Herr Scharf, ich freue mich natürlich, dass Sie mich an meinen Landrat und sein Abstimmungsverhalten im Kreisausschuss erinnern. Gleichzeitig möchte ich Sie aber daran erinnern, dass die Entscheidung, ob der Altmarkkreis Salzwedel diese Resolution verabschiedet, erst am 24. November fallen wird. Herr Ostermann hat eine Stimme. Es gibt im Kreistag noch 48 andere, die auch ihre Hand erheben können. Wir wollen abwarten, was für ein Ergebnis am nächsten Montag dasteht.
Das spricht überhaupt nicht gegen die Aussage, dass es offensichtlich erhebliche Differenzen zwischen Ihnen und Herrn Ostermann in dieser Frage gibt. Die Verwaltung ist offensichtlich in der Lage, eine Vorlage zu erarbeiten, und der Kreistag muss dann nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden, ob er diese Vorlage annimmt.
Meine Damen und Herren! Die Veränderungen in der Schullandschaft werden in der Tat gewaltig sein. Bei den Gymnasien verbleiben von zurzeit 98 Gymnasien voraussichtlich 63, bei den Sekundarschulen von zurzeit 356 rund 170, bei den Grundschulen von 558 wahrscheinlich 509. Das heißt, die Entwicklung, die bei den Grundschulen im Wesentlichen abgeschlossen ist - da gibt es keine großen Veränderungen mehr -, muss jetzt im Sekundarschulbereich und bei den Gymnasien vollzogen werden.
Die Bevölkerungsentwicklung für die nächsten Jahre steht fest. Da hilft kein Lamentieren. Mittelfristig hilft nur eine neue Familienpolitik. Aber das ist nicht das Thema
der heutigen Aktuellen Debatte. Wenn wir jedoch dieses Problem nicht lösen, werden wir uns zukünftig immer darüber zu unterhalten haben, wie die demografische Entwicklung auf all die Bereiche, die wir zu verantworten haben, gnadenlos durchschlägt.
Meine Damen und Herren! Die Kreistage und die Verwaltungen haben ihre Vorarbeit zu 95 % abgeschlossen. Es ist jetzt Zeit, diese Arbeit zu Ende zu bringen. Jedes andere Signal in die Richtung, diese Arbeit nicht abschließen zu müssen, wäre ein fatales Signal. Deshalb kann ich nur alle auffordern: Machen wir den Entscheidungsträgern vor Ort Mut, jetzt den Sack zuzubinden. Die Familien und die Schülerinnen und Schüler haben es verdient zu wissen, was in den nächsten Jahren auf sie zukommt, und dann muss Sicherheit herrschen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter Scharf. - Damit ist die Diskussion zu dem ersten Thema der Aktuellen Debatte beendet. Wir fassen in der Sache keine Beschlüsse.
Für die Debatte wird folgende Reihenfolge vorgeschlagen: PDS, CDU, SPD und FDP. Zunächst erteile ich der Antragstellerin das Wort. Für die PDS-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Theil sprechen. Bitte sehr.
Verehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Die Finanzsituation der Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland ist katastrophal und so nicht mehr hinnehmbar. Seit Jahren wird in allen Städten und Gemeinden die Hoffnung vermittelt, dass es auf der Bundesebene eine grundlegende Gemeindefinanzreform geben wird. Dabei liegt die Betonung auf „grundlegend“; denn alle Bastelversuche am bestehenden Modell zeigen vielleicht eine vorübergehende Entschärfung der prekären Situation, sie ändern jedoch nichts am System, einem System, bei dem die kommunalen Haushaltskassen zum Selbstbedienungsladen für Bund und Land verkommen.
Die Kommunen als Letzte in dieser Kette haben einen Ausweg: sich ihre Fehlbeträge von den Bürgern bezahlen zu lassen. Doch der Bürger zahlt schon und er hat ein Anrecht darauf, dass er in der Gemeinde, in der Stadt, in der er lebt, Daseinsvorsorge erfährt. In unseren Kommunen entfaltet sich das soziale Leben, sie sind die Zentren des kulturellen Lebens, des Handels, der Dienstleistung und auch die Standorte der Wirtschaft. Die Menschen identifizieren sich mit ihrer Stadt, mit ihrer Gemeinde. Hier fühlen sie sich wohl, hier pulsiert das Leben - aber nicht ohne Geld.
