Ria Theil
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Verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Seit geraumer Zeit kann man nicht nur in den Medien erfahren, dass landauf, landab Probleme in den freiwilligen Wehren unseres Landes auftreten. Der letzte Vorfall in Winterfeld gibt Anlass zur heutigen Diskussion. Dabei kristallisieren sich zwei Schwerpunkte heraus: erstens die sächliche Ausstattung der freiwilligen Wehren und zweitens die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren durch genügend freiwilliges Personal.
Wir können angesichts dieser beiden Schwerpunkte nicht die Augen verschließen und meinen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieses Landes dies schon richten werden. Die Diskussionen, die wir darüber in der vergangenen Wahlperiode im Rahmen der drei Vorschaltgesetze zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform führten, sollten wir uns noch einmal ins Gedächtnis rufen.
Mein verehrter Kollege Landtagsabgeordneter und heutige Minister Becker reiste durch das Land und beschwor die kommunalen Vertreter, es nicht zuzulassen, dass freiwillige Feuerwehren in jedem kleinen Ort infrage gestellt würden, und dass es nicht sein könne, dass gerade diese Aufgabe an die beiden kommunalen Modelle zur Erfüllung abgegeben werde.
Vielleicht hatten manche Abgeordnete noch einen verklärten Blick bezüglich der Finanzprobleme, die vor uns
stehen, und vor allem auf die finanziellen Spielräume, die die Kommunen noch haben, um selbst Pflichtaufgaben in vollem Umfang erfüllen zu können.
Wenn unser Innenminister Herr Jeziorsky in der „Magdeburger Volksstimme“ am 14. Februar 2004 den Ball den Bürgermeistern zuspielt, dann hat er seine Rolle als oberster Brand- und Katastrophenschutzmeister dieses Landes verkannt. Ich meine, dass er sich zu diesen Problemen nicht so unbedarft äußern sollte.
Die Situation der Kommunen hat sich weiter drastisch verschlechtert. Die so genannte Gemeindefinanzreform des Bundes war für die kleinen Gemeinden ein Flop. Das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften treibt die Gemeinden nicht scharenweise in das Modell der Einheitsgemeinde, die unbestritten eine höhere Effizienz bei der Aufgabenbewältigung darstellen würde.
Es gibt eine Verordnung zur Ausstattung der Feuerwehren aus dem Jahr 1997, an der unser Innenminister nicht rütteln will; denn die Millionen, die in die Gemeindekassen flössen, versetzten die Gemeinden in die Lage, ihre Wehren ordentlich auszustatten.
Die Mittel aus der Feuerschutzsteuer werden in Abschlägen ab der Mitte eines Haushaltsjahres gezahlt. Die letzte Rate für das Jahr 2003 ist noch gar nicht eingegangen. Die kommt im April dieses Jahres. Die niedrigste Rate für eine Kommune in unserer Verwaltungsgemeinschaft beläuft sich auf 320 €.
Ich werde Ihnen eine Beispielrechnung unserer Verwaltungsgemeinschaft vorlegen: In unseren zehn Wehren der Mitgliedsgemeinden sind 186 Kameradinnen und Kameraden als aktive Mitglieder registriert. Der Millionenanteil, der in unsere Kasse gespült wird, beläuft sich auf ganze 20 880 € und errechnet sich aus dem Flächen- und Einwohnerfaktor. Die Einsatzgebiete nach der ersten und zweiten Ausrückordnung des Landkreises bleiben dabei unberührt. Unter Anrechnung der Einnahmen und der Ausgaben fahren wir in den Verwaltungshaushalten einen Minusbetrag von 73 400 € ein. Der Anteil der einzelnen Gemeinden ist aufgrund der unterschiedlichen Einwohnerzahlen und Einsatzgebiete natürlich anteilig zu werten. Die Vermögenshaushalte sind dabei nicht berücksichtigt.
Die Kosten einer Grundausstattung eines Kameraden oder einer Kameradin mit Schutzjacke, Hose, Einsatzjacke, Helm, Handschuhen und Haltegurten etc. belaufen sich auf rund 1 000 €, und diese Modelle gehören nicht der S-Klasse an. Wir reden über Tauglichkeitsuntersuchungen alle zwei bis drei Jahre, die sich pro Kamerad auf ca. 100 € belaufen. Ich denke an die Schutzimpfung gegen Hepatitis, die pro Impfung 190 € kostet. - Es gibt im Land die Meinung, dass diese Impfung nicht unbedingt erforderlich sei.
Werten wir die Einsätze all unserer Wehren im Jahr 2003 aus, dann sind diese 115 Mal ausgerückt. Davon waren dankenswerterweise nur acht Einsätze bei Bränden zu verzeichnen. 104 Einsätze fielen unter die Hilfeleistung. Die Häufigkeit der Hilfeleistung erfordert eine neue Betrachtung der Situation, ebenso die Verfügbarkeit von Kameradinnen und Kameraden in Anbetracht der Arbeitsplatzsituation und der damit verbundenen Einsatzmöglichkeiten.
Unser Landesbranddirektor Herr Dr. Ladewig äußerte sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 9. Februar 2004 zu dieser Situation. Er meint, die Gebietsreform bringe neue Chancen; denn man könne die Trägerschaft in die Verwaltungsgemeinschaften und Einheitsgemeinden abgeben. - Die Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft spart dabei aber keinen Cent; denn die Verwaltungsgemeinschaft ist der Dienstleister für unsere Gemeinden und muss von diesen bezahlt werden.
Dann kommt noch ein entscheidender Satz: Kleine Wehren sollten nicht abgebaut, sondern nur vom Druck der 24-Stunden-Bereitschaft entlastet werden. - Spätestens dabei beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz: Wir brauchen keine kleinen Wehren mit modernster Technikausstattung, die zweimal im Jahr zum Einsatz kommen, bei denen sich die Reifen der Fahrzeuge platt stehen. Wir brauchen eine andere Ausrückpraxis, eine neue Verordnung zur Vorhaltung von Minimalausrüstung und eine bessere Verteilung der Fördermittel, nämlich dorthin, wo der Kosten-Nutzen-Effekt auch ordentlich dargestellt werden kann.
Ich komme zum Schluss. Denken wir bitte daran, dass unsere Kameradinnen und Kameraden ein unentgeltliches Ehrenamt bekleiden und während der Einsätze ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Das fordert von uns Respekt, aber auch eine ordentliche Grundausstattung zum Schutz dieser Menschen. Und dazu benötigen wir Geld, das wir nicht haben.
Die PDS-Fraktion stimmt dem Antrag der SPD-Fraktion zu. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren! Zu den Fragen des Vermessungs- und Katasterwesens haben sich die Fraktionen des Landtages im Rahmen der Erarbeitung der Vorschaltgesetze zur Funktional- und Verwaltungsreform in der dritten Wahlperiode bereits mehrfach verständigt. Eine ausführliche Debatte gab es darüber hinaus auf der Grundlage der Großen Anfrage der Fraktion der CDU zum Katasterwesen.
Der damalige Innenminister Herr Dr. Püchel führte aus, welchen Stellenwert das Katasterwesen in unserem Land einnimmt und dass für die Sicherung des Eigentums an Grund und Boden sowie für sämtliche raumbezogene Aufgaben und Planungen von Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft sowie von Bürgerinnen und Bürgern eine effektive und flexible Vermessungs- und Katasterverwaltung unabdingbar ist.
Dabei standen die Kriterien Interessensneutralität, Zuverlässigkeit der Angaben sowie die landesweit einheitliche, lückenlos vollständige Führung amtlicher Geobasisinformationen und ihre jederzeitige Verfügbarkeit im Blickfeld. Dies kann mit den Hoheitsaufgaben Landesvermessung und Führung des Liegenschaftskatasters gewährleistet werden.
Einen großen Raum nahm in der Großen Anfrage der CDU-Fraktion der Stellenwert der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure ein. Zurzeit liegt der Vermessungsanteil der öffentlich Bestellten bei 80 %; ein Anteil von 20 % der Vermessungskompetenz verbleibt beim Land. Dies handhaben übrigens auch andere Länder so. Bayern vergibt zum Beispiel überhaupt keinen Vermessungsanteil.
