Wie Sie selbst zu Ihrem Wort stehen, wissen mittlerweile viele Bürger dieses Landes. Ich erinnere diesbezüglich zum Beispiel an die Versprechungen den Schulsozialarbeitern gegenüber. Sie verstecken sich hinter dem Mantel der kommunalen Selbstverwaltung, ohne selbst zu sagen, was empfehlenswert wäre. Unterdessen erleben wir, wie die Landkreise unterschiedliche Nachweise über die Berufstätigkeit der Eltern, die zum Teil wirklich hanebüchen waren, verschicken und wieder zurücknehmen, Erlasse werden herausgegeben und wieder zurückgenommen, Berechnungen werden vorgenommen und korrigiert, obwohl fast jeder wusste, welche Berechnungsgrundlagen eigentlich die richtigen sind. Man hat den Eindruck: Entweder Sie wollen nicht oder Sie können nicht.
Beides ist verheerend für eine Politik, die akzeptiert werden soll. Deshalb unsere Forderungen: Nehmen Sie Ihre Leitungstätigkeit ernst! Geben Sie Empfehlungen, damit allen Kommunen des Landes die gleichen Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stehen!
Sie haben den Apparat dazu, den Sie nutzen können und der zur Rechtssicherheit beitragen kann. Sie tragen die Verantwortung für das Durcheinander und für die Verärgerung, die durch dieses schlechte Management und dieses mangelhafte exekutive Handeln entstanden sind.
Ich denke, hierbei ist auch der Ministerpräsident gefordert, von seinem Minister eine professionelle Amtsführung zu verlangen. Zumindest kann das nach einem Jahr zu Recht gefordert werden. - Ich danke Ihnen.
Danke sehr, Herr Bischoff. - Meine Damen und Herren! Für die Landesregierung hat jetzt der Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Bischoff, es hätte Ihrer Aufforderung nicht bedurft, um mich darauf hinzuweisen, was meine Pflicht und meine Aufgabe ist. Dazu gehört es, an dieser Stelle zwei Dinge ganz deutlich klarzustellen.
Erstens. Es gibt bei der Umsetzung dieses Gesetzes wie bei allen anderen Gesetzen zur Kinderbetreuung, die wir in Sachsen-Anhalt bisher beschlossen haben, auch eine Reihe von emotionalen Diskussionen über die Kollateralprobleme - das haben Sie völlig zu Recht gesagt -, die wir vorher schon geahnt haben.
Und es gibt Probleme bei der praktischen Durchführung, die wir genauso ernst nehmen wie Sie. Das wissen wir und diesen Problemen stellen wir uns.
Zweitens werde ich es nicht hinnehmen, dass ein Minister, der zurzeit eine besonders schwierige Aufgabe zu erledigen hat, durch eine parteipolitisch intendierte Diskussion öffentlich beschädigt werden soll.
Aus diesem Grund habe ich mich gemeldet. Das, was Herr Minister Kley zurzeit macht, ist nicht unprofessionell; vielmehr ist er außerordentlich engagiert und stellt sich vor Ort den Problemen,
ob dies in Telefonforen, mit dem Infomobil, bei InternetChats, in Gesprächsrunden mit Bürgermeistern,
- Herr Abgeordneter, Sie dürfen sich ebenfalls zu Wort melden, wenn Sie tatsächlich etwas zu sagen haben; jetzt erlaube zunächst ich mir, etwas zu sagen -
oder mit den kommunalen Spitzenverbänden ist. Er macht dies zurzeit in einer ganz besonders engagierten Weise. Daher bin ich nicht bereit, zu akzeptieren, dass dies öffentlich in ein falsches Licht gerückt wird.
Nun zu den tatsächlichen Problemen. Ich habe auch meine Irritationen; das gebe ich zu und das will ich auch an dieser Stelle einmal sagen. Wenn ich in Leserbriefen in der Zeitung lese, aber auch in Diskussionen vor Ort höre, dass es eine Zumutung für Eltern sei, wenn sie sich in der Zeit, in der sie weder durch Arbeit noch durch Ausbildung noch durch andere Verpflichtungen gebunden sind, um ihr Kind selbst kümmern sollen, dann habe ich auch ein Problem. Das will ich einmal ganz deutlich sagen.
