Protokoll der Sitzung vom 09.09.2005

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Steinecke. - Meine Damen und Herren! Wir begrüßen jetzt auf der Südtribüne Damen und Herren vom Magdeburger Studieninstitut und auf der Nordtribüne eine Seniorengruppe der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Merseburg/Leuna/Bad Dürrenberg. Herzlich Willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Die Debatte wird mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS beendet. Herr Abgeordneter Gärtner, Sie haben noch einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir werden den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ablehnen. Ich werde noch einmal versuchen, ruhig zu begründen, warum wir das tun.

Der Ausgangspunkt für unseren Antrag, den wir heute gestellt haben, waren die fremdenfeindlichen Angriffe im Harz auf ein Hotel und auf eine Ausflugsgaststätte. Ich finde, wenn im Harz, in einer der Touristenregionen unseres Landes, sozusagen auf eine Werbeveranstaltung unseres Landes solche Angriffe passieren, dann müssen wir in diesem Landtag ein ganz klares Signal gegen Fremdenfeindlichkeit setzen, nicht allgemein gegen Extremismus. Vielmehr - das war der Ausgangspunkt - brauchen wir hier und heute ein klares Signal gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

Das muss das Signal sein, das wir nach draußen senden in die Bundesrepublik Deutschland und nach Europa, damit der Harz seinen Ruf auch weiterhin behält.

(Herr Gürth, CDU: Setzen Sie einmal ein Signal gegen die Fremdarbeiterhetze von Lafontaine! - Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Das ist der erste Punkt.

(Frau Feußner, CDU: Das ist der Spitzenkandidat der Gruppe! - Frau Budde, SPD: Was Sie für Gestalten haben!)

Der zweite Punkt ist die Frage der Gleichsetzung bzw. die Frage, wie bewerten wir Extremismus. Natürlich sagen auch wir ganz klar nein zu Linksextremismus und zu linksextremistischer Gewalt.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Ich sage als Zweites allerdings: Jetzt machen wir erst einmal eine Analyse. Was für ein Problem haben wir denn in diesem Land? - Wir haben - das besagt die Straftatenstatistik, die wir noch einmal bekommen haben - eine deutlich gestiegene Anzahl von Straftaten im rechtsextremistischen Bereich. Schauen Sie sich die Quantität an. Wir haben nicht beim Linksextremismus

ein strukturelles Problem, das sozusagen unsere Demokratie gefährdet.

(Frau Feußner, CDU: Na klar haben wir das! Das ist doch Quatsch!)

Wir haben in diesem Land ein rechtsextremistisches Problem. Das ist das Hauptproblem, das unsere Demokratie zurzeit gefährdet. Dagegen müssen wir ein Signal setzen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD - Frau Feußner, CDU: So ein Blödsinn! - Unruhe)

Schauen Sie sich all das an. Reden Sie mit den Experten. Sie sagen: Wir haben im strukturellen Bereich kein linksextremistisches Problem, sondern wir haben strukturell in diesem Land ein rechtsextremistisches Problem.

(Frau Feußner, CDU: Nein, falsch!)

Wir haben eben in bestimmten Regionen eine rechtsextreme Alltagskultur. Das ist etwas völlig anderes. Diese rechtsextreme Alltagskultur hat zum Beispiel die NPD im Jahr 2002 in den Landtag gebracht. Das war die Ausgangslage. Deshalb sage ich, das ist das Hauptproblem. Diesem Hauptproblem müssen wir uns hier stellen. Deshalb müssen wir dieses klare Signal heute aussenden,

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

ohne dass wir irgendwelche anderen extremistischen Gefahren infrage stellen oder versuchen, sie zu relativieren. Wir haben ein rechtsextremistisches Problem. Dagegen müssen wir vorgehen. Das sollten wir hier und heute deutlich sagen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Gärtner. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Meine Damen und Herren! Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu den Drs. 4/2361 und 4/2390 ein.

Eine Überweisung in einen Ausschuss ist nicht beantragt worden, sodass wir direkt abstimmen, zunächst über den Änderungsantrag in der Drs. 4/2390. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der Fraktion der Linkspartei.PDS und bei der SPDFraktion. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP mehrheitlich angenommen worden.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Schlimm!)

Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 4/2361 in der nunmehr geänderten Fassung ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei der CDU- und bei der FDP-Fraktion. Gegenstimmen? - Bei der Fraktion der Linkspartei.PDS und bei der SPD-Fraktion. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dem Antrag in der Drs. 4/2361 in der geänderten Fassung mehrheitlich zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt 14 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir treten nun ein in die Beratung unseres für heute letzten Tagesordnungspunktes 15:

Erste Beratung

Entlastung von Kosten der Schülerbeförderung für Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nach den Hartz-IV-Gesetzen

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 4/2363

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/2391

Einbringer für die Fraktion der Linkspartei.PDS ist die Abgeordnete Frau Dr. Hein. Bitte sehr, Frau Dr. Hein.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit zwei kurzen Zitaten beginnen:

„Hallo, mich würde mal interessieren, ob jemand, der von Hatz IV lebt und einen 16-jährigen Sohn hat, die Monatskarte für die Fahrten seines Sohnes zu einer berufsvorbereitenden Schule selber tragen muss, oder aber eine Möglichkeit besteht, das Geld für die Fahrkarten bezahlt zu bekommen.“