Der Anteil der Kommunen an den gesamten Steuereinnahmen des Bundes ist in den letzten zehn Jahren von
14 % auf 11,9 % gesunken und er wird noch weiter sinken. Damit gehen den Kommunen jährlich 10 Milliarden € an Steuereinnahmen verloren. Mit der Verschiebung von Aufgaben auf die kommunale Ebene sind die Belastungen von 1992 bis zum Jahr 2002 um ein Drittel gestiegen. Verringerte Zuweisungen der Länder an die Kommunen aufgrund nicht erzielter Steuereinnahmen verschärfen die gesamte Situation noch mehr.
„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“
Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Diese absolute Selbstverwaltung für jede kleinste Zelle unseres Landes haben Sie als regierungstragende Fraktionen im Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften eben erst festgeschrieben.
Nun gibt es seit dem Jahr 2002 eine Kommission auf Bundesebene, die eine Gemeindefinanzreform vorbereitet. Deren Ziel ist es, eine Verstetigung und Verbesserung der kommunalen Einnahmen zu erreichen, die den Ausbau der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten garantiert und die das Band zwischen Wirtschaft und Kommunen nicht zerreißen lässt. Die beiden Modelle des Bundesverbandes der deutschen Industrie und der Kommunen, die Ausgangspunkt der Beratung waren, beinhalteten eine Gegensätzlichkeit, die einen Weg zum Konsens nicht offen ließ.
Massiver Druck von Verbänden, Anhörungen Beteiligter und intensive Diskussionen führten dazu, dass jetzt ein modifiziertes Modell für den Umbau der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer als Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Verhandlungspaket vorliegt und im Vermittlungsausschuss abgearbeitet werden muss. Obwohl dieser Entwurf nach unserer Auffassung nicht vollkommen ist und in sich auch Widersprüchlichkeiten birgt, wird er von uns begrüßt, da er sich wieder stärker dem kommunalen Modell zuwendet.
Er unterstützt die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und der örtlichen Wirtschaft. Wenn ich als Kommune Gewerbesteuereinnahmen haben möchte, bin ich auch gezwungen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die örtlich ansässige Wirtschaft zu hegen und zu pflegen.
Der Kreis der Steuerpflichtigen wird ausgeweitet, indem die Gruppen der Freiberufler einbezogen werden. Die Einbeziehung ertragsunabhängiger Komponenten, wie Mieten, Zinsen und Pachten, wird nunmehr doch in Betracht gezogen. Darüber hinaus soll die Gewerbesteuerumlage von jetzt 29 % wieder auf 21 % abgesenkt werden. Dadurch würden die kommunalen Kassen um 2,1 Milliarden € entlastet. Das ist die Summe, die den Kommunen im Jahr 2000 im Zuge der Unternehmenssteuerreform widerrechtlich entzogen worden ist.
Aufgrund der Beteiligung der Kommunen an den Einsparplänen, die mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe einhergehen, werden ihnen zwar 2,5 Milliarden € Einnahmen in Aussicht gestellt, aber zu einem hohen Preis - zu dem Preis, dass man es den sozial Schwachen wegnimmt. Wir sollten schon hinter
Das Modell des BDI führt zwar zu einer weiteren Entlastung der Wirtschaft, jedoch hin zu einer Mehrbelastung der privaten Haushalte, insbesondere der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Erhöhung des Anteils der Kommunen an der Umsatzsteuer von 2,2 % auf 3,6 % würde zwar eine Mehreinnahme in Höhe von 1,9 Milliarden € einbringen, aber das Aufkommen der Umsatzsteuer gestaltet sich nun schon seit drei Jahren rückläufig, sodass wir davon ausgehen, dass Mehreinnahmen nicht zu verzeichnen sein werden.
Man kann nicht auf der einen Seite den Bürgerinnen und Bürgern immer mehr Abgabenlasten aufbürden, ihnen immer weniger Geld zahlen, aber auf der anderen Seite erwarten, dass wir eine höhere Umsatzsteuer zu verzeichnen haben, die am Ende die Gemeindekassen saniert.
