Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass mit dem, was dort in sehr kurzer Zeit in Bezug auf die Stellenpläne und all die Dinge gelaufen ist, die wir in dem Antrag als Querschnittsaufgaben des zeitweiligen Aus

schusses aufgeführt haben, nicht dem Genüge getan wird, was eigentlich für den öffentlichen Dienst notwendig ist? - Das ist die erste Frage.

Zur zweiten Frage. Herr Innenminister, Sie drückten Ihre Verwundung darüber aus, wie sich das Land NordrheinWestfalen in der Innenministerkonferenz verhalten hat. Entspricht es den Tatsachen - ich sitze ja nicht jeden Tag in diesem Gremium -, dass die Innenministerkonferenz nur einstimmige Beschlüsse fassen kann und der betreffende Staatssekretär sehr wohl Einwände vorgebracht hat, aber im Nachhinein, weil man sozusagen die Einstimmigkeit hinbekommen musste, eindeutig protokollarisch dargestellt wurde, dass dies aufgrund der erforderlichen Einstimmigkeit so war? Ist dann nicht die Reaktion des Landes Nordrhein-Westfalen ganz normal, weil es keine Unterstützung der Innenminister der übrigen Ländern bekommen hat?

Sie haben zu der damaligen besoldungsrechtlichen Veränderung und zu unserem Entschließungsantrag in der Diskussion selbst nicht geredet. Ich möchte deshalb von Ihnen kurz hören, ob Sie es, da es die SPD-Regierung aus unterschiedlichen Gründen nicht gemacht hat, anstreben, leistungsorientierte Gehälter einzuführen. Sie können kurz mit Ja oder mit Nein antworten. Oder müssen Sie noch überlegen?

(Heiterkeit bei der PDS - Unruhe bei der CDU)

Zur dritten und letzten Frage. Die Mehrheit hat beschlossen, dass in einem angemessenen Zeitraum, noch vor Ende der Legislaturperiode, ein Leitbild für den öffentlichen Dienst vorgelegt werden soll. Können Sie mir sagen, was aus Ihrer Sicht ein angemessener Zeitraum ist und wann Sie beabsichtigen, einen Bericht zu dem gesamten Reformpaket - Nordrhein-Westfalen - vorzulegen?

Sie haben mehrere Fragen gestellt. Zu der ersten Frage, zur Beratung und Beschlussfassung im Finanzausschuss. Frau Dr. Paschke, meine Damen und Herren, der Landtag ist Haushaltsgesetzgeber. Er berät in den Fachausschüssen über die Haushalte der einzelnen Ressorts und abschließend im Finanzausschuss. Zum Haushalt gehört immer der Stellenplan. Das war schon immer so und das wird sich auch nicht ändern; denn er ist ein Bestandteil des Haushaltes. Insoweit sind die Beratungen in den jeweiligen Ausschüssen, und zwar in den Ausschüssen, die das bisher auch immer gemacht haben, und schließlich im Finanzausschuss über die Stellenpläne der Landesbediensteten die originäre Angelegenheit des Landtages. Daran wird sich nichts ändern.

Man kann gern zugeben, dass das Verfahren in einer Phase, die erhebliche Veränderungen im Aufbau der Landesverwaltung und damit Auswirkungen auf die Stellenpläne nach sich zieht, länger und komplizierter wird. Das haben Sie erlebt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sowohl in den Fachausschüssen als auch im Finanzausschuss über die Stellenpläne des Landes insgesamt beraten und entschieden wird.

Zu der Frage in Bezug auf NRW. Es ist richtig: Die Innenministerkonferenz verabschiedet ihre Beschlüsse nur einstimmig. Das schließt nicht aus, dass einzelne Länder, wenn man sich nicht einigt, so genannte Protokollnotizen anfertigen lassen oder Erklärungen dahin ge

hend abgeben, dass sie zwar dem gefundenen Kompromiss zustimmen, aber eine bestimmte eigene Intention haben. Das steht jedem Land frei.

Ich habe hier nur unter Bezugnahme auf die Diskussionen, die wir geführt haben, darauf verwiesen, dass ich gespannt darauf bin, wie weit und wie ausführlich sich NRW, vielleicht auch mit anderen Partnern, etwa SPDregierten Ländern, auf die Frage der Änderung des Artikels 33 vorbereitet und ob NRW den Einstieg wirklich macht. Allerdings war bisher immer Konsens, dass man die Möglichkeiten im Rahmen des Artikels 33 des Grundgesetzes ausschöpfen möchte.

