Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

- Aber das haben Sie in Ihrem Antrag nicht geschrieben. Lesen Sie ihn einmal nach! Dort geht es um die durchschnittliche Jahrgangsbreite und das heißt insgesamt. Sie reden nicht von den Klassen 5 und 6. Das hätte ich ja noch verstanden, aber das tun Sie nicht. Das, was Sie jetzt wollen, hätte Herr Harms schon machen können. Dafür hätte er unsere volle Unterstützung gehabt. Das hat er aber nicht getan und er weiß sicher, warum.

Was wir allerdings schon damals gefordert haben, ist eine Untertunnelung der Schülerzahlen nach 2006, und zwar der Gesamtschülerzahl für eine Schule jeweils. Das fordern wir auch heute, nichts anderes.

Allerdings müssen wir auch sagen, dass wir die Ausnahme nicht wollen - deshalb verstehe ich nicht, warum hier so viel von Ausnahme geredet wird -, sondern wir wollen ein verlässliches Schulangebot in den Regionen, und zwar auch in den strukturschwachen.

(Herr Schomburg, CDU: Das wollen alle!)

Insofern spielen selbstverständlich auch für uns - da muss ich mich überhaupt nicht korrigieren - schulfachliche Überlegungen eine Rolle. Deshalb fordern wir im Übrigen nicht Einzügigkeit bei Sekundarschulen. Wir fordern auch nicht Klassenteiler von 25 oder noch tiefer,

obwohl das durchaus auch pädagogisch nicht so uninteressant wäre.

Wir fordern vielmehr, von dem auszugehen, was in der Landesplanung für Sekundarschulen vorgesehen ist, nämlich von den Grundzentren, die Standort von Sekundarschulen sein sollen. Dann könnte man zum Beispiel darüber reden, wenn die Mantelbevölkerung, die für den Sekundarschulstandort bei 10 000 angelegt ist,

(Herr Schomburg, CDU: Das reicht nicht mehr! 15 000 bis 20 000!)

nicht ausreicht, dass man dann auch unterschreiten kann. Das sind die Dinge, die wir einfordern, wo wir sagen, hier müssen wir überlegen.

(Frau Feußner, CDU: Das haben wir doch getan!)

- Genau das haben Sie eben nicht getan. Nein, Sie haben die Ausnahmen bei Sekundarschulen von der Länge des Schulweges abhängig gemacht. Zeigen Sie mir bitte den Landkreis, den man innerhalb einer Stunde nicht durchfahren kann. Das gibt es in Sachsen-Anhalt nicht.

Aus diesem Grunde glaube ich, dass das, was Sie jetzt tun, wenn Sie diese Anträge ablehnen, Ihr gutes Recht ist. Natürlich ist es eine Aufgabe der Exekutive. Das alles wird aber nicht verhindern, dass wir uns in diesem Hause mit den Folgen zu beschäftigen haben werden. Diese Folgen werden Sie in den Landkreisen ebenso zu spüren bekommen wie wir.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Nein, das machen Ihre Abgeordneten ganz allein. Dazu brauchen wir nichts zu tun.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Ja, ich denke schon, dass sie das tun. Unsere haben es ja auch gemacht. Warum sollen Ihre Abgeordneten schlechter sein als unsere? Das sehe ich gar nicht ein.

(Zurufe von der CDU)

Ich denke, dass wir dieses Problem nicht vom Tisch bekommen. Die Tatsache, dass Sie sozusagen diese Schulentwicklung, dieses Abbauen bis 2009 hinziehen, bedeutet, dass wir wirklich auf den tiefsten Stand hinunter müssen.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Das halte für falsch, für grundsätzlich falsch. Deshalb wollen wir, ausgehend von der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung und angemessen für die einzelnen Regionen - natürlich nicht für die Großstadt, das ist klar -, andere Planungsgrundsätze haben, damit es eben nicht um Ausnahmen geht, die man an der einen Stelle genehmigen und an der anderen versagen kann, sondern um grundsätzliche Möglichkeiten für ein ausgewogenes Schulnetz. Das ist unser Ziel und dabei werden wir auch bleiben.

(Beifall bei der PDS)

Das werden wir auch weiter einfordern.

(Frau Feußner, CDU: Dann müsst ihr aber konse- quent sein und das hier in den Landtag einbrin- gen! Sonst funktioniert das nicht! Dann müssten wir uns nämlich hier hinsetzen und dies fest- legen!)

- Aber, Frau Feußner, wir haben hier zum Beispiel einen Landesentwicklungsplan, also Planungsgrundsätze. Das

haben wir alles im Landtag beschlossen. Warum sollen wir nicht auch auf dieser Grundlage Forderungen an die Landesregierung stellen? Das ist das gute Recht des Parlaments. Wir können keine Schulentwicklungsplanverordnung beschließen, das ist völlig richtig; aber wir sind trotzdem für den gesamten Bereich aus schulfachlichen Gründen verantwortlich. Deshalb sehen wir uns genauso in die Verantwortung gestellt. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Hein. - Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Wir stimmen zunächst über den Antrag der PDS-Fraktion in der Drs. 4/652 ab. Wer stimmt zu? - Das sind die PDS-Fraktion und der Abgeordnete Schulz. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Daraufhin stimmen wir über den Alternativantrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/677 ab. Wer stimmt zu? - Das ist die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen. Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist der Abgeordnete Schulz. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt und der Tagesordnungspunkt 10 ist abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Unsere Bildungspolitiker haben die zur Verfügung stehende Zeit so gründlich ausgenutzt, dass Überlegungen, einen Tagesordnungspunkt von morgen auf heute vorzuziehen, hinfällig geworden sind.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung

Beimischungszwang von Bioäthanol - Bundesratsinitiative

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/655

Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/683

Ich bitte zunächst Herrn Krause, den Antrag für die PDSFraktion einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich darf vorwegschicken, dass es im Prinzip zu der Problematik, die wir mit unserem Antrag berühren, zumindest bei den Mitgliedern des Agrarausschusses Aufgeschlossenheit gibt. Bei dem kürzlich durchgeführten Arbeits- und Informationsbesuch von Mitgliedern unseres Ausschusses, des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, in der Zuckerfabrik Klein Wanzleben hat die Diskussion um diese Frage eine nicht unbedeutende Rolle gespielt, wie Herr Schrader und alle anderen Ausschussmitglieder, die daran teilnahmen, sicherlich bestätigen können.

