Nach dem Scheitern der Gesamtprivatisierung hat die Landesregierung nunmehr am 21. Dezember 2004 in Umsetzung der aufgabenkritischen Vorgaben des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes die Ab
wicklung des Landesmaterialprüfamtes beschlossen. Alle Stellen des Landesmaterialprüfamtes sind bei Titelgruppe 96 eingestellt.
Das derzeitige Personal wird in der Abwicklungsphase noch bestehende Aufträge abarbeiten. Im Einzelfall werden auch neue kurzfristige Aufgaben angenommen, soweit sie einer Personalvermittlung nicht im Wege stehen.
Das Personalservicecenter hat von allen Mitarbeitern Kurzbewerbungen erhalten und ist in die Vermittlung eingeschaltet. Zur Intensivierung der Personalvermittlungsaktivitäten sind bereits zahlreiche Personalgespräche zielgerichtet mit Beschäftigten des Landesmaterialprüfamtes geführt worden oder stehen unmittelbar bevor. Die Beschäftigten sollen mit hoher und vordringlicher Priorität innerhalb der Landesverwaltung vermittelt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neben dieser landesinternen Personalvermittlung werden Teilprivatisierungen bzw. Teilverkäufe aus dem Abwicklungsbetrieb des Landesmaterialprüfamtes angestrebt. Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit hat interessierten Unternehmen angeboten, den Wechsel der Beschäftigten des Landesmaterialprüfamtes zu ihnen intensiv zu unterstützen. Neben dem sich bereits abzeichnenden Wechsel in die Privatwirtschaft soll weiteren Beschäftigten der Übergang zu den Unternehmen erleichtert werden, indem für eine Übergangszeit von längstens zwei Jahren befristete Beurlaubungen aus dem Landesdienst ermöglicht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Nr. 4 des SPD-Antrages kann ich erklären, dass die Landesregierung in allen in dem Antrag genannten Fällen auf der Basis der vom Landtag getroffenen Grundentscheidung konsequent an ihrem Kurs zur Modernisierung der Landesverwaltung durch Aufgabenverzicht, Funktionalreform und Aufgabenkonzentration und -optimierung festhält. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die Debatte wird nun eröffnet. Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl. Bitte sehr, Herr Kosmehl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, zumindest in dem Bereich Inneres kein Antragsglück. Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir Ihren Antrag ablehnen.
Die Gegenstände, die Sie heute wieder in die Diskussion einbringen, sind alt, sind oftmals diskutiert worden und ich denke, von einem Informationsdefizit kann kaum ausgegangen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister hat gerade noch einmal umfänglich zu allen Punkten Stellung genommen, sodass ich mich auf drei Aussagen beschränken werde.
Zum einen: Frau Fischer, das Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz zeigt den klaren Handlungsauftrag, den sich die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf, der im Landtag verabschiedet wurde, gegeben hat.
Aufgabenkritik, Aufgaben abschaffen, privatisieren, kommunalisieren oder optimieren/reformieren - das ist die ganz klare Reihenfolge, die wir bei allen Modernisierungsanstrengungen in der Landesverwaltung abarbeiten wollen. Von einem strukturellen Defizit kann ich nichts sehen; denn das ist, glaube ich, eine sehr gute Struktur. Ich kann sie Ihnen noch einmal nennen: abschaffen, privatisieren, kommunalisieren, optimieren bzw. reformieren.
(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Wenn Sie das noch fünfmal sagen, entscheidend ist, dass das gemacht wird, Herr Kosmehl!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgabenkritik ist auch ein fortlaufender Prozess. Niemand kann davon ausgehen, dass an einem bestimmten Tag der Aufgabenbestand festgestellt und danach alles abgearbeitet wird. Vielmehr ist es fortlaufend zu optimieren.