Zu der viel spannenderen Frage der Leistungsbezogenheit für die Bediensteten des Landes - unabhängig davon, ob Beamte oder Angestellte -, respektive zu der Frage, wie lange es dauert, ein Leitbild für diesen Bereich zu erstellen. Zu Letzterem eine relativ einfache und kurze Bemerkung: Ich habe in meinem Beitrag darauf hingewiesen, wie komplex diese Materie ist. Weil sie so komplex ist, kann ich von mir aus nicht sagen: Wir sind bis zu einem Tag X fertig. Wir haben aber auch beim letzten Mal schon angekündigt, dass die Landesregierung über ihre Vorstellungen und über die Entwicklung eines Leitbildes informiert. Einen konkreten Endtermin, der aussagt, bis wann wir fertig sind, kann ich Ihnen nicht nennen.

Nun zur Leistungsbezogenheit. In der Einbringungsrede kam zum Tragen, dass alles das, was die Besoldungs- oder die Vergütungshöhe angeht, an das Alter gekoppelt ist und allein auf dessen Grundlage - so ungefähr - über die Höhe der Bezüge pro Monat entschieden wird und Leistung überhaupt keine Rolle spielt. Grundsätzlich stimmt das nicht; denn die Frage, in welche Besoldungsgruppe und in welche Tarifgruppe jemand eingestuft wird und welche Funktion er innerhalb der Verwaltung innehat, hängt schon mit der Ausbildung, mit der Qualifizierung und vielen anderen Dingen zusammen. Diese Systematik und die Möglichkeit, von einer niedrigen in eine höhere Gruppe umgestuft zu werden, ist leistungsbezogenes Handeln und Denken bei der Personalbewirtschaftung.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten nun in die Debatte ein. Als erster Rednerin erteile ich für die FDP-Fraktion der Abgeordneten Frau Röder das Wort. Bitte sehr, Frau Röder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Leben steckt voller Überraschungen, so auch heute.

(Herr Bullerjahn, SPD: Wie wahr!)

Aufgrund eines aktuellen Erkenntniszugewinns am heutigen Mittag ist ein Teil meiner Argumentation und auch ein Teil meiner Rede hinfällig geworden. Deshalb werde ich mich auf wenige Punkte beschränken. Ich bitte dann auch von Nachfragen abzusehen.

Meine Damen und Herren! In der 30. Sitzung des Landtages am 21. November dieses Jahres, also vor ziemlich genau drei Wochen, wurde ein Beschluss gefasst, in dem die Landesregierung beauftragt wurde, ein Leitbild

für den öffentlichen Dienst zu erarbeiten und vorzustellen. Das wird die Landesregierung tun und das entspricht auch dem Willen der FDP-Fraktion.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Sie haben inhaltlich konkrete Punkte vorgelegt, die Ihrer Meinung nach in einem solchen Leitbild verankert sein sollten.

Zu Punkt 1 stimmen wir mit Ihnen weitgehend überein. Grundsätzlich sollte es so sein, dass Verbeamtungen nur in relativ engen Bereichen vorgenommen werden. Aber auch dabei spielt das wirkliche Leben anders, das wissen Sie auch. Auch hierbei muss man gelegentlich einen Kompromiss mit dem wirklichen Leben eingehen.

Die Möglichkeit leistungsbezogener Besoldungselemente halten auch wir für wünschenswert. Auch die FDPFraktion erwartet, dass diese Möglichkeit im Leitbild der Landesregierung verankert wird. Ihren Vorschlag, Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung einzubeziehen, lehnen wir dagegen ab.

Der Punkt 6 konterkariert den Beschluss, der vor drei Wochen gefasst wurde, mit dem die Landesregierung ausdrücklich beauftragt wurde, dieses Konzept zu erarbeiten, und mit dem der Landesregierung ausreichend Zeit gegeben wurde, ein ausgereiftes und durchdachtes Konzept vorzulegen. Das ist immer noch unser Wille und aus diesem Grund müssen wir diesen Antrag leider ablehnen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Ablehnen?)

- Ja, es tut mir wirklich sehr Leid.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das ist ja wie im wirk- lichen Leben!)

Ich danke Ihnen. Das war es auch schon.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Röder. - Für die PDS-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Paschke das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Paschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zu einem sehr frühen Zeitpunkt erwidern; das hat mit der kombinierten Einbringung zu tun, sodass ich nicht noch einmal sprechen kann.

