Protokoll der Sitzung vom 18.09.2003

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Unruhe bei der SPD)

Wenn man die Situation für junge Leute betrachtet, die Thematik der Abwanderung: Ich weiß nicht, was schlecht daran ist, wenn die Landesregierung endlich versucht, exakt die Ursachen festzustellen. Wenn Ihnen die Ursachen schon immer bekannt waren, dann frage ich mich, warum die Abwanderung trotzdem stattgefunden hat.

(Zustimmung von Frau Wybrands, CDU, und von Frau Fischer, Merseburg, CDU)

Vielleicht haben nicht alle Maßnahmen richtig gegriffen, weil sie nicht den Ursachen entsprochen haben.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Frau Bull, PDS: Das hört sich jetzt aber ganz anders an!)

Wir wissen sehr wohl, dass das Problem in mangelnden Arbeitsplätzen besteht, in ungenügender Bezahlung und Ähnlichem, aber es könnten auch noch andere Dinge sein, die wir vielleicht selbst abzubiegen in der Lage

sind. Darum ist es schon notwendig, einmal Ursachenforschung zu betreiben.

Ich sehe an dieser Stelle auch nicht, dass die Situation bei den Lehrstellen schlechter geworden ist.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS)

Wir haben nach wie vor das Problem, dass nicht jeder eine Lehrstelle in einem Betrieb erhalten hat. Aber alle, die eine Lehrstelle suchen, werden auch im Jahr 2003 in Sachsen-Anhalt eine Lehrstelle bekommen, wenn auch nicht selten im überbetrieblichen Bereich.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Frau Ferchland, PDS: Statistisch! - Herr Kühn, SPD: Wenn sie abwandern!)

- Nein! Es besteht für junge Menschen natürlich immer die Gelegenheit, auf der Suche nach einer Lehrstelle oder einem Arbeitsplatz das Land zu verlassen. Es war aber schon immer so und es wird auch immer so sein, dass man nicht alles vor Ort bekommt, sondern dass man bestimmte Arbeitsplätze auch in der Region aufsucht, in der sie hauptsächlich zu Hause sind. Ich sehe darin nichts Negatives. Negativ ist nur, wenn es uns nicht gelingt, diese jungen Leute wieder zurückzugewinnen und dafür zu sorgen, dass sie hier ihren Arbeitsplatz und ihren Lebensmittelpunkt finden, wenn sie wieder zurück wollen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Kinder- und Jugendpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht das Sparschwein der Landesregierung,

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

sondern wir sind an dieser Stelle sehr wohl dabei und versuchen, über neue Schwerpunktsetzungen, zum Beispiel über Bildungsinhalte im Kindergarten und über Weiter- und Fortbildungen, in diesem Bereich einige Dinge zu bewegen.

Die Haltung der SPD zum mittlerweile ungeliebten Kinderförderungsgesetz mag für Sie populistisch sinnvoll sein, ist aber meiner Meinung nach nicht zu verstehen; denn die Änderung des Halbtagsanspruches kam von Ihnen. Dann brauchen Sie heute nicht so zu tun, als ob dieses ungeliebte Kind nun möglichst schnell in den Wald gejagt werden sollte, während man die Vaterschaft vergisst.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD - Frau Mittendorf, SPD: Sie verwechseln immer Ursache und Wirkung!)

Im Bereich der Jugendpauschale und des Feststellenprogramms haben wir das Programm für dieses Jahr fortgeführt. Wir sind uns einig, dass die Jugendpauschale und das Feststellenprogramm zusammengefasst werden sollen und auch in Zukunft den örtlichen Trägern, die zuständig sind, zur Verfügung stehen sollen. Zu der Frage, wie die einzelnen Ausprägungen der Verlagerung sein werden, findet sich im Rahmen der Beratung des Haushaltes sicherlich noch genügend Gesprächsgelegenheit.

Das Feststellenprogramm war von vornherein als Modellprogramm angelegt, weil die eigentliche Zuständigkeit bei den örtlichen Trägern liegt. Ein Modellprogramm erfordert vom gesetzlichen Rahmen her bestimmte Dinge, die zu erfüllen sind: zeitliche Befristung, wissen

schaftliche Begleitung und dann die Möglichkeit der Übernahme durch den eigentlich Zuständigen. Diese Möglichkeit wollen wir geben, indem die Jugendpauschale in den Folgejahren an dieser Stelle entsprechende Mittel bereithalten wird.

Zur Familienpolitik noch einige Worte. Ich sehe kein Problem darin, dass die Familienpolitik sich auf die Familie in ihrem ursprünglichen Sinne bezieht. Wir haben in den letzten Jahren in der Bundesrepublik leider die Tendenz gehabt, dass der Staat sich für alles zuständig erklärt und die Familie durch zunehmende staatliche Leistungen aufgespalten wurde.

