Protokoll der Sitzung vom 15.04.2005

Okay, dann hat sich das erledigt. Ich wollte gerade schimpfen.

Das Schimpfen ist jetzt nicht notwendig. Insofern kann jetzt gleich Frau Dr. Weiher für die PDS-Fraktion das Wort ergreifen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der bestehende Staatsvertrag zur NordLB geändert werden, der im Jahr 2002 mit dem Wegfall von Anstaltslast, Gewährträgerhaftung und einer Übergangszeit bis zum 18. Juli dieses Jahres grundlegende Änderungen erfuhr.

Im Jahr 2002 war allen Beteiligten klar, dass das mit diesen Haftungsgrundlagen verbundene A-Rating und die besseren Refinanzierungsgrundlagen der Bank zukünftig auf andere Weise untersetzt werden müssen. Mit anderen Worten ausgedrückt: Landesbanken und Sparkassen sind spätestens ab 19. Juli 2005 auf eine bessere Eigenkapitalausstattung der jeweiligen Einrichtung angewiesen und müssen eine Geschäftspolitik betreiben, die stärker als bisher gewinnorientiert ist.

Beide Punkte - Eigenkapital und Geschäftspolitik - werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem Ermächtigungsantrag über 150 Millionen € als Kapitalzuführung an die NordLB maßgeblich geändert. Deshalb will ich auf diese beiden Punkte etwas näher eingehen.

Im Jahr 2002 waren konkrete Anforderungen an die Träger im Zusammenhang mit einer stärkeren Eigenkapitalausstattung noch nicht bekannt. Das änderte sich faktisch erst im Sommer 2004, als den Landesbanken und ihren Trägern durch die Rating-Agenturen sehr drastisch klar gemacht wurde, welche Position sie zukünftig ohne die bisherigen Haftungsbedingungen einnehmen würden, wenn sie nicht dringend für eine stärkere eigene Kapitalbasis sorgen würden. Was die NordLB angeht, würde ihr Absinken auf ein B-Rating ihre bisher sehr gute Position und damit natürlich auch die Bedingungen für ihre Klientel eindeutig verschlechtern.

Deshalb wurde von allen bisherigen Trägern die enorme Summe von 2 Milliarden € - der Minister hat sie schon genannt - zur Kapitalaufstockung und Kapitalumwandlung abverlangt, um die Anforderungen zu erfüllen. Zusätzlich belastet wird diese Diskussion nach unserer Meinung durch den Verlust von 1 Milliarde € durch die Beteiligung der NordLB an der Berliner Bankgesellschaft.

Mecklenburg-Vorpommern hat sehr schnell deutlich gemacht, dass es die Erwartungen nicht erfüllen kann und will und deshalb aussteigt. Ob das zukünftig für das

Land problematisch wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall war unserer Meinung nach mit dieser Entscheidung keine Wahlfreiheit für Sachsen-Anhalt gegeben, über Verbleib oder Nichtverbleib in der NordLB zu bestimmen, weil einem weiteren Ausstieg durch die anderen Träger nicht zugestimmt worden wäre.

Aber es gab in zweierlei Hinsicht Möglichkeiten des Verhandelns. Das betraf einerseits die Höhe der zukünftigen Kapitalzuführung Sachsen-Anhalts in Höhe von 150 Millionen €. Das ist für ein Land, das finanziell ohnehin in einer desolaten Lage ist, kein Pappenstiel. Trotz dieser Aufstockung sinkt die Beteiligungsquote am Stammkapital von 10 % auf 8,25 %. Es stellt sich dann durchaus die Frage, ob eine Zuführung von weniger als 150 Millionen € an die NordLB am jetzigen Verhandlungsergebnis Entscheidendes geändert hätte.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Status der NordLB und den vorgesehenen Änderungen. Entscheidend war und ist für die PDS bei der Befürwortung öffentlich-rechtlicher Banken und Sparkassen der mit diesem Status verbundene öffentliche Auftrag.

