Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Zweitens zum Prüfungsmonopol: Zukünftig sollen die Verwaltungsräte auch darüber entscheiden können, ob ihre Sparkasse durch einen externen Prüfer geprüft werden soll. Insofern soll das Prüfungsmonopol der Prüfungsstelle des OSGV in begründeten Fällen und in begrenztem Umfang aufgehoben werden. Bezogen auf die Gesamtheit der Sparkassen des Landes können sich in einem Jahr höchstens 10 % der Sparkassen von einem externen Prüfer prüfen lassen. Nach wie vor wird die Prüfung durch eine andere Prüfungsgesellschaft nur mit Zustimmung der Sparkassenaufsicht des Landes möglich sein.

Zu den Empfehlungen für Anstellungsverträge: Der OSGV soll, wie bereits im Sparkassengesetz Mecklenburg-Vorpommerns vorgesehen, ermächtigt werden, die Empfehlungen für den Inhalt der Anstellungsverträge bis zum 31. Dezember 2002 mit Zustimmung des Ministeriums der Finanzen zu überarbeiten. Im Hinblick auf Abweichungen von den dann geltenden Empfehlungen soll ein Zustimmungsvorbehalt der Sparkassenaufsicht des Ministeriums der Finanzen aufgenommen werden, um unangemessene Belastungen der Sparkassen zu verhindern.

So weit zu den besonders relevanten Regelungen im Gesetzentwurf.

Der Finanzausschuss stimmte am 5. September 2001 dem Gesetzentwurf in unveränderter Fassung mit 5 : 3 : 2 Stimmen zu und empfahl dem Innenausschuss mit der vorläufigen Beschlussempfehlung die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Im Anschluss an die gemeinsame Anhörung der Verbände wurde dem Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres mitgeteilt, dass der Ausschuss für Finanzen die Stellungnahme des Ausschusses für Inneres erwartet. In der 87. Sitzung am 8. November 2001 konnte der Finanzausschuss abschließend über den Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes beraten.

Gegenstand der Beratung im Ausschuss für Finanzen war auch die Frage, ob auf eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres gewartet werden sollte.

(Herr Becker, CDU: Da sind wir aber gespannt, was im Ausschuss herauskommt!)

Die Vertreter der CDU-Fraktion im Ausschuss beantragten aufgrund der fehlenden Beschlussempfehlung des Innenausschusses die Vertagung der Gesetzesberatung.

Unter Beachtung der Geschäftsordnung des Landtages kamen die Mitglieder des Ausschusses für Finanzen mit 8 : 4 : 0 Stimmen zu dem Ergebnis, dass eine Beschlussempfehlung an den Landtag abgegeben werden kann und auch abgegeben werden sollte.

Das Ministerium der Finanzen hat in Abstimmung mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst den Gesetzentwurf der Landesregierung überarbeitet. Im Wesentlichen wurden redaktionelle Anpassungen vorgenommen und die Begründung entsprechend dem Auftrag des Finanzausschusses vom 5. September 2001 um die Stellungnahme der Verbände ergänzt. Zudem soll der OSGV nicht verpflichtet, sondern ermächtigt werden, bis zum 31. Dezember 2002 die Anstellungsverträge zu überarbeiten.

Mit 8 : 4 : 0 Stimmen empfiehlt der Ausschuss für Finanzen dem Landtag, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Die Beschlussempfehlung in der Drs. 3/5153 liegt Ihnen vor. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Bevor ich dem Finanzminister Herrn Gerhards das Wort erteile, heißen wir eine Gruppe von Auszubildenden aus dem Landkreis Merseburg-Querfurt sowie Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Hoym herzlich willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen heute am Abschluss eines langen Gesetzgebungsverfahrens, das aber nur den kleineren Teil der Arbeiten erledigt im Vergleich zu dem, was noch vor uns liegt. Dieser jetzigen kleinen Novelle liegen drei Änderungen zugrunde. Die Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen hat das als Berichterstatterin schon im Detail erläutert. Ich fasse mich deshalb an dieser Stelle kurz.

Erstens. Die Gewinnausschüttungsmöglichkeiten der Sparkassen an die Gewährträger werden erweitert.

Zweitens. Die Verwaltungsräte werden künftig darüber entscheiden können, ob ihre Sparkassen durch einen externen Prüfer geprüft werden können. Das Prüfungsmonopol der Prüfungsstelle des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes wird in begründeten Fällen und in begrenztem Umfang insoweit aufgehoben.

Drittens. Die vom Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband im Einvernehmen mit dem Finanzministerium bis zum 31. Dezember 2002 zu erarbeitenden Musterdienstverträge für Sparkassenvorstände werden verbindlichen Charakter erhalten. Dies ist, wie die Berichterstatterin bereits dargelegt hat, in Mecklenburg-Vorpommern schon Gesetz.

