Protokoll der Sitzung vom 27.05.2005

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich ein Ritual, das wir heute aufführen: Es gibt eine Steuerschätzung, egal ob im Mai oder im November, die Opposition fordert dann - es ist guter Brauch in diesem Haus - einen Nachtrag, und die Regierung erläutert, warum der entsprechende Nachtrag nicht erforderlich ist.

Frau Weiher, ich muss Ihnen Recht geben: Wenn wir heute das Jahr 2006 hätten und wir hätten die gleichen Haushaltsrisiken, die derzeit im Raum stehen, dann würde ich wahrscheinlich sagen, wir müssen über einen Nachtrag nachdenken. Bei dem, was wir in den vergangenen Jahren gemacht haben, halten wir es für sehr wahrscheinlich, dass wir einen Nachtragshaushalt bringen würden.

Wir haben aber nicht das Jahr 2006, auch wenn der eine oder andere das wünschen würde und der Bundeskanzler schon das wesentliche politische Highlight des nächsten Jahres vorgezogen hat. Mit dem Jahr kann man das nicht so einfach machen, es sei denn, man guckt sich die Schmidt-Show an. Da geht das hin und wieder.

Das bedeutet, dass wir eigentlich, wenn wir dem Alternativantrag der PDS folgen würden, keinen Nachtrag, sondern einen Vortrag machen würden, nämlich auf das Jahr 2006. Das habe ich in unserer Landeshaushaltsordnung noch nicht gesehen.

Das würde auch bedeuten, wenn man der Logik folgen würde, dass wir im November unseren eigenen Nachtrag noch einmal mit dem Nachtrag - oder einem Vortrag - optimieren würden. Wir würden dann im Mai nächsten Jahres noch einmal daran gehen. Ich muss einmal ganz offen sagen: Das ist ein super Beschäftigungsprogramm für das Finanzministerium, sorgt dort für Arbeitsplatzsicherheit und sorgt auch dafür, dass der Finanzausschuss beschäftigt ist. In Ordnung, denn die Kollegen sind ja der Auffassung, dass ich derzeit zu wenig tue.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP - Frau Dr. Weiher, PDS: Was hat denn das mit dem Haushalt zu tun?)

- Man macht einen Nachtrag im laufenden Jahr. Wir haben - wenn Sie einmal in die Landeshaushaltsordnung gucken, Frau Weiher - zwei getrennte Haushaltsjahre und nicht einen Doppelhaushalt quasi über zwei Jahre hinweg.

Demzufolge werden wir den Alternativantrag ablehnen. Das gilt auch für den Antrag der SPD; ich denke, dazu ist schon alles gesagt worden. 80 Millionen €, dazu sage ich einmal ganz ehrlich, Frau Fischer, Ihre Finanzminister hätten ein müdes Lächeln dafür gehabt, wenn Herr Scharf - er war es damals wahrscheinlich immer - bei 80 Millionen € Haushaltsrisiken - -

(Herr Scharf, CDU: Der hätte gar nicht erst ange- fangen nachzudenken!)

Der hätte wahrscheinlich wirklich nur gelächelt.

Frau Dr. Hüskens, möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Zum Schluss. - Denn alle Aspekte, die Sie außer den 80 Millionen € genannt haben, sind im Haushalt bekannt gewesen und sind dort aufgelistet. Die GMA für das Personal in Höhe von 40 Millionen € ist wirklich eine der niedrigsten, die wir in diesem Lande je im Haushalt hatten. Auch die Veranschlagung für die NordLB ist sauber und, denke ich, an Transparenz nicht zu überbieten.

Denn der Landtag, das Plenum, wird dann in der nächsten Sitzung darüber entscheiden.

Demzufolge ist aus unserer Sicht ein Nachtragshaushalt nicht erforderlich. Die Haushaltsrisiken können einkalkuliert werden, können erwirtschaftet werden. Die Landesregierung hat die entsprechenden Maßnahmen bereits ergriffen. Von daher lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Jetzt bitte die Frage von Herrn Gallert.

Frau Dr. Hüskens, jetzt gibt es mit dieser Mai-Steuerschätzung schon eine Prognose für das Jahr 2006, die da sagt, 180 Millionen € minus an Steuereinnahmen.

