Genau das wollen wir nicht. Es gab in den letzten vier Wochen schon die ersten Gespräche dazu. Natürlich soll das, was vor Ort an Vorhaben zur Veränderung der Zusammenarbeit oder auch zur Veränderung der Strukturen aus freiem Willen der betreffenden Kommunen gemacht werden soll, vollzogen werden. Dazu werden wir sie auch beraten und begleiten.
Aber überall dort, wo Kommunen angesichts drohender staatlicher Zwangsmaßnahmen in einen Konzentrationsprozess genötigt worden sind, sollen sie die Chance einer Meinungsneubildung bekommen.
Wenn wir so vorgehen - davon bin ich felsenfest überzeugt -, schaffen wir auch im kommunalen Bereich das, was immer angemahnt wird: Strukturen, die für zukünftige Aufgabenerledigungen geeignet sind, und zwar nicht durch Zwang, sondern weil man vor Ort ganz genau weiß - das ist in der Altmark anders als im Großraum Halle, im Harz oder im Fläming -, was als nötig erachtet wird. Das wissen die Bürger, die in diesen Bereichen wohnen, besser als eine Landesregierung, besser als ein Parlament. Dort sollen die Entscheidungen fallen und sie werden richtig fallen. - Herzlichen Dank.
Herr Innenminister, dass ich dieses Herangehen für grundsätzlich falsch und verheerend halte, will ich nicht noch einmal betonen. Meine Frage richtet sich jedoch auf eine ganz andere Stelle. Und zwar ist es so: Sie haben eben von einem ersten Landesorganisationsgesetz gesprochen. In der Koalitionsvereinbarung steht zur Frage der Funktionalreform - - Um diese geht es mir jetzt, weil Sie sagen: Das andere können wir erst einmal ausfallen lassen, weil wir zunächst die Funktionalreform machen. In der Koalitionsvereinbarung steht, dass der gemeinsame Katalog, der sozusagen Akzeptanz bei den Ministerien und auch bei den Kommunen gefunden hat,
Nun hätte man denken können, dass dieser gemeinsame Katalog - bei einigen ist es übrigens auch so angekommen - der Antrag gewesen ist, den SPD und PDS im Januar hier verabschiedet haben. Gestern haben wir dazu folgende Detailfrage gestellt: Wie wollen wir denn nun mit der Sozialhilfe umgehen? Die Antwort des entsprechenden Ministers, die vorgelesen worden ist, war: Wissen wir noch nicht.
Können Sie mir jetzt sagen: Was meinen Sie in der Koalitionsvereinbarung mit diesem Satz? Welche Aufgaben betrifft das? Ist das, was Sie eben unter Landesorganisationsgesetz genannt haben, ein Funktionalreformgesetz, Bezug nehmend auf Ihre Koalitionsvereinbarung?
Herr Gallert, Sie wissen aus den Diskussionen der letzten zwei Jahre genauso gut wie ich, dass man ein Gesetz braucht, am Ende ein komplettes Landesorganisationsgesetz. Wenn ich gesagt habe, dass wir ein erstes Gesetz machen, dann kann es noch nicht das komplette Gesetz sein, sondern kann nur den Einstieg regeln. Deswegen ist es auch von mir mit der Bezeichnung „Organisationsgesetz“ versehen worden, weil damit klar gemacht werden soll, dass es ein erstes ist und dass das komplette Gesetz folgen muss.
Das Zweite - auch das haben wir beide schon in Diskussionen ausgetauscht - ist das, was im zeitweiligen Ausschuss zugegebenermaßen mit viel Mühe, auch im Einvernehmen mit den einzelnen Ministerien geregelt worden ist und worüber auch die Ministerien zu reden bereit waren, nämlich welche Aufgaben kommunalisiert werden sollen. Ich glaube, wir reden von dem gemeinsamen Beschluss im Landtag aus dem Monat Januar. Genau mit dieser Aufgabenverlagerung aus dem staatlichen Bereich in den kommunalen Bereich wollen wir zügig vorankommen. Trotzdem gehört ein Gesetz dazu, weil das mit der Aufgabenübertragung allein nicht funktioniert. Es bedarf einiger Eckregeln und darum geht es.