Mit der Weiterentwicklung des Sparkassengesetzes in diesen drei Punkten wird den Gewährträgern und Verwaltungsräten der Sparkassen mehr Eigenverantwortung für die wirtschaftliche Ausrichtung ihrer Institute

übertragen. Die Beteiligungsrechte der Mitglieder der Verwaltungsräte werden deutlich verbessert. Die vorgesehenen Regelungen stärken die kommunale Selbstverwaltung.

Das alles ist - ich habe es schon gesagt - eine kleine Novelle. Wir werden über weitergehende Änderungen auch unseres Gesetzes und des Sparkassenrechts insgesamt im nächsten Jahr wieder hier im Landtag beraten müssen. Das ist jetzt noch nicht möglich.

Seit dem Erlass unseres Gesetzes im Jahr 1994 sind im Bereich der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute Entwicklungen eingetreten, die in den nächsten Jahren zu grundlegenden Veränderungen der Aufgaben und der Arbeitsbedingungen auch der Sparkassen führen werden.

Die Sparkassen sind einem erheblichen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, dem das zu verabschiedende Gesetz zunächst einmal Rechnung trägt.

(Zustimmung bei der SPD)

Sie wissen alle, dass wir viel tiefgreifendere Diskussionen über die Aufgaben und die Zielsetzung der öffentlichen Kreditinstitute in den nächsten Jahren führen werden. Das ist die Folge der Vereinbarung mit der Europäischen Kommission, die am Ende eines Wettbewerbsverfahrens gestanden hat, nach der die uneingeschränkte Haftung der Landkreise und kreisfreien Städte als Gewährträger für die Sparkassen entfallen wird.

Um die europarechtliche Umsetzung bundeseinheitlich vorzunehmen, wird im nächsten Jahr die Anpassung auch unseres Sparkassengesetzes im Rahmen einer gesonderten Gesetzesnovelle erfolgen. Wir haben uns lange überlegt, ob man beide Verfahren nicht gemeinsam machen kann. Das wird nicht gehen, weil sich jetzt abzeichnet, dass die große Novelle, von der ich jetzt spreche, erst im nächsten Jahr in Gang gesetzt werden kann. Das muss auch so sein, weil wir bislang keine einheitliche Haltung aller 16 Länder, einschließlich der kommunalen Spitzenverbände und der Sparkassen- und Giroverbände, haben, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Das Abstimmungsverfahren mit der Europäischen Union über die Textvorschläge, die von den Ländern gemeinsam mit den Spitzenverbänden, die ich gerade genannt habe, erarbeitet worden sind, läuft noch. Nicht in allen Punkten finden unsere Textvorschläge bisher die Billigung der Kommission.

Darüber hinaus gibt es - ich glaube, das habe ich in der letzten Sitzung auch schon dargelegt - immer noch tiefgreifende Unterschiede in der Auffassung der einzelnen Länder über die künftige Ausrichtung der öffentlichen Sparkassen. Nicht in allen Ländern ist man bereit, wie hier im Land strikt am Regionalprinzip und auch an der öffentlich-rechtlichen Organisationsform festzuhalten. Solange diese Konflikte nicht ausgetragen sind, können wir insoweit keine eigenständige Landesnovelle vorlegen.

Ein Letztes möchte ich in dem Zusammenhang sagen, weil ich merke, dass das immer wieder zu Irritationen führen kann, wenn ich es nicht jedes Mal sage: Wir werden in diesem Zusammenhang dann auch darüber entscheiden müssen, wie wir die Tür öffnen, aber auch Grenzen setzen für eine engere Kooperation bis hin zu Fusionen von Sparkassen in unserem Land. Wir wissen alle, die heutige Struktur mit 23 Sparkassen wird auf die Dauer nicht tragfähig sein. Wir werden zu größeren Ein

heiten kommen müssen. Wir werden aber andererseits auch die Organisation der Sparkassen innerhalb ihres jetzigen Aufbaus ändern müssen. Manche Bereiche werden künftig zentral zusammengefasst werden müssen. Das so genannte Backoffice-Geschäft wird anders organisiert werden müssen.

Sowohl die Refinanzierung auf den internationalen Kapitalmärkten als auch die technische Grundausstattung für die Schulung und Betreuung von Mitarbeitern wird man künftig zentraler als bisher regeln müssen über das hinaus, was schon da ist. Darüber besteht Einigkeit im Lager der Sparkassen. Wie man das im Detail macht, ist noch auszufeilen.

Des Weiteren - jetzt komme ich auf den Punkt, den ich schon genannt habe - ist besonders wichtig: Die Sparkassengebietsreform, die wir bekommen werden, hat Nachrang gegenüber der kommunalen Neugliederung oder, anders herum, die kommunale Neuordnung gibt vor, wie künftig die Sparkassenstruktur gestaltet sein muss.

