Protokoll der Sitzung vom 20.11.2003

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind einigermaßen beunruhigt über den Umgang der Landesregierung - vielleicht sollte ich besser sagen: dieses Finanzministers - mit dem Immobilienvermögen des Landes. Dabei muss jedem klar sein, dass wir nicht über Kleinigkeiten reden, sondern über einen Boden- und Gebäudewert in Höhe von ca. 3 Milliarden €.

Die Grundlage Ihres Tuns bildet offensichtlich ein Kabinettsbeschluss vom Juni dieses Jahres zur Gründung eines Landesbetriebs für Liegenschafts- und Immobilienmanagement Sachsen-Anhalt, kurz Limsa genannt. Dieser Betrieb soll eine gebündelte Liegenschaftsverwaltung unter betriebswirtschaftlichen Aspekten darstellen. Verbunden werden soll dies mit dem Ziel kostensparender Aufgabenerledigung und transparenter Gebäudebewirtschaftung. Gegründet werden soll er zum Januar des nächsten Jahres, sein operatives Geschäft soll am 1. Januar 2005 beginnen. Soweit die Eckdaten.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass es bundesweit Diskussionen über dieses Thema gibt und in verschiedenen Ländern auch derartige Betriebe in ganz unterschiedlicher Form arbeiten. Auch in der vergangenen Wahlperiode dieses Landtages gab es bereits Vorüber

legungen, die Bau- und Liegenschaftsverwaltung zu zentralisieren und in neue Strukturen zu überführen. Allerdings - hierin liegt der erste nicht ganz unwesentliche Unterschied - sollte dies in Ruhe und Seriosität geschehen.

Was Sie uns dagegen präsentieren, ist wieder eine Ihrer bekannten Baustellen, wo offensichtlich die eine Hand nicht weiß, was die andere tut, und über allem ein Oberbauleiter thront, der sich schon im Glanze seines Gesamtkunstwerkes sonnt.

(Zustimmung bei der SPD)

Zu den Fakten. Obwohl jedem klar sein musste, dass bestimmte Voraussetzungen schon mit dem Haushalt 2004 zu treffen sind, wenn eine Gründung zum Januar des nächsten Jahres erfolgen soll, bedurfte es mehrerer Nachfragen und eines Selbstbefassungsantrages unsererseits, um etwas Transparenz zu schaffen.

(Oh! bei der CDU)

Seit gestern wissen wir zumindest, was Sie haushaltstechnisch für die Limsa planen. Was allerdings erschreckt, ist, wie ahnungslos man in das Immobilienmanagement einsteigt. Demnach soll jetzt begonnen werden zu ermitteln, wie marktgerechte Mieten als Basis des von Ihnen propagierten Vermieter-Mieter-Modells aussehen sollen. Des Weiteren sollen jetzt Dienstleistungen Außenstehender eingekauft werden, um ein aussagefähiges Liegenschaftskataster zu erarbeiten. Offensichtlich erfahren wir dann erst einmal, was wir eigentlich vermieten können.

Ebenfalls völlig unklar erscheint die Abgrenzung zu dem anderen von Ihnen im Oktober beschlossenen Landesbetrieb Bau zu sein. Es drängen sich Fragen auf, wie auf die einzelnen Ressorts bezogen eine Trennung von Bau- und Liegenschaftsaufgaben erfolgen soll und inwieweit Dopplungen von Aufgaben und Personal verhindert werden können.

Daneben erreichten uns im Finanzausschuss binnen zwei Tagen zwei Wirtschaftspläne zur Limsa, die sich mal eben im Unternehmensaufwand und im -ertrag um schlappe rund 35 Millionen € unterschieden.

(Herr Tullner, CDU: Das ist doch demagogisch!)

Irgendjemandem war dann offensichtlich wohl doch eingefallen, dass man das Sondervermögen „Grundstock des Landes Sachsen-Anhalt“ nicht so ohne Weiteres in die Limsa integrieren kann. Hierbei handelt es sich schließlich um ein Gesetz, das geändert werden muss.

