Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, für Ihren liederlichen Umgang mit unserer Verfassung sollten Sie sich eigentlich schämen.
Ich fordere Sie auf, sich unserem Antrag, der Ihnen allen vorliegt, anzuschließen. Er garantiert die Einhaltung der
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben am 14. Mai 2002 in der „Volksstimme“ erklärt, dass alles das, was ab Herbst dieses Jahres nicht mehr bezahlt werden kann, der neuen Landesregierung in die Schuhe geschoben wird, und dass Sie deshalb eine ehrliche Übergabebilanz benötigen. - Ich kann Ihnen nur zustimmen, denn wir haben das beim Regierungswechsel im Jahre 1994 ebenso eingefordert. Schließlich will man ja nach einigen Jahren wissen, wofür man Verantwortung trägt.
Es gibt allerdings einige Unterschiede. In den letzten Wochen suggerierten Sie der Öffentlichkeit, die alte Landesregierung habe ein Defizit von mehr als 1 Milliarde € hinterlassen.
In der Sitzung des Finanzausschusses am 26. Juni dieses Jahres erklärte der Finanzminister auf meine Nachfrage, dass er der alten Landesregierung Haushaltsrisiken in Höhe von 400 Millionen € und das Defizit aus dem Jahr 2001 in Höhe von 200 Millionen € anrechnet.
Meine Damen und Herren! Der Vorwurf, dass wir Ihnen ein riesiges Haushaltsloch hinterlassen haben, hat allerdings sehr wenig mit einer ehrlichen Bilanz zu tun. Denn getreu dem Motto, wenn ich schon sündige, dann aber richtig und ohne schlechtes Gewissen, erhöhte der Herr Finanzminister die Nettokreditaufnahme um 946 Millionen € und nicht - -
- Herr Scharf, auch Ihr Versuch, sich klammheimlich auf Kosten der alten Landesregierung ein ansehnliches Sparpolster für die kommenden Jahre zu verschaffen, ist an Dreistigkeit und Durchsichtigkeit kaum zu überbieten.
Sie haben hier und heute die Chance, Ihre ungeheuerlichen Vorwürfe zurückzunehmen. Sie sollten diese Chance nutzen.
Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Verabschiedung des Nachtragshaushaltes haben Sie letztlich - denn Sie werden es mit Ihrer Mehrheit durchsetzen - die von Ihnen gewünschte Abschlussbilanz.
Ihre Freude wird allerdings von kurzer Dauer sein, Herr Tullner, denn Sie dürfen nicht vergessen, dass alles, was ab heute an Entscheidungen und deren Folgen aufläuft, auf Ihr und nicht mehr auf unser Konto geht.
„Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht. Und stimmen die Worte nicht, so kommen auch die Werke nicht zustande.“
Dass die Werke nicht zustande kommen, die Sie uns hier ankündigen, werden wir in den nächsten Jahren sehen. Der rote Faden, der sich durch die gesamten Haushaltsberatungen zog, war die inflationäre Verwendung der Begriffe Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit. Meine Vorredner erwähnten es schon.
Insbesondere der Finanzminister trug diese wie eine Monstranz vor sich her. Minister Paqué sagte beispielsweise im Finanzausschuss - ich möchte ihn zitieren -: „Mit dem Nachtragshaushalt kehrt in Sachsen-Anhalt endlich Bilanzwahrheit und Haushaltsklarheit ein.“
Herr Minister, ich glaube, Sie haben mit Ihrer Äußerung ein wenig zu dick aufgetragen; denn der Landesrechnungshof hat Ihnen, wenn ich mich recht erinnere, zahlreiche Verstöße gegen die Prinzipien der Haushaltswahrheit und -klarheit vorgeworfen. Als Beispiele möchte ich benennen die Nichtveranschlagung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und die fehlende Umsetzung des Kapitels Arbeitsmarkt aus Einzelplan 05 in Einzelplan 08.
