kretisieren und die Eckpunkte einer Funktionalreform zu dokumentieren, damit schon in der freiwilligen Phase erkennbar wird, welche Verschiebungen es geben wird. Wir haben Wort gehalten.
Das Ergebnis liegt Ihnen in Gestalt des gemeinsam mit der PDS-Fraktion eingebrachten Antrages vor. Was dort aufgeschrieben ist, das sind keine Hirngespinste einiger gemeingefährlicher Abgeordneter,
sondern ist das Ergebnis eines umfangreichen Prüfungsund Diskussionsprozesses. Der Antrag fasst im Wesentlichen die Ergebnisse zusammen, die der zeitweilige Ausschuss in enger Einbeziehung der jeweiligen Fachressorts in einer sehr umfangreichen und aufwendigen Arbeit zusammengetragen hat. Diese wiederum sind sowohl im Vorfeld als auch im Ausschuss selbst mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert worden.
Der erste Abschnitt des Antrages listet im Detail auf - Sie können das alles nachlesen -, welche Aufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte übergehen sollen. Dem einen ist das zu viel, dem anderen ist das zu wenig.
Mich verwundert allerdings eine Einschätzung, die in den letzten Tagen in der Zeitung zu lesen war, und zwar dass die jetzt umrissene Funktionalreform eine Maßstabsvergrößerung, wie sie das Zweite Vorschaltgesetz vorsieht, nicht rechtfertigen könne. Ich darf daran erinnern, dass es Geschäftsgrundlage im zeitweiligen Ausschuss war, genau die Aufgaben zu verifizieren, die im Zuge einer Gebietsreform zu übertragen sind. Nun mag es sein, dass in den Katalog auch Aufgaben Eingang gefunden haben, die man ohne Probleme schon jetzt übertragen kann; im Kern sind es aber Aufgaben, die in der jetzigen Struktur nicht oder zumindest - das dürfen wir nicht vergessen - nicht wirtschaftlicher erfüllt werden können.
Sicherlich hätte der Kreis zu kommunalisierenden Aufgaben noch größer sein können. Ich erinnere mich aber an Diskussionen, in denen Abgeordnete meiner Fraktion und der PDS-Fraktion sich gegenüber der Landesregierung für eine Kommunalisierung stark gemacht haben, und in den entsprechenden Gesprächsrunden sagten dann die Landräte, dass sie das nicht wollten. Dann waren natürlich auch die hemmungslosen Kommunalisierer mit ihrem Latein am Ende.
Ferner ist festzuhalten, dass wir uns bei der Schulaufsichtsverwaltung und bei der Gewerbeaufsicht nicht abschließend haben einigen können. Ich verhehle nicht, dass es nicht nur bei der PDS-Fraktion, sondern auch in meiner Fraktion Stimmen gab, die Schulaufsicht auf die Landkreise zu übertragen. Mehrheitsfähig in der Fraktion und konsensfähig mit der Landesregierung - sie strebt eine weitere Konzentration der Schulaufsichtsämter an war dies indes nicht, sodass die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden muss. Ebenso ist es nicht gelungen, zu den Vorstellungen der Landesregierung zur Neuordnung der Gewerbeaufsichtsverwaltung einen Kompromiss zu finden.
Meine Damen und Herren! Was die Aufgabenübertragung von den Kreisen auf die Gemeinden anbelangt, haben wir uns an das gehalten, was uns die kommunalen Spitzenverbände vorgeschlagen haben. Sie haben dem zeitweiligen Ausschuss eine detaillierte, allerdings noch nicht abschließend erörterte Liste vorgelegt, die Grundlage für das war, was dazu im Antrag festgehalten
worden ist. Wir sind uns mit der Landesregierung und mit der PDS-Fraktion darin einig, dass diese Liste so umzusetzen ist, wenn nicht gravierende rechtliche oder tatsächliche Hindernisse der Aufgabenübertragung entgegenstehen.
Meine Damen und Herren! Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der Neuordnung der Landesverwaltung. Ich kann das nicht im Einzelnen aufzeigen. Aber weil Sie, Herr Böhmer, das eingangs getan haben, möchte ich auch noch ein paar Worte zum Landesverwaltungsamt sagen. Wir haben das alles im Zusammenhang mit dem Zweiten Vorschaltgesetz diskutiert, aber ich will es gern, gewissermaßen als Nachhilfeunterricht, wiederholen.
