung in Thüringen kaum zu vergleichen; denn das Land Thüringen kann im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt auf grundlegende wirtschaftliche Erfolge verweisen.

In Sachsen-Anhalt verabschiedet sich ein Großunternehmen nach dem anderen. Darüber haben wir heute groß und breit diskutiert; ich denke, das war längst nicht ausreichend.

Die Wirtschaft stagniert bzw. das Bruttoinlandsprodukt hat ein negatives Wachstum von minus 1,8 % und die Menschen laufen in Scharen, und zwar wegen der Perspektivlosigkeit, davon. Die Standortpolitik kann als grundlegend gescheitert bezeichnet werden und die Arbeitslosigkeit ist beängstigend.

Herr Höppner hat in Sachsen-Anhalt also ein komplexes Problem geschaffen. Es ist Aufgabe einer Regierung, dieses Problem in seiner Gesamtheit zu lösen. Das heißt, es müssen gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Wirtschaft im Land Sachsen-Anhalt geschaffen werden, um die Zukunft unseres Landes zu sichern.

Es fehlen, gemessen an anderen Bundesländern, rund 38 000 Unternehmen. Das bedeutet, in Sachsen-Anhalt gibt es rund 200 000 Arbeitsplätze zu wenig. Was an Wirtschaftsreformen dazu notwendig wäre und notwendig ist, haben wir in diversen Anträgen und Beiträgen des Öfteren dargelegt. Ich verweise hierzu auf den Tagesordnungspunkt 21 der 56. Sitzung und den Tagesordnungspunkt 28 der 60. Sitzung des Landtages.

Ich verweise aber auch noch einmal auf einen Ausspruch, den Herr Gürth zu einem unserer Anträge getätigt hat. Er hat nämlich gesagt, er hat jede Hoffnung aufgegeben, dass diese Landesregierung irgendetwas ändern kann. Heute, Herr Gürth, schließe ich mich Ihrer Auffassung an.

Wir haben nichts gegen die Gründung dieser Stiftung, aber eine Stiftung für den besagten Zweck löst nicht die gesamten wirtschaftlichen Probleme dieses Landes, die durch sieben Jahre rot-rote Regierung verursacht wurden. Ich glaube eher, dass es günstiger wäre, diese Landesregierung geht stiften.

Deshalb ist mir beim Lesen Ihres Antrages auch sofort der Gedanke gekommen, wie es denn mit einer Weltraumstiftung in Sachsen-Anhalt wäre. Gerade da sind ja neue Technologien und Innovationen besonders gefragt. Denn das Beste wäre doch, insbesondere weil das dem Wählerwillen in Sachsen-Anhalt näher kommt, wenn wir in Sachsen-Anhalt endlich auch einen Kosmonauten hätten und Ministerpräsident Dr. Höppner auf den Mond schießen würden. Das wäre dann wirklich gesamtwirtschaftlich und gesamtpolitisch gesehen für SachsenAnhalt eine gute Stiftung.

(Zuruf von Herrn Oleikiewitz, SPD)

Aber wir versuchen es mit der Stiftung, Herr Professor Böhmer, und wir stimmen der Ausschussüberweisung zu. - Danke.

(Beifall bei der FDVP)

Für die PDS-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Süß.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt in unserem Lande eine Reihe von Instrumentarien und Strukturen zur Förderung von technologieorientierten Unternehmen - Professor Böhmer, Sie haben das gesagt -: Innovationsbeteiligungsfonds, Sondervermögen Förderfonds, mehrere Titel im Einzelplan 08, dazu die Strukturen der Technologie- und Gründerzentren oder der Innovations- und Gründerzentren.

Aber neue Wege zu gehen ist auf diesem Gebiet auf jeden Fall geboten; denn wir können mit dem Erreichten einfach nicht zufrieden sein. Aber bevor wir weitere Einrichtungen in dieser Richtung schaffen, sollten wir uns mit der Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der vorhandenen Einrichtungen und Strukturen befassen. Sie haben das selbst gesagt. Der Förderfonds befriedigt hinsichtlich seiner Wirksamkeit nicht so richtig.