(Frau Bull, PDS: Bis zum 31. Dezember? - Herr Gallert, PDS: Das Gesetz wollen Sie bis zum 31. Dezember verabschieden?)
- Ich habe gerade gesagt, dass wir dieses Gesetz noch in diesem Jahr einbringen werden. Der frühestmögliche Termin - Anhörungen müssen auch sein; das wissen Sie - wird die Landtagssitzung im Monat Oktober sein. Wenn der Landtag dann zügig berät, kann dieses Gesetz zum Jahresende verabschiedet werden.
Sie waren ja auch gelegentlich in dem Ausschuss. Die Diskussionen - wozu manche Ministerien bereit gewesen sind, wissen Sie - scheinen nicht aufzuhören. Deswegen ist eine Vorgabe zu machen, und im Landtag ist am Ende zu beschließen, dass es so gemacht wird.
Zur Freiwilligkeit eines: Wir haben darüber geredet, dass wir einen Zwang bei kommunalen Veränderungen nicht wollen. Die Landesverwaltung ist keine kommunale Verwaltung; dabei ist zunächst die Landesregierung, aber
auch der Landtag - bei der Frage eines Organisationsgesetzes haben wir einen verfassungsmäßigen Auftrag - schon gezwungen, entsprechende Änderungen auch per Zwang vorzunehmen.
Herr Minister, Frau Dr. Paschke hätte gern noch eine Zwischenfrage beantwortet. Wären Sie dazu bereit?
Herr Minister, bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass wir auch gemeinsam mit der CDU zu Beginn der Diskussion über die Frage gesprochen haben, dass irgendwann einmal ein Landesorganisationsgesetz vorgelegt werden muss, also dass man festschreibt, welche Landesstrukturen sozusagen auf rechtlicher Basis an einem bestimmten Punkt festgeschrieben werden, und dass man in einem Paragrafen regelt, wie man weitere Strukturveränderungen vornimmt.
Wenn Sie jetzt aber bezüglich dieses ersten Gesetzes, das bis zum 31. Dezember verabschiedet sein muss, weil die Kommunen dann alles, was übertragen werden soll, übernehmen sollen, von einem ersten Landesorganisationsgesetz sprechen, dann haben wir ein unterschiedliches Verständnis. Denn ich bin immer davon ausgegangen, dass, wenn man Aufgaben überträgt, das irgendetwas mit Funktionalität zu tun hat, und das gehört einfach nicht in dieses Strukturgesetz. Könnten Sie mir zumindest eine begriffliche Erklärung dazu geben, was zuerst auf dem Tisch liegen soll?
Damit wir uns da nicht falsch verstehen, Frau Paschke: In diesem Gesetz wird nicht geregelt, welche Aufgabe übertragen wird. Das wird im Einzelfall gemacht. Aufgabenübertragung ist in dem Falle nicht gesetzlich zu regeln, sondern die Eckpunkte, die ich im Gesetz brauche, um überhaupt eine Aufgabenübertragung in diesem Bereich vornehmen zu können, die müssen gesetzt werden.
Ist erledigt. Danke. - Meine Damen und Herren! Die Rednerliste der Fraktionen führt die Abgeordnete Frau
Verehrter Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Werter Herr Innenminister, ich höre wohl, Sie wollen von einer Zwangseingemeindung Abstand nehmen. Ich werde Sie zu gegebener Zeit daran erinnern.
In der konstituierenden Sitzung des Innenausschusses sprach unser Landtagspräsident Herr Professor Spotka eindringliche Worte. Er sprach über die bedeutsame Arbeit des Innenausschusses und forderte die Nachhaltigkeit von Beschlüssen und Gesetzen in diesem Landtag ein. Ich setze voraus, Professor Spotka, dass der Ernst dieser Forderung nach Nachhaltigkeit auch den anderen im Landtag vertretenen Fraktionen, soweit sie ebenfalls in Regierungsverantwortung standen, zugebilligt wird.