Meine Damen und Herren! Bei den Immobilien, die künftig durch die Limsa bewirtschaftet werden sollen, spielen die der Universitäten und Hochschulen eine nicht unmaßgebliche Rolle. Auf unsere Nachfrage im Finanzausschuss, wie man sich hier die künftige Verwaltung vorstellt, erfuhren wir, dass quasi alles im Fluss sei, man könne sich entsprechende Übertragungen des Vermögens an die Hochschulen vorstellen und auch eventuelle Verkaufserlöse könnten unter Umständen in vollem Umfang dort verbleiben.

Betrachtet man den Entwurf des heute vorgelegten Hochschulgesetzes, insbesondere die §§ 56 und 109, muss man zu dem Schluss kommen, dass sich das Kultusministerium vorerst gegen das Finanzministerium durchgesetzt hat. Abzuwarten bleibt freilich, wie mit der Verordnungsermächtigung umgegangen werden soll.

Für die Hochschulen steht fest, dass sie wie bisher bei intern ausgehandelten Ergebnissen schnell und kostengünstig die Bereitstellung von Lehrflächen umsetzen können müssen. In der Vergangenheit wurde auch auf der Basis des Eckwertebeschlusses zum Hochschulbau bewiesen, dass man sachkundig und ökonomisch rational Entscheidungen treffen kann.

Die geplante Zentralisierung in den beiden Landesbetrieben Limsa und Bau sehen die Hochschulen aber als eine Beschneidung der Hochschulautonomie an. Die Aufgaben vor Ort in Umfang und Spezifik können in keinem Fall übertragen werden. Befürchtet werden zudem überlange Reaktions- und Planungszeiten und erhebliche Reibungsverluste.

Die Klärung eines Problems wie das der gerade fertig gestellten Räumlichkeiten der Geowissenschaften an der MLU Halle-Wittenberg und der jetzt durch Mittelkürzungen erzwungenen Situation dürfte auch einer Limsa nicht leichter fallen. Vielleicht könnte man aber juristisch etwas machen, wenn einem durch das MK quasi die Mieter entzogen werden.

Meine Damen und Herren! In der Konsequenz fordern alle Hochschulen, dass die wesentlichen operativen Geschäfte der Liegenschaftsverwaltung bei den Hochschulen verbleiben, etwa nach dem Vorbild von RheinlandPfalz oder Schleswig-Holstein. Als Problem wird es dagegen betrachtet, wenn die Zuständigkeiten der Limsa über die bisherigen Zuständigkeiten des MF hinausgehen.

Meine Damen und Herren! Was bleibt hinter dem groß propagierten Anspruch eines neuen Ansatzes der Bau- und der Liegenschaftsverwaltung, ist derzeit denkbar wenig. Klarheit scheint wohl überhaupt nur in der Frage der gewünschten Bezahlung des Geschäftsführers der Limsa zu bestehen. Aber selbst dies ist nicht sicher, wenn hierzu auch noch der Bundesbesoldungsausschuss befasst werden muss.

Ohnehin drängt sich auch hier eine Reihe von weiteren Fragen auf. Warum soll diese Stelle ganz offensichtlich nicht ausgeschrieben werden? Warum soll sie mit einem Beamten besetzt werden? Was spricht dagegen, einen Experten von außen mit Zeitvertrag und Erfolgsabhängigkeit zu engagieren, wie es offenbar für den Landesbetrieb Bau geplant ist?

Hinzu kommt, dass bei den bereits erwähnten Abgrenzungsproblemen zwischen beiden Landesbetrieben viel dafür gesprochen hätte, beide zusammenzuführen, wie es im Übrigen in der überwiegenden Zahl der Bundesländer der Fall ist, die über derartige Einrichtungen verfügen, und wie es sich nach meinen Informationen auch die alte Landesregierung vorstellte.

Overhead-Kosten hätten eingespart werden können. Stattdessen ist wieder einmal zu befürchten, dass von dem avisierten Stellenabbau in erster Linie Indianer und kaum Häuptlinge betroffen sein werden.

