Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

(Frau Feußner, CDU: Nö!)

Verantwortlich sind die Rahmenbedingungen und die Entscheidung, die Sie jetzt anstreben. Wir haben die Leserbriefe nicht geschrieben.

(Lachen bei der CDU - Unruhe)

- Nein. Das ärgert Sie jetzt wieder gewaltig, dass sich die Leute zu einer Entscheidung äußern, die für sie außerordentlich problematisch ist. Ich kann verstehen, dass Sie jetzt die Schärfe an dieser Stelle hineinbringen, weil es Ihnen eben nicht passt und weil Sie ganz genau wissen, dass Sie mit dieser Entscheidung das Klischee, unter dem Politiker im Allgemeinen stehen, nähren.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU - Unruhe)

Wenn den Leuten im Land diese Beiträge gekürzt werden, wenn Sterbegeld gestrichen wird,

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Frau Feußner! - dann ist es völlig klar, dass die Leute erwarten - wenn das schon als ungerecht empfunden wird -, dass die Politiker nicht die Letzten sind, die sich das streichen oder vielleicht sogar bloß kürzen.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Deshalb ist die Empörung besonders groß.

Herr Gürth, Sie haben in einem Punkt völlig Recht, nämlich in dem, dass es gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung ungerecht ist, dass sie nicht tarifgerecht bezahlt wird, dass hier im Osten Niedriglöhne gang und gäbe sind. Das ist der Kontext, in dem solche Debatten auch zu führen sind. Aber da sind Politiker bei Gott nicht die letzten, die an dieser Stelle nachziehen müssen. Wir werden an diesen Maßstäben genauso gemessen.

(Beifall bei der PDS - Zurufe von Frau Feußner, CDU, und von Herrn Gürth, CDU)

Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/1633 und 4/1655 ein. Die Streitigkeiten tun einer generellen Überweisung keinen Abbruch. Somit entscheiden wir, in welche Ausschüsse die Drucksachen überwiesen werden.

(Herr Scharf, CDU: Ältestenrat!)

- In den Ältestenrat. - Gibt es weitere Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über die Überweisung in den Ältestenrat ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Enthaltung der PDS-Fraktion ist der Überweisung in den Ältestenrat zugestimmt worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 12.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir treten in die Beratung des Tagesordnungspunkts 13 ein:

Beratung

Überführung der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) in einen LHO-Betrieb

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1608

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/1658

Einbringer des Antrages der PDS-Fraktion ist der Abgeordnete Herr Krause. Bitte sehr, Herr Krause.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Vor gut drei Jahren begann die Diskussion über die Gründung einer Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau, um den bis dahin einzeln agierenden Institutionen und Einrichtungen, der Lufa, dem Institut für Tierproduktion Iden, der Fachschule Haldensleben, dem Institut in Biendorf, in Quedlinburg, Ackerbauforschung in Bernburg und anderen, ein gemeinsames Dach zu geben.

Die Gründung der LLG im Sommer 2001 ist als Abschluss eines tiefgreifenden Projektes zur Neustrukturierung und Modernisierung der Landwirtschaftsverwaltung in Sachsen-Anhalt gepriesen worden. Von dieser neuen Einrichtung wurden fachliche und personelle Synergieeffekte sowie eine neue Qualität der interdisziplinären, ergebnisorientierten Aufgabenerledigung erwartet.

Ein Beirat, der damals eigens in Vorbereitung der Gründung der LLG geschaffen wurde, hatte seinerzeit folgende fünf Schwerpunkte für die Arbeit der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau formuliert:

Erstens. Fachliche Absicherung der Umsetzung agrarpolitischer und verwaltungstechnischer Entscheidungen auf Landesebene durch Folgenabschätzungen und die Entwicklung landesspezifischer Anpassungsstrategien.

Zweitens. Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, soweit sie fachliche Spezialkenntnisse erfordern, zum Beispiel Zuchtwertschätzung, Stationsleistungsprüfung, Pflanzenschutz, Düngung, Saatgutprüfung.