Im Verlaufe der Haushaltsberatungen wurde deutlich, dass die Fraktionen bei der Auslegung dessen, was sie unter den Begriffen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit verstehen, zum Teil erheblich auseinander lagen. Letztlich haben die Vertreter von CDU und FDP unter Nutzung ihrer Stimmenmehrheit die Definition, was darunter zu verstehen ist, festgelegt.
Herr Finanzminister, in der ersten Lesung hier im Hohen Hause haben Sie auf Ihre Sparbemühungen hingewiesen und die Erwirtschaftung der globalen Minderausgabe als Ihre finanzpolitische Heldentat gefeiert. Ich habe ein Zitat bei mir, das sehr umfangreich ist. Ich glaube, dass ich es mir schenken kann, dieses vorzulesen.
Allerdings möchte ich insbesondere meinen Kollegen von FDP und CDU empfehlen, die Beratungen zum Nachtragshaushalt des Jahres 1994 nachzulesen. Dabei hat Ihr heutiger Ministerpräsident Böhmer zu dem Thema globale Minderausgabe einige sehr anschauliche Sätze gesagt. Dies sollten Sie einmal nachlesen.
Die Untersetzung der globalen Minderausgabe, die Sie uns hier freudig verkündet haben, haben Sie im Finanzausschuss sehr schnell zurückgenommen. Hieran zeigt sich, dass wir Ihren Vorwurf der haushaltspolitischen Beliebigkeit uns gegenüber nun Ihnen machen müssen. Denn Sie selbst sind der haushaltspolitischen Beliebigkeit schneller anheim gefallen, als wir es jemals erwarten konnten.
An dieser Stelle möchte ich auf das Hauptproblem dieses Nachtragshaushaltes eingehen, nämlich die drastische Erhöhung der Nettoneuverschuldung und die Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze.
Meine Damen und Herren! Sie rechtfertigen Ihr Vorgehen durch die formale Feststellung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.
Sie hatten die Pflicht, im Gesetzgebungsverfahren darzulegen, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ernsthaft und nachhaltig gestört ist und - dies bitte ich
ebenfalls zu beachten - dass die erhöhte Kreditaufnahme dazu bestimmt und geeignet ist, diese Störung abzuwehren.
Beide Beweise sind Sie uns im Rahmen der Haushaltsberatungen allerdings schuldig geblieben; denn alle die Probleme, die Sie in den Haushaltsberatungen anführten, waren strukturell und nicht konjunkturell bedingt. Bei einer Überschreitung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze müssen Sie konjunkturelle Probleme bewältigen, was Ihnen hier allerdings nicht gelingt.
Wir sind noch immer der Auffassung, dass all die umständlichen Erklärungen für das Vorliegen einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht notwendig sind, weil Sie die Verfassungsgrenze ohne Not überschreiten. Unser Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt und den ich Ihnen kurz erläutern möchte, wird dies verdeutlichen.
In unserem Änderungsantrag beantragen wir unter anderem, den Ansatz bei Kapitel 08 03 für die Zuschüsse und Zuweisungen im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums wieder auf die ursprüngliche Höhe zurückzuführen. Zur Begründung verweise ich nochmals - ich tat es bereits in den Beratungen im Finanzausschuss - auf die Erläuterungen des Landesrechnungshofes bei der Beratung über den Haushaltsplanentwurf 2002, in der dieser den Kernpunkt auf einen richtigen Haushaltsvollzug legte und betonte, dass die Haushaltsansätze hierin korrekt seien.
Im Entwurf des Nachtragshaushaltsplans haben Sie den Ansatz bei Kapitel 11 04 für die Einnahmen im Rahmen der Vermögensabschöpfung auf null zurückgeführt. Allerdings ist im Rahmen der Beratung deutlich geworden, dass an dieser Haushaltsstelle durchaus mit Einnahmen zu rechnen ist. Laut den uns zur Verfügung stehenden Informationen sind aktuell 19 Millionen € arrestiert. Es ist also damit zu rechnen, dass an dieser Haushaltsstelle auch im Jahr 2002 Einnahmen erzielt werden. Wir haben bei diesem Titel einen neuen Haushaltsansatz in Höhe von 1,7 Millionen € vorgesehen.
