Verehrter Herr Kollege Tögel, es gibt keines. Ich will Ihnen eines sagen: Ich erinnere mich an das Jahr 1972. Damals hat der tüchtige SPD-Innenminister Schiess mit Herrn Filbinger, CDU, in Baden-Württemberg die Reform vorangebracht. Ich erinnere mich an die Verwaltungsreform in Nordrhein-Westfalen mit einer starken SPDRegierung, ich erinnere mich genauso an Bayern, wo mit einer starken CSU-Regierung die Dinge vorangebracht wurden.
Es war doch schon der erste große Fehler, dass man mit einer so schwachen Minderheitsregierung in eine solche Gefechts- und Schlachtlage hineingegangen ist.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU, und von Herrn Büchner, DVU - Unruhe bei der SPD - Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)
Das ist doch Ihr Problem, meine Damen und Herren. Dem Herrn Ministerpräsidenten hängt die Minderheitsregierung heute wie ein Mühlstein um den Hals und erschlägt ihn. Er sieht nach acht Jahren einen Scherbenhaufen. Hier ist das beste Beispiel dafür.
(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD - Herr Bischoff, SPD: Was haben Sie denn in den vier Jahren geleistet?)
Ein zweiter unverzeihlicher Fehler war es, dass sich der Herr Ministerpräsident dann, nachdem er die Stabsstelle aufgelöst und seinen getreuen Eckehard beauftragt hatte - ich freue mich, Herr Ministerpräsident, dass Sie wieder im Raum sind -,
(Zustimmung bei der CDU, von Frau Brandt, DVU, und von Herrn Kannegießer, DVU - Herr Dr. Daehre, CDU, lacht)
zwei Jahre vor dem Ende dieser Legislaturperiode aufraffte und dem Herrn Innenminister im Dezember 1999 den Auftrag gab, das Leitbild der Kommunalreform der erstaunten Öffentlichkeit vorzustellen.
Das war, wie wir heute sehen, vom Zeitablauf her zu spät. Wir haben damals vorausgesagt, dass das nicht gut gehen konnte.
Weiter erinnere ich Sie, meine Damen und Herren, an Folgendes, nachzulesen in Protokollen dieses Hohen Hauses: Im April 2000 gab dann der Herr Ministerpräsident eine Erklärung zur Verwaltungs- und Funktionalreform hier im Lande ab. Plötzlich sagte er, beide Reformen würden miteinander durchgeführt werden.
Der Ministerpräsident hat heute bereits darauf hingewiesen, das sei der einzig mögliche Weg; anders funktioniere es nicht. - Aber Sie können das nicht schultern.
Sie hören eben nicht auf Professor Hesse und auf andere Gutachter, die das wiederholt gesagt haben. Im Gegenteil, Sie schickten sogar noch in der vergangenen Woche Ihren Staatssekretär in den zeitweiligen Ausschuss und ließen den erstaunten Kollegen dieses Gremiums erklären, Hesse habe sogar gesagt, beides ließe sich miteinander verbinden.
(Beifall bei der CDU - Ministerpräsident Herr Dr. Höppner: Wir werden das machen! Sie kön- nen sich darauf verlassen!)
Wir empfinden es auch als Realitätsverlust, wenn Sie behaupten, dass es in der SPD niemanden gäbe, der hinsichtlich dieser Reformen anderer Auffassung wäre
als Sie. Sie haben gesagt, es gebe in der CDU Leute, die eine andere Auffassung hätten. Ich habe den Realitätssinn, um das anzuerkennen, Herr Professor Böhmer ebenso; denn natürlich haben wir als Volkspartei Landräte und Bürgermeister sowie Gemeinderäte, die darüber anders denken. Das wird doch gar nicht bestritten.
Sie müssen aber zugeben, dass es solche Leute auch bei Ihnen gibt. Ich zitiere Bürgermeister Reiche aus Wetzendorf-Karsdorf. Er erklärte in Thale der erstaunten Öffentlichkeit, er schäme sich nicht, SPD-Mitglied zu sein, aber er schäme sich für diese Landesregierung, dass sie diese Reformen in Angriff genommen habe.
Herr Ministerpräsident, um auf Ihren Realitätssinn zu kommen - insofern zitiere ich im Grunde genommen nur Frau Dr. Sitte, die ihn in einem anderen Zusammenhang schon angezweifelt hat -: Sie haben heute zum Beispiel gesagt, was Sie alles schon geleistet hätten.
Sie hätten das Bergamt mit dem Geologischen Landesamt verflochten. Sie haben gesagt, Sie haben das Landeseichamt zu einem Landesbetrieb gemacht. - Das ist ja alles richtig; aber erkennen Sie doch endlich einmal, dass bislang nichts weiter geschehen ist, als dass das Schild ausgetauscht wurde - mehr nicht, Herr Ministerpräsident.
Darin können wir, weil wir realistischer sind als Sie, Herr Ministerpräsident, keine Verwaltungsreform erkennen.
Wozu aber all das, was Sie in den letzten zwei Jahren Ihrer Tätigkeit seit 2000 angefacht haben, geführt hat, zeigt das heillose Durcheinander auf der kommunalen Ebene, das seit dem Herbst 1999 entstanden ist,
das heillose Durcheinander, das auch in den Amtsstuben der Behörden staatlicherseits entstanden ist.
Gehen Sie doch einmal hinein, Herr Ministerpräsident; fassen Sie einmal den Mut hineinzugehen. Dann werden Sie feststellen, wie die Leute, wenn diese ehrlich sind, im Grunde darüber denken.
Es haben die Vorgaben gefehlt. Eines ist doch interessant. Wir brauchen nur in den Protokollen unseres Plenums nachzulesen, was der Herr Ministerpräsident im Februar 2000 sagte, als es um die Aussprache zu unserem Antrag ging: Raus mit den Papieren über die Staatsverwaltung aus den Tresoren! Damals hat der Herr Ministerpräsident auf meine Frage erklärt - ich zitiere, Herr Präsident -:
„Es hat überhaupt keinen Zweck, sämtliche Landesbediensteten dadurch zu verunsichern, dass man jetzt Papiere freigibt, die im Umsetzungsprozess möglicherweise noch korrigiert werden müssen. Man schafft Unruhe.“
Herr Ministerpräsident, Sie haben Unruhe nicht dadurch geschaffen, dass Sie Papiere geschrieben haben, sondern Sie haben Unruhe dadurch geschaffen, dass Sie
Sie sind in diese Verwaltungs- und Funktionalreform hineingetaumelt ohne klare verwaltungswissenschaftliche, finanziell abgesicherte Vorgaben. Jedem Verwaltungslehrling in Naumburg hätte ich dafür eine glatte Fünf bescheinigt.
Sie, meine Damen und Herren von der SPD und von der PDS, haben nun versucht, in Ihrem Antrag in der Drs. 3/5222 die Blessuren und Beschädigungen, die unser Herr Ministerpräsident sich mit dieser Sache zugezogen hat, wieder zu übertünchen. Ich beginne mit dem Vorspann. Lesen Sie sich doch bitte einmal den Vorspann durch. Er enthält Worthülsen, Wortungetüme, Wortgeklingel, nichts weiter.
Ich komme zu Abschnitt I, Frau Kollegin Theil. Die Übertragung von Aufgaben auf die Landkreise wird von uns voll mitgetragen. Dabei stehen wir auf Ihrer Seite.
Aber es gibt zwei Einschränkungen: Es sind zu wenige Aufgaben, die auf die Kommunen übergehen, viel zu wenige. Sie sind bei der Halbzeit stehen geblieben.
Warum? - Weil wir nicht fertig geworden sind - Sie haben es selbst gesagt -, weil die letzten zwei Jahre dafür eben nicht ausgereicht haben. Wir hätten die acht Jahre, die wir hatten, nutzen müssen.
Herr Becker, es liegt eine Wortmeldung von Herrn Gallert vor. - Herr Gallert, möchten Sie etwas fragen?