Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Nun spricht Frau Theil. Bitte.

Verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Seit geraumer Zeit kann man nicht nur in den Medien erfahren, dass landauf, landab Probleme in den freiwilligen Wehren unseres Landes auftreten. Der letzte Vorfall in Winterfeld gibt Anlass zur heutigen Diskussion. Dabei kristallisieren sich zwei Schwerpunkte heraus: erstens die sächliche Ausstattung der freiwilligen Wehren und zweitens die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren durch genügend freiwilliges Personal.

Wir können angesichts dieser beiden Schwerpunkte nicht die Augen verschließen und meinen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieses Landes dies schon richten werden. Die Diskussionen, die wir darüber in der vergangenen Wahlperiode im Rahmen der drei Vorschaltgesetze zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform führten, sollten wir uns noch einmal ins Gedächtnis rufen.

Mein verehrter Kollege Landtagsabgeordneter und heutige Minister Becker reiste durch das Land und beschwor die kommunalen Vertreter, es nicht zuzulassen, dass freiwillige Feuerwehren in jedem kleinen Ort infrage gestellt würden, und dass es nicht sein könne, dass gerade diese Aufgabe an die beiden kommunalen Modelle zur Erfüllung abgegeben werde.

Vielleicht hatten manche Abgeordnete noch einen verklärten Blick bezüglich der Finanzprobleme, die vor uns

stehen, und vor allem auf die finanziellen Spielräume, die die Kommunen noch haben, um selbst Pflichtaufgaben in vollem Umfang erfüllen zu können.

Wenn unser Innenminister Herr Jeziorsky in der „Magdeburger Volksstimme“ am 14. Februar 2004 den Ball den Bürgermeistern zuspielt, dann hat er seine Rolle als oberster Brand- und Katastrophenschutzmeister dieses Landes verkannt. Ich meine, dass er sich zu diesen Problemen nicht so unbedarft äußern sollte.

(Beifall bei der PDS)

Die Situation der Kommunen hat sich weiter drastisch verschlechtert. Die so genannte Gemeindefinanzreform des Bundes war für die kleinen Gemeinden ein Flop. Das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften treibt die Gemeinden nicht scharenweise in das Modell der Einheitsgemeinde, die unbestritten eine höhere Effizienz bei der Aufgabenbewältigung darstellen würde.

Es gibt eine Verordnung zur Ausstattung der Feuerwehren aus dem Jahr 1997, an der unser Innenminister nicht rütteln will; denn die Millionen, die in die Gemeindekassen flössen, versetzten die Gemeinden in die Lage, ihre Wehren ordentlich auszustatten.

Die Mittel aus der Feuerschutzsteuer werden in Abschlägen ab der Mitte eines Haushaltsjahres gezahlt. Die letzte Rate für das Jahr 2003 ist noch gar nicht eingegangen. Die kommt im April dieses Jahres. Die niedrigste Rate für eine Kommune in unserer Verwaltungsgemeinschaft beläuft sich auf 320 €.

Ich werde Ihnen eine Beispielrechnung unserer Verwaltungsgemeinschaft vorlegen: In unseren zehn Wehren der Mitgliedsgemeinden sind 186 Kameradinnen und Kameraden als aktive Mitglieder registriert. Der Millionenanteil, der in unsere Kasse gespült wird, beläuft sich auf ganze 20 880 € und errechnet sich aus dem Flächen- und Einwohnerfaktor. Die Einsatzgebiete nach der ersten und zweiten Ausrückordnung des Landkreises bleiben dabei unberührt. Unter Anrechnung der Einnahmen und der Ausgaben fahren wir in den Verwaltungshaushalten einen Minusbetrag von 73 400 € ein. Der Anteil der einzelnen Gemeinden ist aufgrund der unterschiedlichen Einwohnerzahlen und Einsatzgebiete natürlich anteilig zu werten. Die Vermögenshaushalte sind dabei nicht berücksichtigt.

