Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Durchführung des Finanzausgleichs geht es um zwei Themenfelder - einerseits um Finanzen und andererseits um Veränderungen bestehender Gepflogenheiten. Das sind wahrlich zwei schwierige Problemfelder.
Dass die Landesregierung sich dennoch dieser schwierigen Aufgabe annimmt, hat einen Grund. Dieser Grund ist die äußerst angespannte Finanzlage des Landes und seiner Kommunen. Die Situation ist seit geraumer Zeit allseits bekannt. Ich möchte sie daher nicht noch einmal beschreiben. Die Landesregierung sucht im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Wegen, um zur Entlastung der Kommunen und des Landes beizutragen.
In Ergänzung des bereits vorhandenen bzw. begonnenen Maßnahmenpakets der Verwaltungs-, Funktional- und Kommunalreform möchte der Entwurf des Gesetzes zur Vereinfachung der Durchführung des Finanzausgleichs im Verwaltungsvollzug bei der Gewährung der Finanzhilfen Möglichkeiten der Vereinfachung, Konzentration und Beschleunigung nutzen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen neben dem Finanzausgleichsgesetz noch bestehende Sonderregelungen über die Gewährung von Finanzhilfen in das FAG überführt werden. Konkret sind dies die Bereiche Aufnahmegesetz, Jugendpauschale, Musikschulförderung und Förderung der Traditions- und Heimatpflege. Diese Leistungen sollen zum Teil mit den allgemeinen Zuweisungen, teilweise aber auch der besseren Darstellbarkeit wegen als gesonderte Zuweisungen über das FAG ausgereicht werden.
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung im Einzelnen ergeben sich dadurch in jedem Fall aber zumindest mittelfristig bedeutende Rationalisierungseffekte. Die Verfahrensvereinfachungen beim Aufnahmegesetz zum Beispiel lassen allein im Bereich der mittleren Landesverwaltung ein Einsparpotenzial von zirka sechs Vollzeitkräften entstehen.
Die endgültigen Auswirkungen auf allen Verwaltungsebenen lassen sich momentan noch nicht beziffern. Überwiegend wird die kommunale Seite von den Maßnahmen profitieren. Insgesamt wird ein Finanzpotenzial von 64,7 Millionen € künftig über das FAG ausgereicht. 56,8 Millionen € aus dem Aufnahmegesetz und der Traditions- und Heimatpflege fließen in den allgemeinen Finanzverbund, ca. 7,9 Millionen € werden als Zweckzuweisung für Kinder- und Jugendarbeit sowie für Musikschulen außerhalb der Finanzausgleichsmasse bereitgestellt.
Die Verlagerung dieser Mittel ist aus der Sicht des Landes finanzneutral. Mehr- oder Minderleistungen sind damit nicht verbunden. Basis dieser Aussage ist der Haushaltsplanentwurf 2004. Die Verbundquote des FAG steigt damit auf rund 1,64 Milliarden €. Die erforderlichen Finanzmittel sind im Rahmen der Haushaltsaufstellung bereits im Einzelplan 13, aus dem sich der Finanzausgleich speist, berücksichtigt worden.
Die innere Aufteilung der neu hinzukommenden Leistungsanteile folgt dem Prinzip der Aufgabenbezogenheit der Finanzausgleichsleistungen. Da die Aufgabenbestände der drei kommunalen Gruppen - Landkreise, kreisfreie Städte und kreisangehörige Gemeinden - unterschiedlich sind, fließen auch die Finanzströme aus dem
allgemeinen Finanzverbund nicht gleichmäßig allen drei kommunalen Gruppen zu. Mittel für die Aufgabe des Aufnahmegesetzes dürfen nur an die dafür zuständigen kreisfreien Städte und Landkreise gehen.
Um das Zuweisungssystem so einfach wie möglich auszugestalten, wird durchgängig auf die Einwohnerzahl als Zuweisungskriterium abgestellt. Der Bezug auf die Einwohnerzahl ist nach den Erfahrungen der Praxis das brauchbarste Zurechnungskriterium.
