Lassen Sie mich noch zwei unernste Fragen an die Koalitionspartner richten. Zuerst an die CDU-Fraktion. Herr Scharf, Sie haben sich eine Spaßpartei angelacht. Das sei Ihnen auch vergönnt. Aber wollen Sie es so weit kommen lassen, dass wir Sozis den heiligen Sonntag vor Ihnen schützen müssen?
An die FDP-Fraktion: Der insoweit unveränderte Regierungsentwurf trägt den unscheinbaren Namen „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage“. Herr Jeziorsky, ich werte das als Ausdruck der natürlichen Bescheidenheit unserer Landesregierung. Ich frage aber die Liberalen, da sie doch jetzt mit starker Hand die Sonntagsöffnung der
Videotheken durchgesetzt haben oder es gleich tun werden, ob es nicht passender wäre, das Gesetz „Drittes Investitionserleichterungsgesetz“ zu nennen. - Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Rothe, es gibt zwei Zusatzfragen des Abgeordneten Schulz und des Abgeordneten Gebhardt. Sind Sie bereit, diese Fragen zu beantworten? - Dann hat der Abgeordnete Herr Schulz die Gelegenheit, seine Frage zu stellen.
Sehr geehrter Herr Rothe, stellen Sie sich an einem Sonntag zwei Familien vor, die eine mit zwei kleinen Kindern und die andere ohne Kinder, und urplötzlich tritt schlechtes Wetter ein.
Die eine Familie entscheidet sich, einen Film zu schauen und fährt ins Kino. Die andere Familie entscheidet sich auch, einen Film zu schauen, kann aber nicht in den Genuss kommen, weil sie die Kinder zu Hause hat. Sie hätte sich stattdessen gern ein Video oder eine DVD ausgeliehen. Halten Sie das für gerecht?
Herr Kollege Schulz, da ich weiß, dass Sie zwei kleine Kinder haben, biete ich Ihnen an, dass ich an dem verregneten Sonntag zu Ihnen komme und ein paar Märchen vorlese.
Herr Kollege Rothe, ich habe eine rein sachliche Frage, und zwar beziehe ich mich auf Ihre Begründung. Sie haben in dem Änderungsantrag mehrerer Abgeordneter ausdrücklich nur die Sonntagsöffnung der Videotheken beanstandet und dies mit dem Schutz des Sonntages begründet. Ich möchte wissen - ich habe es in Ihrer Argumentation nicht erkennen können -, warum Ihnen ausgerechnet die Öffnungszeiten der Videotheken im Gegensatz zu den Punkten im Gesetzentwurf, die die Sonntagsruhe für Märkte oder Waschanlagen betreffen, ein Dorn im Auge sind.
Ferner möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie diesbezüglich zu anderen Freizeit- und kulturellen Einrichtungen, wie zum Beispiel Kinos oder Theater, die am Sonntag geöffnet haben, stehen.
Beim Kino und beim Theater handelt es sich um Veranstaltungen, die ihrer Natur nach zeitlich gebunden sind.
Herr Abgeordneter Rothe, einen Augenblick bitte. Wir wollen alle gespannt folgen, welche Antwort Sie geben.
Wir reagieren auf das, was aktuell zur Beratung anliegt. Die Kollegen haben nun die Videotheken hineinnehmen wollen. Deshalb beziehen wir uns mit unserem Änderungsantrag speziell auf diesen Punkt. Den Ehrgeiz, eine Generalrevision der Rechtsetzung zum Sonntagsschutz durchzuführen, haben wir an der Stelle nicht entwickelt. Aber mit Ihrer Hilfe, Herr Gebhardt, gelingt uns das vielleicht auch noch.
Ich hatte eingangs, bevor mich Frau Präsidentin unterbrach, gesagt, dass die Veranstaltungen an den Theatern Veranstaltungen sind, die zeitlich gebunden sind und im Übrigen von ihrem traditionellen Charakter und ihrem kulturellen Anspruch her dort durchaus ihren Platz haben. Wenn Sie dagegen beginnen, bezüglich der Öffnungszeiten der Videotheken einen Präzedenzfall zu schaffen, dann werden Sie das am Ende dergestalt ausweiten müssen, dass der Einzelhandel insgesamt am Sonntag stattfindet. Damit nehmen Sie den Verkäuferinnen und Verkäufern ihr freies Wochenende.
