Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Das hängt natürlich mit der gesamten Situation im Land und auch mit der Situation bei den Steuereinnahmen zusammen. Das will ich ganz deutlich sagen, weil Sie mehrfach versucht haben, mich zu unterbrechen oder mir etwas zuzurufen, Herr Ministerpräsident. Diesbezüglich will ich Sie an Artikel 68 Abs. 1 der Landesverfassung erinnern: „Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik und trägt dafür die Verantwortung.“ Auch dafür, was in der Haushaltspolitik dieses Landes geschieht.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn Sie, wie ich jetzt gehört habe - das liest man in der Zeitung -, sich bei Ihren Wahlzielen für die nächste Legislaturperiode die Überwindung der bisher beschlossenen politischen Ziele vorgenommen haben,

(Heiterkeit bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Jetzt hört zu!)

dann sage ich, Sie sollten sich für die nächste Legislaturperiode auch vornehmen, die Haushaltssituation des Landes wieder zu verbessern.

Dazu muss man die wirtschaftliche Situation des Landes verbessern. Das ist nun ein Thema, über das wir uns bereits so häufig unterhalten haben, dass ich sage: Wenn Ihnen nichts anderes mehr einfällt, als auf Argumente

zurückzukommen, die Sie uns schon widerlegt zu haben glaubten, dann wissen wir, dass wir am Ende der parlamentarischen Überzeugungskunst angekommen sind.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der DVU)

Sie haben uns in diesem Jahr mindestens zweimal im Landtag versichert, dass die gesamte wirtschaftliche Schwierigkeit des Landes, mit der wir alle kämpfen, auch noch mit diesen Monopolstrukturen und den großen chemischen Kombinaten aus der DDR-Zeit zusammenhinge. Sie erinnern sich an diese Aussagen.

Wissen Sie, mir kam das irgendwie bekannt vor. Aber ich wusste nicht ganz genau, woran ich mich erinnerte. Wir haben zwischenzeitlich nachgelesen. Wir haben dabei festgestellt, dass wir im Jahr 1992 bereits eine derartige Debatte in diesem Haus hatten. Damals stellten wir die Landesregierung und haben gesagt, dass dieses schwierige Geschäft der Transformation der Wirtschaft auch durch die ungewöhnlich großen Kombinate und durch die Monopolstrukturen im Land Sachsen-Anhalt erschwert wird.

Damals haben Sie uns geantwortet - das will ich Ihnen wenigstens noch einmal vorlesen, damit Sie sich zukünftig etwas vorsichtiger ausdrücken -:

„Wer die Gefahren und Schwierigkeiten leugnet,“

- so sagte damals der Oppositionsführer Herr Dr. Höppner laut dem Plenarprotokoll

„kommt in ihnen um. Es ist einfach nicht wahr und da streite ich mich mit Ihnen weiter, auch wenn Sie es in Ihrer Rede schon abgewehrt haben -, dass unsere wirtschaftliche und soziale Schieflage nur eine Erblast der SED-Zeit ist. Ich“

- damals Dr. Höppner

„sage Ihnen, die Bürger glauben Ihnen diese Schutzbehauptung auch nicht mehr. Sie wissen längst, dass die dramatische Situation in Sachsen-Anhalt auch das Ergebnis schlechter Regierungspolitik in den letzten Jahren ist.“

Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, heute haben Sie richtig Recht.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU - Beifall bei der FDVP und bei der DVU - Herr Sachse, SPD: Da hatten Sie drei Regierungen!)

Trotzdem nehmen wir diese Probleme ernst; denn der Haushalt für das nächste Jahr, über den wir heute diskutieren, betrifft uns alle, meine Damen und Herren. Er ist die in Zahlen gegossene bittere Wahrheit einer Regierung, die sich ohne eigene Gestaltungsmehrheit von Jahr zu Jahr mit Zugeständnissen an den Tolerierungspartner selbst an der Macht gehalten hat. Auch diesbezüglich kann ich einen Ihrer Finanzminister zitieren. Das ist kein Oppositionsgerede.

Die Menschen in Sachsen-Anhalt müssen jetzt mit den Konsequenzen dieser falschen Politik leben. Betroffen das sage ich ganz deutlich - sind wir alle, diejenigen, die das mit ihrer Mehrheit zu verantworten haben, und diejenigen, die zu schwach waren, dies zu verhindern. Aber dazu will ich eines sagen: In der Not werden auch die Schwachen mächtig, und die Zahl der Betroffenen, die eine solche Politik ändern werden, wächst in diesem Land von Monat zu Monat. Und deswegen bekennen wir uns zu der Verpflichtung: Dieses Land braucht eine an

dere Politik. Das wird nur möglich sein, wenn es eine andere Regierung bekommt. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Beifall bei der DVU - Zustimmung von Herrn Wolf, FDVP)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir haben neue Zuhörer und Zuschauer bekommen. Wir begrüßen Schülerinnen und Schüler des Novalis-Gymnasiums in Bad Dürrenberg.

(Beifall im ganzen Hause)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Dr. Fikentscher das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Kollege Böhmer: Wenn Sie zusammenfassend feststellen, dass Sie in diesem Haushalt das Ende der Gestaltungsfähigkeit in diesem Land erkennen, aber nicht erklären, was Sie anders machen könnten und welche Wege Sie vorschlagen,

(Frau Lindemann, SPD: Das ist sein Geheimnis!)

dann wäre es vielleicht dennoch interessant, wenn Sie uns erklären könnten, warum Sie, wenn doch nichts mehr zu gestalten ist und Ihnen doch nichts dazu einfällt, selbst an die Gestaltung heranwollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Aber es ist ja noch etwas Zeit. Vielleicht fällt Ihnen das bis zum 21. April 2002 noch ein.