Dies will die Landesregierung jetzt ändern, indem sie weitere 10 % aus ihrer Kompetenz abgibt. Begründet wird dieser Schritt damit, dass es landespolitischer Wille sei, die Position der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure zu stärken. Nun kann man sich darüber streiten, wie stark eine Position bereits ausgefüllt ist, wenn man 80 % Vermessungsanteile für sich verbuchen kann.
Dass 20 % der Vermessungskompetenz beim Land verbleiben sollten, begründete sich damals und begründet sich auch heute darin, dass die Funktion der Ausbildung von Vermessungsingenieuren vornehmlich vom Staat wahrgenommen wurde und wird. Wir wollen an dieser Stelle hinterfragen, wie die Landesregierung bei einer Restleistung von 10 % der Vermessungen die Ausbildungsfunktion gewährleisten will.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der ebenfalls in dem Gesetzentwurf der Landesregierung aufgegriffen wird, ist der Zugriff der kommunalen Gebietskörperschaften auf geändertes Datenmaterial, der bisher kostenfrei erfolgte. Hierfür wird im Gesetzentwurf die Formulierung „Erstattung des Bereitstellungsaufwandes“ verwendet.
Des Weiteren möchten wir hinterfragen, wie sich bei einem weiteren Abbau von Vermessungsleistungen beim Land die Personalstruktur entwickelt. Gehen mit den Anteilen zum Beispiel auch die Arbeitskräfte mit? Oder verzeichnen wir sogar einen Personalaufwuchs, wie es im Moment zu vermuten ist?
In der gestrigen Haushaltsdebatte konnten wir alle sehr deutlich vernehmen, in welcher finanziellen Situation das Land steckt. Trotzdem verzichten wir mit der Abgabe der Leistungen auf Einnahmen in Höhe von mindestens 3 Millionen € - vermutlich ist der Betrag noch höher. Während man bei den vorgesehenen Maßnahmen von Kostenneutralität spricht; wird eingeschätzt, dass die Mindereinnahmen in Höhe von 3 Millionen € durch Kosteneinsparungen nicht ausgeglichen werden können.
Fachleute der Katasterbehörde melden Bedenken gegen die Neufassung des § 14 Abs. 3 an, da es bei nicht vorschriftsgemäßer Einreichung von Unterlagen zu Unstimmigkeiten und damit zu zusätzlichen Kosten für die Eigentümer kommen kann.
Stellungnahmen vom Landkreistag und vom Städte- und Gemeindebund zu diesem Gesetzentwurf konnte ich in den Unterlagen nicht finden. Wir fordern deshalb, dass diese beiden Interessenvertretungen in den nachfolgenden Ausschussberatungen dazu angehört werden.
Wir stimmen einer Überweisung an die von Herrn Kosmehl genannten Ausschüsse selbstverständlich zu. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Die Finanzsituation der Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland ist katastrophal und so nicht mehr hinnehmbar. Seit Jahren wird in allen Städten und Gemeinden die Hoffnung vermittelt, dass es auf der Bundesebene eine grundlegende Gemeindefinanzreform geben wird. Dabei liegt die Betonung auf „grundlegend“; denn alle Bastelversuche am bestehenden Modell zeigen vielleicht eine vorübergehende Entschärfung der prekären Situation, sie ändern jedoch nichts am System, einem System, bei dem die kommunalen Haushaltskassen zum Selbstbedienungsladen für Bund und Land verkommen.
Die Kommunen als Letzte in dieser Kette haben einen Ausweg: sich ihre Fehlbeträge von den Bürgern bezahlen zu lassen. Doch der Bürger zahlt schon und er hat ein Anrecht darauf, dass er in der Gemeinde, in der Stadt, in der er lebt, Daseinsvorsorge erfährt. In unseren Kommunen entfaltet sich das soziale Leben, sie sind die Zentren des kulturellen Lebens, des Handels, der Dienstleistung und auch die Standorte der Wirtschaft. Die Menschen identifizieren sich mit ihrer Stadt, mit ihrer Gemeinde. Hier fühlen sie sich wohl, hier pulsiert das Leben - aber nicht ohne Geld.
Der Anteil der Kommunen an den gesamten Steuereinnahmen des Bundes ist in den letzten zehn Jahren von
14 % auf 11,9 % gesunken und er wird noch weiter sinken. Damit gehen den Kommunen jährlich 10 Milliarden € an Steuereinnahmen verloren. Mit der Verschiebung von Aufgaben auf die kommunale Ebene sind die Belastungen von 1992 bis zum Jahr 2002 um ein Drittel gestiegen. Verringerte Zuweisungen der Länder an die Kommunen aufgrund nicht erzielter Steuereinnahmen verschärfen die gesamte Situation noch mehr.
In Artikel 28 des Grundgesetzes, den ich heute nicht zum ersten Mal zitiere, heißt es:
„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“
Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Diese absolute Selbstverwaltung für jede kleinste Zelle unseres Landes haben Sie als regierungstragende Fraktionen im Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften eben erst festgeschrieben.
Nun gibt es seit dem Jahr 2002 eine Kommission auf Bundesebene, die eine Gemeindefinanzreform vorbereitet. Deren Ziel ist es, eine Verstetigung und Verbesserung der kommunalen Einnahmen zu erreichen, die den Ausbau der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten garantiert und die das Band zwischen Wirtschaft und Kommunen nicht zerreißen lässt. Die beiden Modelle des Bundesverbandes der deutschen Industrie und der Kommunen, die Ausgangspunkt der Beratung waren, beinhalteten eine Gegensätzlichkeit, die einen Weg zum Konsens nicht offen ließ.
Massiver Druck von Verbänden, Anhörungen Beteiligter und intensive Diskussionen führten dazu, dass jetzt ein modifiziertes Modell für den Umbau der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer als Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Verhandlungspaket vorliegt und im Vermittlungsausschuss abgearbeitet werden muss. Obwohl dieser Entwurf nach unserer Auffassung nicht vollkommen ist und in sich auch Widersprüchlichkeiten birgt, wird er von uns begrüßt, da er sich wieder stärker dem kommunalen Modell zuwendet.
Er unterstützt die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und der örtlichen Wirtschaft. Wenn ich als Kommune Gewerbesteuereinnahmen haben möchte, bin ich auch gezwungen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die örtlich ansässige Wirtschaft zu hegen und zu pflegen.
Der Kreis der Steuerpflichtigen wird ausgeweitet, indem die Gruppen der Freiberufler einbezogen werden. Die Einbeziehung ertragsunabhängiger Komponenten, wie Mieten, Zinsen und Pachten, wird nunmehr doch in Betracht gezogen. Darüber hinaus soll die Gewerbesteuerumlage von jetzt 29 % wieder auf 21 % abgesenkt werden. Dadurch würden die kommunalen Kassen um 2,1 Milliarden € entlastet. Das ist die Summe, die den Kommunen im Jahr 2000 im Zuge der Unternehmenssteuerreform widerrechtlich entzogen worden ist.
Aufgrund der Beteiligung der Kommunen an den Einsparplänen, die mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe einhergehen, werden ihnen zwar 2,5 Milliarden € Einnahmen in Aussicht gestellt, aber zu einem hohen Preis - zu dem Preis, dass man es den sozial Schwachen wegnimmt. Wir sollten schon hinter
fragen, wie man den Begriff „soziale Gerechtigkeit“ in dieser Bundesrepublik noch definiert.
Das Modell des BDI führt zwar zu einer weiteren Entlastung der Wirtschaft, jedoch hin zu einer Mehrbelastung der privaten Haushalte, insbesondere der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Erhöhung des Anteils der Kommunen an der Umsatzsteuer von 2,2 % auf 3,6 % würde zwar eine Mehreinnahme in Höhe von 1,9 Milliarden € einbringen, aber das Aufkommen der Umsatzsteuer gestaltet sich nun schon seit drei Jahren rückläufig, sodass wir davon ausgehen, dass Mehreinnahmen nicht zu verzeichnen sein werden.
Man kann nicht auf der einen Seite den Bürgerinnen und Bürgern immer mehr Abgabenlasten aufbürden, ihnen immer weniger Geld zahlen, aber auf der anderen Seite erwarten, dass wir eine höhere Umsatzsteuer zu verzeichnen haben, die am Ende die Gemeindekassen saniert.