Kurzum, meine sehr verehrten Damen und Herren, worum geht es in dieser Angelegenheit? - Es gibt in mehrfacher Hinsicht Veranlassung, im Sinne unseres Antrages aktiv zu werden.

Zunächst gibt es die große Herausforderung und Chance, über diesen Weg den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermindern. Dabei geht es um die Erfüllung des allgemein bekannten Kyoto-Protokolls aus dem Jahr 1997. In Umsetzung dieses Protokolls muss die EU die Emission von Treibhausgasen in den Jahren 2008 bis 2012 um 8 % gegenüber dem Basiswert aus dem Jahr 1990 reduzieren. Entsprechend der Aufteilung innerhalb der Europäischen Union hat Deutschland dabei den nicht unbescheidenen Beitrag von 70 % der EU-Reduktionsverpflichtung zu erfüllen. Das entspricht 170 Millionen Tonnen CO2.

In diesem Zusammenhang sollten Biokraftstoffe in der EU und in der Bundesrepublik künftig einen größeren Stellenwert einnehmen. Es ist nur zu begrüßen, wenn Biotreibstoffe in größerem Umfang den herkömmlichen Kraftstoffen beigemischt werden; denn das würde den noch bestehenden Mangel an Tankstellen, die reine Biotreibstoffe anbieten, wirkungsvoll überbrücken und eine spürbare Entlastung beim Mineralölverbrauch zur Folge haben. Ein solches Herangehen muss natürlich auch mit einer rechtzeitigen Investition in alternative Treibstoffe verbunden sein. Dies ist angesichts der rückläufigen Ölvorräte eine weitsichtige Vorsorge und verringert Schritt für Schritt die Abhängigkeit vom Erdöl.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen um die Selbstverpflichtung der hiesigen Wirtschaft, die in Abstimmung mit der Regierung im Herbst 2000 in die so genannte Vereinbarung zur globalen Klimavorsorge eingeflossen ist. Die Politik ist nunmehr in der Pflicht, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Wirtschaft entsprechende Voraussetzungen für die Verwirklichung ihrer Selbstverpflichtung vorfindet und sich nicht zurückziehen kann.

Wenn die Zuckerwerke Klein Wanzleben uns bei unserem besagten Arbeitsbesuch mit dieser Frage konfrontiert und geradezu zum Handeln herausgefordert haben, dann ist dieser Antrag die passende Antwort darauf.

Die Zuckerfabrik Klein Wanzleben hat bereits Vorarbeit geleistet und uns vor Ort mit Projekten der Ethanolproduktion vertraut gemacht, um ein neues Arbeitsfeld in Sachsen-Anhalt bzw. in der Region zu schaffen. Zum Beispiel könnten in Klein Wanzleben selbst 58 Mitarbeiter in einer solchen Ethanolanlage Arbeit finden. Aufgrund volkswirtschaftlicher Kreisläufe kämen noch über 100 Arbeitsplätze bei Zulieferern und Spediteuren hinzu.

Die Energiegewinnung aus Biomasse im Allgemeinen und über Ethanol im Besonderen ist vor allem auch eine große Chance für die Landwirte und kommt darüber hinaus dem ländlichen Raum zugute. Sie wäre eine Antwort auf viele Fragen, die sich im Hinblick auf ein mögliches Auslaufen der Zuckermarktordnung stellen.

Es geht bei der Gesamtproblematik aber natürlich nicht nur um die Sicherung der Verarbeitung von Zuckerrüben. Die Ethanolherstellung auf Getreidebasis könnte gleichermaßen zu einer Entlastung der Roggenproduktion auf den leichten Standorten unseres Landes führen und damit die Schwierigkeiten, die auf die dortigen Landwirte durch den Wegfall der Intervention zukommen, überbrücken helfen.

Schließlich haben wir allen Grund, uns ins Zeug zu legen, damit wir nicht den Anschluss zu anderen Ländern wie Frankreich, Spanien und Schweden, aber auch Brasilien, die USA und Kanada verlieren.

Seitens der EU liegen Pläne zum Beimischungszwang im Grunde schon seit dem Spätsommer des Jahres 2001 vor. Es ist gut, dass jetzt auch die Agrarminister der deutschen Bundesländer auf ihrer Fachkonferenz Ende März 2003 das Bundesministerium aufgefordert haben, sich für eine verstärkte Beimischung einheimischer Biokraftstoffe auf europäischer wie auf nationaler Ebene einzusetzen.

In diesem Zusammenhang eine Bemerkung zu dem jetzt kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag: Wieso wollen Sie, meine Damen und Herren Einbringer, nur schlechthin über die Produktions- und Einsatzmöglichkeiten berichten lassen und damit hinter dem Beschluss der Agrarministerkonferenz zurückbleiben? - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Krause. - Die Debatte beginnt mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht Herr Kehl.