Frau Fischer, wir haben im Innenausschuss über die Teilpunkte Kataster, aber auch über das Funktionalreformgesetz bereits häufig diskutiert und auch verabredet, dass wir das Thema erneut aufrufen. Gerade was die Funktionalreform betrifft, habe ich sogar gesagt, dass ich sehr gespannt bin, ob ein freiwilliger Personalübergang tatsächlich zu einer Lösung führt oder ob man nicht doch wieder auf einen gesetzlichen Personalübergang, den Sie immer präferieren, übergehen sollte.
Frau Fischer, es bleibt Ihnen unbenommen, dieses Thema im Innenausschuss aufzurufen. Ich denke, der Minister wird sich einer Berichtspflicht nicht entziehen wollen.
Letzte Bemerkung zum Thema Kataster: Ich bin wirklich gewillt, dieses Thema bereits am nächsten Mittwoch noch einmal aufzurufen, obwohl unser Plan schon voll ist. Aber wir machen das auf jeden Fall im Monat April, dass wir endlich einmal versuchen, die Fakten sachlich zusammenzustellen und dann zu gewichten.
Sie stellen sich hier hin und sagen: Zum Thema Konjunktur lassen wir einmal außen vor, was Herr Kosmehl sagt.
Es ist vollkommen anders. Ich sage Ihnen, dass es hauptsächlich um Konjunkturfragen geht. Die Zahl, die der Minister gerade genannt hat, macht deutlich, dass es seit 1997 immer weniger Aufträge werden. Selbst bei einer noch ausgeprägteren Akquise würden Sie nicht zu mehr Aufträgen kommen, weil es keine Aufträge mehr gibt.
Ich glaube nicht, dass Sie feststellen werden, dass aufgrund der Verlagerung von der staatlichen Vermessung zur hoheitlich beliehenen Vermessung bei den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren ein Rieseneinnahmegewinn entstehen würde. Dieses Märchen wollen Sie aber gerade mit dieser These immer wieder fördern.
Das ist nicht richtig. Deshalb lassen Sie uns diese Zahlen im Innenausschuss noch einmal zusammenfassen, damit wir dann auch eine Bewertung hinbekommen. Dieses Märchen vom Einnahmeverzicht der Landesregierung, das auch der Kollege Rothe immer wieder erzählt, das gibt es nicht.
Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Für die PDS-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort. Bitte sehr, Herr Grünert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion unterstützt den vorliegenden Antrag zur Berichterstattung der Landesregierung über den Vollzug von Aufgabenprivatisierung und -verlagerung im Innen- und im Finanzausschuss.
Eine Vorbemerkung, Herr Kosmehl: Der Haushalt enthielt einen Einnahmetitel, der zu reflektieren war aus Leistungen des staatlichen Kataster- und Vermessungswesens. Wenn uns in der Innenausschusssitzung mitgeteilt worden ist, dass auf eine aktive Akquise - trotz der Haushaltslage und der Aufgabenlage ist sicherlich im Haushalt darauf reflektiert worden - verzichtet worden ist, dann ist das aus meiner Sicht schon ein Einnahmeverzicht, den man sich gegönnt hat.
Mit dem Ersten Funktionalreformgesetz war vorgesehen, einen, wenn auch gemessen am Beschluss des Landtages vom 17. Januar 2002 nur kleinen, Aufgabenbestand zu kommunalisieren bzw. zur Kommunalisierung zu übertragen. Offen bleibt dabei, wie die beschlossene Rahmenvereinbarung zur Umsetzung der Funktionalreform mit den kommunalen Spitzenverbänden umgesetzt wird. Auch vor dem Hintergrund des Vorrangs der Privatisierung kommunalisierbarer Aufgaben ist es aus unserer Sicht unumgänglich, die konkreten Entscheidungskriterien der Landesregierung zu erfahren, die einem solchen Schritt vorgelagert sind.
Ginge es nach § 123 der Gemeindeordnung, wären umfängliche Darstellungen der Vor- und Nachteile der öffentlichen oder privatrechtlichen Organisationsform, die organisatorischen, personalwirtschaftlichen, mitbestimmungsrechtlichen sowie die wirtschaftlichen, finanziellen, haftungsrechtlichen und steuerlichen Unterschiede und Auswirkungen der Entscheidung vorgelagert. Ein solches Verfahren ist jedoch derzeit von der Landesregierung - zumindest für uns in den Ausschüssen - nicht erkennbar. Ebenso offen gestaltet sich der Nachweis der auskömmlichen Kostenerstattung des Landes an die Kommunen auf der Grundlage von Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung sowie die Regelungen bezogen auf den Personalübergang.