Die Kosten einer Grundausstattung eines Kameraden oder einer Kameradin mit Schutzjacke, Hose, Einsatzjacke, Helm, Handschuhen und Haltegurten etc. belaufen sich auf rund 1 000 €, und diese Modelle gehören nicht der S-Klasse an. Wir reden über Tauglichkeitsuntersuchungen alle zwei bis drei Jahre, die sich pro Kamerad auf ca. 100 € belaufen. Ich denke an die Schutzimpfung gegen Hepatitis, die pro Impfung 190 € kostet. - Es gibt im Land die Meinung, dass diese Impfung nicht unbedingt erforderlich sei.

Werten wir die Einsätze all unserer Wehren im Jahr 2003 aus, dann sind diese 115 Mal ausgerückt. Davon waren dankenswerterweise nur acht Einsätze bei Bränden zu verzeichnen. 104 Einsätze fielen unter die Hilfeleistung. Die Häufigkeit der Hilfeleistung erfordert eine neue Betrachtung der Situation, ebenso die Verfügbarkeit von Kameradinnen und Kameraden in Anbetracht der Arbeitsplatzsituation und der damit verbundenen Einsatzmöglichkeiten.

Unser Landesbranddirektor Herr Dr. Ladewig äußerte sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 9. Februar 2004 zu dieser Situation. Er meint, die Gebietsreform bringe neue Chancen; denn man könne die Trägerschaft in die Verwaltungsgemeinschaften und Einheitsgemeinden abgeben. - Die Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft spart dabei aber keinen Cent; denn die Verwaltungsgemeinschaft ist der Dienstleister für unsere Gemeinden und muss von diesen bezahlt werden.

Dann kommt noch ein entscheidender Satz: Kleine Wehren sollten nicht abgebaut, sondern nur vom Druck der 24-Stunden-Bereitschaft entlastet werden. - Spätestens dabei beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz: Wir brauchen keine kleinen Wehren mit modernster Technikausstattung, die zweimal im Jahr zum Einsatz kommen, bei denen sich die Reifen der Fahrzeuge platt stehen. Wir brauchen eine andere Ausrückpraxis, eine neue Verordnung zur Vorhaltung von Minimalausrüstung und eine bessere Verteilung der Fördermittel, nämlich dorthin, wo der Kosten-Nutzen-Effekt auch ordentlich dargestellt werden kann.

Ich komme zum Schluss. Denken wir bitte daran, dass unsere Kameradinnen und Kameraden ein unentgeltliches Ehrenamt bekleiden und während der Einsätze ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Das fordert von uns Respekt, aber auch eine ordentliche Grundausstattung zum Schutz dieser Menschen. Und dazu benötigen wir Geld, das wir nicht haben.

Die PDS-Fraktion stimmt dem Antrag der SPD-Fraktion zu. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Theil. - Nun spricht Frau Röder für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ereignisse aus Winterfeld brauche ich genau wie Herr Schulz nicht zu wiederholen. Das haben Herr Rothe und Minister Herr Jeziorsky schon ausreichend dargestellt. Die einzige Frage, die uns interessieren sollte - das hat Herr Rothe auch ausgeführt -, ist die, wie wir dafür sorgen können, dass derartige Ereignisse in Zukunft mit deutlich geringeren Risiken für die Kameraden der freiwilligen Feuerwehren verbunden sind.

An dieser Stelle muss man erst einmal feststellen: Brandschutz ist eine kommunale Aufgabe. Das ist auch nicht erst seit ein paar Jahren so, als irgendeine Landesregierung das an die Kommunen übertragen hat, ohne entsprechende Geldmittel dazu zu geben, sondern das ist schon seit etwa 1 000 Jahren so. Das stammt noch aus dem Mittelalter als Gegenleistung zur Allmende. Das war schon immer eine kommunale Aufgabe.

Zur Erfüllung dieser Aufgabe erhalten die Kommunen vom Land neben den Mitteln aus dem allgemeinen Finanzausgleich, die für solche Sachen natürlich nicht ausreichen, eben auch zweckgebundene Mittel für den Brandschutz. Das sind jährlich etwa 5,6 Millionen €.