Dann möchte ich auf die Ausführungen von Herrn Lukowitz zurückkommen, der darauf hinwies, dass sich die Oppositionsfraktionen in Bezug auf Kapitel 13 02 bei der Entnahme aus dem Grundstock durchgesetzt hätten. Ich zumindest habe die Beratung im Finanzausschuss ein bisschen anders in Erinnerung; denn nur auf sehr großen Druck bis hin zu einer Auszeit, die wir beantragt hatten, waren Sie letztlich bereit, überhaupt einen Schritt nachzugeben.
Allerdings sehen wir es in Anbetracht der Haushaltslage als zwingend erforderlich an, dass die Summe, die hierin zur Verfügung steht und aus dem Abschluss 2001 resultiert, vollständig in den Haushalt überführt wird. Wir beantragen also, einen Betrag von 14 Millionen € aus dem Grundstock zu entnehmen und dem Haushalt zuzuführen.
Des Weiteren beantragen wir, bei Kapitel 13 02 Personalverstärkungsmittel in Höhe des alten Ansatzes einzustellen. Bei den Haushaltsberatungen 2002 war es der politische Wille der Fraktionen der PDS und der SPD, Druck auf die Landesregierung auszuüben, um im Bereich der Personalausgaben weitere Einsparungen zu realisieren. Der Betrag von 30 Millionen € entspricht ca. 1 % der in den Haushalt eingestellten Personalausgaben. Ich erinnere an die damalige Forderung meines Kollegen Herrn Scharf, der sogar die Chance sah, den
Ansatz um 2 % abzusenken. Herr Scharf, wir sind damals nicht so weit gegangen. Lassen Sie uns einfach die Absenkung um 1 % wieder einstellen.
Als weiteren Punkt wollen wir die Ausgaben zur Deckung von Fehlbeträgen, sprich Defizitausgleich 2001, erst im Haushaltsjahr 2003 veranschlagt wissen. Nach unserer Auslegung des § 25 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung ist der Rahmen, den die Landeshaushaltsordnung vorgibt, die verfassungsmäßige Kreditobergrenze. Diese haben Sie mit Ihren Operationen allerdings überschritten. Demzufolge sehen wir es nicht als zulässig an, das Defizit noch in diesem Haushaltjahr zu etatisieren.
Als Punkt, der sich aus unseren Anträgen ergibt, folgt dann die Veränderung der Schuldenaufnahme auf dem Kreditmarkt. Nachdem unsere Anträge vorgestellt worden sind, würde sich eine Absenkung der Kredite um rund 304,6 Millionen € ermöglichen lassen. Im Ergebnis unserer Anträge würde die Verfassungsgrenze um 75 100 € unterschritten werden.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Ende einen kleinen Ausblick auf den Haushalt 2003. Da Sie unseren Antrag sicherlich ablehnen werden, wovon ich fest ausgehe, kann ich Ihnen nur unterstellen, dass Ihr eigentliches Ziel darin besteht, ohne Schrammen über die bevorstehende Bundestagswahl zu kommen. Die bisher vom Finanzminister angekündigten und doch recht nebulös gehaltenen drastischen Einsparungen - oder sollte ich besser sagen: Grausamkeiten? - werden Sie den Bürgern natürlich erst mit dem Haushaltsplan 2003 präsentieren. In diesem Sinne bleibt der SPDFraktion nur, darauf zu warten, dass Sie uns den Haushalt 2003 vorlegen. Dann werden wir sehen, wie ernst es Ihnen tatsächlich mit Ihren Sparbemühungen ist.
Die SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, wird dem Entwurf des Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2002 nur zustimmen, wenn Sie unserem Änderungsantrag die Zustimmung erteilen.