Ich gehe davon aus, dass das abgesprochen ist. Wenn ich Frau Röder richtig verstanden habe, dann ist es so, dass der Antrag der SPD-Fraktion nicht einmal in den Ausschuss überwiesen werden soll. Zu unserem Antrag haben Sie gar nichts gesagt. Dazu sind Sie sprachlos und haben keine Position bezogen.

(Zuruf von Frau Röder, FDP)

Zu den Ausführungen des Innenministers. Herr Innenminister, genau das ist das Problem. Sie haben gesagt: „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Das ist das Problem von Politik in bestimmten Bereichen: Das haben wir immer schon so gemacht; wir sind mit den Renten immer schon so umgegangen. In so vielen Bereichen, in denen es enorme Veränderungen gibt: immer

schon so gemacht. Man geht nach wie vor davon aus, nichts hören und nichts sehen, aber immer wieder das Gleiche sagen.

(Beifall bei der PDS)

Ich sage Ihnen, das kann einen in der Politik verrückt machen. Alle wissen, dass auf diesem Gebiet gearbeitet werden muss. Ich habe den Verdacht - das ist katastrophal -, dass wir, wenn überhaupt, kurz vor dem Ende der Legislaturperiode irgend so etwas wie ein Leitbild auf den Tisch bekommen und alles so weiterläuft. Denn einen konkreten Termin haben wir nicht gesetzt. In der nächsten Legislaturperiode stehen wir wieder vor dem gleichen Problem und können dann noch nicht einmal nachvollziehen, wo es klemmt und warum wir keine leistungsbezogenen Gehälter einführen können.

Ich bitte die Koalitionsfraktionen sehr darum: Springen Sie über Ihren Schatten und überweisen beide Anträge zumindest in den Innenausschuss, damit wir uns vom Ansatz her darüber verständigen können, was wir in dieser Richtung bis zur nächsten Haushaltsdiskussion eventuell machen können. Das eine ist das Leitbild und das andere sind die Dinge, wie der Stellenabbau und die Aufgabenbereicherung, die uns jeden Tag beschäftigen. Versuchen Sie bitte, dass wir dazu ins Gespräch kommen. Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen, aber ich bin sehr enttäuscht.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Kolze das Wort. Bitte, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion zielt mit ihrem Antrag auf die Einrichtung eines zeitweiligen Ausschusses zum Thema „Öffentlicher Dienst“, die SPD-Fraktion wirft noch viel weitergehende Fragen auf.

Dazu möchte ich zunächst anmerken, dass das Berufsbeamtentum eine lange Tradition hat. Ebenso lange, so scheint es, wird über eine Reform diskutiert. Das SPDregierte Bundesland Nordrhein-Westfalen möchte gar den Beamtenstatus abschaffen.

(Zustimmung von Herrn Doege, SPD)

Diese gelegentlich aufflammende Debatte hält die CDUFraktion für überflüssig. Aus der Rückschau hat sich die Einführung des Berufsbeamtentums im Jahr 1990 als wichtig für den Aufbau einer rechtsstaatlichen und effektiven Verwaltung erwiesen. Dabei müssen wir uns das Wesen des Berufsbeamtentums entsprechend Artikel 33 des Grundgesetzes vor Augen führen. Ein Beamter muss nämlich seine Aufgaben in einer gewissen Unabhängigkeit von der Regierung wahrnehmen.

(Zuruf von der PDS)

Diese darf ihn nicht jederzeit aus politischen Gründen entlassen können. Er muss heute der einen und morgen der anderen Regierung dienen können. Insoweit wird hierdurch die Kontinuität der hoheitlichen Aufgabenerfüllung gewährleistet.

Aber bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich wissen wir alle, dass auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts vieles moderner und flexibler gestaltet werden könnte und in Zukunft auch gestaltet werden muss.

(Zuruf von Frau Bull, PDS)

- Frau Bull, Sie hatten doch acht Jahre Zeit, warum haben Sie es denn nicht gemacht?

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Gute Frage! - Zurufe von der PDS)

Eine Wiederbelebung des Leistungsprinzips mit Einfluss auf das Gehalt sowohl bei den Beamten als auch bei den Angestellten wird allseits als wünschenswert angesehen. Jedoch stellt sich neben der eben vom Minister aufgeworfenen Frage, warum die SPD solche Modelle nicht in ihrer Regierungszeit eingeführt hat, auch das Problem der Finanzierbarkeit. Angesichts der Besorgnis erregend leeren Kassen wird ein solches System für uns auf absehbare Zeit nicht zu bezahlen sein.