Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003

Um bildungspolitisch voranzukommen, brauchen wir kein Flickwerk von Einzelmaßnahmen in den verschiedenen Schulformen.

Die gemeinsame Beschlussempfehlung beinhaltet die Punkte, die ich jetzt nicht noch einmal aufzählen werde. Wir haben ausgiebig darüber gesprochen. Aber Sachsen-Anhalt braucht entsprechende Rahmenbedingungen für eine innere Schulreform, Rahmenbedingungen, die wirklich dafür sorgen, dass die Eigenständigkeit der Schulen größer wird, dass die Evaluation möglich wird und dass praxisnahe Angebote zur Fort- und Weiterbildung weiterhin und besser als bisher zur Verfügung stehen. Wir sind uns dessen bewusst, dass dies schwierig ist und dass dies nicht ganz ohne Geld gehen wird.

Meine Damen und Herren! Bei aller Kritik an der jetzt wieder eingeführten straffen Gliederung des Schulsystems und damit der Restauration der Zustände von 1991/92

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

sind diese jetzt zu beschließenden Vorschläge innerhalb des bestehenden Systems im Sinne einer Systemoptimierung umsetzbar. Wenn dies im politischen Konsens möglich sein sollte, wäre das ein gutes Zeichen.

Ob es gelingt, diese inhaltlichen Ansatzpunkte wirklich umzusetzen, wird nicht nur davon abhängen, ob wir in der Politik die richtigen Regelungen schaffen. Wichtig wird die Frage sein, ob die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort diese Vorschläge aufnehmen und bereit sind, diese umzusetzen. Diesbezüglich habe ich Bedenken; denn nach der gegenwärtigen Verunsicherung an den Schulen wird diese notwendige Arbeit zusätzlich erschwert. Doch sie muss in Angriff genommen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist jetzt die Aufgabe der Landesregierung, diese beschlossenen Anregungen mit Leben zu erfüllen und sie umzusetzen. Unsere Fraktion wird den Prozess kritisch begleiten. Aber wir bieten wie immer unsere Mitarbeit an. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Mittendorf. - Zum Abschluss der Debatte hat Herr Dr. Schellenberger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Pisa-Studie sind hinlänglich bekannt und, ich denke, auch von Nichtbildungspolitikern hinreichend wahrgenommen worden. Deshalb bitte ich Sie um Verständnis, wenn ich als letzter Redner keine weitreichen

den Ausführungen mehr über die Studie selbst mache, sondern in meinem Beitrag auf meiner Meinung nach wichtige Aspekte Wert lege, die nach der Erörterung der Studien im Bildungsausschuss gemacht worden sind.

Alle Fraktionen haben in der Beschlussempfehlung als ersten Punkt die Grundschule herausgestellt. Der so genannte Pisa-Papst Professor Baumert hat zwar in der Anhörung des Bildungsausschusses darauf hingewiesen, dass die Pisa-Studien keine Aussagen über die Leistung der Schülerinnen und Schüler in der Grundschule treffen. Ich möchte allerdings an dieser Stelle dieser statistisch korrekten Feststellung insofern widersprechen, als ich auf die Schlussfolgerung des Kultusministeriums mit Blick auf die Bildung unserer Kinder in der Grundschule hinweisen möchte.

Frau Mittendorf, Sie haben dies gerade hinsichtlich der inneren Schulreform gefordert. Ich freue mich, dass das Kultusministerium zukunftsgerichtet eine veränderte Stundentafel für die Grundschule auf den Weg gebracht hat, die eine Stärkung der Kernkompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik und natürlich auch im Fremdsprachenbereich zum Ziel hat.

(Zuruf von Frau Mittendorf, SPD)

- Selbstverständlich können Sie die kriegen, Frau Mittendorf. Ich habe es verstanden. Sie wissen doch, wie die Zusammenarbeit im Bildungsausschuss ist.

(Frau Mittendorf, SPD: Eben!)

Wir werden Sie also immer ordentlich bedienen, sodass wir gemeinsam an einem Strang ziehen können.

(Herr Gürth, CDU: Wie meint er das?)

Ich bin mir sicher, dass diese veränderte Stundentafel in Kürze der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Sie stellt den ersten Schritt auf dem Weg einer inhaltlichen Reform unseres Schulsystems an der Stelle dar, an der unsere Kinder den ersten Kontakt mit ihm haben. Wie wichtig erste Eindrücke im Leben eines heranwachsenden Menschen sind, brauche ich Ihnen sicherlich nicht zu erläutern. Wenn es uns gelingt, den Kindern frühzeitig klar zu machen, welche Anforderungen in welchen Fächern wichtig und welche Fächer besonders wichtig für sie sind, dann wird es uns meiner Meinung nach gelingen, den aufgetretenen Mangel in bestimmten Kernkompetenzen zu beheben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Iglu-Studie zur Grundschule hat gezeigt, dass wir nicht so weit von dem Ziel entfernt sind, wie uns dies die PisaStudie glauben machen wollte. Natürlich besteht zwischen den Erhebungen in Bezug auf den Betrachtungsgegenstand ein Unterschied. Dennoch wird, meine ich, sehr gut deutlich, dass es offenkundig einen Bruch zwischen der Grundschule und dem Sekundarschulbereich I der weiterführenden Schulformen gibt. Dieser Bruch im Leistungsbild hat meiner Meinung nach etwas mit Faktoren zu tun, auf die wir Bildungspolitiker nur indirekt durch Veränderung unseres Bildungswesens reagieren können.

(Frau Mittendorf, SPD: Nein!)

