Nach Meinung der PDS-Fraktion hängt die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems des Landes in erster Linie von der Stärkung der Sekundarschulen ab. Die inhaltlich neu gestaltete Sekundarschule muss sowohl personell als auch materiell besser ausgestattet werden. Dafür müssen auch im Landeshaushalt Reserven erschlossen werden.
Einen weiteren Schwerpunkt sehen wir in einer qualifizierten und praxisnahen Lehrerfortbildung, die stärker als bisher in den Regionen verankert sein sollte. Dazu müssen die Hochschulen einen wachsenden Beitrag leisten; aber auch das zuständige Landesinstitut wie die regionalen Fortbildungsträger brauchen eine entsprechende Ausstattung.
Während die Ausgaben bei Einzelplan 07 ein wenig absinken, sind die Ausgaben bei Einzelplan 06 - Wissenschaft - um rund 51 Millionen € durch eine Schwerpunktsetzung auf den Einsatz von EU-Mitteln deutlich erhöht worden. Dieses Niveau gilt es verlässlich zu halten.
Belastbare finanzielle Perspektiven für die Hochschulen bilden die Voraussetzung für qualitative Umstrukturierungen der Hochschulen, die sich sowohl aus neuesten Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung als auch aus wachsenden Anforderungen im Bereich von Weiterbildung und anwendungsorientierter Forschung und Lehre ergeben. Innerhalb dieses Prozesses wird das Kultusministerium mit besserer Qualität als bislang seine Aufsichtspflicht zur Sicherung eines ausgewogenen Lehrangebots an den Hochschulen wahrnehmen und es gegebenenfalls durch Eingriffe korrigieren müssen.
Ebenso notwendig wird die Begleitung der Umstrukturierung der Martin-Luther-Universität bleiben. Das erscheint uns umso notwendiger, als zum Jahresende eine zugespitzte Situation bei der Umsetzung der Vereinbarungen zwischen Landesregierung, Universität und Gewerkschaft eingetreten ist.
Nach unserer Kenntnis sind beim Personalrat 199 Kündigungen zur Mitbestimmung eingegangen. Den betreffenden Kollegen und Kolleginnen wird nun mitgeteilt, dass ihre Kündigung unverzüglich eingeleitet wird, weil sie das Angebot, in die Beschäftigungsgesellschaft zu gehen, nicht angenommen haben. Allerdings könne das Angebot noch bis zum 30. November 2001 angenommen werden. Auf die Argumente der Beschäftigten zu ihrer Ablehnung wird nicht eingegangen.
So wie es sich derzeit darstellt, sind jedoch weder alle in der Vereinbarung verankerten Angebote, wie der Schuldienst, die Altersteilzeit oder die Tätigkeit an Fachhochschulen und anderen Landeseinrichtungen, unterbreitet worden, noch halten diese Angebote in ihrer konkreten Ausgestaltung rechtlich fixierten Anforderungen stand. Es handelt sich also offensichtlich nicht um Angebote, die gemäß § 145 BGB als zumutbar bezeichnet werden könnten.
Eigentümlicherweise sind unter den von den Kündigungen betroffenen Kolleginnen und Kollegen ca. 30, die auf Angebote eingehen wollen bzw. eingegangen sind. Bei
den Kündigungen handelt es sich nicht um Änderungskündigungen, wie es arbeitsrechtlich korrekt wäre, sondern um Beendigungskündigungen. Angesichts dieses Vorgehens muss davon ausgegangen werden, dass Klagen vor dem Arbeitsgericht - ganz zu schweigen von den daraus entstehenden zusätzlichen Kosten - sehr gute Chancen auf Erfolg haben.
Das praktizierte Vorgehen ist weiterführend auch deshalb rechtlich angreifbar, weil das so genannte Angebot stets auf der durch die Betroffenen nicht überprüfbaren Sozialauswahl beruhte, die ebenfalls nicht offen gelegt wurde. Es entsteht der Eindruck, als sollte mit den sofortigen Kündigungen eine arbeitsrechtliche Überprüfung der Sozialauswahl und der rechtlichen Zulässigkeit der Arbeitsverträge mit der Beschäftigungsgesellschaft unmöglich gemacht werden. Gegenüber den Beschäftigten entsteht dadurch eine Nötigungssituation. Im Übrigen scheint die Beschäftigungsgesellschaft zum Zeitpunkt des Beschäftigungsangebotes noch nicht einmal in das Amtsregister aufgenommen worden zu sein.
Ich frage auch: Gibt es wirklich einen gültigen Vertrag zwischen dem Land und der TGL? Alles in allem wird das in der Vereinbarung fixierte Verfahren nicht eingehalten und die Vereinbarung selbst verletzt.