Die Steuerpolitik des Bundes entlastet Großunternehmen, Kapitalgesellschaften und Großvermögende, was zu enormen Steuermindereinnahmen im Bundes- und in Landeshaushalten führt. Unsere Landesregierung lehnt es ab, gegen diese Ungleichbehandlung von möglichen Steuerzahlern vorzugehen. Die Höhe der Zahlungen an die Kommunen nach dem Finanzausgleichsgesetz sinkt jährlich weiter.
Unser Landeshaushalt hat ein Gesamtvolumen von 10,205 Milliarden €. Davon sind für Zuweisungen an den kommunalen Bereich Mittel in Höhe von 2,9 Milliarden € eingestellt worden. Dies entspricht einem Anteil von 29,3 % am Gesamthaushalt unseres Landes. Dies ist der niedrigste Anteil am Gesamthaushalt, den die Kommunen bisher zu verzeichnen hatten. Im Jahr 2003 betrug dieser Anteil noch 29,9 %, im Jahr 2002 31,8 %, im Jahr 2001 34,8 % und im Jahr 2000 35,6 %.
Dazu sagt unser Finanzminister Paqué, dass wir mit einer solchen Argumentation billige Oppositionspolemik betrieben; es werde nicht gekürzt, es werde lediglich vereinfacht.
Die Höhe der Zahlungen an die Kommunen aus der Finanzausgleichsmasse verringert sich gegenüber dem Vorjahr um einen Betrag in Höhe von ca. 114 Millionen €.
Der Finanzminister könnte uns entgegenhalten, dass bei den Investitionshilfen ein um ca. 32 Millionen € höherer Betrag eingestellt wurde, was offensichtlich zu dem Ergebnis führen soll, die Wirtschaft in unserem Land weiter anzukurbeln. In Anbetracht dessen, dass unsere Städte und Gemeinden, vor allem aber die großen Städte, im Schuldenberg versinken werden, werden diese zusätzlichen Investitionshilfen in Höhe von 32 Millionen € ihrem Namen nicht gerecht werden; diese Mittel werden in den Löchern der Verwaltungshaushalte verschwinden.
Unseren Landkreisen ergeht es nicht anders. Diese haben einen großen Teil der kostenintensiven Pflichtaufgaben zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem die Bereiche Sozialhilfe und Jugendhilfe, die Finanzierung der Kindertagesstätten sowie die Schulträgerschaft. Die
Landkreise finanzieren sich jedoch ausschließlich über die Landeszuweisungen und über die von den Gemeinden zu erhebenden Umlagen.
Nehme ich meinen Landkreis, den Burgenlandkreis, als Beispiel, der zu den einwohnerstärksten Landkreisen des Landes zählt, so kann ich feststellen: Wir haben in den Jahren von 1995 bis 2003 bei der Aufgabenwahrnehmung in den Bereichen Sozialhilfe und Jugendhilfe eine Erhöhung des finanziellen Bedarfs um 5,3 Millionen € zu verzeichnen. Demgegenüber verringert sich jedoch die Höhe der allgemeinen Zuweisungen um einen Betrag in Höhe von 11,7 Millionen € und nach den Vorstellungen des Landeshaushaltsplanentwurfs 2004 um einen weiteren Betrag in Höhe von 2,4 Millionen €.
Bisher war lediglich durch strikte Sparmaßnahmen, wie dem Abbau von fast 500 Personalstellen, dem Streichen fast aller freiwilligen Leistungen, der Reduzierung der Pflichtaufgaben auf ein Minimum und die Erhöhung der Kreisumlage, die Einhaltung der Haushaltseckdaten möglich.
Das Defizit in Höhe von 753 400 € in diesem Jahr wird im Jahr 2004 auf einen Betrag in Höhe von 3,7 Millionen € anwachsen. Die Grenze der Arbeitsfähigkeit ist erreicht. Spätestens an dieser Stelle greift das Argument nicht mehr, dass bevölkerungsstarke Landkreise wirtschaftlicher und kostenminimierender arbeiten könnten. Auch die Kämmerinnen und Kämmerer der Landkreise studieren sehr aufmerksam den Haushaltsplanentwurf. Die Aussage unseres Finanzministers im Februar dieses Jahres, dass das Land und die Kommunen in einem Boot säßen und sich niemand auf Kosten des anderen sanieren könne, wird sehr kritisch hinterfragt.
Die immer stärkere Absenkung des Anteils der Kommunen an den Einnahmen des Landes, die Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes im Heimbereich, die Verkonsumierung eines Großteils der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für investive Zwecke und die Verschiebung der Finanzierung des Kreiskrankenhausinvestitionsprogramms auf die Kreise sprechen eine eigene Sprache und lassen den Schluss zu, dass sich das Land auf Kosten der Kommunen saniert.
Kritisch gesehen werden zum Beispiel die globale Mehrausgabe für Personalkosten in Höhe von 280 Millionen €, die Ausbildungsbeihilfen, die unentgeltliche Verpflegung zum Beispiel in Studieninstituten und der Aufwuchs bei den Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft. Ebenso kritisch werden die Zuweisungen des Landes über den Flächen- und Einwohnerfaktor betrachtet.
Ich habe im Zusammenhang mit der Diskussion über die Gemeindefinanzreform, die sich stark an dem Problem der Gewerbesteuer entlanghangelt, die Befürchtung, dass die Gemeinden im ländlichen Raum wenig von dem zu erhoffenden Kuchen abbekommen werden.
Bei einem Vergleich des Gewerbesteueraufkommens von zehn Gemeinden unserer Verwaltungsgemeinschaft ist festzustellen, dass hierbei durchschnittlich ein Anteil von 6,2 % erreicht wird. Dabei liegt der niedrigste Satz bei 0,28 % und der höchste Satz aufgrund eines vorhandenen Gewerbegebietes bei 30,4 %. Das Realsteueraufkommen aller zehn Gemeinden liegt durchschnittlich bei 14 %. Alle im Vergleich stehenden Gemeinden entnehmen ein Anteil von 11 % der Mittel aus dem Vermögenshaushalt, um die Verwaltungshaushalte zu sanieren.
Ich komme gleich zum Ende. - Was erwarten wir von dieser Reform und von unserer Landesregierung? - Auf Dauer eine angemessene und aufgabengerechte Finanzausstattung. Das Konnexitätsprinzip muss auf allen Verfassungsebenen verankert sein. Die Zuständigkeiten und Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen klar definiert werden. Die Kommunen müssen für die Aufgabenwahrnehmung im freiwilligen Bereich, der ein Kernstück kommunaler Selbstverwaltung ist, finanzielle Mittel erhalten, die abgesichert sind.
Wir erwarten, dass die Landesregierung nicht nur für ihren Haushalt Sorge trägt, sondern sich auch in der Pflicht sieht, die Finanzausstattung der Kommunen nach Artikel 88 Abs. 1 Landesverfassung zu sichern. Wir stehen für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und für eine Reform der Erbschaftsteuer.
Unserer Ministerpräsident Professor Böhmer wird im Vermittlungsausschuss die Kommission „Steuern und Finanzen“ leiten. Wir erwarten ein besseres Finanzjahr 2004. - Wir wünschen Ihnen dafür eine glückliche Hand.
Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrter Präsident! - Verzeihung, dass ich die Reihenfolge falsch gewählt habe. - Ich erkläre an dieser Stelle, dass es von mir weder in meiner Funktion als Landtagsabgeordnete noch in meiner Funktion als Bürgermeisterin ein Nötigungsschreiben an ein Gericht gegeben hat.
Wichtige Dinge habe ich immer bei mir. Die stecken bei mir noch in der Tasche.
Es ging um die Abwasserangelegenheit im Jahr 2002 in der Gemeinde Droyßig. Es war in allen Zeitungen bis hin zur „Bild“-Zeitung zu lesen:
„Badewasserwahnsinn in Droyßig - Herr Oberstaatsanwalt Jürgen Neufang: Wir haben mit dem
Verwaltungsverfahren nichts zu tun. Es gibt keine Zustimmungspflicht durch unsere Gerichte.“
Das war ein Auskunftsersuchen. Das ist durch die Presse gegangen.
Ich habe mich nicht für meine privaten Belange eingesetzt, sondern ich habe mich in dieser Beziehung für die Belange von 2 000 Einwohnern der Gemeinde Droyßig eingesetzt, aber ohne die Nötigung eines Gerichts. Diese schmutzigen Gewässer, über die wir heute diskutieren - das ist nicht mein Fischteich.