Die Steuerpolitik des Bundes entlastet Großunternehmen, Kapitalgesellschaften und Großvermögende, was zu enormen Steuermindereinnahmen im Bundes- und in Landeshaushalten führt. Unsere Landesregierung lehnt es ab, gegen diese Ungleichbehandlung von möglichen Steuerzahlern vorzugehen. Die Höhe der Zahlungen an die Kommunen nach dem Finanzausgleichsgesetz sinkt jährlich weiter.
Unser Landeshaushalt hat ein Gesamtvolumen von 10,205 Milliarden €. Davon sind für Zuweisungen an den kommunalen Bereich Mittel in Höhe von 2,9 Milliarden € eingestellt worden. Dies entspricht einem Anteil von 29,3 % am Gesamthaushalt unseres Landes. Dies ist der niedrigste Anteil am Gesamthaushalt, den die Kommunen bisher zu verzeichnen hatten. Im Jahr 2003 betrug dieser Anteil noch 29,9 %, im Jahr 2002 31,8 %, im Jahr 2001 34,8 % und im Jahr 2000 35,6 %.
Dazu sagt unser Finanzminister Paqué, dass wir mit einer solchen Argumentation billige Oppositionspolemik betrieben; es werde nicht gekürzt, es werde lediglich vereinfacht.
Die Höhe der Zahlungen an die Kommunen aus der Finanzausgleichsmasse verringert sich gegenüber dem Vorjahr um einen Betrag in Höhe von ca. 114 Millionen €.
Der Finanzminister könnte uns entgegenhalten, dass bei den Investitionshilfen ein um ca. 32 Millionen € höherer Betrag eingestellt wurde, was offensichtlich zu dem Ergebnis führen soll, die Wirtschaft in unserem Land weiter anzukurbeln. In Anbetracht dessen, dass unsere Städte und Gemeinden, vor allem aber die großen Städte, im Schuldenberg versinken werden, werden diese zusätzlichen Investitionshilfen in Höhe von 32 Millionen € ihrem Namen nicht gerecht werden; diese Mittel werden in den Löchern der Verwaltungshaushalte verschwinden.
Unseren Landkreisen ergeht es nicht anders. Diese haben einen großen Teil der kostenintensiven Pflichtaufgaben zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem die Bereiche Sozialhilfe und Jugendhilfe, die Finanzierung der Kindertagesstätten sowie die Schulträgerschaft. Die
Landkreise finanzieren sich jedoch ausschließlich über die Landeszuweisungen und über die von den Gemeinden zu erhebenden Umlagen.
Nehme ich meinen Landkreis, den Burgenlandkreis, als Beispiel, der zu den einwohnerstärksten Landkreisen des Landes zählt, so kann ich feststellen: Wir haben in den Jahren von 1995 bis 2003 bei der Aufgabenwahrnehmung in den Bereichen Sozialhilfe und Jugendhilfe eine Erhöhung des finanziellen Bedarfs um 5,3 Millionen € zu verzeichnen. Demgegenüber verringert sich jedoch die Höhe der allgemeinen Zuweisungen um einen Betrag in Höhe von 11,7 Millionen € und nach den Vorstellungen des Landeshaushaltsplanentwurfs 2004 um einen weiteren Betrag in Höhe von 2,4 Millionen €.
Bisher war lediglich durch strikte Sparmaßnahmen, wie dem Abbau von fast 500 Personalstellen, dem Streichen fast aller freiwilligen Leistungen, der Reduzierung der Pflichtaufgaben auf ein Minimum und die Erhöhung der Kreisumlage, die Einhaltung der Haushaltseckdaten möglich.
