Deswegen ist der Staat gefordert, aus volkswirtschaftlich vernünftiger Sicht auch Weichen zu stellen. Das steht überhaupt nicht im Widerspruch dazu, dass er sich gleichzeitig aus der kommunalen Wirtschaftsaktivität zugunsten von mehr Freiräumen für Private zurückzieht.
Danke, Herr Minister. - Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Als erster Debattenrednerin erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Weiher für die PDS-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits vor einigen Monaten hatte die Landesregierung die Gründung einer Investitions- und Strukturbank des Landes als Nachfolgerin des Landesförderinstituts angekündigt. So ist es der Pressemitteilung der Staatskanzlei vom 29. Oktober 2002 zu entnehmen.
Mit der zukünftigen Anstalt in der Anstalt - die IB soll teilrechtsfähiger Bereich der NordLB werden - sollen neben den Förderprogrammen insbesondere für den Mittelstand erweiterte Finanzierungsmöglichkeiten wie Förderdarlehen geschaffen werden. Das ist mit der heutigen Struktur nicht möglich.
Die Notwendigkeit solcher zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten wird sichtbar an der Entwicklung der kleinen und mittelständischen Unternehmen und deren teilweise dramatischer Finanzsituation. Die Ergebnisse einer Befragung der KfW zusammen mit Unternehmensverbänden Ende 2002 zur Thematik „Wachsende Finanzierungsprobleme im Mittelstand“ zeigen das.
Für 45 % der befragten Unternehmen war im Jahr 2002 die Kreditaufnahme schwierig; im Jahr 2001 waren es noch 32 %. Ein Drittel hat Probleme, überhaupt noch einen Kredit zu erhalten. Fast einem Fünftel der Unternehmen wurde der gewünschte Investitionskredit verweigert. Als Hauptgrund für die Ablehnung wurde erstmals die zu geringe Eigenkapitalquote genannt.
Die Banken sind risikobewusster, aber nicht risikobereiter geworden. Sie wollen Transparenz und verlangen mehr Sicherheiten, insbesondere von kleineren Unternehmen.
Es gibt also gute Gründe, die für die Errichtung einer Förderbank sprechen. Vor allem solchen Unternehmen könnte geholfen werden - hoffentlich mit Risikoabwägung -, die ein gutes und tragfähiges Konzept haben, aber dennoch keine Hausbank finden, die bereit ist, die Finanzierung zu tragen.
Genau um diese Möglichkeit ging es im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit in der Sitzung am 22. Januar 2003. Wir begrüßen das durchaus. Eine solche Förderung wird möglich, weil die Bank über die Fördermittel hinaus durch vorhandenes Eigenkapital in die Lage versetzt wird, zusätzliches Kapital zu akquirieren und an kleine und mittelständische Unternehmen zu günstigen Bedingungen weiterzugeben. Dafür soll das Wohnungsbauvermögen des Landes als Eigenkapital auf die IB übertragen werden. Der Finanzminister sprach heute von einem Betrag von mindestens 150 Millionen €. Es geht also um eine nicht unbedeutende Größenordnung für Sachsen-Anhalt.
Außer der Vergabe von Förderdarlehen werden als weitere Ziele genannt: zentrale Beratung im Förderverfahren, Bündelung und Straffung der Förderstrukturen, kurze Zeiträume für Förderentscheidungen. - Auch diese Ziele kann die PDS-Fraktion guten Gewissens mittragen, wenn sie denn umgesetzt werden.
Damit könnte die Rede an dieser Stelle zu Ende sein, wenn es nicht grundlegende Kritik an dem vorliegenden Gesetzentwurf gäbe.
Erstens. Die parlamentarische Kontrolle durch den Landtag und die Mitsprache des Landtages, die eine Vertretung seiner Interessen bei wichtigen Entscheidungen ermöglicht, etwa hinsichtlich der Zusammensetzung des Verwaltungsrates, hinsichtlich der Überschussverwendung, der Aufgabenerweiterung, der Haftungsfragen, fehlen in dem Gesetz völlig.
Es gibt zwei Stellen in der Verordnung und in dem Statut mit einem Hinweis auf das Parlament: zum einen die Möglichkeit der Bildung eines Beirates zur Pflege der Kontakte mit dem Parlament und zum anderen eine gewisse Informationspflicht gegenüber dem Finanzausschuss.
