Protokoll der Sitzung vom 13.12.2002

Der Verweis auf Verordnungsermächtigungen, nun in einem langen Paragrafen zusammengefasst, macht deutlich, wie viel eigentlich noch unklar ist. Im Übrigen, Herr Scharf, sind wir von Ihnen gescholten worden, wenn wir Verordnungsermächtigungen in das Gesetz geschrieben haben.

(Zustimmung von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Das war damals eine. Jetzt haben Sie einen ganzen Paragrafen. Damals hat Herr Dr. Bergner gesagt, hier würde das Parlament ausgehebelt. Jetzt, wo Sie in Regierungsverantwortung stehen, sieht die Welt völlig anders aus - für die CDU jedenfalls.

(Herr Scharf, CDU: Spezialregelungen gehören in eine Verordnung!)

Wir wollten alles eindeutig und klar und deutlich regeln. Jetzt bleibt am Ende alles verschwommen und bedarf einer Reihe von Ermächtigungen.

Auch die Aufteilung des Rechtsanspruchs - einerseits gegenüber der Gemeinde und andererseits der Sicherstellungsauftrag des Landkreises - wird übrigens mehr Verwaltungsaufwand bringen und ist schlecht handhabbar.

Ich frage mich, wie das Eltern dann eigentlich machen, wenn in der Gemeinde ein Betreuungsangebot fehlt. Sie klagen dann gegen die Gemeinde, die Gemeinde klagt gegen den Kreis, weil er den Sicherstellungsauftrag hat, der Kreis sagt wieder: Rechtsanspruch, da müsst ihr euch gegen die Gemeinde wehren. Wer hat nun wem gegenüber Rechtsansprüche? Wie regeln Sie das am Ende? Für mich ist völlig unklar, wie die Eltern das machen sollen. Vielleicht einmal so herum und einmal anders herum.

So gut die Umstellung auf eine Pauschalfinanzierung ist - - Darüber haben wir übrigens schon ab und zu im kleinen Kreis nachgedacht. Ansonsten wüsste ich nicht, Herr Kurze, woraus Sie jemanden von uns zitieren können, der sagt: Wir wollen an das Kinderbetreuungsgesetz und dort sparen. Sie sagten, Sie könnten jemanden aus der SPD zitieren. Dann müssen Sie mir genau

den Namen dessen sagen, den Sie da meinen. Herr Gallert hat zwar Ähnliches gesagt. Aber vielleicht haben sich die Finanzer einmal zusammengetan und Überlegungen angestellt, wie das Finanzer überall machen. In unserer Fraktion spielte das jedenfalls keine Rolle.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich würde gern am Ende die Fragen beantworten. - Laut Regierungsentwurf wird nun die Pauschale für Kinder bis 14 Jahre bezahlt, unabhängig davon, ob sie eine Betreuung wahrnehmen. Was machen Sie da eigentlich mit den Kreisen, die viele Kinder betreuen - die haben wir ja -, und mit den Kreisen, die weniger Kinder betreuen?

(Herr Scharf, CDU: Wollen Sie nun die Pauschale oder wollen Sie keine Pauschale?)

Das ist auch keine Gleichbehandlung. - Wir hätten die Pauschale gern, aber für die betreuten Kinder.

(Herr Scharf, CDU: Da sind wir wieder bei der Spitze!)

- Aber es ist doch gerechter, wenn man das staatliche Geld für diejenigen gibt, die tatsächlich der Betreuung bedürfen.

(Herr Scharf, CDU: Sie müssen sich entschei- den zwischen Vereinfachung und keiner Verein- fachung!)

- Dann muss man entscheiden, richtig, muss man abwägen.

Sechstens. Warum schaffen Sie die Kinderbeteiligungsrechte ab? Bereits KJHG und EU-Kinderrechtskonvention verlangen das. Sind Kinderrechte für Sie zweitrangig?

(Zustimmung bei der SPD)

Wer den Anspruch erhebt, dass nun endlich ein Gesetz kommen muss, das Kindern mehr gerecht wird, muss hieran bereits scheitern.

Siebentens. - Schade, dass Frau Wybrands nicht da ist. Das habe ich nun in der Zeitung mit Spannung gelesen: „Endlich steht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt“ - Frau Wybrands in der „Volksstimme“ vom Montag dieser Woche. Ich zitiere weiter:

„Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten. Sie haben eigene Rechte, die nicht politischen Zielen untergeordnet werden dürfen.“

Genau so ist das. Nun frage ich mich, welchen Ursprung ein so kinderfeindliches Gesetz hat, wenn sie sagt, jetzt endlich steht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt, erst jetzt unter der CDU-Führung wird das Wohl des Kindes wieder in den Vordergrund geholt. - Wer hat denn ein solches Gesetz geschaffen und wer war mit Recht damals noch stolz darauf?

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: Die CDU!)

Sie natürlich! Und warum sagen Sie jetzt, jetzt endlich wird das Wohl des Kindes in den Vordergrund gerückt? Das ist doch eigentlich eine verrückte Tatsache.

