Nunmehr, acht Wochen später, zeigt sich die düstere Lage für den Erhalt des Standortes Ammendorf nicht weniger brisant. Im Gegenteil: Die Gefahr einer definitiven Betriebsschließung vergrößert sich weiter.
Auch die Oberbürgermeisterin von Halle, Frau Häußler, hatte bei einem Aktionstag am vergangenen Sonnabend auf dem Marktplatz in Halle den dort versammelten Demonstranten für den Erhalt von Ammendorf nichts Konstruktives zu sagen. Außer den bekannten publizistischen Durchhalteparolen wie „Halle braucht Ammendorf, Ammendorf braucht Halle“ und ähnlichen Parolen war nichts weiter zu hören. Dass das eine mit dem anderen unweigerlich verbunden ist, wissen die Hallenser und die Waggonbauer selbst.
Vielleicht hätten die Minister der hiesigen Landesregierung einmal nach Aachen in Nordrhein-Westfalen schauen sollen; denn auch dort stand das Bombardier-Werk auf der Kippe. Aber der dortigen Landesregierung ist es durch die Beschaffung von werksgebundenen Großaufträgen für das Aachener Werk gelungen, den Bombardier-Vorstand umzustimmen und somit das Waggonbauwerk zu erhalten und letztlich Arbeitsplätze zu sichern.
Was in Nordrhein-Westfalen ging, geht in Sachsen-Anhalt leider nicht. Die wirtschaftspolitische Unfähigkeit dieser Landesregierung zeichnet sich nicht erst seit dem drohenden Untergang des Waggonwerkes Ammendorf ab. Die gesamte Bandbreite des Missmanagements dieser roten Landesregierung schlägt nun auf jeden einzelnen Bürger zurück, die damit verbundene zwangsläufige Abwanderung junger Menschen aus Sachsen-Anhalt eingeschlossen.
Eine Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik des Landes Sachsen-Anhalt ist zwar dringend erforderlich, aber mit dieser roten Landesregierung keineswegs durchführbar. Oder wie erklären Sie, Herr Höppner, sich, dass Ende Dezember 2001 254 900 Frauen und Männer im Land ohne Arbeit dastanden, Tendenz steigend? Mit einer Quote von 19,1 % bleibt Sachsen-Anhalt damit nach wie vor das Schlusslicht aller Bundesländer. Sie haben hiermit das schlechteste Ergebnis aller bisherigen Regierungschefs erzielt und Ihre Regierungsunfähigkeit erneut unter Beweis gestellt.
Die Deutsche Volksunion wünscht den Beschäftigten des Ammendorfer Werkes zum Schicksalstag am 21. Januar 2002 in Berlin alles erdenklich Gute. Wir wünschen und hoffen, dass durch die Standhaftigkeit aller Ammendorfer Beschäftigten ihr Werk erhalten bleibt. Ihr Verdienst, Herr Höppner, und das Ihrer Gehilfen wäre das jedoch nicht. - Vielen Dank.
Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Felke. Bitte, Herr Felke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nach den bisher gehaltenen Debattenbeiträgen ein paar kurze Anmerkungen. Ich denke, wir werden uns im Anschluss an die Debatte im Ausschuss ausführlich darüber verständigen müssen, wie ein konkreter Text abgefasst werden kann, der meiner Meinung nach möglichst eine breite Mehrheit finden sollte.
Herr Dr. Bergner, eine Frage habe ich aber doch. Sie müssen diese Frage nicht jetzt beantworten; ich werde Sie Ihnen nachher im Ausschuss noch einmal stellen. Mich interessiert, warum Sie die Vorschläge, die Sie jetzt mit Ihrem Änderungsantrag unterbreiten, nicht schon eher gemacht haben. Sicherlich haben auch Sie erkannt, welche hohe Brisanz in dem Datum 21. Januar steckt. Ich denke, diese Frage müssen Sie sich einfach gefallen lassen.
Ferner ist auf die Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers in Halle eingegangen worden. Wer aufmerksam die Presse verfolgt hat, konnte zur Kenntnis nehmen, dass sich der Ministerpräsident von diesen Äußerungen eindeutig und sofort distanziert hat. Diese Äußerungen waren nicht sonderlich hilfreich und für das Handeln der Landesregierung waren sie geradezu kontraproduktiv.