- Das können Sie gern so bezeichnen, ich würde mich auch gern länger darüber im Ausschuss unterhalten.
Die dringende Vermutung, dass dem Verfahren Rechtsbrüche zugrunde liegen könnten, muss durch den Landtag und seine betreffenden Ausschüsse umgehend geprüft werden. Letztlich muss der Ausschuss darauf dringen, dass das Land - das lassen beispielsweise fehlerhafte Studien, die als Grundlage für die Privatisierung von Dienstleistungen und Hausmeisterdiensten herangezogen worden sind, befürchten - keiner Lösung zustimmt, die zu Ausgaben führt, die über die im Haushaltsplan veranschlagten Summen hinausgehen. Dann müssen die Beschäftigten sinnvollerweise eben in einem Landesbetrieb arbeiten. In diesem Fall wären sie endlich den anderen Universitätsangehörigen rechtlich gleichgestellt.
Meine Damen und Herren! Die Bildungsausgaben dürfen nicht mehr als konsumtive, sondern müssen als investive Ausgaben, von denen die Landesentwicklung in allen anderen Bereichen maßgeblich beeinflusst wird, behandelt werden.
Dabei gilt es zugleich erhebliche Effizienzreserven zu erschließen, um die Höhe der Ausgaben auch wirklich in die gewünschten qualitativen Effekte münden zu lassen und letztlich dadurch zu rechtfertigen.
Fassen wir die für die investive Basis der Landesentwicklung besonders relevanten Bereiche, wie Wirtschaft und Technologie, Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, Landwirtschaft und Forsten sowie Raumordnung
und Umwelt, zusammen, steht eine Ausgabensumme von rund 2,4 Milliarden € zu Buche. Rechnen wir dann noch die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft hinzu, ergibt sich eine Gesamtsumme in Höhe von etwa 4,5 Milliarden €. Dabei ist klar, dass auch durch öffentliche Aufträge aus anderen Bereichen wie dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales in ganz erheblichem Maße die wirtschaftliche Tätigkeit angekurbelt wird. Erinnert sei beispielsweise an den Krankenhausbereich.
Weitere maßgebliche Einflussfaktoren für eine nachhaltige Entwicklung des Landes - sozial wie auch ökonomisch - sehen wir im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik und in der Sicherung der Kommunalfinanzen. Bei dem Punkt der Kommunalfinanzen lag - das haben wir in der ersten Lesung angekündigt - unsere Verhandlungspriorität. Zu dieser Problematik wird mein Kollege Wulf Gallert mit besonderer Motivation in bewährter sachkundiger und sehr eindringlicher Weise an anderer Stelle sprechen.
Zu den Fragen des Arbeitsmarktes sind jedoch noch einige andere Worte zu sagen. Die Arbeitsmarktpolitik in Sachsen Anhalt muss sich einerseits den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen und andererseits den Vorgaben des dritten operationellen Programms der Europäischen Union stellen. Sie muss sich also Sachzwängen stellen, die bereits in der letzten Sitzung des Landtages von der PDS-Fraktion eine grundsätzliche Kritik zumindest das vor kurzem verabschiedete Job-AqtivGesetz betreffend - erfahren haben. Für die arbeitsmarktpolitischen Spielräume des Landes heißt das:
Erstens. Arbeitsmarktpolitik in sozialpolitischer Funktion muss für den Erhalt der sozialen Infrastruktur für Bürgerinnen und Bürger Sorge tragen. Angesichts der über 240 000 arbeitslosen Frauen und Männer steht das Land in einer Bringschuld. Das heißt, es soll so vielen Frauen und Männern wie möglich mit den Mitteln der Arbeitsförderung zumindest eine befristete Beschäftigung angeboten werden.
Immerhin war das Land Sachsen-Anhalt nicht zuletzt wegen seiner hohen Dichte an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen eines der Länder, in denen die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 12 000 gesunken ist. Im Vergleich zum Vormonat ist die Arbeitslosenzahl um fast 1 500 gesunken.
Zweitens. Zum anderen muss Arbeitsmarktpolitik in beschäftigungspolitischer Funktion die Entwicklungen und Umbrüche am ersten Arbeitsmarkt konstruktiv begleiten. Betriebsnahe Maßnahmen der Arbeitsförderung können drohende Arbeitslosigkeit verhindern und können den Wandel bei den geforderten Qualifikationen fördern.
Angesichts der Tatsache, dass die Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit fast 30 000 Teilnehmern neben den ABM mit ca. 20 000 und den SAM mit ca. 60 000 Teilnehmern seit Jahren mit Abstand den größten Anteil haben, mutet uns dann schon der Feldzug des Präsidenten des Landesarbeitsamtes gegen AB-Maßnahmen geradezu an wie das Schattenboxen eines Entlassungskandidaten - natürlich völlig ohne parteipolitische Ambitionen.
Betriebsnahe Arbeitsmarktpolitik ist freilich nicht zum Nulltarif zu haben, und auch für meine Fraktion ist klar,
dass es durchaus ein Spannungsfeld zwischen Masse und Klasse geben wird. Umso schwieriger sind dann auch die Kürzungen von 130 Millionen DM im Haushalt des Arbeitsministeriums zu verkraften. Aus der Not eine Tugend gemacht, wenn uns die Ausgabenreste dieses Jahres und der Zugriff auf 20 Millionen € Verpflichtungsermächtigungen zunächst im kommenden Jahr eine Schadensbegrenzung ermöglichen.
Angesichts knapper werdender Mittel - denn auch die neuen Länder werden in absehbarer Zeit nicht mehr unter die Ziel-1-Förderung der EU fallen - wird in Zukunft stärker denn je eine Schwerpunktsetzung nötig sein. Es ist zu hinterfragen, inwieweit beispielsweise die Einstellungszuschüsse für benachteiligte Gruppen beschäftigungspolitische oder doch eher Mitnahmeeffekte befördern.
Mit dem Vollzug der Gebietsreform sollte ab 2005 auch eine Neustrukturierung der Strukturen der Arbeitsförderung des Landes einhergehen. Es geht darum, den Verwaltungsaufwand für Bewilligungen zu minimieren und das Prinzip der Förderung aus einer Hand umzusetzen. Letztlich - wir werden nicht müde, das immer wieder zu betonen - sollte das Gesamtsystem umgebaut werden, um Entscheidungskompetenzen der Vergabe zu dezentralisieren.
Abschließend will ich in meinem Beitrag namens meiner Fraktion noch einmal ausdrücklich feststellen: Wir fordern also nicht mehr Mittel, sondern deren passgenauen Einsatz. Wir fordern also nicht mehr Regulierung, sondern problemnahe Entscheidungen. Wir fordern nicht mehr Staat, sondern Reduktion seiner Aufgabe auf eine Schutz- und Ausgleichsfunktion. Es geht in unserem Politikansatz, den wir auch innerhalb dieser Haushaltsdebatte zu vertreten hatten, ganz und gar nicht um Gleichmacherei.
Wir sehen in Sachsen-Anhalt neue Gestaltungsaufgaben, weiteren Handlungsspielraum und bessere Chancen auf Umsetzung. Es geht in unserem Konzept unter den engen Rahmenbedingungen grundsätzlich um einen kooperativen Ansatz auch und gerade mit der Wirtschaft. Das ist mehr als ein Angebot.
Wir wissen um die existenziellen Probleme vieler kleiner und mittelständischer Betriebe im Land. Auch für diese hat es bislang einen ungerechten Lastenausgleich insbesondere infolge der Steuerreform gegeben. Eine Region mit wirtschaftlichem Aufstieg wird immer auch im sozialen Aufstieg stehen können und den Menschen lebenswerte Perspektiven eröffnen können. Darum geht es uns.
Unter diesem Blickwinkel muss Landespolitik verlässlicher werden. Unser Ansinnen bleibt es, ökonomische und soziale Bedingungen durch Landespolitik zu setzen, die unsere eigenen Potenziale freisetzt. Unser Ziel ist es, dass die ostdeutschen Länder ab 2020 von Sonderalimentierungen unabhängig und innerhalb eines modernisierten kooperativen und solidarischen Föderalismus in Deutschland als europäische Regionen mit Zukunft sowie ohne soziale Verwerfungen lebensfähig sind. - Danke schön.
Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag des Ministerpräsidenten Dr. Höppner fort. Bitte, Herr Dr. Höppner.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist mir sehr deutlich geworden, übrigens auch in dieser Debatte: Mit der Verabschiedung dieses Haushaltes stellt einerseits die Landesregierung, stellen aber auch die den Haushalt unterstützenden Fraktionen eindrücklich unter Beweis, dass wir in der Lage sind, unser Land auch in schwierigen Zeiten auf klarem Kurs in die Zukunft zu führen, und das ist gut so.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS - Herr Dr. Bergner, CDU: Bravo! Bravo! - Herr Wolf, FDVP, klatscht)
Das ist keineswegs in allen Landeskabinetten selbstverständlich. Darum Kompliment und herzlichen Dank an meine Kolleginnen und Kollegen im Kabinett.
Die finanzielle Decke war noch nie so kurz wie in diesem Jahr. Da ist die Steuerreform des Bundes. Sie entlastet Unternehmer, sie stärkt die Kaufkraft, tut also der Wirtschaft gut, keine Frage.