Eine der Antworten im Forum lautet:

„Ich beziehe selbst ALG II und habe fünf schulpflichtige Kinder. Ich muss die Monatstickets aus eigener Tasche finanzieren. Es ist ja in der Regelleistung auch ein klitzekleiner Betrag für die Fahrkarten mitberechnet, was ein Witz ist; denn damit kannst du echt keine Fahrkarte finanzieren auf Dauer.“

Diese beiden Zitate fand ich bei der Recherche zur der dem Antrag zugrunde liegenden Fragestellung. Nun liegen hier sicherlich andere rechtliche Regelungen zugrunde, als es sie in Sachsen-Anhalt gibt - andere Länder, andere Sitten. Doch auch in Sachsen-Anhalt ist dieses Problem nicht unbekannt.

Wir wurden vor etwa zwei Wochen von Menschen aus Sangerhausen auf ein solches Problem aufmerksam gemacht. In diesem Fall betraf es einen Gymnasialschüler, der von der 11. Klasse an nach dem Schulgesetz des Landes keinen Anspruch mehr auf eine kostenlose Schülerbeförderung hat.

In der Tat beinhalten die Regelleistungen, wie von der Besucherin des Forums festgestellt wurde, einen klitzekleinen Betrag für Verkehrsdienstleistungen. Es sind bei 331 € etwas über 17 € oder genauer - es sind fast 18 €, ich korrigiere mich - 17,91 €. Bei den geringeren Beträgen für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ist das aber entsprechend weniger. Die Monatskarte in unserem Fall kostet bereits 32 € und das ist beileibe kein hoher Betrag. Andere kosten entschieden mehr.

Wir beklagen in halbjährlichem Abstand inzwischen über alle Parteien hinweg die in Deutschland über die Maßen hohe Abhängigkeit der Bildungsbeteiligung von der sozialen Lage der Elternhäuser. Mit dieser Bundesregelung und diesen Landesregelungen wird sie deutlich höher werden.

Jugendlichen aus sozial schwachen Elternhäusern könnte schon aus diesem Grund der Weg zum Abitur über den gymnasialen Bildungsgang verbaut werden, weil die regelmäßigen Fahrtkosten nicht aufgebracht werden können. Es geht übrigens auch um Schulbücher und Ähnliches. Das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.

Das gilt unter Umständen auch für Auszubildende im dualen System, die eine Ausbildungsvergütung erhalten. Womöglich gilt das auch noch für andere Personengruppen, die wir noch gar nicht im Blick haben. Ich jedenfalls bin nach einigen Erkundigungen und Netzrecherchen nicht sehr fündig geworden.

Nun könnte man meinen: Da der uns vorliegende Fall der erste ist, mit dem man sich an uns gewendet hat, ist das Problem nicht so groß. Doch womöglich ist es nur der erste Hinweis auf eine Lawine, die erst noch ins Rollen kommt. Es könnte natürlich auch sein, dass die Betroffenen gar nicht auf den Gedanken kommen, sich an die Politik zu wenden, es beim Schimpfen belassen und sich enttäuscht abwenden.

Ich finde, wir als Abgeordnete haben hierbei eine Verantwortung und müssen frühzeitig reagieren. Eigentlich ist es schon ein halbes Jahr zu spät, wenn wir ganz ehrlich sind.

Deshalb wollen wir die Landesregierung auffordern, nach Abhilfe zu suchen. Im Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden sollte nach einer einvernehmlichen Regelung für diese problematischen Fälle - unabhängig davon, wie viele es sind - gesucht werden.

Zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP sei gesagt: Es würde uns ganz sicher auch interessieren, wie viele Betroffene es gibt. Nur, wer soll das von wem abfragen? Die Agenturen fragen nach meinen Informationen zwar das Alter der im Haushalt lebenden Kinder ab, nicht aber deren Schülerstatus. Sollten wir etwa an den Schulen nachfragen? - Ich befürchte, eine solche Erfassung könnte eine weitere Stigmatisierung der Betroffenen bewirken. Das wollen wir nicht. Deshalb haben wir in unserem Antrag auf eine solche Abfrage verzichtet.

Ich sehe allerdings die Möglichkeiten für eine solche Sachstandserhebung als sehr begrenzt an, eben weil sich Betroffene oft nicht an die Stellen wenden, da sie nicht glauben, dass sie von ihnen irgendeine Lösung erwarten können. Oder sie wenden sich an die Falschen und bekommen Auskünfte wie in unserem Fall: Das geht eben nicht.

Für besonders problematisch halte ich es, wenn wir nach einem Sachstandsbericht im Dezember dieses Jahres überhaupt erst überlegen, ob es Handlungsbedarf gibt. Ich denke, der Handlungsbedarf ist jetzt schon vorhanden - unabhängig davon, wie viele Fälle es gibt.

Deshalb schlagen wir vor, die Sache parallel zu betreiben und unseren Antrag durch den Punkt 2 des Antrags der Fraktionen der CDU und der FDP zu ergänzen. Damit wären wir einverstanden und kämen vielleicht auch zu einer schnelleren Lösung. Man müsste dann vielleicht den Eingangssatz des Punktes 2 um das kleine Wörtchen „auch“ ergänzen. Dann würde sich das logisch anschließen.