Ich möchte Herrn Scharf nichts fragen, ich möchte ihn nur bitten, mir diesen Brief auszuhändigen, wenn es möglich ist. Zu dem Übrigen sagt die Vorsitzende meiner Fraktion etwas.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit bleibt in seiner jetzigen Fassung selbst hinter dem Gesetzentwurf zurück, den der Abgeordnete Becker in der vergangenen Wahlperiode als Gegenstück zu den Vorstellungen zur kommunalen Gebietsreform von SPD und PDS in den Landtag eingebracht hatte.
Ich habe den Versuch unternommen, anhand dieses Gesetzentwurfes zu hinterfragen, welche Entwicklung nun für die Verwaltungsgemeinschaften im Speziellen festgeschrieben ist. Ich finde eigentlich nur einen Punkt: Maßstabsvergrößerung. Es ist eine Maßstabsvergrößerung, die eigentlich nur ein Ziel verfolgt: die magische Zahl von 10 000 Einwohnern pro Verwaltungsgemeinschaft zu erreichen und eventuell auch zu überschreiten.
Die von der CDU damals geforderte Aufgabenübertragung, etwa hinsichtlich der Flächennutzungsplanung, die Übernahme von Kindertagesstätten sowie die Übernahme der Grundschulen und überregionalen Einrichtungen als Pflichtaufgabe der Verwaltungsgemeinschaften finden wir nicht wieder.
Die Gemeindeordnung von Sachsen-Anhalt schreibt in § 10 Abs. 1 zwei Grundmodelle an der unteren kommunalen Ebene fest. Wenn wir aber von diesen zwei Modellen ausgehen und die Überschrift des Gesetzentwurfes der Verwaltungsgemeinschaft das Prä einräumt, dann verlangt das auch die Konsequenz, dass beide Modelle annähernd die gleiche Aufgabenstruktur erlangen. Diese Forderung erfüllt dieses Gesetz nicht, und es ist auch nicht gewollt.
Auf meine Anfrage im Innenausschuss an die beiden regierungstragenden Parteien, wie sie zwei gleichrangige Modelle für die Kommunen erreichen wollen, erhielt ich von Herrn Kolze von der CDU-Fraktion die Auskunft, dass es gar nicht ihr Wille sei, die zwei Modelle gleichrangig auszustatten. Sie präferieren die Einheitsgemeinde und wenn dann die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaften an ihre finanziellen Grenzen stoßen würden, dann müssten sie selbst sehen, wie sie mit diesem Problem klarkämen. - Das ist auch eine Logik, aber nicht unsere. Ich denke, das ist im Hinblick auf dieses Gesetz etwas verantwortungslos.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion, die wir im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der Abschaffung der Vorschaltgesetze in diesem Hause geführt haben. Herr Innenminister Jeziorsky, ich
hatte Ihnen am 21. Juni 2002 in meinem Redebeitrag angekündigt, dass ich Sie zu gegebener Zeit an Ihre Aussagen erinnern werde. Ihre Aussage:
„Zur Freiwilligkeit eines: Wir haben darüber geredet, dass wir einen Zwang bei kommunalen Veränderungen nicht wollen.“
Herr Wolpert von der FDP-Fraktion legte noch eines drauf:
„Wir wollen in diesem Gesetz jegliche Vorgaben hinsichtlich der Erreichung der Mindestgrößen, staatlicher Zwangsphasen und damit einhergehender zeitlicher Abfolgen beseitigen, die der kommunalen Selbstverwaltung die Luft zum Atmen nehmen.“
Dies, Herr Wolpert, ließ Hoffnung keimen. Aber ich glaube, hiermit hat sich der kleine Koalitionsbruder etwas überhoben.
Herr Kolze sprach klar von Plebisziten, die man ausrichten müsse. Sie seien für zielführende und konstruktive Anregungen aufgeschlossen. Er warf uns vor, dass wir mit der Verbandsgemeinde Verwirrung in den Köpfen unserer Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker hervorgerufen hätten.
Einen Charme hatte dieses Modell, wenngleich es nicht mein Favorit war: Wir hatten die Kleinteiligkeit überwunden. Aufgrund dieses Modellvorschlages haben viele Gemeinderäte den Schritt zur Bildung einer Einheitsgemeinde gewagt. Diesen Willen kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr feststellen.
Eine flächendeckende Diskussion zum Topmodell Einheitsgemeinde - auf diesen Begriff haben wir uns im Ausschuss als einzigen Punkt verständigen können - finde ich nicht. Selbst die Gemeinden, die ihre Bürger bereits dazu befragt hatten und eigentlich ein deutliches Veto für die Einheitsgemeinde erhalten haben, ziehen in Anbetracht des Inhalts des vorliegenden Gesetzentwurfs ihre Entscheidung zurück.
Nun treten unsere Landräte auf den Plan. Sie sind zum Gespräch beim Innenminister geladen und dort entwickeln sie ihre Visionen. Dass Landräte in diese Verantwortung eintreten, ist nicht zu bemängeln, es ist zu begrüßen. Zu bemängeln ist aber, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dazu vorher überhaupt nicht gehört wurden.
Da werden Karten in der Presse abgedruckt und Fusionsmodelle entwickelt, angesichts deren den Praktikern vor Ort die Haare zu Berge stehen. Da werden Verwaltungsgemeinschaften mit 17 und mehr Mitgliedsgemeinden in Größenordnungen von 140 km² zusammengeschlossen. Für ein solches Gebilde sind ordnungspolitische und baurechtliche Aufgaben kaum zu leisten.
Nun kommen wir zu dem Reformwillen. Diese Reform soll Modelle schaffen, die in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen und Bürgernähe zu garantieren. Diese Reform soll darüber hinaus zur Kosteneinsparung führen und soll Arbeitsvolumen in den Landkreisen freisetzen. Dies alles wird mit dem Gesetz nicht geleistet.
Stattdessen wollen Sie so wenig wie möglich Veränderung: keinen Zerfall von Verwaltungsgemeinschaften, am besten nur Vollfusionen, keine Kreisüberschreitung - dagegen protestiert der Landkreistag, und mit Recht, wenn es keine Kreisgebietsreform gibt. Kriterien zur Leistungsfähigkeit außer der Einwohnerzahl wolle man nicht nennen, da es von Fall zu Fall in jeder Verwaltungsgemeinschaft anders zu bewerten sei.
Zurzeit beraten die Kreistage in ihren Ausschüssen über die mittelfristige Schulentwicklungsplanung. Diese Diskussionen gehen am Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften vorbei. Diese neu zu schaffenden Modelle spielen bei der Diskussion um die Schullandschaft in Sachsen-Anhalt nur eine untergeordnete Rolle. Ich fordere unseren Kultusminister auf, diese Diskussion mindestens bis zum 31. März 2004 auszusetzen. Dann muss klar sein, wohin die Entwicklung vor Ort geht.
Vertreter des Städte- und Gemeindebundes und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Kommunales der Verwaltungsamtleiter haben während einer Anhörung im Innenausschuss alle für die Gemeinden relevanten Probleme angesprochen und auf viele notwendige Korrekturen aufmerksam gemacht. Sie haben als Interessenvertretung der Gebietskörperschaften, Landkreise und Gemeinden, Vorschläge und Bedenken artikuliert. - Es war eigentlich vergeblich.
In den vier Jahren der letzten Wahlperiode habe ich in unzähligen Diskussionen immer wieder von der damaligen Opposition den Vorwurf an die SPD gehört, dass sie im Umgang mit Problemen arrogant und überheblich auftrete. Der Begriff „Arroganz der Macht“ wurde in jeder Landtagssitzung immer wieder in den Raum gestellt.
Sie, werte Damen und Herren der Regierungsparteien, die sich mit dieser Problematik befasst haben, haben sich Ohrstöpsel angebracht. Sie waren nicht einmal bereit, sich den Argumenten Ihrer eigenen Parteimitglieder zu öffnen.
Ein Verwaltungsamtsleiter des Burgenlandkreises hat Sie darauf aufmerksam gemacht, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Kernaufgaben einer Gemeinde klar umrissen hat, Herr Wolpert, und dass damit die Möglichkeit besteht, bestimmte Aufgaben als Erfüllungsaufgaben der Verwaltungsgemeinschaft zuzuordnen. Auch diese Argumente verflogen wie Schall und Rauch.