Unter den Gesichtspunkten, dass ein nicht unbedeutendes Vermögen sowie Fördermittel an die Investitionsbank übertragen werden, dass die Möglichkeit der Erwirtschaftung von Überschüssen besteht und dass das Land die Haftung für ausgereichte Darlehen übernimmt, stellt sich wirklich die Frage, ob eine solche Einschränkung der demokratischen Mitsprache und des Budgetrechts des Gesetzgebers hinnehmbar ist.
Wir fordern Regelungen im Gesetz und nicht im Statut oder in der Verordnung, die die parlamentarischen Rechte und Pflichten des Gesetzgebers aufnehmen.
Zweitens. Die Zielstellungen bezüglich der Förderprogramme sind genannt worden. Abgesehen davon, dass in § 4 der Verordnung solche Bereiche wie zum Beispiel Bildung und Wissenschaft fehlen, ist nicht erkennbar, wie die angestrebte Zeitverkürzung oder -straffung im Vergleich zu heute erreicht werden soll.
Zumindest an der Anzahl der Förderprogramme wird sich nichts ändern, da jedes beteiligte Fachministerium und die Investitionsbank selbst weitere auflegen können. Eine solche Umstrukturierung, die ganze Förderbereiche in den Ministerien betrifft und durch ein Gesetz begrün
det wird, kann doch aber nicht zum Ergebnis haben, dass der finanzielle Effekt für das Land eine Null ist.
Ein Beispiel: Der durch Verordnung bestellte Verwaltungsrat erlässt das Statut, das wiederum vom Finanzministerium genehmigt werden muss. Der Finanzminister wird Chef des Verwaltungsrates und steht gleichzeitig an der Spitze der Rechtsaufsichtsbehörde der Bank. Er hat also umfangreiche Entscheidungsbefugnisse in der Investitionsbank; gleichzeitig ist er der Rechtsabteilung des Ministeriums, das ihn kontrolliert, weisungsbefugt und dienstvorgesetzt. Außerdem ist der Minister im Aufsichtsrat der NordLB - ein Multitalent mit einer Multifunktion. Aber wer kontrolliert eigentlich den Finanzminister? Der Landtag ist außen vor.
Meine Damen und Herren! Weitere Punkte wie zum Beispiel die Haftung für den Darlehensbereich, die Zusammensetzung des Verwaltungsrates mit acht Ministern und sieben Lobbyisten, die Frage der Gewährträgerhaftung und des EU-Rechts, die Bildung von Sondervermögen, das Verbot der Vorteilsnahme von Mitgliedern der Verwaltungsorgane bedürfen nach unserer Meinung einer umfangreichen Diskussion und Klärung im Ausschuss. Wir stimmen einer Überweisung zu. - Danke schön.
Danke, Frau Abgeordnete Dr. Weiher. - Für die FDPFraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich nach den einführenden Worten von Frau Weiher schon überlegt, ob ich nicht auf meinen Redebeitrag verzichten sollte. Nun haben Sie doch noch den einen oder anderen Kritikpunkt angebracht, über den wir - allerdings wahrscheinlich im Ausschuss - vertiefend diskutieren müssen.
Darüber, dass die Rechte des Parlaments in einer geeigneten Art und Weise berücksichtigt werden müssen - entweder über den Finanzausschuss oder über andere Gremien -, sind wir uns im Landtag, glaube ich, einig.
Lassen Sie mich deshalb nur zwei Aspekte zur Gründung der Investitionsbank sagen. CDU und FDP haben sich bereits in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, eine Investitionsbank zu gründen. Das Ziel dabei war und ist es, den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land Kredite zur Verfügung zu stellen, die seit Basel II - Frau Weiher hat das mit Zahlen wunderschön belegt - nicht mehr gewährt werden.
Ich möchte eines ganz klar betonen, weil man draußen manchmal einen etwas anderen Zungenschlag hört: Es geht nicht darum, dass das Land Vorhaben finanziert, die mit erheblichen Risiken behaftet sind. Es geht nicht darum, dass wir uns als Land alle Risiken im Land an Land ziehen und sozusagen alle schlechten Kredite tilgen, sondern es geht darum, für die mittelständischen Unternehmen die Lücke zu schließen, die nach Basel II sichtbar entstanden ist.