Wenn man - Herr Rothe hat das gesagt - für eine Ausstattung für die Stoßtrupps mit der neuen Feuerschutzkleidung etwa 6 bis 7 Millionen € braucht und wenn man

berücksichtigt, dass wir diese Verordnung seit 1997 haben, dann ist seit 1997 auch Geld in Höhe von mehr als 35 Millionen € zweckgebunden für den Brandschutz in die Kommunen geflossen. Damit hätte man diese Ausrüstung fünfmal anschaffen können, wenn man die Priorität auf diese Aufgabe gelegt hätte.

In diesem Sinne ist das Land seinen finanziellen Verpflichtungen ein ganzes Stück weit nachgekommen. Dass auch andere Dinge wichtig sind und erledigt werden müssen, ist klar. Niemand kann also ernsthaft behaupten, dass das Land seiner Verantwortung nicht nachkommt.

Erwähnen muss man auch die Katastrophenschutzschule Heyrothsberge, in der für die Kommunen deren Feuerwehrleute aus- und weitergebildet werden können. Die Katastrophenschutzschule Heyrothsberge hält einen sehr, sehr hohen Standard vor und soll in Zukunft von Sachsen und Thüringen im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland mit genutzt werden.

Seit 1997 besteht also diese Verordnung, nach der die neue mehrlagige Feuerschutzkleidung vorgeschrieben ist. Auf ausdrücklichen Wunsch der Kommunen ist eingefügt worden, dass die alte Kleidung noch aufgetragen werden kann. Hierbei ist das Land - damals noch unter Minister Püchel - dem ausdrücklichen Wunsch der Kommunen nachgekommen.

Man kann sich jetzt nicht hinstellen und sagen: Das Land hätte das besser nicht gemacht; das Land hätte den Kommunen sagen sollen, sie sollten unbedingt die neue Brandschutzkleidung auf der Stelle für alle anschaffen. Hätte man das getan, dann hätte man sich dem Vorwurf ausgesetzt, man würde die Kommunen jetzt über Gebühr mit finanziellen Ausgaben belasten. Man wollte den Kommunen eben diese freie Entscheidung überlassen, hat ihnen aber auch gesagt, dass sie im Laufe der nächsten Jahre schnellstmöglich Stück für Stück diese Kleidung einführen sollten.

Offen ist, in welchem Umfang das tatsächlich stattgefunden hat und wie der Ausstattungsgrad der einzelnen Feuerwehren im Land tatsächlich ist. Das Unglück von Winterfeld gibt uns nun Anlass, die Situation des Brandschutzes im Land genauer zu untersuchen. Aus diesem Grund hält die FDP-Fraktion eine Berichterstattung im Innenausschuss für sehr sinnvoll und wird deshalb auch dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Röder. - Zum Abschluss noch einmal Herr Rothe. - Er verzichtet.

Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen ab über den Antrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/1366. Wer stimmt zu? - Das ist offensichtlich alle. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Damit ist dieser Antrag angenommen und der Tagesordnungspunkt 17 abgeschlossen.

Wie angekündigt, rufe ich nun den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung

Namensgebung und Patenschaft für ein Schiff der deutschen Marine

Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU - Drs. 4/1377

Ich bitte Herrn Kosmehl, diesen Antrag einzubringen. Eine Debatte dazu war nicht vereinbart. Vielleicht eine Probefahrt?

Herr Präsident, da stehe ich aber nicht am Steuer, sonst geht das womöglich noch schief.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der gemeinsame Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU zur Namensgebung sowie zur Patenschaft für ein Schiff der deutschen Marine ist weit mehr als nur ein Werbegag. Es ist unsere Absicht, der gesamten Bundeswehr und insbesondere der Marine unsere Verbundenheit auszudrücken.