Drittens. Wahrnehmung der Aufgaben für die Berufsausbildung in der Landwirtschaft und im Gartenbau.

Viertens. Die Erarbeitung und Anwendung modellhafter Lösungsansätze im Produktions- und Unternehmensmanagement zur Verbesserung der Unternehmensführung und Organisation.

Fünftens. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz der Landwirtschaft und des Gartenbaus in ihrer Vielfalt.

Wie Gärtner und Landwirte und ihre Interessenvertretungen einschätzen, orientiert man sich zielstrebig an diesen Zielen, sodass sich die LLG bereits in dem kurzen Zeitraum ihres Bestehens zu einem echten Partner dieses Bereiches entwickelt hat.

Jetzt, wo die Einrichtung gut am Laufen ist, gibt es in Bezug auf die erneute Umstrukturierung bei den Beschäftigten und den Landwirtschaftsbetrieben eine große

Verunsicherung. Der Wegfall bisheriger Dienstleistungen für die Landwirtschaft und den Gartenbau bewirkt bei den Betroffenen eher Ablehnung als Zustimmung zu der Entscheidung des Kabinetts; denn die Verbindung von fachlich fundierter Spezialkenntnis und hoheitlicher Entscheidungskompetenz hat sich in der praktischen Arbeit deutlich als Vorteil bewährt.

Vor diesem Hintergrund möchten wir unseren Antrag gestellt wissen. Wie die letzte Sitzung des Agrarausschusses zeigte, sind auch die anderen Ausschusskollegen sehr daran interessiert, dass die Regierung hierüber im Ausschuss berichtet.

Nun ist etwas eingetreten, was ich in meiner langjährigen Abgeordnetentätigkeit noch nicht erlebt habe. Im Zusammenhang mit der Terminplanung für unsere Ausschusssitzung ist unser Antrag von Herrn Oleikiewitz schon ins Gespräch gebracht und die Abarbeitung unseres Antrages mit Zustimmung aller Ausschussmitglieder bereits eingeplant worden. Dies ist eine neue Qualität unserer parlamentarischen Arbeit.

In diesem Sinne denke ich, dass einer Zustimmung nichts im Wege steht. Wir würden auch den Punkt im Änderungsantrag der SPD-Fraktion akzeptieren.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Krause. - Meine Damen und Herren! Für die Landesregierung hat nun die Ministerin Frau Wernicke um das Wort gebeten. Bitte sehr, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der PDS beantragt, über die Absicht der Landesregierung, die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in einen Landesbetrieb zu überführen, im Agrarausschuss zu diskutieren. Dem will sich die Landesregierung auch nicht verweigern.

Aber ich will gleich am Anfang eines zurückweisen: Aus der Begründung zu dem Antrag der PDS-Fraktion wird deutlich, dass die PDS die Erfüllung der Aufgaben der LLG durch das Vorhaben generell als gefährdet ansieht. Diese Auffassung zu Landesbetrieben hinsichtlich der Gefährdung der Aufgabenerledigung wird auch in der Großen Anfrage der PDS-Fraktion zu dem Thema Landesbetriebe deutlich.

Es verwundert mich ein wenig, dass man die Bildung von Landesbetrieben nunmehr scheinbar in die Kritik nimmt. Nach meiner Rückkehr in die Landesregierung habe ich eine deutlich erweiterte Inanspruchnahme der Betriebsform nach § 26 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung vorgefunden. Im Jahr 1994 waren noch 149 Landesbedienstete des Landwirtschafts- und Umweltressorts in derartigen Betrieben beschäftigt. Bei meiner Amtsübernahme waren es 1 244.

An diesen Zahlen sieht man schon, dass die Vorgängerregierung diesen Prozess offensiv mit Unterstützung der PDS angegangen ist. Ich glaube, dass wir - für die damalige Opposition kann ich das feststellen - diese Prozesse konstruktiv mit begleitet haben, weil sich alle darüber einig sind, dass Personalabbau, dass effektive Verwaltungsstrukturen und Aufgabenkritik nötig sind, um

die nötigen Spielräume in den Haushalten zu finden. Ich denke, auch darüber sind wir uns einig.