Neben den verwaltungsvereinfachenden und deregulierenden Maßnahmen sieht der Gesetzentwurf auf Anregung der kommunalen Spitzenverbände eine Veränderung bei der Bemessung der investiven Zuweisungen vor. Die aus dem Finanzverbund des FAG gewährten Investitionshilfen sollen auf 12 % der Finanzausgleichsmasse festgesetzt werden. Das ergibt einen absoluten Betrag von rund 197 Millionen €. Diese Verstetigung wirkt bei weiter anwachsenden investiven Anteilen - so die bisherige Rechtslage - zunehmenden Verspannungen im Zuweisungsgefüge des FAG entgegen. Gleichzeitig werden die Investitionsbemühungen der Kommunen verlässlich dauerhaft und angemessen unterstützt.
In den Grundzügen und in der Zielrichtung findet dieses Gesetzesvorhaben die Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände. Bei jeder Art von Veränderung gibt es jedoch immer Kritiker. Das wird auch diesmal nicht anders sein. Bei einer nicht durch Partikularinteressen getrübten Abwägung und Gesamtbilanz ergibt sich aber, dass die durch die Vereinfachungen hervorgerufenen Entlastungen gerade in der jetzigen Haushaltssituation unverzichtbar sind.
Ich hoffe, dass sich diese Einsicht auch bei Ihnen, meine Damen und Herren, durchsetzen wird und das Gesetz eine breite Zustimmung findet. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Die Debatte wird von der PDS-Fraktion eröffnet. Es spricht Herr Gallert.
Herr Präsident! Werte diszipliniert durchhaltende Abgeordnete in diesem Haus! Ich bin um 18.33 Uhr über jeden Zuhörer froh, zumal es ein ausgesprochen schwieriges Thema ist. Es ist ein Thema, das allerdings nicht in erster Linie im Bereich des Innenministerium zu verantworten ist, über das wir heute zu verhandeln haben.
Eigentlich ist es ein Problem der gesamten Landesregierung, und ganz besonders schade ist es, dass der Finanzminister jetzt nicht dabei ist. Denn das, was dieses Gesetz nicht leistet, was es aber eigentlich hätte leisten müssen, hätte eine produktive Abstimmung im Kabinett erfordert, in der auch der Finanzminister an der entsprechenden Zielstellung hätte mitarbeiten müssen, die in der letzten Haushaltsberatung von Landesregierung und Koalition verkündet worden ist.
Was war das Ziel? Das will ich noch einmal in Erinnerung rufen. Das Ziel war unter der Gewissheit, dass man nicht mehr Geld zur Verfügung hat, das man den Kommunen aus dem Landeshaushalt geben kann, eine umfangreiche Summe von Fördermitteln, die bisher per Antrag bewilligt werden, pauschal an die Kommunen weiterzureichen, Fördermittel im investiven Bereich im Einzelplan 08, im Einzelplan 09, im Einzelplan 14 und
Schaut man sich dieses Gesetz daraufhin an, welche Gelder, die vorher per einzelnem Fördermittelbescheid - per Antrag Kommune an Land, Fördermittelbescheid zurück - in die Kommunen geflossen sind, werden denn nun über dieses Gesetz pauschal abgewickelt, schaut man sich das ganz genau an, ist es mitnichten eine Summe von 200 Millionen €. Nein, es ist eine Summe von 160 000 €, nämlich die Kultur- und Heimatpflege.
Alles andere, was in diesem Gesetz neu geregelt ist, waren entweder vorher schon gesetzliche Ansprüche der Kommunen, die man nur aus einem Gesetz herausgenommen und in ein anderes Gesetz hineingeschrieben hat, oder ohnehin Summen, die den Kommunen bisher auch schon pauschal zur Verfügung standen.
Die Vorstellung, die man damals hatte, Fördermittel pauschal an die Kommunen weiterzureichen, ihnen damit Entscheidungs- und Handlungsspielräume zu geben - Herr Böhmer hat das mehrfach betont -, ist vollständig misslungen.