(Frau Mittendorf, SPD: Danke!)

Und auch Ihre Forderung nach einer möglichst 24-stündigen Betreuung der Kinder im Kindergarten, weil die Eltern dazu angeblich nicht in der Lage sind, gliedert sich nahtlos in dieses Prinzip ein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

Wir haben über die Versicherung der Älteren, über die Pflegeversicherung und ähnliche Sachen die Familien zerrissen. Wir haben mittlerweile staatliche Leistungssysteme an die Stelle von Familienleistungssystemen gesetzt und die Bürgerinnen und Bürger zahlen zunehmend mehr an einen Staat, der der Meinung ist, er könnte besser für sie verteilen als sie selbst.

Ich sehe die Aufgabe dieser Regierung darin, auch im Bundesrat dafür zu sorgen, dass die Bürger wieder mehr Möglichkeiten haben, über ihre Mittel selbst zu bestimmen und nicht der Staat; denn jeder Einzelne weiß sicherlich besser, was für ihn gut ist, als irgendwelche Dritten, die in Behörden dafür bezahlt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bei den Chancen für junge Mädchen hat sich die Landesregierung auch in besonderer Weise für neue Modelle eingesetzt.

(Zuruf von der SPD: Ach!)

Wir werden die Mentoringprogramme verbessern, wir haben verstärkt Lehrveranstaltungen, die an dieser Stelle vorgesehen sind; Programme zur Integration von jungen Mädchen werden in verstärktem Maße umgesetzt und auch die Lehrstellen - -

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Frau Dr. Kuppe, SPD: Sie wollen das machen, was wir auf den Weg gebracht haben!)

- Frau Kuppe, das haben Sie aber in großen Teilen schon übernommen. Das ist alles nicht so frisch.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS - Frau Ferchland, PDS: Das ist ja nicht wahr!)

Es wird aber auch hier so sein, dass die Chancen nur durch eine vernünftige Politik in der Summe verbreitert werden können. Wir haben ein Audit für familienfreundliche Betriebe neu eingeführt, in dessen Rahmen die Möglichkeit besteht, mit den Arbeitgebern zusammen etwas zu machen. Wir kriegen nichts gegen den Markt; wir können nur diejenigen, die die Arbeitsplätze schaffen, mit ins Boot nehmen und sie dafür begeistern.

Da helfen uns auch keine Statistiken, dass ein Betrieb einen Vorteil davon hätte, wenn er etwas schaffen würde. Wenn er keine Arbeitsplätze hat, kann er die auch nicht besser besetzen. Deswegen ist es immer wieder

die erste Aufgabe des Landes, Arbeitsplätze zu schaffen und für die Wirtschaft zu sorgen. Dann, bin ich mir sicher, können wir uns auch weitere Leistungen gönnen, die wir alle wollen, die aber in der gegenwärtigen Haushaltslage kaum bezahlbar sind.

(Zustimmung von Herrn Kehl, FDP, und von Frau Wybrands, CDU)

Sie haben, Frau Grimm-Benne, nach Visionen gefragt, haben aber selbst keine geliefert. Die alten Rezepte - -

(Zuruf von der SPD)

- Wir arbeiten Tag für Tag daran.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Ich glaube, wir werden schon nächstes Jahr deutliche Erfolge verzeichnen. Ich bin mir sicher, dass Sie die gleiche Anfrage im nächsten Jahr wieder stellen werden. An dieser Stelle wird sich dann zeigen, dass langfristige Effekte dem Land wieder eine Chance geben, sofern wir in der Lage sind, aus der Schuldenfalle, in die Sie uns hineinlaviert haben, wieder herauszukommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, Sie sind bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Bull zu beantworten?

Ja.

Bitte sehr, Frau Bull.

Herr Minister, Sie haben vorhin darauf abgehoben, dass die Kindereinrichtungen keinesfalls der staatliche Ersatz für Familienerziehung seien. Können Sie mir einmal erklären, weshalb Sie dann einen Bildungsauftrag im Kinderförderungsgesetz installiert haben?

(Frau Ferchland, PDS: Modellprojekt!)

Der Bildungsauftrag in den Kindertagesstätten dient im Wesentlichen dazu, Möglichkeiten für alle zu schaffen, mit dem Schuleintritt gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten zu besitzen. Wenn das die Familien zu Hause vermitteln, ist das doch kein Problem an dieser Stelle. Die Schuleingangsuntersuchungen haben aber gezeigt, dass man hier noch mehr machen kann.

(Unruhe bei der PDS und bei der SPD)