Meine Damen und Herren! Als wären dies nicht bereits genug Baustellen, die man nach unserer Meinung in Ruhe abarbeiten sollte, werden permanent neue aufgemacht. Durch Leasing-Geschäfte unterschiedlichster Form sollen - hochinnovativ, versteht sich - Immobilien in Kreditbeschaffungsmodelle eingebunden werden. Der Begriff des Cross-Border-Leasing macht die Runde im Zusammenhang mit den Unikliniken. Mit anderen Immobilien hat man vor, sie als Sicherheiten für eine Anleihe nach islamischem Recht zu nutzen. All dies geschieht in

einer nahezu fröhlichen, ich bin geneigt zu sagen, fast FDP-typischen Unbeschwertheit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS - Oh! bei der FDP)

Jedem dürfte klar sein, dass derartige Geschäfte die Arbeit der beiden Landesbetriebe in erheblicher Weise behindern. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass in den vergangenen Haushaltsjahren noch nicht einmal 25 % der für die Bauunterhaltung benötigten Mittel bereitgestellt werden konnten und dass es bis heute an einem optimierten Bauunterhaltungskonzept mangelt, dann kommt man zu dem Schluss: Es gibt hierbei ein enormes Risikopotenzial.

Mieterseitige Vertragsverletzungen und daraus resultierende Folgen für das Land kann man sich allerdings nicht leisten. Hinzu kommt, dass ein wesentliches Ziel der Limsa gerade darin besteht, den Flächenverbrauch der Verwaltung durch das Vermieter-Mieter-Modell zu reduzieren. Dieser Vorsatz würde so ad absurdum geführt.

Betrachtet man die CBL-Geschäfte, dann möchte ich gern diejenigen sehen, die bei völlig veränderten Rahmenbedingungen in einigen Jahrzehnten immer noch mit gutem Gewissen zu solchen Transfers stehen.

Schaut man sich nur die Prognosedaten meines Kollegen Bullerjahn bei den Einwohnerzahlen bis zum Jahr 2020 an, dann wird einem bewusst, dass es keinerlei Gewissheit über die künftige Nutzung, geschweige denn über die Auslastung bestimmter Immobilien geben kann. Hinzu kommt, dass im Jahr 2020 erst etwa die Hälfte der Zeit verstrichen wäre, die bei einem derartigen Geschäft als Nutzungsdauer abgesichert werden muss.

Meine Damen und Herren! Mit den Anleihen nach islamischem Recht betritt die Landesregierung Neuland im gesamten europäischen Raum. Auf unsere Nachfrage im Finanzausschuss erhielten wir die Antwort, dass derartige Anleihen bisher nur in Bahrain, Malaysia und Katar begeben wurden. Über die Gründe möchte ich hier nicht spekulieren. Allerdings erscheint mir auch hierbei die standardmäßig vorgetragene Auskunft, dass man eben hoch innovativ sei, etwas zu kurz gegriffen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch auf zwei weitere Punkte eingehen. Zweifellos kann man darüber reden, ob es nicht sinnvoll ist, derartige Finanztransaktionen mit wirtschaftspolitischen Aspekten zu verbinden. Allein, ein Konzept, das einen derartigen Türöffnereffekt unterstützen könnte, sehen wir derzeit nicht. Vielmehr stellen wir verstärkte Aktivitäten des Landes in China und Vietnam fest.

Hinzu kommt, dass völlig ungeklärt ist, wie eine langfristige Bindung in derartigen Transaktionen aussehen soll, wenn man genau weiß, dass die Strukturierungskosten der ersten Anleihe deren Vorteile aufzehren. Wir sehen hierbei jedenfalls noch eine Reihe offener Fragen und sind auch nicht der Meinung, dass alle Risiken hinreichend analysiert wurden.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch einige Worte zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP. Natürlich können Sie uns vorschlagen, dass wir erst im dritten Quartal des nächsten Jahres wieder über die gesamte Problematik sprechen. Ich gehe aber davon aus, dass uns viele Fragen, die wir heute hier nur angerissen haben, mit Sicherheit früher beschäftigen werden.