Wenn man nun den Zeitfaktor betrachtet, in dem sich dieser ganze Prozess abspielen soll, dann sind im Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen im nächsten Jahr durchaus Bedenken angesagt. Wenn es in Einzelfällen zu keiner einvernehmlichen Lösung auf freiwilliger Basis kommt, dann schreitet das Ministerium des Innern in Person des Innenministers zur Tat. Dafür steht die Zeit vom 1. April 2004 bis 13. Juni 2004 zur Verfügung, vorausgesetzt dass feststeht, für welches Modell und für welchen Wahlbereich die Kandidaten aufgestellt und gewählt werden sollen.
Als einen positiven Aspekt werten wir § 77, der die 100%-Beschlussklausel zur Übertragung von Aufgaben als Erfüllungsaufgaben an die Verwaltungsgemeinschaft aufhebt. Trotzdem geht auch dieser Paragraf am wirklichen Leben vorbei. Nur in wenigen Gemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft werden noch Kindertagesstätten und Grundschulen vorgehalten und schon lange leis
ten die Gemeinden Umlanddienste für die anderen. Die finanzielle Last bleibt jedoch bei den Trägerkommunen, auch wenn wir die Kinderzahlen gegeneinander aufrechnen.
Wenn wir nun die Kommunalfinanzen und die Vorstellungen der Landesregierung für das Jahr 2004 ansehen, wobei man wiederum 100 Millionen € von den kommunalen Zuweisungen wegspart, können wir heute schon sagen, dass Investitionen in die sächliche Ausstattung der Einrichtungen nicht mehr erfolgen können.
Ein letzter Satz: Reformwille ist nicht erkennbar; die PDS-Landtagsfraktion stimmt diesem Gesetz nicht zu.
Diese glühende Rede ist natürlich nicht zu toppen.
Ich bedanke mich für den Einsatz für die Kommunen in unserem Land.
Herr Wolpert, es ist schon ein bisschen bedenklich, wenn Sie ein solches Beispiel anführen wie das mit der
Fleischbeschau und den 2,50 €. Welche Kommune berührt das schon?
Verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! § 3 der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt beziffert die Stundensätze für Leistungen, welche die Verwaltungen im übertragenen Wirkungskreis, zum Beispiel im Einwohnermeldeamt, im Ordnungsamt oder im Standesamtsbereich, erbringen. Es handelt sich also um Aufgaben, die dem Land anheim fallen und für deren Ausführung es die Kommunen benutzt.
Betrachtet man diese Situation im Bereich der Verwaltungsgemeinschaften - die Städte einmal ausgenommen -, stellt man fest, es ist keine direkte Einnahme, auf welche eine Kommune unmittelbar zurückgreifen kann. Die Einnahmegrundsätze, die gestaffelt nach einfachem, mittlerem und gehobenem Verwaltungsdienst angelegt sind, sollten sicherlich nicht das Preis-Leistungs-Verhältnis außer Acht lassen.
Diese Kosten der Verwaltungskraft werden in Form von Gebühren an die Bürger weitergereicht. Dieser ist aber am Ende auch wieder Steuerzahler und kann erwarten, dass er für seine Ausgaben an den Staat von diesem eine bezahlbare Gebühr für die in Anspruch genommene Leistung auferlegt bekommt.
Die in der Begründung zu Ihrem Antrag getroffene Feststellung, dass die Stundenkosten um 30 % höher liegen als in § 3 veranschlagt, zweifeln wir an. Betrachtet man die konkrete Situation am Beispiel eines Beschäftigten mittleren Alters im mittleren Dienst, so entstehen Stundenkosten in Höhe von 33,75 €. Gehen wir weiterhin davon aus, dass 174 Stunden im Monat Gebührentatbestände zugrunde liegen, was sicherlich den Idealfall darstellt, dann ergibt das Gesamtaufwendungen für einen Mitarbeiter in Höhe von 6 090 €.
Davon sind 3 000 € für Lohn- und Lohnnebenkosten abzuziehen. Es verbleibt eine Summe von 3 090 €, welche für den Arbeitsplatz zur Verfügung steht, zum Beispiel für Arbeitsmittel etc. Diese Mittel sollten verwendet werden, um den Arbeitsvorgang effektiver zu gestalten, um die Verwaltung billiger und nicht teurer zu machen.
Ob die verbleibende Summe ausreicht, darüber kann man trefflich streiten. Eines kann ich aber mit Bestimmtheit sagen: Das wird die Haushaltskassen der Kommunen nicht sanieren. Die öffentliche Hand sollte allerdings auch alles unterlassen, was dazu beiträgt, in den Verruf der Abzocke zu geraten.
Es ist schon makaber, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU- und von der FDP-Fraktion, dass gerade Sie es waren, die einer massiven Kürzung der Kommunalfinanzen zugestimmt haben
und die heute in Erwägung ziehen, mit der Erhöhung von Gebühren den Beamten und Angestellten vor Ort den schwarzen Peter zuzuschieben. Denn diese müssen sich dem Unmut der Bürger aussetzen.
Wenn die kommunalen Spitzenverbände diesbezüglich Handlungsbedarf anmahnen, werden wir sicherlich Gelegenheit dazu haben, uns im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss diese Argumente von den Spitzenverbänden erläutern zu lassen. Unsere Fraktion wird sich bei
diesem Antrag der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Werter Herr Minister Paqué, ich wollte eigentlich gesetzt an meinen Redebeitrag herangehen, aber die letzten Worte Ihrer heutigen Ausführungen lassen das nicht mehr zu. Ich möchte Sie bitten zu unterbinden, dass in diesem Raum und auch von Ihnen verbreitet wird, dass sich die Gemeinden auf Ihre Kosten und auf Kosten des Landes sanieren. Das weise ich eindeutig zurück. Das ist eine Unverschämtheit und straft Lügen.
Wenn ich Ihrer Logik folgen könnte, dann müsste ich mich heute hier hinstellen und sagen: Wenn das so wäre, wie Sie es behaupten, dann hätte Herr Becker, ehemaliger Bürgermeister von Naumburg - er ist gerade nicht anwesend -, eine schlampige Arbeit gemacht - was ich mir nicht vorstellen kann -; denn heute weist der
Haushalt von Naumburg einen Schuldenbetrag von 6 Millionen € auf. - So viel dazu.
Die Finanzmisere, die auf die Kommunen unseres Landes zurollt, ist allen Verantwortungsträgern von Exekutive und Legislative in diesem Hohen Hause bestens bekannt. Wir streiten in diesem Land auch nicht erst in der Haushaltsdiskussion 2003 um eine vernünftige Finanzausstattung unserer Kommunen. In den zurückliegenden Jahren haben wir in diesem Landtag gemeinsam - immer begleitet, Herr Scharf, von einer lauten Ansage der CDU - etwas für unsere Kommunen getan. Doch in diesem Jahr setzt unser Finanzminister seine Zuchtrute ein und erweist sich als ein schlechter Zahlmeister.
Bereits in meinem Redebeitrag im Februar 2002 habe ich auf den Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland hingewiesen, der klar den Grundsatz festschreibt, dass für eine geregelte Eigenverantwortung der Kommunen eine stabile Einnahme unabdingbar ist.
Die Schuldzuweisung des Bundes, dass die Länder in ungenügender Weise die Mittel an die Kommunen weiterreichen, finden wir in diesem Haushalt zum Teil bestätigt. Nicht nur, dass trotz Mehreinnahmen des Landes in Höhe von 287 Millionen € - das ist ein Plus von 5,7 % - die Kommunalfinanzzuweisungen um 161 Millionen € abgesenkt werden, die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen setzen noch eins drauf: Die Beteiligungsquote an der Einkommensteuer von bisher 26,25 % senkt man nun auf 23 % ab. Das bedeutet nochmals eine zusätzliche Kürzung von ca. 96 Millionen € an den kommunalen Zuweisungen.
Diese Handlungsweise ist unverantwortlich. Die kommunalen Kassen verkommen zum Selbstbedienungsladen von Bund, Ländern und Landkreisen.
So gut der Aufruf des Städte- und Gemeindebundes zur Aktionswoche „Rettet die Kommunen“ auch war - aber wer soll sie denn retten? Sollen wir eine Sammelbüchse aufstellen, um von unseren Bürgerinnen und Bürgern einen Beitrag zu erhalten?