Im Übrigen muss dann aber auch geprüft werden, ob die von Ihnen genannte Finanzierungsquelle - Landverkauf und Ähnliches - real verfügbar ist. Aber insgesamt ist der Vorschlag in jedem Fall interessant. Deswegen sollten wir ihn im Wirtschaftsausschuss bzw. in den Ausschüssen gründlich diskutieren, wobei man überlegen sollte, ob nicht der Wirtschaftsausschuss die Federführung übernehmen sollte. Aber das ist jetzt keine ganz prinzipielle Frage.

Ich will gleich noch eines hinzufügen: Gleiches, also Überweisung und Diskussion im Wirtschaftsausschuss, gilt für den nächsten Antrag in der Drucksache 3/5132. Wir werden dazu nicht noch einmal reden, beantragen aber auch in diesem Fall die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss.

Noch eines zum Schluss: Gewundert haben wir uns, dass Sie diese Anträge nicht in die Haushaltsdebatte eingebracht haben; denn dort hätten sie eigentlich hingehört. So sind die Messen für das Jahr 2002 gesungen. Aber mit Ihrer Einbringungsrede, dass das nicht eine Sache ist, die aus dem Stand zu machen ist, ist das ein Stück erklärt. Bei dem zweiten Antrag wird uns Herr Gürth sicherlich noch deutlich machen, warum er ihn nicht in die Haushaltsdebatte eingebracht hat. Aber das ist nicht dramatisch.

In jedem Fall sind beide Anträge es wert, dass wir uns dazu in den Ausschüssen gründlich verständigen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der PDS)

Herr Rahmig hat für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der CDU-Antrag, der eine Stiftung für Technologie und Innovation fordert, hätte, wenn ich nur die Begründung als Maßstab genommen hätte, meinen Widerspruch herausgefordert; denn er wurde damit begründet, dass das Land Defizite bei der Förderung von technologieorientierten und besonders innovativen Unternehmen aufweisen würde. Dem würde ich entschieden widersprechen wollen.

(Zustimmung von Herrn Metke, SPD)

Allerdings hat Herr Professor Böhmer in seiner bekannt seriösen und sachlichen Art das so dargestellt, dass mein Pulver, das ich darauf eigentlich verwenden wollte, etwas nass geworden ist. Nun will ich durchaus in diese Richtung einlenken.

Ich möchte im Vorfeld allerdings betonen, dass wir mit den Konzepten, die wir aus den Diskussionen in den Jahren 1994 und 1995 entwickelt haben und die im Jahr 1996 zur IBG führten, ein Instrument haben, welches durchaus sehr schlagkräftig ist und durchaus, wenn man die Zahlen verinnerlicht, die die Ministerin genannt hat, als Erfolgsstory zu bezeichnen ist.

Aber, meine Damen und Herren, es macht immer Sinn, bestehende, wenn auch offenkundig gut funktionierende Systeme dahin gehend zu prüfen, ob sie in der Zukunft ebenso gut funktionieren können wie gegenwärtig. Wir wissen, dass die Landesregierung eine Innovationsstrategie angekündigt hat, die das erfüllt, was der Kollege Dr. Süß forderte, nämlich das auf den Prüfstand zu stellen, was wir haben. Es ist natürlich eine interessante Anregung, das in diesem Zusammenhang im Ausschuss mit zu beraten.

Herr Professor Böhmer, ich würde Sie allerdings bitten, dass wir bei den Spielregeln bleiben sollten, die wir bereits angewendet haben, als es zur Gründung dieser bekannten und gut funktionierenden Instrumente kam. Ich würde doch dafür plädieren, dass dieser Antrag zunächst im Wirtschaftsausschuss federführend behandelt wird. Finanzrelevant ist das Thema ohnehin; der Finanzausschuss ist automatisch mit dabei. Ebenso ist es sinnvoll, den Antrag in dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft mitzuberaten.

In dieser Richtung würde ich das gern haben. Mir wäre es am liebsten, wenn Sie signalisieren würden, ob Sie daraus unbedingt eine Glaubensfrage machen wollen oder ob wir uns einigen können. Ich bin nicht immer harmoniesüchtig, aber bei einem solchen Thema bin ich schon ein bisschen auf einen Konsens von möglichst vielen Leuten aus. Ich stelle das, da Sie beharrlich schweigen, erst einmal als Antrag.

(Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU: Ich habe ja noch die Chance!)