Sie sprachen darüber, dass man über das Jahr 2006 mit hoher Wahrscheinlichkeit reden muss; Herr Tullner hatte sich im März 2004 sehr viel deutlicher ausgedrückt: Wie sieht die Situation aus, wenn sich diese 180 Millionen € bewahrheiten? Ich meine, wer von uns glaubt schon, dass sich die Mindereinnahmen in der NovemberSteuerschätzung verringern werden? Ist dann ein Nachtragshaushalt für das Jahr 2006 erforderlich oder ist er nicht erforderlich?

Herr Gallert, ich ergehe mich sehr ungern in Kaffeesatzleserei. Man sieht, dass es auch die Fachleute in diesem Bereich trotz allen Sachverstandes nicht schaffen, ihre Prognosen über ein paar Monate einigermaßen auf den Punkt zu bringen.

Wir wissen alle, dass es eines der Grundprobleme ist, dass mit einem so hohen Ansatz, was das Wirtschaftswachstum anbelangt, hineingegangen wird. Ich kann die Bundesregierung verstehen, dass sie das tut. Aber es wird seit Jahren immer gemacht, sodass es schwierig ist zu sagen: Im November wird die Steuerschätzung so oder so sein.

Vor allem, wenn man einmal berücksichtigt, dass wir alle an dem Tag, an dem die Steuerschätzung vom Mai gekommen ist, mit großer Überraschung feststellen durften, dass die Steuereinnahmen und vor allem das reale Wirtschaftswachstum bis dahin deutlich besser war, als man es prognostiziert hatte. Ich muss offen sagen, da zweifle ich manchmal auch an der Prognosefähigkeit. Sei es, wie es sei: Wir haben nun diese Daten als Grundlage.

Ich halte es wirklich für unsinnig, jetzt hinzugehen und einen Nachtrag für 2006 zu machen und den wahrscheinlich noch zweimal zu korrigieren. Dann würden uns die Bürger draußen wirklich fragen, ob wir uns hier selber bespaßen und ordentlich beschäftigen wollen. Von daher halte ich von diesem Vorschlag nichts.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun zum Abschluss der Debatte noch einmal Frau Krimhild Fischer.

Ich mache es auch ganz kurz. - Herr Paqué, es hätte mich wirklich gewundert, wenn Sie für unseren Antrag gewesen wären. Ich glaube, das hätte mich mehr als überrascht.

Aber es gehört schon sehr viel dazu, bei der derzeitigen Finanzsituation unseres Landes und auch der Kommunen von einer „grundsoliden Basis“ zu reden. Ich glaube, insoweit haben Sie ein wenig die Situation verkannt und sich ein bisschen überschätzt.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Dr. Hein, PDS, und von Herrn Gallert, PDS)

Zur NordLB. Sie haben eben gesagt, dass Sie von vornherein nicht avisiert hätten, im Falle der Zusage für eine Kapitalerhöhung die erforderlichen Mittel über Einsparungen im laufenden Haushaltsvollzug aufzubringen. Im Finanzausschuss, Herr Paqué, hat sich das zumindest bis zum Januar immer ein wenig anders angehört. Dort haben Sie nämlich gesagt: Alles bleibt offen; ich will mich nicht festlegen; ich weiß nicht, ob wir überhaupt einer Kapitalerhöhung zustimmen werden. Sie haben aber auch nie gesagt, dass Sie, wenn Sie das tun, dieses nur über eine Neuverschuldung tun wollen.

Wir haben in das Haushaltsgesetz eine Ermächtigung dazu eingestellt.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Das heißt aber nicht, dass man von vornherein davon ausgehen muss, dass man dafür - - Ich kann mich noch genau an Sie, Herr Tullner, und auch an Frau Dr. Hüskens erinnern; Sie haben gesagt: Nur für den Fall, dass wir dies brauchen würden, haben wir das eingestellt. Denn sonst hätten wir es von vornherein ganz sauber und ordentlich in den entsprechenden Titel des Haushalts einstellen müssen.

(Herr Tullner, CDU: Weil wir es noch nicht wuss- ten!)

Frau Fischer, möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Hüskens beantworten?