Ich habe trotzdem die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es uns gelingen wird, einen gemeinsamen Beschluss mit möglichst breiter Unterstützung dieses Hauses zu verabschieden. Ich denke, dass wir das der Belegschaft in Ammendorf und gerade den Belegschaftsmitgliedern, die die Aktuelle Debatte im Haus verfolgt haben und ein Stück weit darüber frustriert waren, wie die Debatte gelaufen ist, schuldig sind. Ich denke, dass es möglich sein muss, auch in Zeiten bevorstehender großer Ereignisse im April sich zu einer gemeinsamen Erklärung zusammenzufinden, die deutlich macht, dass es eine große Geschlossenheit im Kampf um den Erhalt des Standortes Ammendorf hier im Haus gibt.
Im Übrigen betrachte ich das, was Sie, Herr Dr. Bergner, hervorgehoben haben, als eine Selbstverständlichkeit. Auch wir werden die Aktionen am Montag in BerlinGrünau entsprechend begleiten. - Ich danke Ihnen.
Danke sehr. - Herr Scharf, Sie hatten den Wunsch geäußert, noch einmal zu sprechen. - Nein, das ist nicht der Fall. Herr Bergner, bitte. Im Rahmen der Zehnminutendebatte stehen Ihnen noch zwei Minuten Redezeit zu.
- Ja, zwei Minuten lang, wenn die Redezeit erschöpft ist. Schauen Sie nach; in § 62 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist das eindeutig geregelt.
Ich habe mich nur noch einmal gemeldet, um die von Herrn Heyer und vom Kollegen Felke aufgeworfene Frage, warum die Expertise nicht schon früher vorgelegt wurde, zu beantworten.
Erstens. Sie ist erst vor kurzem fertig gestellt worden. Zweitens. In dieser Stunde ist Herr Dr. Ludewig unterwegs, um Gesprächstermine mit der Konzernspitze und mit Vertretern des Aufsichtsrates zu vereinbaren. Wir sind gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass es nicht hilfreich wäre, wenn wir diesen Gesprächspartnern über die Presse Anregungen und Vorschläge mitteilten, die wir eigentlich in einem persönlichen Gespräch übermitteln möchten. Dies ist nach allen Regeln normaler Verhandlungen nicht zielführend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion und Herr Heyer, ich will die eine Frage umgekehrt stellen. Ich kenne eine Absprache unter den Arbeitnehmervertretern, dass man die Befunde des Sachverständigen über den Beschluss des Konzerns zur Aufsichtsratssitzung nicht vorher vorlegen wird. Insofern sollten auch Sie sich einmal überlegen, ob das eine oder andere, was Sie in dieser Debatte gesagt haben, ein Stück zielführende Öffentlichkeitsarbeit war. Ich habe daran meine Zweifel.
Ich will an uns alle appellieren. Wir stehen in dieser Sache alle unter einem Bewährungsdruck. Aber wir sollten über dem Bewährungsdruck, der an Parteien festgemacht wird, das gemeinsame Anliegen nicht vergessen.
Herr Heyer, wir sollten dabei auch nicht in Polemik gegen einen Mann verfallen, der sich um diese Frage - wer weiß das besser als die Belegschaftsvertreter? - wirklich verdient gemacht hat.
Ich will Sie umgekehrt fragen: Wenn wir nichts unternommen hätten, dann hätten Sie uns in dieser Debatte, in einer künftigen oder mindestens in der Wahlkampfauseinandersetzung die Frage gestellt, warum die CDU nichts getan habe. Nun haben wir etwas getan. Nun möchten Sie bitte über das, was wir getan haben - Sie müssen dem nicht zustimmen - in ein gemeinsames Gespräch mit uns und mit dem, der den wesentlichen Anteil gehabt hat, eintreten. Es sollte uns um die Sache gehen. Deshalb hoffe ich, dass wir im Ausschuss zu einer gemeinsamen Lösung kommen werden. - Danke schön.
Danke sehr. - Nunmehr hat der Ministerpräsident Herr Dr. Höppner um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Mi
Herr Präsident, ich glaube nicht, dass ich mit meiner Rede einen Anlass liefern werde, um die Debatte wieder zu eröffnen. Ich möchte nur ein paar Punkte festhalten.
Ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo im Blick auf den Wahlkampf die Versuchung schrecklich groß ist, irgendwelche Punkte zu sammeln, indem der eine den anderen überholt oder aussticht. Ich weiß, dass die Versuchung auf allen Seiten groß ist. Aber ich habe an dieser Stelle die dringende Bitte, das Schreckliche, das in Halle droht, abzuwenden und sich dafür zusammenzutun. Ich weiß, dafür muss sich jeder Mühe geben, aber wir sollten es tun.