Es geht darum, die vielen kleineren Investitionen wieder flott zu machen, die in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten sind. Hierbei Abhilfe zu schaffen, ist umso wichtiger, als gerade die mittelständischen Unternehmen wichtige Bausteine für unseren Arbeitsmarkt sind. Dazu soll die Investitionsbank ihren Beitrag leisten.
Darüber hinaus erwartet die FDP, das mit dem Übergang des Landesförderinstituts in die Landesinvestitionsbank die Abstimmung zwischen Fördermittelvergabe und Darlehensgewährung und mit anderen Kreditlinien besser funktioniert, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das macht natürlich nur Sinn, wenn alle großen Förderprogramme des Landes, die wirtschaftsrelevant sind, auch in dieser Bank zusammengeführt sind.
Es ist uns allen doch klar, dass es für jeden Investor schwierig ist, von Pontius zu Pilatus zu laufen, um die verschiedenen Bausteine zusammenzuführen. An dieser Stelle sehen wir als Liberale eine Chance für mehr Transparenz und auch für mehr Effizienz bei der Bearbeitung entsprechender Anträge.
Das muss dann aber auch entsprechend zusammengeführt werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen der Bank und den jeweiligen genehmigenden Behörden, die wir auch weiterhin haben, den Fachbehörden, muss weiter verbessert werden. Die Zusammenarbeit ist in den meisten Fällen sicherlich gut, aber dort, wo das komplizierte Genehmigungsverfahren stattfindet, das einen Investor erhebliche Zeit kosten kann, sehe zumindest ich eine ganze Reihe von Optimierungsmöglichkeiten, wie die Vorlaufzeiten für Genehmigungen deutlich reduziert werden können.
Das wird sicherlich auch dadurch leichter, dass die Investitionsbank demnächst mit dem Landesverwaltungsamt einen Ansprechpartner haben wird und nicht mehr eine Vielzahl von Ansprechpartnern.
Ich glaube, dass wir, wenn diese beiden Aspekte neben dem, was der Minister vorgetragen hat, umgesetzt werden, mit der Investitionsbank tatsächlich einen Baustein setzen, um unsere Fördermittelpolitik und die Arbeitsmarktlage im Land zu verbessern.
Namens der FDP-Fraktion beantrage ich, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.
Frau Kollegin, nach dem Vortrag, den der Finanzminister gehalten hat, hatte ich den Eindruck, die Landesregierung ist nach all dem, was der Wirtschaftsminister dem Mittelstand zu Beginn Ihrer Regierungszeit versprochen
hat, wieder ein bisschen auf dem Boden gelandet. Nach Ihrer Rede habe ich Zweifel daran, ob Sie das wirklich richtig aufgefasst haben.
Gegen diese neue Bank habe ich im Prinzip nichts einzuwenden. Die ersten Schritte in diese Richtung ist noch unsere Landesregierung gegangen. Wir sind nicht weiter gegangen, weil damals die WestLB-Sache in Brüssel erst geklärt werden sollte. Die Gründung einer solchen Bank ist im Prinzip richtig.
Aber wenn Sie sagen, diese Bank soll eine Lücke schließen, die sich wegen Basel II bei den Geschäftsbanken und bei den öffentlich-rechtlichen Banken und Sparkassen aufgetan hat, dann müsste diese Bank den Kriterien von Basel II nicht unterliegen. Das Gegenteil ist aber richtig: Diese neue Bank, die Sie jetzt gründen, unterliegt nach den Informationen der NordLB und des Landesförderinstituts - das ist ohne weiteres nachvollziehbar - genau denselben Kriterien von Basel II, denen die Geschäftsbanken und die öffentlich-rechtlichen Banken und Sparkassen unterliegen.
Ich möchte Sie außerdem fragen - wenn Sie das verstanden haben -, welche Lücke Sie dann schließen wollen. Denn diese Lücke gibt es überhaupt nicht.
Ich möchte mit einer Bitte schließen. Bleiben Sie auf dem Boden. Machen Sie dem kleinen Mittelstand - der das Geld wirklich braucht - nicht Versprechungen, die Sie dann nicht halten können. - Vielen Dank.
Herr Heyer, ich beginne mit dem Ende. Auf dem Boden bleibe ich immer, weil das mit dem Über-das-WasserLaufen in der Geschichte selten funktioniert hat.