In diesem Zusammenhang war auch unsere Fraktion über die Äußerung des Innenminister im Innenausschuss überrascht. Ich ging eingangs darauf ein. Er sagte, dass bewusst auf eine aktive Akquise von Verwaltungsaufträgen im Vorgriff auf das noch zu verabschiedende Gesetz über die Reform der Vermessungs- und Katasterverwaltung und damit auf Einnahmen verzichtet wurde. Aus unserer Sicht wurde hierbei klar sichtbar, dass es nicht vordergründig um eine Verbesserung der
Vermessungsleistungen im Sinne der schnelleren und qualitativ höherwertigen Erfüllung und die Effektivität geht, sondern dass es offensichtlich von Klientelpolitik geschuldeter Verantwortung getragen war.
Vor dem Hintergrund der defizitären Haushaltslage des Landes ist eine derartiger Verzicht auf Landeseinnahmen zumindest aus unserer Sicht nicht zu tolerieren. Diesbezüglich bedarf es der Berichterstattung, um derartige Verhaltensweisen zukünftig auszuschließen; denn ich denke, es wird nicht der letzte Bereich sein, der zu privatisieren war.
Auch ist zu prüfen, inwiefern direkt Betroffene von der Entscheidungsfindung auszuschließen sind. Dieser Ausschließungsgrund ist zumindest im kommunalen Bereich rechtlich und gesetzlich geregelt.
Ein generelles Problem stellt sich aus der Sicht der PDS-Fraktion hinsichtlich des Personalübergangs bei der Aufgabenprivatisierung bzw. -verlagerung dar. Am Beispiel des Landesmaterialprüfamtes erwarten wir seitens der Landesregierung klare Aussagen zum zukünftigen personalwirtschaftlichen Umgang und Verfahren bei Aufgabenprivatisierung und -verlagerung sowie zu beabsichtigten Auffanglösungen im Falle des Scheiterns von Privatisierungsvorhaben.
Meine Damen und Herren! Wir hoffen, dass dem Anliegen des Antrags zur Berichterstattung durch die Landesregierung in den genannten Ausschüssen des Landtages entsprochen wird. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Grünert. - Für die CDU-Fraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Bönisch das Wort. Bitte sehr, Herr Bönisch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fischer, ich bin wirklich überrascht, dass gerade Sie diesen Antrag einbringen.
Ich bin auch deshalb überrascht, weil Sie angeführt haben, in wie vielen Ausschüssen die Themen wie oft bereits behandelt worden sind. Zum Thema Kataster hat Herr Kosmehl inzwischen gesagt, dass es noch unterwegs ist und dass verabredet ist,
(Herr Gürth, CDU: Das ist doch ein Showantrag! Das ist alles Show und Theater! - Frau Fischer, Naumburg, SPD: Das ist kein Showantrag! - Wei- tere Zurufe von der SPD)
es wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Bei der Funktionalreform verhält es sich ebenso. Sie selbst, Frau Fischer, sind Mitglied des Finanzausschusses. Sie sind dort auch überhaupt nicht als schüchtern bekannt. Nachfragen sind ständig auf der Tagesordnung.
Das Thema Landesmaterialprüfamt beschäftigt uns schon seit Jahr und Tag. Zuletzt haben wir uns damit am
30. November intensiv beschäftigt. Dort wurde beschlossen, es im Finanzausschuss im Januar wieder aufzurufen. Am 8. bzw. am 10. Februar wurde das Thema erneut behandelt und nun wird die Wiedervorlage im April oder Mai gefordert. Das heißt, wir befassen uns in den Ausschüssen damit. Was beantragen Sie dann eigentlich?