Das Defizit in Höhe von 753 400 € in diesem Jahr wird im Jahr 2004 auf einen Betrag in Höhe von 3,7 Millionen € anwachsen. Die Grenze der Arbeitsfähigkeit ist erreicht. Spätestens an dieser Stelle greift das Argument nicht mehr, dass bevölkerungsstarke Landkreise wirtschaftlicher und kostenminimierender arbeiten könnten. Auch die Kämmerinnen und Kämmerer der Landkreise studieren sehr aufmerksam den Haushaltsplanentwurf. Die Aussage unseres Finanzministers im Februar dieses Jahres, dass das Land und die Kommunen in einem Boot säßen und sich niemand auf Kosten des anderen sanieren könne, wird sehr kritisch hinterfragt.
Die immer stärkere Absenkung des Anteils der Kommunen an den Einnahmen des Landes, die Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes im Heimbereich, die Verkonsumierung eines Großteils der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für investive Zwecke und die Verschiebung der Finanzierung des Kreiskrankenhausinvestitionsprogramms auf die Kreise sprechen eine eigene Sprache und lassen den Schluss zu, dass sich das Land auf Kosten der Kommunen saniert.
Kritisch gesehen werden zum Beispiel die globale Mehrausgabe für Personalkosten in Höhe von 280 Millionen €, die Ausbildungsbeihilfen, die unentgeltliche Verpflegung zum Beispiel in Studieninstituten und der Aufwuchs bei den Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft. Ebenso kritisch werden die Zuweisungen des Landes über den Flächen- und Einwohnerfaktor betrachtet.
Ich habe im Zusammenhang mit der Diskussion über die Gemeindefinanzreform, die sich stark an dem Problem der Gewerbesteuer entlanghangelt, die Befürchtung, dass die Gemeinden im ländlichen Raum wenig von dem zu erhoffenden Kuchen abbekommen werden.
Bei einem Vergleich des Gewerbesteueraufkommens von zehn Gemeinden unserer Verwaltungsgemeinschaft ist festzustellen, dass hierbei durchschnittlich ein Anteil von 6,2 % erreicht wird. Dabei liegt der niedrigste Satz bei 0,28 % und der höchste Satz aufgrund eines vorhandenen Gewerbegebietes bei 30,4 %. Das Realsteueraufkommen aller zehn Gemeinden liegt durchschnittlich bei 14 %. Alle im Vergleich stehenden Gemeinden entnehmen ein Anteil von 11 % der Mittel aus dem Vermögenshaushalt, um die Verwaltungshaushalte zu sanieren.
Ich komme gleich zum Ende. - Was erwarten wir von dieser Reform und von unserer Landesregierung? - Auf Dauer eine angemessene und aufgabengerechte Finanzausstattung. Das Konnexitätsprinzip muss auf allen Verfassungsebenen verankert sein. Die Zuständigkeiten und Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen klar definiert werden. Die Kommunen müssen für die Aufgabenwahrnehmung im freiwilligen Bereich, der ein Kernstück kommunaler Selbstverwaltung ist, finanzielle Mittel erhalten, die abgesichert sind.
Wir erwarten, dass die Landesregierung nicht nur für ihren Haushalt Sorge trägt, sondern sich auch in der Pflicht sieht, die Finanzausstattung der Kommunen nach Artikel 88 Abs. 1 Landesverfassung zu sichern. Wir stehen für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und für eine Reform der Erbschaftsteuer.
Unserer Ministerpräsident Professor Böhmer wird im Vermittlungsausschuss die Kommission „Steuern und Finanzen“ leiten. Wir erwarten ein besseres Finanzjahr 2004. - Wir wünschen Ihnen dafür eine glückliche Hand.
Danke, Frau Abgeordnete Theil. - An dieser Stelle hat die Landesregierung um das Wort gebeten. Herr Finanzminister Professor Dr. Paqué, bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Theil, ich will vorweg schicken, dass ich mit dem Beginn Ihrer Ausführungen durchaus einverstanden bin. Sie haben gesagt, dass insgesamt die finanzielle Situation der Kommunen in Deutschland prekär sei. Genau das war eines der Ergebnisse auf der gestrigen Sitzung des Finanzplanungsrates, nämlich dass den Kommunen geholfen werden muss. Aber gleichzeitig ist festgestellt worden, dass sich, wenn man die Zahlen ansieht - das haben wir gemeinsam getan -, das Bild zeigt, dass es in ganz Deutschland so ist. Das muss von vornherein einmal gesagt werden.