Dieses Landesverwaltungsamt ist eben nicht, wie es in Ihrem Antrag heißt, nur eine summarische Zusammenfassung der bisherigen Regierungspräsidien. Es wird künftig Vollzugsaufgaben nur wahrnehmen, wenn sie eine überkreisliche Bedeutung bzw. Auswirkung haben.
Herr Dr. Brachmann, wenn Sie jetzt Ihre Redezeit überziehen, dann geht das selbstverständlich nachher auch zulasten der Redezeit in der Debatte.
Das Landesverwaltungsamt wird nur noch Zuständigkeiten für das gesamte Land wahrnehmen und keine Außenstellen mit regional aufgeteilten Zuständigkeiten mehr haben. Natürlich soll das Landesverwaltungsamt auch Fach- und Rechtsaufsicht ausüben und es soll über Widersprüche entscheiden. Und dann - das ist ja Ihre Frage -: Wo bleibt die Zweistufigkeit?
Verwaltungsorganisatorisch sind Mittelinstanzen Behörden mit regional aufgeteilten Zuständigkeiten, Herr Becker. Diese wird das Landesverwaltungsamt aber nicht haben. Nach seiner Stellung und seinen Aufgaben - das steht schon im Zweiten Vorschaltgesetz - ist es eine obere Landesbehörde.
Meine Damen und Herren! Es wurden immer wieder Sorgen laut, dass das Land mit der Funktionalreform Herr Böhmer hat es ja wiederholt - sein Personal auf die Kommunen abwälzen wolle, ohne für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu sorgen. Das ist nicht so. Was die Finanzausstattung anbelangt, steht das Konnexitätsprinzip bereits in der Verfassung,
(Herr Dr. Bergner, CDU: Ja, aber wie oft ist es missachtet worden? Das muss einmal gesagt werden, Herr Kollege!)
wenngleich es auch immer Schwierigkeiten bereitet, für die jeweilige Aufgabenübertragung die zusätzliche Finanzausstattung festzulegen.
Die kommunalen Spitzenverbände und das Innenministerium haben übereinstimmend erklärt, dass sie bereits
substanzielle Gespräche führen, wie der finanzielle Ausgleich für die zu übertragenden Aufgaben zu gestalten ist.
Aber wir wollen mehr. Im Antrag ist deshalb festgehalten, eine Finanzstrukturkommission einzusetzen, die das gesamte FAG auf den Prüfstand stellt. Es besteht darin Einvernehmen, dass bei der Realisierung der Gebietsund Funktionalreform eine Neufassung des FAG folgen muss.
Was das Personal anbelangt, so ist schon im Zweiten Vorschaltgesetz festgeschrieben, dass das Personal den Aufgaben folgen soll. Dabei wird es auch bleiben müssen. Die kommunalen Spitzenverbände haben damit noch einige Probleme; den Gewerkschaften ist es eher zu wenig. Jedem wird man es sicherlich nicht recht machen können.
Der Satz, dass das notwendige Fachpersonal den Aufgaben folgen soll, bedarf aber insoweit der Klarstellung. Im Antrag findet sich dazu auch der entscheidende Satz: Das Land wird dabei Personalüberhangsituationen in der Landesverwaltung nicht zulasten der Kommunen konsolidieren.
Wir müssen gewährleisten, dass der Umstrukturierungsprozess sozialverträglich gestaltet wird. Die Sorge bei den Beschäftigten ist groß. Die anstehenden strukturellen Veränderungen werden ohne Verwerfungen nur gelingen, wenn die Beschäftigten den Eindruck gewinnen, dass sie dabei nicht auf der Strecke bleiben.
Wir begrüßen es deshalb sehr, dass die Landesregierung gestern mit den Gewerkschaften eine entsprechende Rahmenvereinbarung abgeschlossen hat.
Meine Damen und Herren! Es hat auch Stimmen gegeben: Viel Lärm um nichts. Die Zahl der durch die Funktionalreform eingesparten Stellen müsste noch viel größer sein. - Solchen Überlegungen liegt ein Denkfehler zugrunde. Wir haben die Verwaltungsreform nie als Personalabbauprogramm verstanden. Natürlich soll das Ganze dazu dienen, die Verwaltung effektiver und wirtschaftlicher zu machen. Die angestrebten Veränderungen schaffen Synergien und werden dazu beitragen, Stellen einzusparen. Doch der Personalüberhang beim Land liegt in ganz anderen Bereichen und muss durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel den Lehrertarifvertrag, abgebaut werden.
Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussfassung setzen wir eine gewisse Zäsur. Hinter uns liegt eine Zeit konstruktiver Arbeit. Sicherlich war das alles kein Spaziergang. Es liegt in der Natur der Sache, dass Fachressorts und Fachpolitiker ihre Fachinteressen vertreten. Diese Interessen in den verwaltungspolitischen Gesamtzusammenhang einzuordnen war nicht immer einfach. Das Ergebnis kann sich jedoch sehen lassen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken. Bedanken möchte ich mich bei meinen Fraktionskollegen und den Mitgliedern der Landesregierung für die zwar keineswegs konfliktfreie, aber unter dem Strich doch produktive Zusammenarbeit.
Bedanken möchte ich mich bei den Kollegen von der PDS-Fraktion, dass sie das Vorhaben mit klaren Strukturvorstellungen verfolgt haben und dass es bei unterschiedlichen Interessenlagen überwiegend gelungen ist, vernünftige Kompromisse zu finden.
Bedanken möchte ich mich bei den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände für deren konstruktive Mitarbeit. Das Gleiche gilt für die Gewerkschaften.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend an dieser Stelle noch eine persönliche Bemerkung. Mein Name war in der letzten Woche des Öfteren in den Zeitungen - in einem für mich nicht erfreulichen Zusammenhang - zu lesen. Jedoch habe ich dem auch etwas Positives abgewinnen können. Es war dort auch zu lesen, dass mein Einsatz für die Verwaltungsreform von höchster Stelle zumindest lobende Worte gefunden hat.
Ich verhehle nicht, dass man sich in solchen Augenblicken schon die Frage stellt: Warum tust du dir das eigentlich an?
Ich hätte mir mein Abgeordnetendasein wahrlich geruhsamer vorstellen können. Vergnügungssteuerpflichtig ist das Ganze nicht.
Dass ich das Vorhaben nicht mit Einsatz und Leidenschaft vorangetrieben hätte, wird mir niemand vorwerfen können. Daran hat es nicht gemangelt. Nicht dass ich keine anderen Leidenschaften hätte - da fallen mir durchaus lustvollere Sachen ein, als mich beispielsweise mit Lutz Kühn über die Zusammenlegung von Denkmalfachämtern zu streiten.
Wenn ich mich so mit Nachdruck für dieses Reformvorhaben eingesetzt habe, dann aus der Überzeugung heraus, dass wir mit solchen grundlegenden Reformen auf dem richtigen Weg und dass sie auch unumgänglich sind.
Wer auf Veränderungen drängt, macht sich dabei nicht nur Freunde. Mancher mag auch ein Problem damit haben, dass er nicht selbst das Heft des Handelns in der Hand hält.
Ich habe in den letzten Tagen viel Zuspruch und Rückenstärkung erfahren. Das hat mich ermutigt, in meinen bisherigen Bemühungen nicht nachzulassen. Das letzte Buch des Ministerpräsidenten war mit dem Titel überschrieben: Segeln gegen den Wind. In dieser Grundhaltung stimme ich mit Reinhard Höppner durchaus überein, auch wenn der Gegenwind einmal aus den eigenen Reihen kommt. Ich werde mich nicht scheuen, auch weiterhin unbequeme Wege zu gehen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und von der Regierungsbank - Starker Beifall bei der PDS - Zuruf von Herrn Prof. Dr. Böhmer, CDU)
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Den zweiten Teil der Einbringung zur Drs. 3/5222 übernimmt jetzt für die PDS-Fraktion der Abgeordnete Herr Gallert. Bitte, Gallert.
Liebe Damen und Herren! Liebe Gäste! Der Präsident fragte mich schon, ob ich die flexible Redezeitregelung auch für mich in Anspruch nehmen würde. Ich befürchte es, Herr Präsident. Ich befürchte, dass das bei mir auch nicht sehr viel anders sein wird, aber ich werde mich auch verpflichten, nicht die gesamte übrige Redezeit zu verbrauchen.
Ich möchte zum vorliegenden Antrag reden. Ich werde möglicherweise, wenn ich am Ende noch Zeit habe, auch noch etwas zur CDU sagen, aber das ist nicht Hauptgegenstand meiner Rede. Mir geht es darum, wie das Arbeitsergebnis zu bewerten ist, das wir heute vor uns liegen haben.