Ich habe jetzt ganz bewusst ein bisschen überzogen, aber weit darunter waren die Vorstellungen des Kollegen Dr. Polte in dieser Frage nicht. Unsere Vorstellungen sind durchaus differenzierter. Aber nach zwei Jahren müssen wir wirklich erst noch einmal genau schauen, wie sich die Lage entwickelt hat. Das steht in der Koalitionsvereinbarung und diese Aufgabe werden wir erfüllen.
Herr Abgeordneter Scharf, sind Sie bereit, eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Polte zu beantworten?
Herr Scharf, zunächst eine Feststellung: Sie werden nirgends eine Notiz finden, die besagt, dass ich solche Ansprüche bezogen auf die Landeshauptstadt erhoben habe. Das widerspricht eigentlich meinem Bemühen und meiner Überzeugung, dass das ganze Land effizient regiert werden muss. Um die Struktur, in der das geschieht, muss gekämpft werden. Dafür muss es aber Kriterien geben. Ich sage, bestimmte Ortschaften gehören natürlicherweise zur Landeshauptstadt und andere können sich anders strukturieren. Das erst einmal zum Grundsätzlichen.
Aber was nutzt es - der Herr Innenminister hat das eben noch einmal gesagt -, sich mit der Stadt-Umland-Problematik zu befassen, wenn inzwischen Tatsachen geschaffen wurden? Die Tatsache im Norden von Magdeburg lautet nämlich: Es gibt die Einheitsgemeinde Barleben/Ebendorf/Meitzendorf. Wenn diese Einheitsgemeinde genehmigt ist, können Sie darüber nachdenken, so viel Sie wollen, aber dann können Sie diesen Fakt nicht mehr aus der Welt schaffen.
Ich war damals auch ärgerlich darüber - das sage ich ganz deutlich -, als Sülzetal als ein auch gegen die Landeshauptstadt gerichtetes Paradebeispiel geschaffen wurde. Wenn so etwas sinnvoll ist, habe ich nichts dagegen, aber es ist nie fair darüber gestritten worden, ob solche Gemeinden nicht zum Beispiel von der Landeshauptstadt profitieren. Diese Gemeinden werben mit
dem Flughafen, sie werben mit Dienstleistungen und sie nutzen Infrastrukturlinien, die auch die Stadt mitfinanziert. Es wäre also fair gewesen, darüber zu diskutieren, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, auch ein Stück davon nach Magdeburg einzugemeinden.
Ist es denn nicht viel zu spät, über die Stadt-UmlandProblematik nachzudenken, wenn die Messen schon gesungen sind?
Sehr geehrter Herr Dr. Polte, ich möchte Ihnen gern bescheinigen, dass Sie in einigen Fragen in der StadtUmland-Problematik bezüglich des Magdeburger Areals durchaus Fingerspitzengefühl gezeigt haben. Dazu rechne ich die Orte Randau, Pechau und Calenberge. Sie haben aber an anderen Orten durchaus nicht dieses Fingerspitzengefühl gezeigt, sodass die Gespräche bezüglich der Stadt-Umland-Problematik auch in Magdeburg nicht besonders glücklich verlaufen sind.
Diese Vorhaltungen haben wir Ihnen auch schon in der Zeit gemacht, als Sie in Magdeburg die Verantwortung getragen haben. Wir haben als CDU immer gesagt: Die Eingemeindung ist nicht die einzige Methode, die man zur Lösung dieser Problematik anwenden sollte. Die Stadt Magdeburg speziell hat aber fast nur auf diese Methode gesetzt. Deswegen sind andere feste Absprachen, die wir für die Stadt-Umland-Problematik brauchen, nach meiner Auffassung und nach der Auffassung der CDU in der Stadt Magdeburg in der Zeit, als Sie die Verantwortung getragen haben, sträflich vernachlässigt worden. Deshalb muss einiges nachgeregelt werden.
Wir werden im Frühjahr des nächsten Jahres die Landesregierung bitten, ihre entsprechenden Erkenntnisse vorzulegen, um erkennen zu können, ob wir bei der einen oder anderen Frage - ich sehe hinsichtlich der Stadt Halle mehr Handlungsbedarf als bei der Stadt Magdeburg - als Landtag handeln müssen. Das ist überhaupt nichts Neues. Das ist in der Koalitionsvereinbarung nachzulesen. Diese wird Schritt für Schritt umgesetzt, meine Damen und Herren.
Ich werde nicht alles wiederholen, was der Kollege Jeziorsky richtig erläutert hat. Ich weise aber an dieser Stelle ganz deutlich noch einmal darauf hin, dass es nicht angehen kann, dass wir uns vonseiten der PDS-Fraktion vorschreiben lassen, zu welchen Zeitpunkten der Herr Ministerpräsident in diesem Haus Regierungserklärungen abzugeben hat.