Davon sind 160 000 € übrig geblieben - das kann man sich jetzt ausrechnen: 0,08 % der Mindestsumme, die man eigentlich realisieren wollte.
Nun ist 100-prozentig klar, woran die ganze Geschichte liegt. Es sind EU-Mittel und es sind Bundesmittel. Alles klar, ich weiß, wie schwierig das ist. Ich bin auch nicht 100-prozentig sicher, Ihnen jetzt aufzählen zu können, welche 200 Millionen € das gewesen sein könnten, die man den Kommunen pauschal zukommen lassen wollte. Da war ich sogar sehr erstaunt über Ihre mutige Ansage, einen solchen Packen wirklich nehmen und herübergeben zu wollen. Aber ich sage einmal: Wenn null Komma null dabei herauskommt, muss man ehrlich daran zweifeln, ob das Ziel wirklich bestanden hat.
Eines - das muss ich Ihnen auch sagen - haben Sie sogar in diesem Haushalt schon besser gekonnt. Wir haben bezüglich des Komm-Invest-Programms mit den 100 Millionen €, die sich aus 75 Millionen € GA-Mitteln und 25 Millionen € Landesmitteln zusammensetzen, natürlich die Kritik geäußert, dass das nicht dasselbe ist wie vorher die Investpauschale. Aber es war immerhin doch etwas, und siehe da, in den Landkreisen ist es flächendeckend dazu gekommen, dass über dieses Komm-Invest-Programm wirklich noch etwas angeschoben werden konnte.
Wer hindert Sie denn eigentlich, die Sache fortzusetzen? Das wäre nun das Mindeste. Da haben Sie selber bewiesen, dass das geht. Aber nein, in diesem Gesetz steht nichts, absolut gar nichts davon. Das heißt, dieses Gesetz konstatiert das vollständige Scheitern dieser wichtigen Zielstellung aus der Koalitionsvereinbarung.
Zu dem, was übrig geblieben ist, ganz kurz: Wir sind froh, dass die Jugendpauschale als zweckgebundene Zuweisung an die Kommunen per Gesetz gesichert wurde. Wir wissen, dass die Landesregierung es mit den kommunalen Spitzenverbänden anders vereinbart hat. Wir denken, dass unter der derzeit eklatanten Haushaltslage in den Kommunen eine solche Schutzvariante für die Gelder der Jugendpauschale wirklich wichtig und
richtig ist. Wir kritisieren aber ausdrücklich, dass es keinerlei Kofinanzierungspflichten der örtlichen Träger der Jugendhilfe mehr gibt.
Da haben wir ein Paradoxon. Die Kreise und kreisfreien Städte sind eigentlich diejenigen, die laut Bundes-KJHG für die Aufgabe zuständig sind, und wir werden eine Entwicklung erleben, dass nur noch das Land diese Aufgabe bezahlt. Nun wissen wir alle, wie schlimm die kommunale Finanzsituation ist. Aber das ist doch nicht die Lösung. Wenigstens die Kofinanzierung muss beibehalten werden. Das werden wir auch beantragen.
Bezüglich der Musikschulzuschüsse kritisieren wir, dass vorher die Verteilung nach Leistung erfolgte, jetzt nur noch nach Einwohnerzahl. Wir denken, dass das sehr wohl eine gefährliche Entwicklung bedeuten kann, nicht unbedingt muss.
Letztens die Erhöhung der Investitionshilfe auf 12 %. Wir wissen, dass die alte gesetzliche Grundlage, die noch in der letzten Legislaturperiode von uns beschlossen worden ist, den Anstieg der Investitionshilfe innerhalb der allgemeinen Finanzausgleichsmasse auch vorgesehen hat. Aber - seien wir doch alle mal ehrlich - was passiert mit den Investitionshilfen in den Gemeinden? Massenhaft werden sie umgewidmet, um die riesigen Löcher in den Verwaltungshaushalten zu stopfen - und das unter den Bedingungen, die wir schon im Jahr 2003 hatten.