Insofern werden wir es uns auch nicht nehmen lassen, dies gegebenenfalls im Rahmen der Selbstbefassung im Finanzausschuss zu thematisieren. Verwundert hat uns allerdings, dass Sie gerade den letzten Satz unserer Begründung nicht übernommen haben. Ich hoffe, dass Sie damit nicht hinter Ihre eigene Formulierung im Finanzausschuss zurückfallen wollen. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass eine Beteiligung des Landtages allein auf der Grundlage des Artikels 92 der Landesverfassung erforderlich ist. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Felke. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in die Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Zunächst hat für die Landesregierung der Minister der Finanzen Herr Professor Paqué um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich in die eigentliche Problematik kurz einsteige - es wird keine lange Rede werden -, möchte ich auf das, was Herr Felke gesagt hat, direkt reagieren.

Wissen Sie, Herr Felke, das, was Sie eben dargestellt haben, und die Form, wie Sie es dargestellt haben, machen einem klar, warum Deutschland seit Jahren nicht weiterkommt;

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

denn das war nichts anderes als Folgendes. Eigentlich ist es gar nicht so uninteressant, einmal darüber nachzudenken, was die Landesregierung hier macht. Grundsätzliche Einwände habe ich eigentlich nicht gehört.

Grundsätzliche Einwände habe ich eigentlich nicht gehört, wie übrigens bei vielen Themen, die derzeit im Finanzausschuss besprochen werden, und bei den so genannten Baustellen. Sie haben mich korrekt zitiert, es sind Baustellen. Da höre ich eigentlich nie grundsätzliche Einwände der Opposition. Eigentlich findet die Opposition diesen Weg gar nicht so falsch. Manche Dinge sind auch schon früher - in der Zeit Ihrer Regierung - angedacht worden, aber die Regierung hatte nicht den Mut, sie anzupacken,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

und jetzt überlegt man sich krampfhaft, wie man noch nörgeln kann. Das Nörgeln, das dann dabei herauskommt - wir haben eben ein Beispiel davon erlebt -, ist nichts anderes als purer Konservatismus.

(Lachen bei der SPD)

Denn man will im Grunde, dass sich gar nichts ändert, man will überhaupt kein Risiko eingehen, und dann ändert sich auch nichts. Das haben wir auch bei der Bundesregierung in den letzten Jahren gesehen: Erst nachdem sie gedrängt wird, erst nachdem die Entwicklung in Deutschland jahrelang stagniert, bewegt sie sich ein kleines bisschen. So ist es doch.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

- Meine Damen und Herren, Sie können sich gleich beruhigen. Wenn Sie mich ausreden lassen, dann kommen wir gleich zum nüchternen Teil meines Beitrages.

Seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die CDU-FDP-Koalition im April 2002, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung eines unserer ganz zentralen Ziele. Teil der Modernisierung dieser öffentlichen Verwaltung ist auch die Einrichtung eines Landesbetriebes Liegenschafts- und Immobilienmanagement Sachsen-Anhalt, kurz Limsa. Das haben wir fest vor; das werden wir zum 1. Januar 2004 umsetzen und das operative Geschäft wird, wie Herr Felke schon gesagt hat, erst am 1. Januar 2005 beginnen.

Über dieses Vorhaben ist im Finanzausschuss in den Details bereits eingehend berichtet worden und wir sind zuletzt am Montag im Zusammenhang mit der umfangreichen Sitzung über die Struktur des Landesverwaltungsamtes und die anderen Verwaltungsreformen, die wir vorhaben, auch noch einmal darauf eingegangen. Also, es ist durchaus schon in den zuständigen parlamentarischen Gremien - es sind ja noch andere gewesen - darüber gesprochen worden.

Die Fraktion der SPD möchte nun ergänzende Informationen erhalten, einen Bericht der Landesregierung über künftige Leasinggeschäfte unter Berücksichtigung von so genannten Kreditbeschaffungsmodellen und deren Auswirkungen auf die Limsa sowie über die Folgen für die Bewirtschaftung der Immobilien der Universitäten und Hochschulen nach Gründung der Limsa. Der Begründung des Antrages und auch der Darstellung von Herrn Felke entnehme ich, dass es Ihnen vor allem auch um zwei Finanzierungsinstrumente geht, das eine Cross-Border-Leasing, das andere Anleihen nach islamischem Recht.