Gleich. - Zum anderen, Herr Paqué, greifen die Maßnahmen, von denen Sie gesprochen haben, wie der Haushaltsführungserlass, ganz offensichtlich nicht. Wenn man sich die Zahlen per April anschaut, dann ist es so: weniger Einnahmen, mehr Ausgaben. Dann können Sie, Herr Tullner, sagen: Man wird mal sehen, wie sich das noch entwickelt.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das macht er immer so!)

Meiner Meinung nach kann sich das so entwickeln, wie ich es gesagt habe, und Sie müssten dann schon nachweisen, dass es sich anders entwickelt - noch dazu vor dem Hintergrund der hohen Haushaltsrisiken, die wir benannt haben. Diese können Sie nicht einfach wegreden und sagen, man könne das irgendwo einsparen. So einfach geht das eben nicht. Das haben, denke ich, auch die anderen Jahre gezeigt.

Von daher kann ich mich an diesem Punkt nur wiederholen und die Vorlage eines Nachtragshaushalts fordern.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Jetzt bitte die Frage von Frau Dr. Hüskens.

Frau Fischer, Sie haben völlig zu Recht dargestellt, dass wir im Finanzausschuss diskutiert und beschlossen haben, eine zweiseitige Ermächtigung vorzusehen. Die eine Seite ist: Wenn die Beteiligung veräußert werden würde, würde das Geld zur Senkung der Verschuldung verwendet werden. Auf der anderen Seite haben wir gesagt: Wenn eine Kapitalerhöhung erfolgen soll, dann muss der Landtag, muss das Plenum zustimmen, dass diese Gelder über eine Neuverschuldung bereitgestellt werden.

Deshalb ist ein Nachtrag, wie Sie ihn beantragen, nur sinnvoll, wenn Sie nicht über eine Neuverschuldung, sondern über Einsparungen gehen wollen. Angesichts dessen frage ich Sie jetzt einmal ganz ehrlich: Sie wollen also, wenn Sie auf einem Nachtragshaushalt bestehen, die 150 Millionen € im laufenden Haushalt einsparen? Wo wollen Sie das machen?

Frau Dr. Hüskens, wir haben in der nächsten Woche die Beratungen im Innenausschuss und im Finanzausschuss. Ganz gleich, ob Sie die 150 Millionen € im Vollzug einsparen oder ob Sie das über neue Kredite machen, völlig egal, es muss im Haushalt transparent dargestellt werden.

(Herr Tullner, CDU: Ist es doch!)

Das ist es unserer Meinung nach nicht. Denn auch wenn Sie es über eine Erhöhung der Schulden machen, steht es in keiner Schuldenstatistik. Es wird am Jahresende mit dem Jahresabschluss erscheinen und dann wird man es sehen. Aber richtigerweise gehört es von vornherein dorthin, wo es hingehört, nämlich in einen Nachtragshaushalt, auch aufgrund der anderen Risiken, die insgesamt vorhanden sind.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Darf ich eine Nachfrage stellen?)

Ja, so ist es aber, Frau Dr. Hüskens, mögen wir auch unterschiedliche Vorstellungen oder Meinungen dazu haben.

(Beifall bei der SPD)

Noch eine weitere Frage.

Nur damit ich es richtig verstanden habe: Sie wollen also das gesamte Prozedere des Nachtragshaushaltes in Gang setzen, damit wir in der Schuldenstatistik - das ist die eine Seite im Vorbericht - die 150 Millionen € hinzufügen? Das ist Ihr gesamtes Begehr, weil Sie nicht der Auffassung sind - -

Frau Dr. Hüskens, ich habe Ihnen gesagt, dass es mehrere Risiken gibt. Es gibt nicht nur die 150 Millionen € für die NordLB. Es stehen - das, was ich eben genannt habe - die Steuermindereinnahmen, es stehen die Tarifverhandlungen der Angestellten, es stehen die Haushaltsreste, es steht der Altlastenfonds; dieser steht zwar nicht im Haushalt 2005, aber auch da sind Gelder, die man nicht einkalkuliert hat. Es stehen die Ausgabenreste; die Deckung dafür fehlt. Es sind verschiedene Risiken vorhanden, die wir benannt haben und die ich nicht alle wiederholen muss.