Danke, Herr Abgeordneter Rothe, für die Beantwortung der Zusatzfragen. - Bevor ich den Abgeordneten Herrn Kosmehl für die FDP-Fraktion aufrufe, habe ich die Ehre, Damen und Herren des SPD-Ortsvereins Irxleben bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rothe, Sie haben mir so viele Stichworte geliefert, bei denen ich einhaken könnte, dass ich locker eine 60-minütige Rede halten könnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der 17. Sitzung des Landtages wurde der nun zur Beschlussfassung vorliegende Gesetzentwurf eingebracht. Bei der Einbringung habe ich bereits darauf hingewiesen, dass es insbesondere darum geht, eine rechtlich zulässige Praxis herzustellen, die bisher teilweise tatsächlich existiert und teilweise geduldet wird. Diesen Fakt stellen wir nun auf rechtlich einwandfreie Beine.
Zum anderen, meine Damen und Herren, geht es, wenn man ein Gesetz ändert, natürlich auch darum, wo man unter Umständen gewisse Liberalisierungen durchführen kann.
Damit komme ich zum Änderungsantrag der SPD, aber insbesondere auch zu den Änderungen, die im parlamentarischen Verfahren vorgenommen worden sind. Auf eine Änderung möchte ich nur ganz kurz hinweisen. Der Ausschussvorsitzende als Berichterstatter hat bereits darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz nicht, wie vorgesehen, mit Übergangsfristen versehen wird, sondern tatsächlich zum 1. Januar 2004 in Kraft treten soll.
Eine wesentliche Änderung, die hier auch angesprochen wurde, hat der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit als mitberatender Ausschuss in seiner Sitzung initiiert. Dem hat sich dann der Innenausschuss angeschlossen. Es geht um die Sonntagsöffnung von Videotheken. Die Regelung, meine Damen und Herren, brauche ich hier nicht noch einmal im Einzelnen vorzulesen.
Aber - das möchte ich doch etwas weiter ausführen - es geht um die Frage des Schutzes des Sonntags. Herr Rothe hat gerade zitiert, der Sonntag sei ein Kulturgut. Darin gebe ich Ihnen Recht, Herr Rothe. Sie haben gesagt, das Theater habe einen traditionellen und auch einen kulturellen Charakter. Dazu frage ich Sie: Haben das Videotheken nicht etwa auch?
Meine Damen und Herren! Es hat sich im Laufe der Jahre das Erscheinungsbild von Kultur gewandelt. Theater gibt es heute, wie es Theater vor Jahrzehnten und Jahrhunderten gab; aber es ist seit einigen Jahren eben auch das Kulturgut - für mich ist es eines - Video und DVD hinzugekommen. Auch das ist eine Art von Kultur, die man akzeptieren muss und die insbesondere von der jungen Generation immer mehr genutzt wird.
Ich will Ihnen ein praktisches Beispiel nennen: DVDs zum Beispiel erfreuen sich auch deshalb großer Beliebtheit, weil man auf ihnen nicht nur die deutsche Sprachfassung hat, sondern auch englische, spanische und französische Sprachfassungen, die ich zum Beispiel auch nutze, um Fremdsprachen etwas zu üben. Auch das wird vermehrt berücksichtigt, auch das ist etwas, wovon man einen Nutzen hat.
Meine Damen und Herren! Herr Rothe hat angesprochen, dass die Wettervorhersagen heute so gut seien, dass man um 20 Uhr wissen müsse, welches Wetter am nächsten Tag ist. Dazu sage ich: Meinetwegen, darin stimme ich Ihnen zu. Aber was ist, wenn ich um 21 Uhr oder um 20.10 Uhr etwas zu Abend esse und eine Magenverstimmung bekomme
- ja - und dann nicht mehr den Sonntag in der freien Natur nutzen kann, sondern mir gern ein Video oder eine DVD anschauen würde? - Also, Herr Rothe, mit dem Wetter haben Sie noch nicht alles ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren! Am Ende vielleicht doch noch etwas, was vielleicht von einigen als grundsätzlich - -
- Herr Fikentscher, mit „Spaßpartei“ hat das hier nichts zu tun. Es hat nichts mit „Spaßpartei“ zu tun.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz zum Abschluss vielleicht noch etwas, was Sie vielleicht als Grundsätzliches empfinden können, sagen: Warum wollen wir es den Bürgerinnen und Bürgern eigentlich nicht zur eigenen Verantwortung geben, zu entscheiden, wie sie ihren Sonntag verbringen wollen? Warum wollen wir sie weiterhin bevormunden, indem wir eine Möglichkeit ausschließen?