Im Landtag der dritten Wahlperiode wurde der zeitweilige Ausschuss für Funktional- und Verwaltungsreform gebildet, um einen Reformprozess in Gang zu bringen, den unser Land dringend braucht. Im Schreiben des Städte- und Gemeindebundes vom 8. Mai 2002 an alle Mitglieder des Landtages wird unter Punkt 3 aufgefordert, die Grundlagen für die begonnenen Reformen zu bestätigen, konkrete Umsetzungsschritte zu organisieren und keine Verzögerung zuzulassen.
Die Antwort auf diese Forderung ist das Gesetz zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung, welches dem Landtag heute vorliegt. Allein schon die Überschrift dieses Gesetzes ist für viele kommunalpolitische Mandatsträger eine offene Provokation,
vor allem aber für diejenigen, die in den letzten zwei Jahren das veröffentlichte Leitbild der damaligen Landesregierung ernst genommen und mit viel Fleiß an dessen Umsetzung gearbeitet haben.
Ich darf daran erinnern, dass mit der Veröffentlichung des Leitbildes sich im ganzen Land recht schnell - auch ohne gesetzliche Grundlage - Aktivitäten entwickelt haben. Warum wohl?
Die kommunalen Gebietskörperschaften haben die Gebietsreform von 1993/94 noch sehr gut in Erinnerung. Auch hier gab es Fristen, Forderungen der CDU-geführten Landesregierung für Mindestgrößen von Verwaltungsgemeinschaften, für Inhalte öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen und es gab natürlich auch ein Zuckerbrot für den so genannten freiwilligen Zusammenschluss von 50 DM pro Einwohner. Das kann man doch sicherlich noch nicht vergessen haben.
Mit der Veränderung der Gemeindeordnung dahin gehend, dass man nur mit einem 100-prozentigen Beschluss aller Mitglieder dieses Gebilde wieder verlassen kann, war die Einheit auf Dauer zementiert. - So viel zur kommunalen Selbstverwaltung.
Die in der letzten Wahlperiode verabschiedeten Vorschaltgesetze für die kommunale Gebietsreform bilden die Grundlage für eine umfassende Reform in unserem Land. Diese Gesetze stellen Sie nach kurzer Zeit infrage. Damit gefährden Sie nicht nur den gesamten Reformprozess. Nein, damit negieren Sie das ernsthafte Bemühen aller damit betrauten Verwaltungsangestellten, Sie negieren darüber hinaus die Arbeit aller Ausschuss
Und nicht nur das! In diesen Prozess waren die Vertreter des Städte- und Gemeindebundes sowie des Landkreistages eingebunden, und ihre Mitglieder, die Gemeinden und Landkreise, haben ihren offiziellen Vertretern einen Vertrauensbonus für die Mitwirkung an der Gesetzgebung gegeben. Mit diesem Entwurf stellen Sie auch die Glaubwürdigkeit der Spitzenverbände infrage.
Gerade die Vertreter der CDU im zeitweiligen Ausschuss, vor allem unser heutiger Justizminister, mein verehrter Kollege Becker, haben in allen Beratungen die Anhörung der Verbände eingefordert und die Wertschätzung für deren Arbeit zum Ausdruck gebracht.
Wenn man auf die Aussagen der Medien zurückgreift, so wurden am Wahltag im Monat April in ca. 500 Gemeinden unseres Landes Tausende wahlberechtigte Bürger auch an die Wahlurne gerufen, um im Bürgerentscheid oder in der Bürgeranhörung ihr Votum für oder gegen ein neues kommunales Modell abzugeben. Sollen wir als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor Ort nun erklären: Dies war alles nur eine Trockenübung, schwimmen tun wir später? - So politisch verantwortungslos kann man nicht mit dem Wählerwillen umgehen.
Selbst den Vorschlag, den Bürgerentscheid mit einem nächsten Bürgerentscheid wieder aufzuheben, können Sie doch nicht wirklich ernst meinen. Herr Innenminister, Sie besitzen eine große Erfahrung als Landrat. Wollen Sie unseren Gemeinden wirklich ein solches Chaos zumuten?