- Frau Mittendorf, warten Sie es ab. - Ich will mit dieser Aussage nicht den Druck von uns nehmen, die Lehrerfort- und -weiterbildung neu zu gestalten, die Erarbeitung neuer Bildungsstandards im Rahmen der Kultusministerkonferenz voranzutreiben oder andere in der Beschlussempfehlung aufgeführte Handlungsanweisungen an die

Kultusbürokratie heranzutragen. Die Faktoren im Einzelnen zu benennen, wäre der Versuch, ohne Beleg Vermutungen zu streuen. Deshalb möchte ich darauf verzichten.

Der letzte Punkt der Beschlussempfehlung ist meiner Ansicht nach ein sehr wesentlicher, vielleicht der wesentlichste: Verbesserung der Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus. Ich denke, hier liegt der Hase im Pfeffer. Eltern haben nach dem Grundgesetz die prioritäre Pflicht zur Erziehung ihrer Kinder. Wir sollten die Eltern aber auch in die Verantwortung zur Bildung ihrer Kinder einbeziehen; denn meine Erfahrung zeigt, dass verantwortungsbewusste Eltern durchaus bereit sind, sich an einer Schule zu engagieren, die ihrerseits eine Umgebung für ein verlässliches Gedeihen und Fortkommen ihrer Kinder liefert. Wichtig ist an dieser Stelle das Klima, das in der Schule geprägt wird.

Auch an diejenigen gerichtet, die mit Bildungspolitik vielleicht nicht so viel zu tun haben: Lassen Sie uns gemeinsam an dieser Position „Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule“ arbeiten. Ich denke, dann kommen wir in diesem Bereich einen ganz wichtigen Schritt vorwärts. Wenn Sie überlegen, gerade gestern wurden im Zusammenhang mit der Pisa-Studie neue Tests gemacht. Ich habe mich gerade mit einem Direktor unterhalten. Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn dieser noch lang ist. - Danke.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Dr. Schellenberger. - Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab. Wer stimmt zu? - Das ist die Mehrheit aller Fraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Enthält sich jemand der Stimme? - Auch niemand. Dann ist dies einstimmig so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 6 ist beendet.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 10 aufrufe, habe ich die Freude, Gäste von der CDU-Frauenunion aus dem Münsterland begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 10:

Beratung

Verkauf von Landeswaldflächen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/702

Für die einbringende Fraktion spricht Herr Oleikiewitz. Bitte schön.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die finanzielle Situation im Bund, in den Ländern und den Kommunen hat sich in den letzten Jahren verschärft. Das ist unbestreitbar. Um eine Neuordnung der Finanzen, um eine Neuordnung unseres Sozialstaates generell scheinen wir nicht herumzukommen. Deshalb sind intelligente Lösungen gefragt. Deshalb werden auch

spürbare Einschnitte in unserer Gesellschaft unerlässlich sein.

Aber, meine Damen und Herren, eine Gesellschaft kann ihre Probleme nicht lösen, indem sie, um kurzfristig Haushaltslöcher zu stopfen, Volksvermögen verscherbelt, ohne vorher den Eigentümer, nämlich das Volk, zu fragen,

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

vor allem ohne sich Gedanken darüber zu machen, was unsere Enkel dazu sagen würden.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS - Zu- ruf von Herrn Gürth, CDU)

Klar ist indes: Dem Wald ist es egal, in wessen Eigentum er sich befindet, wenn man ihn nur leben lässt. Der Wald, meine Damen und Herren, hat in der Menschheitsgeschichte immer eine große Rolle gespielt. Er war und ist Rohstofflieferant, er ist Lebensraum und Rückzugsgebiet für bedrohte und vom Menschen verfolgte Arten. Der Wald ermöglichte unseren Vorfahren die ersten festen Behausungen,

(Heiterkeit bei der FDP)

den Schiffbau und den Bergbau. Meine Damen und Herren! Man muss das wirklich ab und zu noch einmal in Erinnerung rufen, damit man ein Gefühl für das Thema erhält, über das wir heute reden. Er war und ist nicht zuletzt Erholungsgebiet.

Die Art des Eigentums an Wald war und ist noch heute von wesentlicher Bedeutung für seine Regeneration, Pflege, Erhalt und insbesondere für seine Wechselwirkungen in der Natur.

(Herr Gürth, CDU: Das stimmt!)

Die Gemeinden bzw. der Staat haben deshalb in den Jahrhunderten versucht, mit ihrem Eigentum an Wald diesen insbesondere im Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger, für die Gemeinschaft also, zu erhalten, zu pflegen und zu mehren.

Das war und ist vor allem deshalb von Bedeutung, da private Eigentümer bei der Bewirtschaftung der Wälder nicht immer die Interessen der Allgemeinheit im Auge hatten, haben oder haben können. Aktuelle Entwicklungen in vielen Ländern der Erde liefern dafür täglich Beispiele. Privaten geht es in erster Linie um den Ertrag, der aus der Bewirtschaftung des Waldes herauszuholen ist, sei es das Holz, seien es die jagdbaren Tiere des Waldes oder seien es die Bodenschätze, die in seinem Untergrund vermutet werden.

Das ist alles natürlich unbestreitbar nicht zu kritisieren, solange die natürlichen Funktionen des Waldes, solange die große Mannigfaltigkeit der Wechselbeziehungen zwischen Wald, Landschaft der Erholung und der Ökologie erhalten bleibt. Und gerade das, meine Damen und Herren, können, wie die Geschichte gezeigt hat, private Besitzer eben nicht garantieren.

Deshalb möchten wir, die Berufs-, Umwelt- und Erholungsverbände sowie die Mehrheit der Bürger dieses Landes nicht, dass der Wald unseres Landes zur beliebigen Finanzmasse verkommt.

(Zustimmung bei der SPD - Oh! bei der CDU)