Protokoll der Sitzung vom 12.12.2003

Eine Wiederbelebung des Leistungsprinzips mit Einfluss auf das Gehalt sowohl bei den Beamten als auch bei den Angestellten wird allseits als wünschenswert angesehen. Jedoch stellt sich neben der eben vom Minister aufgeworfenen Frage, warum die SPD solche Modelle nicht in ihrer Regierungszeit eingeführt hat, auch das Problem der Finanzierbarkeit. Angesichts der Besorgnis erregend leeren Kassen wird ein solches System für uns auf absehbare Zeit nicht zu bezahlen sein.

Bezüglich des Vorschlages der SPD-Fraktion unter Nr. 4, Beamte künftig in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung einzubeziehen, möchte ich nur auf die hergebrachten Grundsätze des Beamtentums und auf den Artikel 33 des Grundgesetzes verweisen. Solche tiefgreifenden Umstrukturierungen würden eine Verfassungsänderung erfordern. Damit sind wir wieder bei der grundsätzlichen Diskussion, ob wir den Artikel 33 des Grundgesetzes überhaupt noch benötigen. Wenn die SPD solche Maßnahmen vorschlägt, scheint sie sich hierbei ganz im Fahrwasser Nordrhein-Westfalens zu befinden.

Dabei weiß jeder von uns, dass Reformen auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts schon allein wegen der Verquickung von Bundes- und Landesrecht so einfach nicht sind. Daneben spielt die aktuelle Haushaltslage eine große Rolle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über alle diese Entwicklungen im Bereich des öffentlichen Dienstes im Land Sachsen-Anhalt berichtet uns die Regierung regelmäßig. Die Einführung zusätzlicher Berichtspflichten erachte ich als nicht notwendig. Das gilt auch für die Einrichtung eines zusätzlichen zeitweiligen Ausschusses.

Die Anliegen der PDS-Fraktion decken sich ebenfalls teilweise mit bereits bestehenden Berichtspflichten. Im Übrigen sollen nach dem Antrag Fragen behandelt werden, die im Wesentlichen in die Organisationshoheit der Exekutive fallen. Wir befinden uns mit der Reform der Landesverwaltung und damit verbunden auch bei der Personalentwicklung im Land Sachsen-Anhalt auf einem guten Weg. Die Regierung ist Reformprozesse zügig angegangen und befindet sich mitten in der Umsetzungsphase.

(Oh! bei der SPD und bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Bravo! Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Die Modernisierung der Verwaltung ist in vollem Gange. Weitere Instrumentarien benötigen wir nicht. Ich bitte daher darum, beide Anträge abzulehnen. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kolze. - Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Rothe das Wort. Bitte sehr, Herr Rothe.

Herr Kollege Kolze, ich freue mich, dass Sie auch bei diesem letzten Punkt Ihren frischen Mut behalten haben.

(Herr Czeke, PDS: Wiedergewonnen! - Heiterkeit bei der PDS und bei der SPD)

- Wiedergewonnen haben. - Sie haben zusammen mit dem Herrn Minister ein bisschen einen Popanz aufgebaut.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Sie reden ständig von Nordrhein-Westfalen und von Änderungen des Grundgesetzes statt von unserem Antrag. Wenn Sie sich den Antrag ansehen, dann ist in keinem dieser sechs Punkte von einer Änderung des Grundgesetzes die Rede. Wir wissen sehr wohl, wie schwierig es wäre, im Bund eine Änderung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu verabreden, wie sie in Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes festgeschrieben sind.

Diejenigen, die Beamtinnen und Beamte sind und auch künftig werden, sollen eine gewisse Sicherheit in ihrem Status haben. Deshalb haben wir ganz bewusst davon abgesehen, den Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes in unserem Antrag zu thematisieren. Wir fordern lediglich das, was das Land Sachsen-Anhalt selbst entscheiden kann, nämlich künftig bei Verbeamtungen zurückhaltend zu verfahren. Das ist die Auslegung des in Artikel 33 Abs. 4 des Grundgesetzes verankerten Funktionsvorbehalts für das Berufsbeamtentum.

Frau Kollegin Röder, ich will versuchen, einen Punkt zu ergänzen, den Sie weggelassen haben. Ich habe einmal das Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl 2002 mitgebracht und will daraus folgenden Satz aus dem Abschnitt „Öffentliche Dienste modernisieren“ zitieren:

„Eine Säule eines leistungsfähigen öffentlichen Dienstes ist das Berufsbeamtentum, das auf seine Kernbereiche zu reduzieren ist.“

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Und Herr Professor Paqué - weil ich mich nicht auf den Bund herausreden will - hat in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 4. September 2002 eingeräumt, dass die in Sachsen-Anhalt angestrebte Verbeamtung der Lehrer kurzfristig zwar billiger, langfristig aber auch mit Pensionskosten belastet sei. Man müsse dafür Rücklagen bilden.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Stimmt!)

- Ich freue mich, dass Sie wieder hier sind, Herr Minister.