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Wybrands, dieses Gesetz - vielleicht können Sie das weitersagen - mit dieser Krippenbetreuung stammt

aus CDU-Zeiten, wie Sie sonst bei anderen Gelegenheiten betonen. Jetzt beklagen Sie eine solche Regelung als dem Kindeswohl nicht mehr entsprechend. Was haben Sie da nur gemacht?

Und gleichzeitig das viel Schlimmere: Sie unterstellen den Eltern im Land, sie hätten nicht dem Kindswohl entsprechend gehandelt, als sie ihre Kinder in die Krippe gegeben haben. Das, finde ich, ist ein ganz starkes Stück. Wer so etwas behauptet, wenn auch nur unterschwellig, hat erstens keine Ahnung von den Menschen hierzulande - Herr Pfeiffer lässt grüßen - und beklagt zweitens etwas, was er selbst früher für gut befunden hat. Man spürt es eben aus jeder Bemerkung heraus: Sie wollen irgendwie das alte Idealbild des Westens herüberretten, wo die Frau die ersten Jahre eigentlich die Kinder zu Hause hüten sollte.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Herrn Scharf, CDU - Herr Kurze, CDU: Ach!)

Ich weiß, Herr Scharf, dass auch die Frauenunion im Westen - ich habe auch noch Verwandte dort - längst anders diskutiert und dort der Druck groß wird, auch dort die Krippenerziehung zuzulassen. Aber warum sagen Sie oder lassen sagen, dass jetzt endlich das Wohl des Kindes wieder in den Mittelpunkt kommt, weil es zu Hause erzogen wird und dort am besten aufgehoben wäre? - So ist das wörtlich bei Frau Wybrands nachzulesen.

(Herr El-Khalil, CDU: Was sagt Pisa dazu?)

- Sie können am Ende Fragen stellen. Ich bin gern bereit zu antworten.

Zum Schluss noch einmal zu Ihrer Aussage, wir hätten noch immer das kinderfreundlichste Gesetz in Deutschland. Nun muss man sich nicht gleich mit dem Westen vergleichen; dann hätten wir schon das beste Gesetz, wenn wir eine sechsstündige Betreuung und ein Mittagessen hätten. Da wären wir sowieso immer Spitze. Aber selbst im Osten fallen wir zumindest hinter Brandenburg und Thüringen zurück.

(Zuruf von der CDU: Was ist mit Mecklenburg- Vorpommern?)

Zumindest fallen wir dahinter zurück; denn die haben immerhin ab zwei bzw. zweieinhalb Jahren einen Rechtsanspruch.

(Minister Herr Kley: Mecklenburg-Vorpommern hat gar keinen! Wenn das besser ist, müssen Sie das begründen! - Zustimmung bei der CDU)

- Ich habe eben gesagt, Sie fallen zumindest damit zurück. Wir haben Ihnen vorhin deutlich gesagt, warum wir das für alle Kinder gleichrangig wollen und zum Wohl und für die Rechte der Kinder. Das negieren Sie einfach.

Und selbst Sachsen - ich will das deutlich sagen - zahlt für das dritte Lebensjahr Landeserziehungsgeld. Die haben es eindeutig geregelt.

(Zuruf von Frau Liebrecht, CDU - Frau Fischer, Merseburg, CDU: So ist es!)

Als die CDU in der ersten Wahlperiode das geprüft hat - das weiß ich noch ganz genau -, kam heraus, dass das 82 Millionen DM kosten würde. Es wurde die Feststellung getroffen, und meines Erachtens die richtige, auch

im Kabinett, dass man dieses Geld eher für die Krippenbetreuung verwenden wolle als für ein Landeserziehungsgeld. Ich halte das nach wie vor für richtig.

(Zustimmung bei der SPD)

Schade, dass Sie davon jetzt abgehen. Damit fallen Sie auch noch dahinter zurück.

Herr Bischoff, Sie haben Ihre Redezeit längst überschritten. Kommen Sie bitte zum Ende.

Jetzt komme ich zum letzten Satz. Da wir die Gesetzesberatung konstruktiv begleiten und eigene Änderungsvorschläge machen werden, werden wir nicht gegen eine Überweisung stimmen, sondern uns der Stimme enthalten.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke. - Es stehen noch drei Fragen an. Zunächst die Frage vom Abgeordneten Herrn Kurze.

Herr Bischoff, lieber Herr Kollege, wollen Sie heute sagen, dass im März 2002 nicht in der „Wernigeröder Volksstimme“ zu lesen war, dass Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Herr Bullerjahn gesagt hat: Wir kommen nicht darum herum, wenn wir weiter in Regierungsverantwortung sind, auch das Kinderbetreuungsgesetz weiter zu novellieren? Wollen Sie das heute abstreiten? - Frage 1.

Frage 2. Meinen Sie, Herr Bischoff, dass Kinder im ersten und im zweiten Lebensjahr unter Sozialisationsaspekten in der Krippe betreut werden müssten? Meinen Sie, dass diese Kinder mit den anderen zusammen - - Ich habe ein Dreivierteljahr im Kindergarten als Lehrer und Erzieher gearbeitet.

(Zurufe von der SPD: Furchtbar!)