Ich will an dieser Stelle nicht vertiefen, worin die damalige Landesregierung zum Beispiel die erwerbswirtschaftliche Ausrichtung gesehen haben mag. Genau dies tun wir jetzt. Es liegt mir fern, die Entwicklung hin zu Landesbetrieben zu kritisieren. Wir sind da durchaus auf dem richtigen Weg. Ich will nur diese widersprüchliche Haltung in die Diskussion bringen; denn es ist immer einfach, im Einzelfall dann wieder eine grundsätzlich richtige Entwicklung infrage zu stellen.

Ich will nur darum bitten, die Belegschaft nicht zu verunsichern. Die Mitarbeiter sind informiert erstens über den Kabinettsauftrag, zweitens über den Meinungsbildungsprozess und drittens auch über die Zeitschiene.

Eines möchte ich an dieser Stelle hervorheben: Die jetzige Landesregierung hat mit ihrem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung erstmals eine tarifvertragliche, verlässliche Basis geschaffen, die weit über die vielen losen Verabredungen der Landesregierung mit der Gewerkschaft, die in der Vergangenheit getroffen wurden, hinausgeht. Unter diesen Tarifvertrag fallen auch die Mitarbeiter der LLG.

Die Mitarbeiter sind sich dessen bewusst, dass sie sich in Bezug auf Wegstrecken oder auf Beschäftigungsorte neu orientieren müssen. Uns ist allen klar, dass das auch persönliche Probleme mit sich bringt. Deshalb gibt es auch einen regelmäßigen Informationsprozess.

Unter diesen Tarifvertrag - ich sagte das schon - fallen die Beschäftigten der LLG mit Ausnahme der zum Grünen Tarif gehörenden Beschäftigten. Dazu gehören auch die Waldarbeiter. Ich nutze dieses Podium, um zu sagen: Dass sie eben nicht unter diese günstige Regelung fallen, haben diese Mitarbeiter der IG Bau und allen voran Herrn Steppuhn zu verdanken. Damit sollte man sich vielleicht auch einmal auseinander setzen.

Inhaltlich geht es bei der LLG darum, deren Aufgaben unter den sich verändernden Rahmenbedingungen der Landwirtschaft neu zu definieren. Die LLG wird ihren Beitrag zur Zukunft dieses Wirtschaftszweiges auch künftig zu leisten haben. Sie wird dabei mit verminderten Ressourcen auskommen müssen, wie alle anderen Aufgabenfelder der Landespolitik auch.

Wir dürfen in der gegenwärtigen Finanzsituation nicht damit rechnen, zum Beispiel altersbedingt freiwerdende Stellen generell wieder besetzen zu können. Das erfordert, die Aufgaben in konsequenter Weise auf den Prüfstand zu stellen und Schwerpunkte zu setzen, um die Aufgabenpalette künftig auch mit einer geringeren Ausstattung erfüllen zu können.

Ich werde dem Kabinett ein differenziertes Konzept vorlegen, das sowohl den hoheitlichen als auch den erwerbswirtschaftlichen Aufgaben der LLG gerecht werden wird. Ich bin auch gern bereit, mich im Agrarausschuss am 25. Juni 2004 den Fragen der Parlamentarier zu stellen. Ich werde den Ausschuss selbstverständlich auch nach der Verabschiedung im Kabinett über das Ergebnis informieren.

Es wird, wenn ich die Zeitschiene sehe, voraussichtlich im August oder im September zu einer abschließenden Beratung im Kabinett kommen, weil sich der Lenkungsausschuss noch mit der LLG befassen wird. Nach der Entscheidung im Kabinett wird auch der Ausschuss über die Entscheidung informiert werden. Sie können aber am