Man kann lange darüber diskutieren, ob und in welcher Quantität und Qualität der öffentliche Auftrag bisher von der NordLB in Sachsen-Anhalt erfüllt wurde. Natürlich ist er verbunden mit der Förderung einer regionalen Wirtschaftsstruktur, mit der Modernisierung von Land und Kommunen über die Ausgabe von Krediten oder auch über die Übernahme von kultureller Verantwortung. Das ist bisher in Sachsen-Anhalt sicherlich auch geschehen, auch wenn wir uns einig sind, dass das eine oder andere stärker hätte ausgeprägt sein können.

Für uns heißt öffentlicher Auftrag aber nach wie vor: Priorität des Gemeinwohlprinzips vor dem Prinzip der Gewinnmaximierung.

(Zustimmung bei der PDS)

An dieser Stelle werden sowohl im Staatsvertrag als auch in der uns bekannt gegebenen Satzung die Optionen eindeutig verschoben - verschoben vom bisherigen öffentlich-rechtlichen Weg über die Möglichkeit der Beleihung und der Gründung einer Aktiengesellschaft in Richtung privatrechtliche Bank.

Wie unter diesen wesentlichen Änderungen, die im Übrigen in keiner Beratung genannt worden sind, der öffentliche Auftrag künftig noch erfüllt werden kann, muss uns vom Finanzminister noch erklärt werden. Zumindest kann der Wegfall der Priorität des öffentlichen Auftrags aus dem § 5 des alten Staatsvertrags nicht mit dem Hinweis auf den § 4 des neuen Staatsvertrags begründet werden. Aufgaben und Grundsätze einer Bank sind nicht per se identisch und die Übernahme von wirtschaftlichen und finanzpolitischen Aufgaben wird zudem als Kannbestimmung beschrieben.

Als problematisch erweisen sich darüber hinaus einige Details im Staatsvertrag und in der Satzung, die das Spannungsfeld zwischen Exekutive und Legislative sehr plastisch darstellen, so die Regelungen zu den Organen und ihren Aufgaben, zur Stammkapitalhöhe und den Beteiligungsverhältnissen, die Frage der Überschussverwendung - die allein Niedersachsen bestimmen kann -, der Beiräte oder der Umwandlung in eine andere Rechtsform. Diese wesentlichen Regelungen sind in eine Satzung aufgenommen worden, auf die das Parlament überhaupt keinen Einfluss hat. Wichtige Entscheidungsmög

lichkeiten sind damit der Legislative heute und künftig aus der Hand genommen.

Für die PDS-Fraktion wird am Ende ein Abwägen und eine Entscheidung zwischen den Notwendigkeiten und Chancen eines Verbleibs in der NordLB einerseits und den Risiken und Verlusten für das Land und das Parlament bei einer Trägerschaft andererseits stehen. - Ich bitte um die Überweisung beider Anträge in den Finanzausschuss.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Frau Weiher. - Für die FDP-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da ich sehe, dass Sie alle vor lauter Begeisterung für das Thema brennen, versuche ich meine Ausführungen sehr kurz zu halten.

(Heiterkeit)

Die Kapitalerhöhung bei der NordLB ist aus der Sicht der FDP-Landtagsfraktion erforderlich. Die Gründe dafür sind sowohl vom Finanzminister als auch von Frau Weiher dargestellt worden. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass der FDP-Fraktion diese Entscheidung nicht leicht fällt. Die Beteiligung des Staates an einer Bank gehört nicht wirklich zum Kernvorrat liberaler Grundsätze

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

und ist für uns nur aufgrund ganz praktischer Überlegungen zustimmungsfähig.

Bei einer Veräußerung unserer Anteile hätten diese außerhalb Niedersachsens derzeit keinen Käufer gefunden, was uns in eine schlechte Verhandlungsposition gebracht hätte, wenn nicht - wie Frau Weiher das an die Wand gemalt hat - die Trägerversammlung den Verkauf ohnehin verhindert hätte.

Jeder von uns, der schon einmal versucht hat, etwas zu veräußern, wofür es nur einen Käufer gibt, weiß, zu welchen Ergebnissen solche Versuche führen. Meiner Meinung nach wäre dies wirtschaftlich sinnlos gewesen.

Die Verweigerung der bisher offenen Einlagen in Höhe von 150 Millionen € hätte innerhalb der Bank zu einer Verschiebung unserer Einflussmöglichkeiten geführt, sodass Sachsen-Anhalts Einfluss gegen null tendiert hätte und dann unsere Investition von 150 Millionen € ebenfalls sinnlos gewesen wäre.