Im Jahr 2004 werden noch einmal fast 100 Millionen € weniger allgemeine Zuweisungen an die Kommunen in die Verwaltungshaushalte gehen. Was meinen Sie wohl, was mit den 40 Millionen € mehr Investitionshilfe passieren wird, die jetzt an die Gemeinden und Landkreise ausgeschüttet werden? Das kann ich Ihnen sagen: Sie gehen per Antrag sofort in den Verwaltungshaushalt über. Andere Chancen haben die Gemeinden doch überhaupt nicht mehr.
Dazu sage ich Ihnen ganz deutlich: Das muss man rückgängig machen. Das ist nur Bürokratie, das über die Kommunalaufsicht noch einmal zuzulassen. Aber wir wissen als Haushälter, worin das eigentliche Motiv dafür liegt: Die Investitionshilfen zählen als eigenfinanzierte Investitionen des Landes, und wenn ich deren Höhe absenke, dann habe ich tatsächlich die Verfassungsgrenze nicht mehr erreicht. Aber sollen wir uns deswegen die Taschen voll lügen? Sollen wir denn deswegen etwa so tun, als ob die Investitionshilfe in den Kommunen noch für investive Dinge ausgegeben wird? Nein.
Wir wissen genau, das steht nur auf dem Papier. In Wahrheit ist mit diesem Gesetz die verfassungsmäßige Obergrenze für die Nettoneuverschuldung schon überschritten. Das wissen wir und das werden wir auch laut sagen. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Eingangsworten von Herrn Gallert habe ich überlegt, wie ich gleich erkläre, warum es der Landesregierung nicht gelungen ist, Mittel aus Förderprogrammen in Höhe des
ursprünglichen Volumens von 400 Millionen € zu integrieren und über das FAG an die Kommunen zu geben. Netterweise haben Sie mir die Arbeit abgenommen und haben es eigentlich gleich beantwortet, indem Sie ausgeführt haben, das mit der Jugendpauschale sei ganz nett, aber man müsse sicherstellen, dass die Mittel auch nur dafür verwendet würden.
Genau diese Diskussion ist selbstverständlich und zu Recht in Bezug auf alle anderen Mittel aus Programmen, die das Land hätte zur Verfügung stellen können, geführt worden; zudem - das haben Sie auch schon ausgeführt - sind die meisten Gelder über die Europäische Union oder den Bund kofinanziert worden.
Meine Damen und Herren! Dem Gesetzentwurf lagen zwei Überlegungen zugrunde. Die eine war tatsächlich der Wunsch und der Wille der Landesregierung, den Kommunen mehr Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Die andere war der Wunsch, Landeszuweisungen mit einem geringeren Verwaltungsaufwand an die Kommunen zu übertragen. Das Mehr an Finanzmitteln hat sich tatsächlich als ausgesprochen schwieg dargestellt, weil die Decke des Landeshaushalts im Augenblick an allen Ecken und Ende zu kurz ist.
Bleibt die Summe, die wir den Kommunen geben wollen, unter einer Marge von etwa 400 Millionen €, dann kommen für die Übertragung an die Kommunen nur Gelder infrage, die auch jetzt schon in etwa mit der Einwohnerzahl korrelieren, oder es werden Zuweisungen genommen, die bei jeder Kommunen etwa in der gleichen Höhe ankommen. Das gilt für alle Haushaltstitel, die jetzt integriert worden sind.
Der andere Punkt, der immer wieder diskutiert wird - ich denke, dass auch Sie von den Zielgruppen informiert worden sind -, ist die Behauptung, dass die Landesregierung sich etwa in Bezug auf die Jugendpauschale, auf die Musikschulen oder auf die Heimatvereine aus ihrer Verantwortung zurückziehen würde. Das weise ich eindeutig zurück.
Um diesem Vorwurf zu begegnen, haben wir die Gelder im Finanzausgleichsgesetz einzeln und außerdem demnächst bei Kapitel 13 12 in ihrer Höhe ausgewiesen. Ich will darauf noch einmal hinweisen: Sie sind in der Höhe ausgewiesen worden, in der sie auch in den Einzelplänen stehen würden.