Ferner möchte ich sagen und es wurde in den Redebeiträgen immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass diese Landesregierung in dieser Angelegenheit wirklich nicht zum Jagen getragen werden muss. Das kann sich jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, ausrechnen. Wenn er uns das Engagement nicht glaubt, dann kann er sich aus wahltaktischen Überlegungen was nicht stimmt - vielleicht zusammenreimen, dass es wirkliches Engagement ist. Jeder müsste wissen, dass wir an dieser Stelle nun wirklich nichts auslassen.
Dass unser Ziel klar ist, habe ich oft genug wiederholt. Unser gemeinsames Ziel ist, dass die Arbeitsplätze und die Produktion erhalten bleiben und Bombardier weiter Schienenfahrzeuge produziert. Das ist unser Ziel. Daran darf überhaupt kein Zweifel bestehen.
Ein Punkt der Überlegungen ist: Wie bekommt man ein Einstiegsfenster in die Logik des anderen? Das ist wichtig, um die Verhandlungen wieder aufnehmen zu können. Lange Zeit ist darüber diskutiert und gesagt worden, dass die Bahn Aufträge auslösen müsste, um etwas in Gang zu bringen. Das, was an Aufträgen avisiert worden ist, schafft nach meiner Einschätzung auch für Bombardier eine neue Situation, bei der man zumindest zu dem Punkt kommen müsste zu sagen: Moment, darüber müssen wir noch einmal nachdenken, die vorherigen Überlegungen sind noch nicht die endgültigen. - Das ist genau die Brücke, über die man dieses Unternehmen zum Nachdenken veranlassen kann.
Natürlich wird darüber nicht nur in dieser Arbeitsgruppe gesprochen. Es kann sogar sein, dass über einige Dinge in dieser Arbeitsgruppe gar nicht gesprochen werden kann. Denn jeder weiß, was in dieser Arbeitsgruppe besprochen wird, steht am nächsten Tag in der Zeitung. Herr Bergner, an dieser Stelle gebe ich Ihnen Recht. Gute Lösungsvorschläge muss man möglicherweise auch einmal vertraulich behandeln, damit aus ihnen etwas wird.
Ich sage Ihnen jetzt einmal: Wenn Sie einen guten Vorschlag haben, rufen Sie an. Ich kann das vertraulich behandeln und in unser Verhandlungskonzept einordnen. Ich schaffe das.
- Das meine ich jetzt wirklich nicht polemisch. Ich wollte damit bloß sagen: Gute Idee - Anruf genügt. Ich verfolge es.
An dieser Stelle will ich mit aller Vorsicht noch Folgendes sagen: Wir stehen auch in engem Kontakt mit dem Bundeskanzleramt. Das Thema Bombardier steht jeden Tag auf meiner Tagesordnung bei der Lagebesprechung. Mehr Chefsache kann es nicht sein. Ich habe natürlich auch mit dem Bundeskanzler persönlich darüber gesprochen. Ich sehe ihn öfter. Es wäre geradezu absurd, wenn ich nicht mit ihm persönlich darüber gesprochen hätte.
Natürlich hat das Bundeskanzleramt auch mit Bombardier gesprochen. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass ich dazu ganz im Sinne dessen, was Sie, Herr Bergner, gesagt haben, keine Einzelheiten nennen kann. Ich verspreche Ihnen eines - das sage ich abgestimmt mit dem Bundeskanzler -: Der Bundeskanzler wird sich, wenn es erforderlich ist, persönlich mit welcher Konzernspitze auch immer unterhalten.
Auch der Bundeskanzler ist in die Thematik einbezogen und ist in dieser Sache engagiert. Ich rede dabei nicht nur über die Parteitagsgeschichten, über die Herr Heyer gesprochen hat. Er steht sozusagen - wie sagt man so schön - Gewehr bei Fuß, dort mit aktiv zu werden.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben an dieser Stelle wirklich einen guten Grund, gemeinsam den Beschluss zu fassen. Wir brauchen jetzt alle Beteiligten, die dabei helfen, etwas voranzubringen. Jeden, den man braucht, sollte man jetzt so behandeln, dass man ihn nicht vorher verprügelt und hinterher etwas Gutes von ihm möchte.
Schaffen Sie einen Text, in dem Sie nicht Ohrfeigen austeilen, sondern schaffen Sie einen Text, der alle ermutigt, was Sie ja bereits machen, mit dem Rückenwind des Parlaments weiterzumachen. Genau das ist die Aufgabe dieser Stunde. - Schönen Dank.