Er wird dieses Haus zur rechten Zeit über die konkreten Pläne der Landesregierung informieren. Ich sage an dieser Stelle ebenso deutlich - das sage ich in Richtung der Koalition -, dass die Koalition gut beraten ist, die hohe Einigkeit, die wir in der Sache haben, nicht durch eine unabgestimmte öffentliche Darstellung zu konterkarieren. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir überhaupt nicht nötig. Wenn wir eine schwierige inhalt
liche Diskussion führen würden, dann könnte ich das verstehen. Da wir diese aber nicht führen, kann ich das nicht verstehen.
Ich sage auch noch einmal ganz klar, dass ich der Opposition, insbesondere der SPD-Fraktion, den Ratschlag gebe - soweit es mit zusteht, Ratschläge zu geben -, nicht länger immer nur ihre verstaubten Tischvorlagen wieder hervorzuholen.
Die Zeit geht auch ein Stückchen voran. Sie müssen sich schon bequemen, sich in den neuen Fahrplan inhaltlich, gedanklich und konzeptionell hineinzubegeben.
Deshalb, lieber Kollege Dr. Püchel, sind bei dieser sachlichen Auseinandersetzung, die wir führen müssen, Worte wie „Betrug“ und „kollektive Amnesie“ wirklich fehl am Platze. Sie helfen keinem weiter.
Wenn Ihnen dieser Ratschlag nicht hilft, dann bitte ich Sie, einmal auf die Besuchertribüne zu gucken: Sie interessieren auch niemanden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Scharf. - Als letztem Redner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Gallert noch einmal das Wort. Bitte, Herr Gallert.
Es stellt sich zuerst die Frage: Gibt es überhaupt ein Problem in diesem Land? Gibt es Verwirrung auf der kommunalen Ebene aufgrund der Tatsachen, die die Landesregierung will? - Und siehe da: Die Koalitionsfraktionen sind durch die Bank der Meinung, es gibt sie nicht. Es ist alles klar. Nirgendwo ist eine offene Frage.
Dazu sage ich jetzt einmal: Probleme verschwinden nicht dadurch, dass man sie nicht sehen will. Das sage ich in die Richtung von Herrn Scharf und von Herrn Wolpert. Ich greife noch einmal das kleine Beispiel aus meiner Rede auf: Da sitzen Herr Stahlknecht und Herr Gallert während einer Veranstaltung bei der Friedrich-EbertStiftung vor ein paar Tagen zusammen. Herr Stahlknecht wird gefragt. Er sagt: Alles klar, die Kreisgebietsreform wird im Jahr 2009 umgesetzt. Das ist noch keine zehn Tage her. - Herr Stahlknecht, nun erinnern Sie sich einmal daran.
Ein paar Tage später erfährt er aus der Zeitung, dass das nicht klar ist und der Zeitpunkt auf das Jahr 2008 vorverlegt wird.
Das wird wahrscheinlich ein Plädoyer werden, wie ich Herrn Stahlknecht kenne; deswegen am Ende vielleicht. Ich reagiere dann auch noch einmal darauf.
Noch einmal, Herr Jeziorsky: Wenn Sie heute konstatieren, dass es eine ziemlich große Bereitschaft gibt, Verwaltungsgemeinschaften bzw. Einheitsgemeinden zu gründen, die den entsprechenden Größenordnungen Ihres Gesetzes gerecht werden, dann frage ich Sie ernsthaft: Wundern Sie sich darüber? - An dieser Bereitschaft haben wir zweieinhalb Jahre lang gearbeitet,
die gegen diese Strukturen vor Ort zu Felde gezogen ist. Bei den Leuten hat es sich trotzdem durchgesetzt. Die haben die Notwendigkeiten erkannt. Jetzt kommt man praktisch mit fast identischen Größenordnungen und anderen Binnenstrukturen wieder zu ihnen und fragt sie, ob sie damit einverstanden sind. Sie sagen im Wesentlichen Ja. - Natürlich ist es so.
Wir haben außerdem, Herr Jeziorsky, in Ihrem Vortrag Folgendes nicht beantwortet bekommen: Welches sind die Ziele dieser Kreisgebietsreform und in welcher Struktur soll sie stattfinden? Sie haben auch noch begründet, warum Sie das nicht beantworten können. Sie sagen, bevor wir die Fragen hinsichtlich der Kreisgebietsreform beantworten können, müssen wir überhaupt erst einmal die Funktionen, die in diesen Kreisen durchgeführt werden sollen, klar definieren. - Klasse! Ich frage Sie nur: Sie haben die Gemeindestruktur zumindest auf der Verwaltungsebene jetzt neu geordnet. Sie haben das Landesverwaltungsamt eingerichtet. Das alles in Unkenntnis dessen, was in der Ebene dazwischen stattfinden soll? - Das ist doch wohl überhaupt nicht zu realisieren.
Sie können doch bei den Gemeinden nur neu strukturieren, wenn Sie wissen, was die Kreise machen sollen, und beim Landesverwaltungsamt ebenso. Sie können doch nicht sagen: Für unten und oben weiß ich es, aber für die Mitte weiß ich es nicht. Das funktioniert nicht. Deswegen ist dieses Eingeständnis, dass Sie über Ziele und Strukturen bei der Kreisgebietsreform nicht referieren können, eigentlich die bitterste Erkenntnis dieser heutigen Debatte.