Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht. Ich fand die noble Regelung, die Sie für die Doppeleinbringung des nachfolgenden Antrages getroffen haben, sehr sachgerecht. Von den 22 Minuten, die uns noch zur Verfügung stehen, werde ich jetzt noch ein oder zwei Minuten nutzen. Dafür bitte ich um Verständnis. Wir möchten keine Minute Redezeit zusätzlich haben. Das wird dann wieder abgezogen.
Eines ist auch richtig - ich sage das, weil das in den Vorgesprächen schon eine große Rolle gespielt hat -: Der Diskussion heute wird eine gewisse prognostische Bedeutung beigemessen. Ich gebe Ihnen, Herr Kollege Gallert, völlig Recht, wenn Sie öffentlich sagen, aus Ihrer Sicht sei das eine sehr gute Grundlage für die Konzipierung einer gemeinsamen Regierungstätigkeit. Deshalb wollen Sie auch, dass Sie beide gemeinsam - nicht nebeneinander, sondern nacheinander - Ihren Antrag einbringen können.
Dafür bekunde ich ausdrücklich mein Verständnis. Das ist wenigstens klar. Wenn das aber jemand nicht so sagt und sich nicht dazu bekennt, dann werden wir deutlich machen, was hier vertuscht werden soll. Das ist wiederum unsere Aufgabe.
Wir fordern mindestens so dringlich wie Sie und genauso lange wie Sie eine Verwaltungsreform. Wir wissen, dass wir dann, wenn wir deren Konsequenzen klar vor uns sehen, gemeinsam mit den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände über eine Gebietsreform nachdenken wollen und müssen. Dabei geht es aber darum, dass wir nichts anderes organisieren als den geringsten internen Verwaltungsaufwand, damit wir Geld freibekommen für das, was in diesem Land wirklich notwendig ist: der Ausbau und die Entwicklung der Infrastruktur, die Wirtschaftsförderung usw.
Solange wir nur von Reformen reden, aber nichts tun, ist diese Aufgabe ungelöst und unser Antrag demzufolge berechtigt. Sie können von uns als Opposition -
- Entschuldigung, meine Damen und Herren. Ich bin zwar nicht der Präsident, aber ich erbitte dennoch für mich ein bisschen mehr Ruhe. - Ich will eines ganz deutlich sagen: Wer von uns verlangt, dass wir als Opposi
tion dort, wo wir die Landesregierung kritisieren, bessere Vorschläge machen sollen, hat Recht. Dazu fühlen wir uns verpflichtet. Dies haben wir bisher versucht zu tun und dies werden wir weiterhin tun.
und dass sie nicht immer nur - seit acht Jahren - erzählt, was sie tun möchte und worüber sie diskutiert und worüber sie eine Meinungsbildung herbeiführt. Wir verlangen, dass sie schlicht und einfach handelt. Dies ist in der letzten Zeit nicht geschehen.
Sie können es uns übel nehmen oder nicht, wenn wir sagen: Dieses Land braucht wieder eine Regierung, die handelt, die handlungsfähig ist und die auch entscheiden kann. - Vielen Dank.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Bemerkung. Sie werden sicherlich festgestellt haben, dass wir heute wieder gefilmt werden. Es sind zwei zusätzliche Kamerateams im Saal, die ein neues Video über den Landtag drehen. Die Störungen werden nur kurzfristig sein.
Darüber hinaus möchte ich Schülerinnen und Schüler des Comenius-Gymnasiums in Stendal und Schülerinnen und Schüler der Goethe-Schule in Bad Lauchstädt begrüßen. Herzlich willkommen!
Wir setzen fort mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Brachmann zur Einbringung des Antrags der Fraktionen der SPD und der PDS. Bitte, Herr Dr. Brachmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind noch nicht in der Debatte. Es würde mich reizen, jetzt auf vieles einzugehen, was Herr Böhmer eben vorgetragen hat. Dazu wird in der Debatte sicherlich auch Gelegenheit sein.
Wenn er sich heute hier hinstellt und sagt: Der Entschließungsantrag, den ihr heute bringt, entspricht doch dem, was im Jahr 1993 schon beschlossen worden ist - Ich habe den Beschluss einmal mitgebracht.
Das sind eineinhalb Seiten allgemeine Absichtserklärungen. Das, was seinerzeit beschlossen worden ist, enthält überhaupt nichts Konkretes.
(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Zu- rufe von Herrn Dr. Daehre, CDU, und von Herrn Becker, CDU - Herr Kühn, SPD: Genauso sieht sie auch aus, die Reform!)
Der Ihnen heute von den Fraktionen der SPD und der PDS vorgelegte Antrag zur Verwaltungs- und Funktionalreform umreißt komplex und konkret, wie dieser Prozess im Ergebnis und auf der Grundlage der in dieser Legislaturperiode bereits eingeleiteten Schritte - ich nenne
das Zweite Vorschaltgesetz zur Kommunalreform und Verwaltungsmodernisierung - weiter auszugestalten ist.
Wir haben soeben gehört, wie sich die CDU eine Verwaltungs- und Funktionalreform in diesem Land vorstellt. Von einer Gebietsreform will sie gar nichts wissen, jedenfalls nicht mehr, sofern sie nicht ausschließlich auf freiwilliger Grundlage möglich ist. Von der Opposition, Herr Böhmer, hätte man erwarten können, dass sie ein Alternativkonzept hat - aber sie hat keines.
(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustim- mung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner und von Ministerin Frau Dr. Kuppe)
Außer politischen Rundumschlägen enthält der Antrag, den Sie heute vorgelegt haben, überhaupt nichts Neues, schon gar nichts Konkretes, geschweige denn etwas Konstruktives.
(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Herr Becker, CDU: Haben Sie ihn überhaupt gelesen, Herr Dr. Brachmann?)
Zugestanden, der Wahltag rückt näher. Niemand wird von der CDU als Oppositionspartei erwarten, dass sie das, was die SPD und die PDS in ihrem Antrag aufgeschrieben haben, mit Beifall bedenkt. Aber sich hier und heute hinzustellen und von acht versäumten Jahren zu reden, von Stagnation,
(Herr Dr. Bergner, CDU: Das ist doch richtig! - Herr Becker, CDU: Das ist doch die Wahrheit! - Weitere Zurufe von der CDU)
Es ist zum einen deshalb unredlich, weil es ignoriert, dass es durchaus verschiedene Maßnahmen und Bemühungen gegeben hat. Ich nehme an, der Ministerpräsident wird dazu einiges sagen. Es ist zum anderen auch deshalb unredlich, Herr Böhmer, weil Sie heute so tun, als hätten Sie überhaupt keine Aktie daran, dass die Verwaltung so aussieht, wie sie aussieht.
Wir haben seinerzeit etwas übernommen, das Sie bis dahin aufgebaut oder - müsste ich besser sagen - verbockt haben.