In den Haushaltsdebatten der kleinen Gemeinden wird bei einzelnen Positionen über Einsparungen in Höhe von 50, 100 oder 1 000 € gesprochen. Da ist jede Ausgabe für Spruchbänder, Hochglanzfotos und Aufkleber sinnlos ausgegebenes Geld.
In den letzten Jahren war es den Kommunen noch möglich, Fördermittel mit Eigenmitteln zu verstärken. Die Investitionspauschalen, die übrigens eine hervorragende Regelung für die Kommunen darstellten, konnten mit Eigenanteilen untersetzt und für investive Maßnahmen verwendet werden. Bei den Wahlankündigungen hatte ich die große Hoffnung, dass dieses Instrument von der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen eingesetzt wird.
Rechnen wir alle Fehlbeträge in diesem Jahr zusammen, verzeichnen die Kommunen einen Einnahmeeinbruch von 11,58 %. Dem gegenüber steht ein finanzieller Mehraufwand für die Zuzahlung in die Versorgungskassen; denn der Anteil der Kommunen steigt von 4 % auf
5,6 %. Darüber hinaus fallen Mehrausgaben für das Personal durch die Ost-West-Angleichung und die Tariferhöhung an.
Aber die Schmerzgrenze ist noch nicht erreicht. Das Kinderbetreuungsgesetz, nun Kinderförderungsgesetz genannt, setzt noch einen drauf. Die Kürzung der Pauschalen um 47 Millionen € bedeutet für alle Träger der Einrichtungen einen erheblichen Einnahmeverlust.
Beispielsweise entsteht in den vier Kindertagesstätten in unserer Verwaltungsgemeinschaft nach den bisher bekannten Zahlen ein Fehlbetrag von 329 345 €. Bei Anwendung des Personalschlüssels zur Stundenberechnung - mit 13 Kindern muss nun ein Kind mehr als bisher pro Erzieher in der Altersgruppe drei bis sechs Jahre betreut werden - und mit der Aussonderung der Kinder, die keinen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung haben, erreichen wir einen Einspareffekt an Betreuungszeit.
Das bedeutet konkret die Entlassung von Personal; denn in der Regel arbeiten die Erzieherinnen verkürzt und eine Absenkung der Arbeitszeit ist nicht mehr möglich. Die Elternbeiträge werden erhöht. Ein weiteres Haushaltsloch entsteht, das zu den Mindereinnahmen noch hinzukommt.
Wenn für das erste Quartal die Zahlung nach dem Anspruch des Vorjahres erfolgt, bleibt jedoch die Gemeinde auf weiteren Mehrkosten ab dem 1. April 2003 sitzen. Änderungskündigungen können zum 31. März 2003 ausgesprochen werden. Sie treten aber frühestens zum 1. Juli 2003, bei Kündigungszeiten von einem halben Jahr erst zum 1. Oktober 2003 in Kraft.
Die Mehrzahl der Kommunen unseres Landes kann ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Die Kommunen, die noch über Rücklagen verfügen, verwenden die Mittel statt für Investitionen für den Defizitausgleich. Gemeinden, bei denen keine Rücklagen mehr vorhanden sind - das betrifft in der Regel die Gemeinden, die aufgrund von Bedarfszuweisungen und Liquiditätshilfen des Landes ihre Rücklagen auflösen mussten -, versuchen erneut über zwei Jahre hinweg einen Konsolidierungskurs.
Möglichkeiten zur Konsolidierung findet man bei den so genannten freiwilligen Leitungen. Arbeitsfördergesellschaften, kulturellen Einrichtungen, Jugendklubs, gemeinnützigen Einrichtungen sowie Verbänden und freien Trägern streichen wir die Zuschüsse. Das sind gerade die Einrichtungen, die die Vielfalt in unserem Land ausmachen und die ein großes Pensum an Daseinsvorsorge für unsere Bürgerinnen und Bürger leisten.
Über die Aufnahme eines Kredits könnten die Kommunen auch noch nachdenken - das haben wir heute schon gehört -, aber nur dann, wenn der mögliche Kreditrahmen nicht ausgeschöpft wurde. Der Kom-Invest-Kredit des vergangenen Jahres schlägt allerdings auch noch zu Buche. Obwohl die Gemeinden von Zins- und Tilgungsleistungen freigestellt werden, belastet er die Haushalte bei der Betrachtung der Pro-Kopf-Verschuldung.
Herr Scharf, der Kredit in Höhe von 100 Millionen €, der den Kommunen für dieses Jahr in Aussicht gestellt wird, kommt nicht etwa direkt bei den Kommunen an, sondern fließt in spezielle Projekte, die vom Land gefördert werden. Die einzelne Kommune hat an diesen Mitteln in Höhe von 100 Millionen € keinen Anteil. Das muss man so deutlich sagen.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, ob haupt- oder ehrenamtlich, werden durch das Land zu Sündenböcken degradiert.
Unsere Landesregierung wurde anlässlich des Neujahrsempfangs der Industrie- und Handelskammer für ihre gute Investitionspolitik gelobt.
Ob das zu Recht geschah, will ich jetzt nicht beurteilen. - Sie können sich Ihren Beifall aufsparen.
Im flachen Land jedoch bricht die öffentliche Hand als verlässlicher Auftraggeber für das Handwerk und die kleinen und mittelständischen Unternehmen weg. Sie werden diese Politik bitter zu spüren bekommen.
Was ist das Fazit, liebe Kolleginnen und Kollegen Bürgermeister von der CDU- und von der FDP-Fraktion? Die politische Selbständigkeit der Kommunen - welch hehres Ziel! Von einer kommunalen Gebietsreform, deren Vorbereitung viel Zeit und Geld gekostet hat, haben Sie sich verabschiedet. Sie haben den leeren Haushaltskassen den Vorzug gegeben.
Aber an einem halten Sie eisern fest: Die interkommunale Aufgabenverlagerung wird kommen. Eine erste Kostprobe haben wir schon erhalten. Die Übertragung der Zuständigkeit für das Reisegewerbe auf die Verwaltungsgemeinschaften kostet die Kommunen für einen zu schaffenden Arbeitsplatz von 0,2 VBE etwa 10 000 €. Dafür gibt es keinen Finanzausgleich. Dafür müssen wiederum die Kommunen über höhere Umlagen an die Verwaltungsgemeinschaften aufkommen.
Ich fordere die Landtagskollegen von FDP und CDU auf: Legen Sie endlich Ihr Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften vor!
Prüfen Sie die Möglichkeit, den Gebietskörperschaften Aufgaben zu entziehen und diese auf Körperschaften des öffentlichen Rechts zu übertragen.
Eine leere Kasse plus eine leere Kasse ergibt noch keine volle Kasse; doch die zukünftigen Aufgaben lassen sich mit einer soliden Finanzausstattung nur gemeinsam schultern.
Der Ministerpräsident ist jetzt nicht anwesend. Ich möchte ihm aber sagen: Auch die Kommunen wollen entscheiden und gestalten können. Mit diesem Haushalt haben Sie uns dazu alle Möglichkeiten genommen. - Vielen Dank.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion greift die Problematik wieder auf, mit der sich der Landtag von Sachsen-Anhalt in der vergangenen Wahlperiode im Rahmen des umfassenden Reformvorhabens in unserem Land sehr intensiv und mit großem Zeit- und Kraftaufwand beschäftigt hat. Auch mit der Aufhebung der drei Vorschaltgesetze stehen die Kommunen unseres Landes vor keiner anderen Situation. Das Denken und Handeln unserer Mandatsträger vor Ort konzentriert sich darauf, Einsparpotenziale zu erschließen und Aufgaben abzuarbeiten.
Es ist falsch, wenn der Finanzminister meint, die Kommunen müssten im Verbund mit dem Land den Gürtel enger schnallen. Die Gürtelschnalle der Kommunen steckt im letzten Loch.
Zusammenschlüsse von Gemeinden werden in Zukunft ein dringendes Erfordernis sein, um entsprechende Verwaltungs- und Finanzkraft vorzuhalten, damit die geplante Aufgabenübertragung abgefedert werden kann. Die Gemeindeordnung von Sachsen-Anhalt weist in § 15 Abs. 2 genau auf diesen Tatbestand hin. Da die jetzige Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP auf die absolute Freiwilligkeit der Gemeindezusammenschlüsse setzen, sollte dann in gleicher Konsequenz der Wille zum Zusammenschluss von Gemeinden respektiert werden.
Bei kreisübergreifenden Zusammenschlüssen, worauf dieser Antrag abhebt, sind gemäß § 17 Abs. 3 der Gemeindeordnung die Landkreise zu hören, was hier schon mehrfach erwähnt wurde. Die Entscheidungskompetenz wird im selben Paragrafen, in Absatz 4, dem Ministerium des Innern zugesprochen. Auch darüber wurde bereits gesprochen. Dieses Ministerium hat Grenzänderungen per Verordnung festzuschreiben.
Dass Landkreise, vor allem kleine Landkreise, sich dagegen wehren - denn sie verlieren an Einwohnern und Fläche -, ist nicht verwunderlich. Ich ziehe vor Ihnen den Hut, Herr Innenminister, wenn Sie es schaffen sollten, im Konsens zwischen allen Gemeinden, die beteiligt sind, und den Landkreisen diese Änderung hinzukriegen. In diesem Fall werde ich mich hier noch einmal öffentlich äußern.
Auch hierbei spannt sich wieder der Bogen zum ausgebremsten Reformprozess. Bei der Vorstellung der Vergrößerung der Landkreise zu leistungsfähigen Einheiten fallen kreisübergreifende Einzelentscheidungen nicht ins Gewicht. Wenn wirtschafts- und siedlungsstrukturelle Zusammenhänge nicht gestört werden, wenn den Zielen der Raumordnung und Landschaftsplanung nicht widersprochen wird, wenn Schul-, Wirtschafts- und Verkehrsverhältnisse, kirchliche, kulturelle und geschichtliche Beziehungen beachtet werden, kann und sollte das Ministerium des Innern Gebietsänderungsverträge zügig bearbeiten und befürworten. Diese Kriterien behandelt ebenfalls das erste Vorschaltgesetz.
Freiwilligkeit hin und her: Ohne gesetzliche Rahmenbedingungen, die klare Vorgaben beinhalten, wird sich unser Land als wenig reformfreudig erweisen.
Wir können diesem Antrag der SPD-Fraktion in der Weise zustimmen, dass wir dafür plädieren, dass er in den Ausschuss zur Beratung überwiesen wird.
Eine Anmerkung zu den Ausführungen von Herrn Wolpert. Herr Wolpert hat gesagt: Wir machen eine Reform, wann wir sie wollen, nicht, wann Sie sie wollen. - Ich denke, dass der ganze Landtag hierzu gefragt ist, so wie wir hier sitzen,
aufgrund der Debatte, die wir heute früh gehört haben, dass wir das gemeinsam angehen, nicht wenn es einer will, sondern weil wir es müssen. - Danke schön.
Herr Minister Rehberger, nur noch einmal zum Verständnis: Sie haben vorhin ausgeführt, dass jetzt zusätzlich 75 Millionen € für die Kommunen zur Verfügung stehen. Ich weiß, wir haben in diesem Landtag beschlossen, dass ein 100-Millionen-€-Kredit aufgenommen wird. Dieser 100-Millionen-€-Kredit, der in diesem Jahr den Kommunen zur Verfügung stehen soll, ist entsprechend der Quotenberechnung in den Kommunen aufgeteilt worden. Die Kommunen haben bereits mit Beschlussfassung im Frühjahr all diese Kredite in dieser Größenordnung in ihre Haushalte eingestellt.
Meinen Sie jetzt, dass wir noch einmal einen dazu kriegen - das würden wir natürlich dankend entgegennehmen - oder kürzen Sie die 100 Millionen € auf 75 Millionen €? Ich möchte nur noch einmal wissen, ob es sich um den Kredit handelt, den Sie genannt haben.
Als Zweites möchte ich noch Folgendes sagen: Wenn wir bei der Vergabe davon reden, dass wir dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag geben, habe ich den großen Wunsch an unseren Innenminister, dass er die Kommunalaufsicht dazu anhält, in dieser Art und Weise zu prüfen und nicht, ob dem billigsten Anbieter der Zuschlag erteilt wird.
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Werter Herr Innenminister, ich höre wohl, Sie wollen von einer Zwangseingemeindung Abstand nehmen. Ich werde Sie zu gegebener Zeit daran erinnern.
In der konstituierenden Sitzung des Innenausschusses sprach unser Landtagspräsident Herr Professor Spotka eindringliche Worte. Er sprach über die bedeutsame Arbeit des Innenausschusses und forderte die Nachhaltigkeit von Beschlüssen und Gesetzen in diesem Landtag ein. Ich setze voraus, Professor Spotka, dass der Ernst dieser Forderung nach Nachhaltigkeit auch den anderen im Landtag vertretenen Fraktionen, soweit sie ebenfalls in Regierungsverantwortung standen, zugebilligt wird.
Im Landtag der dritten Wahlperiode wurde der zeitweilige Ausschuss für Funktional- und Verwaltungsreform gebildet, um einen Reformprozess in Gang zu bringen, den unser Land dringend braucht. Im Schreiben des Städte- und Gemeindebundes vom 8. Mai 2002 an alle Mitglieder des Landtages wird unter Punkt 3 aufgefordert, die Grundlagen für die begonnenen Reformen zu bestätigen, konkrete Umsetzungsschritte zu organisieren und keine Verzögerung zuzulassen.
Die Antwort auf diese Forderung ist das Gesetz zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung, welches dem Landtag heute vorliegt. Allein schon die Überschrift dieses Gesetzes ist für viele kommunalpolitische Mandatsträger eine offene Provokation,
vor allem aber für diejenigen, die in den letzten zwei Jahren das veröffentlichte Leitbild der damaligen Landesregierung ernst genommen und mit viel Fleiß an dessen Umsetzung gearbeitet haben.
Ich darf daran erinnern, dass mit der Veröffentlichung des Leitbildes sich im ganzen Land recht schnell - auch ohne gesetzliche Grundlage - Aktivitäten entwickelt haben. Warum wohl?
Die kommunalen Gebietskörperschaften haben die Gebietsreform von 1993/94 noch sehr gut in Erinnerung. Auch hier gab es Fristen, Forderungen der CDU-geführten Landesregierung für Mindestgrößen von Verwaltungsgemeinschaften, für Inhalte öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen und es gab natürlich auch ein Zuckerbrot für den so genannten freiwilligen Zusammenschluss von 50 DM pro Einwohner. Das kann man doch sicherlich noch nicht vergessen haben.
Mit der Veränderung der Gemeindeordnung dahin gehend, dass man nur mit einem 100-prozentigen Beschluss aller Mitglieder dieses Gebilde wieder verlassen kann, war die Einheit auf Dauer zementiert. - So viel zur kommunalen Selbstverwaltung.
Die in der letzten Wahlperiode verabschiedeten Vorschaltgesetze für die kommunale Gebietsreform bilden die Grundlage für eine umfassende Reform in unserem Land. Diese Gesetze stellen Sie nach kurzer Zeit infrage. Damit gefährden Sie nicht nur den gesamten Reformprozess. Nein, damit negieren Sie das ernsthafte Bemühen aller damit betrauten Verwaltungsangestellten, Sie negieren darüber hinaus die Arbeit aller Ausschuss
mitglieder, die der Mitarbeiter in den einzelnen Ministerien.
Und nicht nur das! In diesen Prozess waren die Vertreter des Städte- und Gemeindebundes sowie des Landkreistages eingebunden, und ihre Mitglieder, die Gemeinden und Landkreise, haben ihren offiziellen Vertretern einen Vertrauensbonus für die Mitwirkung an der Gesetzgebung gegeben. Mit diesem Entwurf stellen Sie auch die Glaubwürdigkeit der Spitzenverbände infrage.
Gerade die Vertreter der CDU im zeitweiligen Ausschuss, vor allem unser heutiger Justizminister, mein verehrter Kollege Becker, haben in allen Beratungen die Anhörung der Verbände eingefordert und die Wertschätzung für deren Arbeit zum Ausdruck gebracht.