Vielleicht ein paar Zahlen für den Hintergrund: Zirka 8 900 Soldaten und 2 000 zivile Bedienstete der Bundeswehr sind in 18 verschiedenen Standorten bei uns in Sachsen-Anhalt im Einsatz. Und hat uns nicht allen gerade die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2002 deutlich gemacht, wie unentbehrlich einsatzfähige und motivierte Soldaten für uns sind? Gerade im Fall solcher Katastrophensituationen, die niemand vorhersehen kann, sind wir auf den Einsatz dieser Soldaten angewiesen. Ich denke, wir alle in diesem Hohen Hause sind für diesen Einsatz heute noch sehr dankbar.

Meine Damen und Herren! Viele Bürger, die in der Nähe eines Bundeswehrstandortes wohnen, wissen um die hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der Bundeswehr für die Region durch die Rolle als Arbeitgeber, durch die Kaufkraft der Soldaten und nicht zuletzt auch durch die Aufträge, die an lokale Firmen vermittelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht zuletzt auf Initiative der Fraktionen der FDP und der CDU hat sich dieses Hohe Haus in letzten beiden Jahren mehrfach mit dem Thema Bundeswehr beschäftigt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch einen kritischen Aspekt anfügen. Dass uns - ich befürchte, auch unserem Bundesland - bei dem Thema Schließung von Bundeswehrstandorten noch einiges bevorsteht, hat Verteidigungsminister Struck bereits im Januar angedroht. Von derzeit rund 630 Bundeswehrstandorten sollen bis zum Jahr 2010 weitere 100 geschlossen werden. Die Reduzierung der Truppe von 285 000 auf 250 000 Soldaten und von 85 000 auf 75 000 Zivilangestellte ist im Verteidigungsministerium fest eingeplant.

Verteidigungsminister Struck betont dabei stets, dass kein Bundesland von den Streichungen, die immer auch Konsequenzen haben, verschont werden wird. Aber es gilt, an dieser Stelle auch achtsam zu sein; denn die Kürzungen müssen - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen - für die Region, also auch für unser Land tragbar und angemessen sein. Der Bundesverteidigungsminister muss sich hierbei auch seiner regionalpolitischen Verantwortung gerade für die neuen Bundesländer bewusst sein, denn nirgendwo sonst in Deutschland gibt es flächendeckend weniger Standorte als im Osten Deutschland.

Meine Damen und Herren! Es liegt jetzt an uns, ein positives Zeichen aus Sachsen-Anhalt für unsere Bundeswehr zu setzen. Das vor kurzem neu aufgestellte Logistikregiment 17 in Burg, welches mittlerweile den Namenszusatz „Sachsen-Anhalt“ trägt, ist ein positiver Anfang, um Verbundenheit zu demonstrieren. Ein nach unserem Bundesland benanntes Schiff der deutschen Marine hätte erneut eine weitreichende positive Signalwirkung.

Wie diese Signale aussehen und warum ausgerechnet unser an keinem Meer gelegenes Land Sachsen-Anhalt als Namenspatron für ein Schiff der deutschen Marine fungieren sollte, möchte ich Ihnen gern aufzeigen.

Die Marine und ihre Einheiten, aber auch ihre Soldaten sind hervorragende Botschafter für unser Land. Die Erfüllung ihrer Aufgaben für die Sicherheit Deutschlands und für den zu gewährleistenden Fortbestand unserer Werte, unserer Kultur und unserer Interessen beruht auf internationaler Präsenz und internationalem Einsatz. Ob es die beteiligten Schiffe und Soldaten im Kampf gegen den Terror am Horn von Afrika, die zur Erfüllung der Bündnispflicht im Einsatz befindlichen Einheiten unter Nato-Befehl oder einfach nur die für Ausbildungszwecke angesetzten Seefahrten sind - die Marine alleine ist mit zurzeit 700 Soldaten im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland weltweit präsent.

Lassen Sie uns heute von hier aus einen herzlichen Gruß an unsere Landsleute richten, die für uns alle diese wichtigen und nicht ungefährlichen Aufgaben erfüllen. Mögen sie alle wieder wohlbehalten nach Deutschland zurückkehren.