Deshalb ist ein Verbleiben in der Bank erforderlich und deshalb ist auch die Kapitalerhöhung, die die Landesregierung derzeit vorsieht, erforderlich.

Frau Fischer, zu Ihren Bemerkungen. Wir haben zu dem Zeitpunkt, als wir den Doppelhaushalt verabschiedet haben, nicht sagen können, welchen Weg die Landesregierung sucht, und wir haben nicht sagen können, ob die Erwartungen, die wir daran knüpfen, auch so umgesetzt werden, dass wir tatsächlich einer entsprechenden Kapitalerhöhung zustimmen. Deshalb blieb uns für die Veranschlagung tatsächlich nur die offene Variante.

Ich muss ganz ehrlich sagen, es gibt meiner Meinung nach überhaupt keine transparentere Lösung für dieses Problem, als den Landtag - das werden wir dann bei der

zweiten Lesung tun - darüber beschließen zu lassen, ob er der Landesregierung diese 150 Millionen € bewilligen möchte oder nicht.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Die FDP bezahlt die 150 Millionen € nicht, weil es schick ist, die Beteiligung an einer Bank zu haben. Wir verbinden damit ganz klare Erwartungen. Der Minister hat es bereits skizziert: Wir erwarten ein noch stärkeres Engagement der Bank zusammen mit den Sparkassen für den Mittelstand Sachsen-Anhalts.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir erwarten eine stärkere Positionierung der NordLB als Landesbank Sachsen-Anhalts.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir erwarten, dass die Bank ihr soziales Engagement, das sie seit einer Reihe von Jahren in Sachsen-Anhalt an den Tag legt, deutlich stärker zum Ausdruck bringt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Bravo!)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber mir hat in den vergangenen Tagen der eine oder andere Abgeordnete erzählt, was er mit dem einen oder anderen Kollegen der NordLB - die jetzt plötzlich alle mit uns reden wollen - für Gespräche geführt hat und wie er dabei festgestellt hat, dass die Bank eine ganze Reihe von Aktivitäten im Land durchführt. Ich kann mich noch an ein Gespräch erinnern, das Herr Tullner und ich geführt haben, als wir gefragt haben, wie es mit einer Stiftungsprofessur wäre, und uns die Bankvertreter mit leuchtenden Augen erzählt haben, das gäbe es doch alles längst im Lande.

Sicherlich ist es vielen von Ihnen ähnlich ergangen. Die NordLB macht sehr viel im Land, ich muss aber gestehen, die Öffentlichkeitsarbeit und die Information darüber könnte die Bank sicherlich deutlich verbessern.

Werden diese Erwartungen, die ich formuliert habe, erfüllt, gehe ich davon aus, dass sich das Engagement des Landes für die Wirtschaft und die Gesellschaft unseres Landes rechnet und dann sinnvoll ist. Unter dieser Voraussetzung trägt die FDP-Fraktion die Veränderung des Staatsvertrages und die Kapitalerhöhung mit. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Danke, Frau Hüskens. - Es gibt eine Nachfrage von Frau Dr. Weiher. Lassen Sie diese zu?

Bitte sehr.

Frau Dr. Hüskens, ich habe eine Frage zu der künftigen Übernahme von Sponsoring in Sachsen-Anhalt in stärkerem Maße als bisher. Ich gehe davon aus, dass Ihnen

die alte Satzung bekannt ist, nach der über die Verwendung des Überschusses, was für das Sponsoring wichtig ist, mit der Dreiviertelmehrheit der Trägerstimmen beschlossen werden musste. Nach der jetzigen Satzung, die uns vorliegt, wird mit der einfachen Mehrheit des stimmberechtigten Stammkapitals über die Verwendung des Bilanzgewinns, also des Überschusses, entschieden und damit auch über das Sponsoring.

(Herr Tullner, CDU: Im Ausschuss!)

Die einfache Mehrheit erreicht Niedersachsen, das Land und der Sparkassenverband, locker allein. Alle andere erreichen sie nicht. Wie wollen wir als Land diese beiden dahin bewegen, dass sie sich tatsächlich stärker als bisher in Sachsen-Anhalt engagieren?