Wenn man auf die Aussagen der Medien zurückgreift, so wurden am Wahltag im Monat April in ca. 500 Gemeinden unseres Landes Tausende wahlberechtigte Bürger auch an die Wahlurne gerufen, um im Bürgerentscheid oder in der Bürgeranhörung ihr Votum für oder gegen ein neues kommunales Modell abzugeben. Sollen wir als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor Ort nun erklären: Dies war alles nur eine Trockenübung, schwimmen tun wir später? - So politisch verantwortungslos kann man nicht mit dem Wählerwillen umgehen.
Selbst den Vorschlag, den Bürgerentscheid mit einem nächsten Bürgerentscheid wieder aufzuheben, können Sie doch nicht wirklich ernst meinen. Herr Innenminister, Sie besitzen eine große Erfahrung als Landrat. Wollen Sie unseren Gemeinden wirklich ein solches Chaos zumuten?
Die Gemeinderäte werden in Dinge und in Entscheidungen hineingetrieben, die man ihnen nicht mehr vermitteln kann. Und irgendwann sind die Menschen nicht mehr bereit, sich im Ehrenamt solche Bürden aufzuladen.
Die Streichung des Gemeindemodells Verbandsgemeinde, welches ausdrücklich nicht mein favorisiertes Modell war, für Gemeinden ab 1 000 Einwohnern aber Satzungs- und Haushaltshoheit bewahrt und damit auch die selbständige Entscheidung über alle die Gemeinde betreffenden Angelegenheiten beibehält, lässt heute schon vermuten, dass Sie diese Form der eigenen Entscheidung in Zukunft nicht mehr haben wollen.
Auch am Ortschaftsrecht haben Sie Kurskorrekturen nach rückwärts vorgenommen. Die Ausgestaltung dieses Rechts im Ersten Vorschaltgesetz und im Verbandsgemeindeeinführungsgesetz vermittelte allen beteiligten Kommunen etwas mehr Vertrauen und Sicherheit und die Garantie, zukünftig im neuen Modell ihre Mitsprache als Ortschaftsrat zu ihren Angelegenheiten gesetzlich zu sichern.
Sie realisieren die Reform auf Ihre Art und Weise - dessen bin ich mir ganz sicher -, aber erst nach der Bundestagswahl. In jedem Wahlprogramm lesen wir anspruchsvolle Sätze. Wir haben heute zigmal die Fragen gehört: Wie stärken wir die kommunale Selbstverwaltung? Wie wollen wir mehr Bürgerengagement vor Ort
erwirken? Wie wollen wir Bürgernähe durch die Verwaltung sichern? Wie wollen wir Entscheidungskompetenzen vor Ort stärken?
Zu den anspruchsvollen Sätzen zählt auch: Wir fordern eine bessere finanzielle Ausstattung. - Damit sind wir beim Reizthema. Ich habe unserem Ministerpräsidenten bei der Verlesung der Regierungserklärung sehr genau zugehört. Er garantierte den Gemeinden ab dem nächsten Jahr eine stabile und verlässliche Finanzausstattung auf Dauer.
Die neuerlich veröffentlichten Aussagen unseres Finanzministers in der „MZ“, die Landesregierung plädiere für Freiwilligkeit bei Gemeindezusammenschlüssen, wobei er jedoch gleichzeitig bekräftigt, dass die finanziellen Zwänge die Gemeinden von selbst in die Einheit drängen würden, sind ein Stück weit unredlich und unseriös gegenüber den Kommunalvertretern vor Ort.
Schon keimen die ersten Zweifel an der gestrigen Aussage.
Auch die sprachlichen Verrenkungen von Herrn Scharf - er ist jetzt leider nicht da - am gestrigen Tag auf die Frage von Herrn Gallert in Bezug auf die Neuauflage der Investitionspauschale im nächsten Jahr zerstreuen die Zweifel nicht.
Geben Sie den Gemeinden eine ordentliche Finanzausstattung. Damit werden Sie Ihren grundgesetzlich festgeschriebenen Pflichten der Daseinsvorsorge für die Menschen in diesem Land gerecht werden.
Geben Sie den Kommunen auch deshalb eine verlässliche Finanzausstattung, damit unsere einheimischen Bauunternehmen, wie wir es heute hier hörten, ihren Fortbestand vor Ort sichern können; denn die öffentliche Hand ist immer noch der sicherste Zahler.
Sie wollen auch ohne Gebietsreform eine Aufgabenverlagerung in die untere kommunale Ebene. Die kreisliche Ebene wird das noch leisten können, nicht aber die kommunale. Auch dazu gehört eine ordentliche Finanzausstattung.
Die Einsparung von Arbeitsplätzen in den genannten Ebenen ist schon lange vollzogen. Jetzt muss das Land die Hausaufgaben für seine Verwaltungseinheiten machen.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass die neue Landesregierung im Hinblick auf die Umsetzung der Vorschaltgesetze in Zeitnot gerät. Darüber kann und muss man reden. Sicher muss man auch darüber reden, welche Veränderungen nach Ihren Vorstellungen vorgenommen werden müssen.
Nicht nur Vertreter von SPD und PDS in unserem Land plädieren für die Fortsetzung der Reform; auch viele kommunale Mandatsträger der CDU können den von der Landesregierung eingeschlagenen Kurs nicht nachvollziehen. Herr Innenminister, diese Diskussion haben Sie
auf der Tagung des Städte- und Gemeindebundes erlebt.
Dies alles hat den Steuerzahler schon sehr viel Geld gekostet. Von dem ehrenamtlichen Engagement will ich gar nicht reden.
Für punktuelle Veränderungen in diesen Gesetzen können Sie auf die Zustimmung der PDS setzen, sofern wir sie mittragen können; einer Abschaffung dieser Gesetze werden wir hingegen nicht zustimmen.
Die Druckerschwärze der vom Innenminister der dritten Wahlperiode Herrn Dr. Püchel ausgehändigten Gemeindeordnung ist noch nicht ganz trocken, da ist sie schon ein Stück für die Blaue Tonne.
Die Ausstrahlung, ein so reformfreudiges Land zu sein, kann verheerend wirken.
Die PDS stellt den Antrag, das Gesetz zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Rechtsausschuss zu überweisen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kolze, ich weiß zwar nicht, was Sie im richtigen Leben sind, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich Praxis mitbringe, wenn ich hier vorn am Podium stehe. 18 Jahre Bürgermeisteramt - dann weiß man, wovon man spricht.
Ich nehme an, Sie haben die Frage nicht ernst gemeint, dass ich Ihnen die Gemeindeordnung und das Ortschaftsrecht für eine Einheitsgemeinde oder für das Verbandsgemeindemodell erläutern soll. Wenn Sie das wollen, dann würde es heute den Rahmen sprengen. Ich bin aber gern bereit, mit Ihnen einmal in diversen Gesprächen über diese Probleme zu reden. Das wäre die eine Situation.
Die andere Situation, die ich Ihnen gern einmal erklären möchte - weil Sie hier total verneinen, dass das Verbandsgemeindemodell im Land angenommen wurde - -
Nein, ich habe gesagt, dass ich interveniere, Herr Präsident. Das habe ich extra angesagt.
Ich bringe Ihnen ein Beispiel aus unserer Verwaltungsgemeinschaft Droyßiger-Zeitzer Forst. Wir sind zehn Mitgliedsgemeinden. Sieben Gemeinden haben eine Bürgeranhörung am Wahltag, am 21. April, durchgeführt, eine Gemeinde sogar einen Bürgerentscheid. Die drei Gemeinden, die diese Anhörung nicht gemacht haben, haben mehr als 1 000 Einwohner. Was meinen Sie wohl, in welches Modell die gehen wollten? - In das Modell der Verbandsgemeinde, sogar bis hin zur Stadt.
Es ist also nicht so, dass dieses Modell generell im Land abgelehnt wird, weil sich die Kommunen nämlich daraus ein bisschen mehr Mitverantwortung und eigene Entscheidungskompetenzen in der Satzungshoheit und auch in der Finanzhoheit versprochen haben.
Ich gebe Ihnen Folgendes mit auf den Weg: Ich bin für die Freiwilligkeit. Ich war in jeder Diskussion dafür - das kann der Innenminister und können alle anderen bestätigen - zu sagen: Keine Zwangseingemeindungen; lasst die Menschen vor Ort entscheiden. - Aber die Entscheidung hat im Land zum großen Teil bereits stattgefunden.