Wenn ich in Leserbriefen in der Zeitung lese oder in Diskussionen zu hören bekomme, dass es für Kinder, die schon mittags abgeholt werden, eine Strafe sei, dass sie nach Hause müssen, dann, bekenne ich, habe ich auch ein Verständnisproblem. Das habe ich so nicht erwartet.
Herr Präsident, Sie haben zu Beginn der heutigen Sitzung mit sehr eindrucksvollen Worten auf das ethische Wertegerüst in einer Gesellschaft hingewiesen. Wenn wir keine intakten Familien mehr haben, wenn wir Familien haben,
Meine Damen und Herren! Wir haben ein anderes Problem, und das nehme ich mindestens genauso ernst. Wir haben bewusst gesagt: Wir wollen mit dem Gesetz nicht mehr regulieren und vorschreiben, als aus unserer Sicht nötig ist. Wir wollen mit dem Gesetz bewusst einen Freiraum auch für die kommunale Selbstentscheidung offen lassen. Dies war gewollt. Und alle diejenigen, die von Deregulierung und ähnlichen Sachen reden,
sollten sich einmal überlegen, ob das, was sie sagen, tatsächlich ernst gemeint ist, wenn sie jetzt schon wieder nach dem ordnenden Staat rufen.
Ich habe eine ganze Reihe von Veranstaltungen mit Bürgermeistern hinter mir, auch zu diesem Thema, in denen ich gefragt worden bin: Ist es denn wirklich so, dass wir das jetzt selbst entscheiden sollen? - Darauf sage ich: Ja, das ist gewollt. - Dann werde ich zurückgefragt: Was passiert denn dann, wenn das in der Nachbargemeinde anders entschieden wird? Können wir dann nicht Probleme bekommen? - Dann sage ich: Wenn das innerhalb des Rahmens des Gesetzes liegt, einer Entscheidungsoption, dann wird es damit keine Probleme geben können. Juristische Probleme gibt es nur, wenn Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben nachweisbar sind.
Wir haben uns bewusst dieser Situation gestellt. Und es ist nicht so, dass es keine Verordnungen geben wird. Verordnungen sind zurzeit in Vorbereitung zur Tagespflege und zur Übergangsfinanzierung.
Die werden auch kommen. Wir haben zweitens gesagt: Eine Durchführungsbestimmung machen wir erst, wenn wir eine ganze Reihe von Problemen vor Ort kennen
(Unruhe bei der SPD - Herr Gallert, PDS: Dann machen wir ein neues Gesetz! - Weitere Zurufe von der PDS)
Dies werden wir durchführen, und zwar mit einer relativen Konsequenz und in Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden und den Bürgermeistern.
Deshalb sage ich Ihnen: Wenn es Probleme gibt, die nicht durch die kommunale Selbstentscheidung lösbar sind, werden wir sie mit entsprechenden Durchführungsbestimmungen begleiten. Solange wir uns aber erst einmal gegenseitig dabei helfen, kommunale Selbstverwaltung einzuüben, die nicht nur bei Entscheidungen über das Geld wahrgenommen werden kann, sondern auch in diesen Fragen, so lange sind wir bereit,
dieses Problem durch viele, viele Kontakte und Gespräche vor Ort zu lösen und erst dann festzustellen, was von der Landesregierung am Ende tatsächlich geklärt werden muss.
Das ist die gegenwärtige Situation. Wir wussten, dass es nicht einfach wird. Wir haben alle gebeten, daran mitzuarbeiten. Bei diesem Thema werden wir insbesondere in den nächsten Wochen sensibel beobachten, wie die Entwicklung weitergeht. Aber wir wollten einmal das umsetzen, was wir uns politisch vorgenommen haben,
In der gegenwärtigen Phase der Entscheidungsfindung auch auf kommunaler Ebene bin ich nicht bereit, ein Mitglied der Landesregierung schlicht im Regen stehen zu lassen. Diese Aufgabe werden wir gemeinsam schultern. Ich bin mir auch sicher, dass wir sie gemeinsam lösen werden.