Protokoll der Sitzung vom 18.07.2002

Die SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, wird dem Entwurf des Nachtragshaushalts für das Haushaltsjahr 2002 nur zustimmen, wenn Sie unserem Änderungsantrag die Zustimmung erteilen.

Und zum Schluss: Für die Abstimmung über den Nachtragshaushalt insgesamt beantrage ich schon jetzt eine namentliche Abstimmung. Ich möchte das kurz begründen: Da wir davon ausgehen, dass Sie beabsichtigen, einen verfassungswidrigen Haushalt zu beschließen, halten wir es für erforderlich, das mit einer namentlichen Abstimmung zu dokumentieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Danke, Herr Abgeordneter Doege. - Es spricht für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Scharf. Bitte schön.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Am 22. April dieses Jahres hatten wir Landtagswahl. Der Landtag hat sich am 16. Mai konstituiert. Der Nachtragshaushalt wurde am 20. Juni eingebracht, und heute, am 18. Juli, werden wir diesen Nachtragshaushalt und weitere wichtige Gesetze für dieses Land Sachsen-Anhalt beschließen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Mit dieser Landtagssitzung sind damit die ersten Weichen für einen neuen Kurs in Sachsen-Anhalt gestellt. Nachtragshaushalt, Schulgesetz, Erstes Investitionserleichterungsgesetz, Gesetz zur Stärkung der kommu

nalen Selbstverwaltung - meine Damen und Herren, die Richtung stimmt und die Bevölkerung kann es mit dieser Landtagssitzung erkennen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP, von Minister Herrn Becker und von Minister Herrn Dr. Rehberger)

Die Bevölkerung kann sehen, dass wir nicht in die Sommerpause gehen, sondern dass wir mit einem zügigen und mit einem schnellen Handeln noch vor der Sommerpause Zeichen in diesem Lande setzen. Damit sagen wir der Bevölkerung, wohin die Reise auch in Bezug auf die Bundestagswahl gehen kann.

Ich kann nicht erkennen, dass wir in den letzten Wochen hierbei irgendetwas verschleiert haben. Ich kann nicht erkennen, dass wir irgendeine Diskussion gescheut haben. Ich kann nicht sehen, dass wir uns heute Morgen der Diskussion mit den Bauarbeitern verweigert haben. - Bitte?

(Herr Bullerjahn, SPD: Sie kamen ja gar nicht vorbei! Die standen da!)

- Dann müssen Sie mal eher kommen,

(Heiterkeit)

dann können Sie diskutieren,

(Herr Bullerjahn, SPD: Haben wir doch!)

können Sie vorbeigehen. Wenn man natürlich auf den letzten Drücker kommt, wird das schwierig werden.

(Herr Bullerjahn, SPD: Herr Scharf! - Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

- Ich war nicht da, als Sie da waren. Ich hatte genügend Zeit, mit den Menschen draußen zu sprechen. Das sind schwierige Gespräche, schwierige Diskussionen. Wir weichen den Diskussionen nicht aus.

Wir wollen, dass die Wahrheit jetzt auf den Tisch kommt. Beim Nachtragshaushalt ist die Wahrheit in Zahlen gegossen und deshalb mussten wir noch vor der Sommerpause einen Nachtragshaushalt einbringen und auch beschließen.

Im Übrigen will ich sagen: Was die Landesregierung mit der Bilanz, mit den Ergebnissen der 119. Steuerschätzung und ihren Auswirkungen auf den Haushalt in ihrem Papier vom 11. Juni 2002 vorgetragen hat, ist im Wesentlichen in den Ausschussberatungen von Ihnen nicht infrage gestellt worden.

(Frau Budde, SPD: Bitte?)

- Nein, die Zahlen sind vom Inhalt im Wesentlichen nicht infrage gestellt worden.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Wir haben uns lang und breit und natürlich auch sehr heftig im Finanzausschuss vornehmlich darüber unterhalten, wie wir diese Wahrheiten veranschlagen. Das heißt, es ging darum, wie wir die Wahrheit jetzt zu Papier bringen. Die Bilanz selbst, die das Finanzministerium aufgeschrieben hat und die sich in weiten Teilen - ich möchte sagen: zu über 90 % - mit der Bilanz deckt, die der Landesrechnungshof aufgeschrieben hat, ist von Ihnen in Bezug auf das Zahlenwerk nie ernsthaft infrage gestellt worden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dies ist die Bilanz, mit der wir jetzt umzugehen haben.

Es gibt verschiedene Strategien im Umgang mit der Wahrheit. Die Landesregierung hat als Antwort den Nachtragshaushalt gefunden.