Ich habe jetzt einmal nachgeschaut. Sie haben in einer Drucksache vom 22. Mai 2003 eine Kleine Anfrage von Frau Dr. Weiher beantwortet und darin mitgeteilt, dass der Versorgungsrücklage im Jahr 2003 voraussichtlich Mittel aus dem Landeshaushalt in Höhe von 4 095 300 € zugeführt werden.

Herr Minister, das ist vermutlich nicht die Rücklage, die Sie als angemessen vor Augen hatten, als Sie im September des letzten Jahres über mögliche Verbeamtungen im Lehrerbereich spekuliert haben. Wenn Sie nämlich angemessene Rücklagen bilden würden, dann würde sich die gesamte Verbeamtung für Sie fiskalisch überhaupt nicht lohnen. Es käme auf das Gleiche hinaus, als wenn man die Lehrer weiterhin im Angestellten

verhältnis anstellte und die Beiträge an die Rentenversicherung abführte.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Deshalb frage ich mich, wie es zu diesem ordnungspolitischen Sündenfall erster Klasse kam. Die FDP hätte hier wirklich einmal Rückgrat zeigen können.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Warum bringen Sie nicht wenigstens heute den Mut auf, unseren Antrag in die Ausschüsse zu überweisen? Mehr verlangen wir ja gar nicht. Ich schließe mich dem Wunsch von Frau Dr. Paschke an, dass wir wenigstens einmal im Ausschuss über diese Dinge, die teilweise FDP-Programmatik pur sind, ordentlich diskutieren dürfen.

Ich bin der Meinung, das Grundgesetz erfordert es nicht, über die Eingriffsverwaltung hinaus Verbeamtungen durchzuführen, auch wenn von interessierter Seite das Gegenteil behauptet wird. Insbesondere die Schule ist Leistungsverwaltung im besten Sinne. Notengebung und Versetzungsentscheidungen sind gemessen am Auftrag der Schule von untergeordneter Bedeutung und beanspruchen einen relativ kleinen Teil der Arbeitszeit der Pädagogen. Es besteht überhaupt keine Veranlassung, hier die Verbeamtung zum Modell zu erheben.

Im Übrigen hat das die Regierungsmehrheit punktuell auch anerkannt, indem die Rechtsreferendare aus dem Beamtenstatus herausgenommen wurden. Lassen Sie uns doch über eine richtungsweisende Fortentwicklung des öffentlichen Dienstes diskutieren.

Da die Landesregierung in dieser Frage orientierungslos zu sein scheint, sollte sie wenigstens die Willensbekundungen derjenigen Kommunen respektieren, die für sich selbst entschieden haben, möglichst wenig zu verbeamten. Herr Kollege Gürth, beispielsweise die Stadt Aschersleben, in der Sie Stadtrat sind und in der ich mittlerweile gern zu Hause bin,

(Herr Gürth, CDU: Das freut mich sehr!)

würde gern auf solche Verbeamtungen verzichten, wie sie von der Kommunalaufsicht eingefordert werden. Herr Minister, da könnten Sie einmal ein gutes Werk tun, indem Sie auch unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltung mehr Entscheidungsfreiheit lassen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Herr Minister, Sie haben gefragt, was wir zu unserer Zeit im Sinne der Forderungen, die wir heute stellen, getan haben. Ich gebe die Frage zurück: Was tun Sie heute im Sinne der verdienstvollen Kleinen Anfragen, die Sie als Abgeordneter in der letzten Legislaturperiode zu leistungsbezogenen Besoldungselementen gestellt haben? - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Rothe.

Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in den Abstimmungsprozess ein. Zunächst stimmen wir über den Antrag der Fraktion der PDS in Drs. 4/1211 - Einrichtung eines zeitweiligen Ausschusses Personalpolitik - ab. Es

empfiehlt sich, über diesen Antrag direkt abzustimmen. Frau Dr. Paschke, Sie wollten ihn aber überweisen.

(Frau Dr. Paschke, PDS, meldet sich zu Wort)

- Bitte sehr.

Ich wollte den Antrag in den Ausschuss überweisen, damit wir noch einmal in eine Diskussion darüber kommen, ob wir diese Querschnittsfrage vielleicht in einer anderen Struktur diskutieren können, vielleicht unterhalb des zeitweiligen Ausschusses.

Gut. - Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung dieses Antrages ab. Wer einer Überweisung dieses Antrages seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion.

(Oh! bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von der PDS: Feige!)

Damit ist die Überweisung dieses Antrages mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir stimmen nun über den Antrag als solchen ab. Wer dem Antrag als solchem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen wiederum bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist auch der Antrag als solcher abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über eine Überweisung des Antrages der SPD-Fraktion in Drs. 4/1199 - Modernisierung des öffentlichen Dienstes - ab. Es wurde beantragt, diesen Antrag in den zeitweiligen Ausschuss Personalpolitik zu überweisen. Das entfällt nun. Ansonsten soll der Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen werden.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen nun über den Antrag als solchen ab. Wer dem Antrag als solchem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der PDS- und bei der SPD-Fraktion. Gegenstimmen? - Gegenstimmen bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 15 ist beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung