Protokoll der Sitzung vom 02.04.2004

ganisieren. Wir als PDS-Fraktion wollen uns daran gern aktiv beteiligen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die CDU-Fraktion Frau Liebrecht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist schon vieles gesagt worden, deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich einiges, was mir wichtig ist, herausstelle. Ich denke, die Präsenz der Situation erlaubt es nicht nur, sondern macht es auch erforderlich, wiederholt auf die Lage aufmerksam zu machen.

Meine Damen und Herren! Den Waggonbauern gehört Achtung und Respekt für ihren Einsatz.

(Beifall bei der CDU)

Es war schon beeindruckend, wie sich am Dienstag, 5.30 Uhr, vom alten Werktor Halle-Ammendorf ein Konvoi mit 17 Bussen mit 800 Waggonbauern in Richtung Bundeshauptstadt in Bewegung setzte. In Berlin angekommen, marschierte der Protestzug vom Schlossplatz zum Tagungsort des Aufsichtsrates, dem Hilton-Hotel, um dort seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen.

Es ist deutlich geworden, dass diese Öffentlichkeit Wirkung bei der Konzernspitze gezeigt hat. Aber die Wirkung kann leider die Ungewissheit, die für die Waggonbauer und für die Stadt Halle bleibt, nicht nehmen. Wir wissen, dass die Belegschaft des Werkes Ammendorf sich durch Kompetenz, durch Fleiß und durch hohe Motivation auszeichnet und in den letzten Jahren viel Verständnis für Strukturveränderungen zeigte und diese mitgetragen hat.

Dennoch haben sich die Beschäftigten weiterhin durch eine gute Qualität, große Produktvielfalt sowie Flexibilität ausgezeichnet. Gerade deshalb haben wir volles Verständnis für die Empörung, den Groll und die Sorge der Waggonbauer des Bombardier-Werkes Ammendorf.

Nach Übernahme von Adtranz durch Bombardier Transportation wurde eine Evaluierung der Neustrukturierung der Europa-Standorte angekündigt. Die damalige Landesregierung hätte zu diesem Zeitpunkt schon für Ammendorf bei Bombardier verhandeln müssen. Zugleich haben bereits andere Bundesländer wie NordrheinWestfalen, Brandenburg und Sachsen mit Bombardier erfolgreich verhandelt und sich für den Erhalt ihres Werkes eingesetzt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die damalige Landesregierung hatte die Chance verpasst.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es steht außer Frage, dass wir uns gemeinsam für diesen großen und mit hochinnovativer Technik ausgestatteten Industriebetrieb einsetzen müssen. Hierbei ist nicht nur die Landesregierung in der Pflicht, sondern ebenso die Bundesregierung. Es ist zu bedauern, dass es an der letzten Rettungsaktion im Jahr 2002 keine konstruktiven Anknüpfungspunkte gibt.

(Frau Dr. Kuppe, SPD, lacht)

Wenig Verständnis habe ich für die Tatsache, dass es über das Gespräch des Bundeskanzlers und Bombardier lediglich eine Pressemitteilung gibt und sonst nichts, worauf man sich berufen kann.

(Zuruf von Frau Grimm-Benne, SPD)

Genauso wurden keine rechtlichen Verbindlichkeiten von der damaligen Landesregierung für das Entgegenkommen eingefordert, die nicht betriebsnotwendigen Flächen des Werkes Ammendorf in Höhe von 7,5 Millionen € abzukaufen,

(Zurufe von der SPD und von der PDS)

was erst die Koalitionsfraktionen Ende des Jahres 2002 über den Nachtragshaushalt umgesetzt haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, das ist Geschichte, aber es sind letztlich wesentliche Ausgangspunkte, die wir mit im Blick haben müssen. Nachdem erst im November des letzten Jahres - das ist gerade vier Monate her - die Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung in Halle-Ammendorf unterzeichnet wurde, haben die Beschäftigten darauf vertraut, dass bis September 2006 eine Perspektive gegeben ist. Daraufhin hat die Geschäftsführung gemeinsam mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft die vorgesehene Personalanpassung bereits vorfristig vollzogen und damit ihren Part der Vereinbarung erfüllt.

Die Geschäftsführung von Bombardier dagegen ist ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen. Der Standortsicherungsvertrag wird schlichtweg ignoriert. Die Pläne, am Standort ein internationales Trainingszentrum zu errichten, verliefen einfach im Sande. Die Bundesregierung, die noch vor zwei Jahren die Verstetigung der Investitionsmittel für die Deutsche Bahn AG zusagte, kann sich jetzt an keine materiellen Zusagen mehr erinnern.

(Zustimmung bei der CDU)

Auf die mündliche Anfrage von Herrn Dr. Bergner im Deutschen Bundestag hieß es vom Parlamentarischen Staatssekretär Herrn Dr. Staffelt, und zwar vorgestern, am 31. März - ich zitiere -:

„Zusagen im Sinne fester Zusicherungen, für deren Umsetzung wir Dritte brauchen, zum Beispiel für die Erteilung von Aufträgen, können wir im eigentlichen Sinne nicht geben. Es stehen keine Staatsbetriebe zur Verfügung.“

(Herr Schröder, CDU, und Frau Fischer, Merse- burg, CDU: Hört, hört!)

Ebenso wurden keinerlei Aktivitäten gezeigt, Ammendorf als Kompetenzstandort für den Bereich Service auszubauen und die notwendige Auslastung bereitzustellen. Ebenso wenig wurde dafür gesorgt, einen begrenzten Neubau von Schienenfahrzeugen zu ermöglichen.

Nachdem es nunmehr durch die konzertierte Aktion von Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft gelungen ist, den Beschluss über die Schließung abzuwenden, gilt es, den Blick nach vorn zu richten und die Zeit zu nutzen, sich gemeinsam um der Sache Willen für den Erhalt des Waggonbaus und des Industriestandortes Halle-Ammendorf einzusetzen.

Da die Situation sehr strittig ist und die Chancen im Voraus nicht berechenbar sind, ist es sinnvoll, mehrgleisig zu fahren. Das bedeutet zum einen natürlich, in erster Linie an dem Ziel Schienenfahrzeugbau festzuhalten

und dafür ein solides Konzept vorzulegen, das allerdings voraussetzt, dass die Forderung des Bombardier-Konzerns vom Tisch muss, dass an diesem Standort - egal, wer die Rechtsnachfolge antritt - keine Schienenfahrzeuge mehr hergestellt werden. Zum anderen sollte ein Konzept erarbeitet werden, das Alternativen aufzeigt.

Das Aktionsbündnis zum Erhalt des Waggonbaustandortes hat gezeigt, dass bei ausreichendem öffentlichen Druck dem Konzern Zugeständnisse abgerungen werden können. Letztendlich liegt es in der Hand des Konzerns, dem Waggonbau die marktfähigen Produkte anzubieten, um den Standort zu erhalten.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wer noch nicht im Waggonbau Ammendorf war, hat etwas verpasst. Sie haben das Erlebnis verpasst, wie es ist, eine Betriebshalle zu betreten

(Oh! bei der SPD)

und vor einem gewaltigen, sich in der Fertigung befindlichen ICE-Wagen zu stehen oder einen S-Bahnwagen unmittelbar aufgebockt bei der Installation der gesamten Elektronik zu sehen. Doch, das müssen Sie einmal erlebt haben.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Also!)

In diesem Moment kann ich jeden Waggonbauer verstehen. Egal, an welchem Standort, auf welchem Bahnhof in Deutschland oder in Europa er sich befindet, wenn sie von Zügen befahren werden, die in Ammendorf gebaut werden, ist er stolz.

(Beifall bei der CDU)

Diesen Stolz trägt er weiter, sodass der Sohn oder die Tochter den gleichen Wunsch hegen, Waggonbauer zu werden. Wir sprechen nämlich hier von einer Stammbelegschaft, die oft auch mehrere Generationen umfasst. Deshalb ist die Sorge umso verständlicher und unser Einsatz besonders geboten.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Ja, was tun Sie denn? - Herr Schröder, CDU: Eh!)

In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam für den Erhalt des Waggonbaus und für den Erhalt des Standortes Halle-Ammendorf kämpfen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Dr. Weiher, PDS: Sagen Sie doch konkret, wie!)

Vielen Dank Frau Liebrecht. - Damit ist das erste Thema der Aktuellen Debatte beendet. Ich habe zunächst die Freude, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Oebisfelde auf der Tribüne begrüßen zu dürfen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun rufe ich das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Uneinigkeit in der Bundesregierung und mangelnde Kompetenz bei Einführung des Emissionsrechtehandels gefährden Arbeitsplätze und Investitionen

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 4/1462

Ich bitte nun Herrn Gürth, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Emissionsrechtehandel ist eine Chance gegeben, die Umweltpolitik marktwirtschaftlich zu organisieren. Es ist im höchsten Grade bedauerlich, dass diese Chance einer Umsteuerung von Umweltpolitik, nämlich zusammen mit verträglicher Wirtschaftspolitik, vertan wird.

(Herr Oleikiewitz, SPD: Zeitung lesen, Herr Gürth!)

Besonders ärgerlich ist, dass dieses für die deutsche Wirtschaft, für so viele Arbeitsplätze in dieser Industrienation Deutschland so wichtige Thema so unprofessionell und so schlecht von der Bundesregierung gemeistert wird.

(Herr Oleikiewitz, SPD, und Frau Grimm-Benne, SPD: Das ist überholt!)