(Herr Prof. Dr. Böhmer, CDU: Mit Sicherheit! Mit Sicherheit! - Herr Dr. Daehre, CDU: Das 12. Schul- jahr, das fällt uns gleich ein!)

Nun zu unserem Haushalt. In keinem Jahr zuvor

(Herr Dr. Daehre, CDU: War es so schlecht!)

ist während der laufenden Haushaltsberatungen im Landtag durch die aktuelle Steuerschätzung eine so drastische Verminderung der Einnahmen wie in diesem Jahr prognostiziert worden. Dieser Verlust, den niemand von uns beeinflussen konnte und kann, erreichte uns nach der Vorlage eines Haushaltsplanentwurfs, in dem wir bekanntermaßen ohnehin nur minimale Spielräume hatten.

Dennoch ist es gelungen, heute dem Landtag einen Haushaltsplan zur Verabschiedung vorzulegen, der nach wie vor die entscheidenden politischen Botschaften trägt und der nach wie vor eine sichere und kontinuierliche Entwicklung unseres Landes gewährleistet.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Aha! - Herr Becker, CDU: Glauben Sie das?)

Wir haben unsere Ziele nicht aufgegeben. Wir gehen realistisch in die Zukunft. Wirtschaft und Arbeitsmarkt sind gesichert. Für Bildung, insbesondere für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung, wird unverändert erheblich mehr Geld ausgegeben als in den vergangenen Jahren.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Da gehen Sie mal an die Martin-Luther-Universität und erklären Sie das den Studenten! Das können Sie gern machen! Ihr Kollege Siegert hat sich neulich bemüht! Es war interessant!)

- Herr Kollege Bergner, ich kenne die Verhältnisse dort ganz genau. Die Aussage, dass mehr Geld ausgegeben wird, kann auch von Studenten nicht vom Tisch gewischt werden.

(Beifall bei der SPD - Minister Herr Dr. Harms: Jetzt reicht es!)

Die Zusatzaufgaben für die innere Sicherheit, für mehr Ausstattung und Überstunden, werden aufgefangen und trotz aller Schwierigkeiten wird die Neuverschuldung erheblich reduziert. Das alles ist das Ergebnis einer konstruktiven Diskussion in einem schwierigen Umfeld.

Wir haben den Zeitplan eingehalten und die Eckdaten des Haushaltes streng beachtet. Wir wissen, dass manche Entscheidungen, auf die wir uns verständigt haben, dass manche Beschlüsse, die wir heute fassen werden, all denjenigen gegenüber schwer zu vertreten sind, die mit überwiegend guten Gründen mehr Geld fordern, weil sie mehr brauchen.

Auch wir würden gern für viele gute Zwecke mehr Geld ausgeben. Doch weil wir nicht mehr haben, stehen wir auch in dieser Frage zusammen und sind bereit, die damit verbundene Last auf uns zu nehmen, den Haushalt in allen Einzelheiten zu vertreten und nicht vor Schwierigkeiten davonzulaufen. Wir sind der Überzeugung, dass wir unter schwierigen Voraussetzungen das Mögliche erreicht haben und uns nicht zu entschuldigen brauchen. Wir werden offensiv das vertreten, was wir für verantwortbar halten, weil es nötig oder unvermeidbar ist.

Sie alle wissen, dass Mindereinnahmen von zunächst 131 Millionen € gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung bereits bei der Haushaltsaufstellung ausgeglichen werden mussten. Nun kamen nach der Steuerschätzung im Monat November noch einmal 269 Millionen € dazu. Ein solcher Betrag von insgesamt rund 800 Millionen DM, wenn wir heute noch in D-Mark rechnen, erscheint uns geradezu gigantisch, wenn wir daran denken, wie in manchen Bereichen um einige 100 000 Mark gerungen wird.

Es ist daher der Landesregierung zu danken, dass sie in Zusammenarbeit mit der SPD-Fraktion geeignete Vorschläge gemacht hat, mit denen ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden konnte, ohne während der laufenden Beratungen jede einzelne Position der Teilhaushalte infrage zu stellen. Das hätte zu wesentlich längeren Beratungen geführt, den Zeitplan gestürzt, aber die Kassen nicht voller gemacht.

(Herr Scharf, CDU: Es wäre ehrlicher gewesen, Herr Kollege!)

Wir standen vor der Entscheidung, die Nettoneuverschuldung nicht weiter abzusenken. Dazu konnten und wollten wir uns nicht entschließen. Die geplante Rückführung um 153 Millionen € musste auf 100 Millionen € beschränkt werden. Damit kann jedoch das Ziel, ab 2006 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen, bestehen bleiben. Das heißt, der Sparkurs im Gesamtinteresse des Landes wird fortgesetzt.

Gewiss war die Versuchung groß, angesichts des bevorstehenden Wahljahres Geschenke zu verteilen und eine deutlich höhere Neuverschuldung in Kauf zu nehmen, wie es die CDU-FDP-Regierung im Wahljahr 1994 mit einer exorbitanten Neuverschuldung von 3,68 Milliarden DM skrupellos gemacht hat. Da wir jedoch weiter regieren wollen und auch künftig die Verantwortung für

das Land in seiner Gesamtheit anstreben, haben wir uns diesen Weg versagt

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

und damit künftige Chancen erhalten.