Bei der PDS findet man mal diese und mal jene Strategie.

(Herr Gallert, PDS: Eine differenzierte und nicht mal diese und mal jene!)

- Ich erkenne durchaus an, dass Sie in der Lage sind, einmal ein bisschen so und ein anderes Mal ein bisschen so zu steuern.

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie waren frei genug, sehr schnell zuzugeben, dass der alte Landeshaushalt in Teilen falsch war. Damit haben Sie nicht lange gezögert. Das hätte auch ich an Ihrer Stelle nicht getan. Warum sollte man sich auch übermäßig lange mit einem falschen Zahlenwerk identifizieren, das bald nur noch in der Geschichte zitiert werden wird?

(Beifall bei der CDU)

Sie finden es prinzipiell aber nicht besonders wichtig - ich finde es schon bedenklich -, dass man möglichst ausgeglichene Haushalte vorzulegen hat und sich möglichst ernsthaft bemühen muss, die Neuverschuldung zurückzuführen. Die Frage, wie hoch die Gesamtverschuldung in einem Land ist, ist für Sie, Herr Gallert, - zumindest habe ich den Eindruck - eine ziemlich nebensächliche, zumindest aber nachrangige Frage.

(Herr Gallert, PDS: Wer will denn die Nettoneu- verschuldung um 1 Milliarde € erhöhen?)

In dieser Frage unterscheiden wir uns schon in erheblichem Maße.

(Herr Gallert, PDS: Ja, vor dem Nachtragshaus- halt, aber nicht mehr jetzt!)

Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen - ich komme nachher noch einmal auf diese Frage zurück -: Auch hierbei geht es im Wesentlichen darum, wie wir schon getätigte Kreditaufnahmen sauber veranschlagen. Es ist doch nicht so, dass uns jemand das Haushaltsdefizit aus dem Jahre 2001 geschenkt hätte. Dabei geht es um schon aufgenommene Kredite, die wir jetzt sauber veranschlagen müssen. Es geht nicht um Kreditmittel, bei denen wir uns überlegen können, ob wir sie später einmal in Anspruch nehmen werden oder nicht.

Bei der PDS beobachte ich insgesamt eine recht flexible Strategie,

(Zuruf von Frau Rogée, PDS)

in deren Rahmen man sich überlegt, inwiefern man sich von der Vorgängerregierung distanzieren kann und inwiefern man versuchen kann, sich freizuschwimmen, um für die Zukunft in diesem Parlament relativ frei als Opposition agieren zu können.

(Beifall bei der CDU)

Welche Strategie verfolgt nun die SPD-Fraktion? Ich meine ein Verharmlosen der Fehler der alten Landesregierung erkennen zu können. Es gibt kein generelles Interesse am Aufdecken der Fehl- und Falschveranschlagungen und am Aufdecken der Nebenhaushalte, der Schummeleien, die mehr oder weniger versteckt

durchgeführt worden sind und die jetzt nach und nach ins Licht der Öffentlichkeit rücken.

Die Steuereinbrüche, die wir tatsächlich hinnehmen mussten, werden von Ihnen als mehr oder weniger schicksalhaft bezeichnet. Sie sind aber nicht schicksalhaft, sondern im Wesentlichen von der rot-grünen Bundesregierung veranlasst. Auch das ist ein Schicksal, das am 22. September geändert werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank - Herr Tullner, CDU: Geändert werden muss!)

Wir werden uns natürlich der Steuereinbrüche nicht erwehren können. Wir werden uns in erheblichem Maße auch noch im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2003 mit diesem Thema beschäftigen müssen. Wenn Sie aber sagen, dass seien Rahmenbedingungen, die wir beim besten Willen nicht beeinflussen könnten, dann werden wir Sie nicht so billig davonkommen lassen.

(Herr Dr. Heyer, SPD: Sie brauchen uns nicht davonkommen zu lassen! Wir werden Sie nicht davonkommen lassen! - Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Ferchland, PDS - Zurufe von der CDU)

- Herr Minister a. D. Dr. Heyer, wer hier wen treibt, werden wir in den nächsten vier Jahren noch sehen. Diese Runde ist gerade erst eröffnet worden. Jeder muss seinen Part gut spielen. Spielen Sie erst einmal Ihren neuen Part.

Wir mussten leider, meine Damen und Herren, um bei der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zu bleiben, die bisherigen Haushaltsrisiken, die nicht aufgezeichnet waren, sauber einstellen. Deshalb kommen wir nicht darum herum, die Nettokreditaufnahme auf eine sehr hohe Zahl, nämlich auf 1,5 Milliarden €, anwachsen zu lassen.