Es wird in einem Kreis keine zwei Sparkassen geben. Das ist eine Grundbedingung dafür, dass wir eine vernünftige Sparkassenstruktur hinbekommen. Es soll auch allen die Angst nehmen, dass man über vorrangige Sparkassenzusammenschlüsse etwa Einfluss nehmen könnte oder wollte - wer immer das versucht - auf die Neuordnung der kommunalen Gebietsreform. Ganz klar muss sein: Es kann künftig in mehreren Kreisen, in mehreren Städten eine gemeinsame Sparkasse geben, aber es kann in keinem einzigen Kreis zwei Sparkassen geben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Jeziorsky. Bitte, Herr Jeziorsky, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich bin Ihnen dankbar für Ihre Aussage: Die große Novelle des Sparkassenrechts steht uns noch bevor, und zwar aufgrund der Vorgaben der Europäischen Union, und trotzdem wird jetzt eine kleine Novelle gemacht.

Auch die Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen hat uns als Berichterstatterin nicht darauf hingewiesen, dass im Ergebnis der Anhörung der Betroffenen, des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes und der kommunalen Spitzenverbände, auf eine jetzt durchzuziehende kleine Lösung gepocht wird. Die Angehörten haben ihren Standpunkt deutlich gemacht, im Zusammenhang mit der großen Novelle des Sparkassenrechts mögliche landeseigene Regelungen zu treffen. Das ist hier zwar nicht gesagt worden, ist aber der Stand der Beratung.

(Beifall bei der CDU)

Auch ist überhaupt nicht klar, Herr Finanzminister, wie der rechtliche Stand der Sparkassen demnächst, wenn die Veränderungen unter Rücksichtnahme auf die EUVorgabe erfolgt sein werden, sein wird. Sie regeln in diesem Gesetz Möglichkeiten immer unter dem Gedanken, dass die Landkreise und kreisfreien Städte noch Gewährträger sind. Das werden sie demnächst nicht mehr sein.

Das ganze Verfahren wird also kompliziert sein und es steht zu befürchten - jedenfalls für mich -, dass das, was Sie jetzt hier regeln, in gut einem Jahr, wenn die Gesamtregelung zum Sparkassenrecht ansteht, Makulatur sein wird.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDVP)

Deswegen werden wir einer jetzigen Änderung des Sparkassengesetzes nicht zustimmen.

Ich komme zu einer anderen Geschichte, nämlich zu dem Verfahren. Ich bin, seitdem es den Landtag von Sachsen-Anhalt gibt, Vorsitzender des Innenausschusses. In den elf Jahren haben wir auch viel darüber geredet, wie die Zusammenarbeit zwischen den Ausschüssen funktioniert. Da gibt es geschriebenes Recht und da gibt es vereinbartes Recht. Das hat bisher immer funktioniert. Wenn man in Zeitdruck war, war es nie ein Thema, dass mitberatende Ausschüsse dem Wunsch von federführenden Ausschüssen gefolgt sind und auch zwischendurch Sondersitzungen gemacht haben, um die Beratung voranzutreiben. - In diesem Fall ist alles ganz anders gelaufen.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Ja!)

Die Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen hat darauf hingewiesen, dass im September die erste Beratung im Finanzausschuss stattgefunden hat. Dort wurde gesagt, wir verändern an dem Gesetzentwurf nichts. Das war die vorläufige Beschlussempfehlung. Gleichzeitig wurde aber gesagt: Wir hören die Betroffenen an.

Meine Damen und Herren! Folgendes gilt für alle, die nicht im Finanzausschuss sitzen: Im Laufe der Jahre sind schon in allen Ausschüssen einmal Anhörungen durchgeführt worden. Es ist üblich, die Betroffenen einzuladen, wenn man noch Beratungsbedarf hat, um sie anzuhören. Man beginnt danach mit der Beratung über die Sache und kommt danach zu einer vorläufigen Beschlussempfehlung, nicht vor der Anhörung.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Becker, CDU: Sehr richtig!)

Das habe ich auch am Ende der Anhörung in der gemeinsamen Sitzung des Finanzausschusses und des Innenausschusses gesagt.

Das, was uns jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, ist aus meiner Sicht - auch wenn rechtlich geprüft ist, dass die Fristen, wie sie in unserer Geschäftsordnung stehen, eingehalten worden sind - die vorläufige Beschlussempfehlung, die im Finanzausschuss erstellt worden ist, nachdem man die Anhörung ausgewertet hat. Soweit mir gesagt worden ist, ist in der Sitzung in der vergangenen Woche auf das Ergebnis der Anhörung eigentlich gar nicht eingegangen worden. Wenn es richtig ist, lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal das Protokoll über die Anhörung vor.

Frau Fischer, wenn Sie den angehörten Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes am Ende der Anhörung sagen, dass viele Gesichtspunkte zur Sprache gekommen seien und dass dies eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen bilden würde, dann war das ein netter, honigsüßer Satz für die Angehörten, aber wohl nicht ernst gemeint.