Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

irgendeinen aktiven Vorschlag der SPD zur Haushaltskonsolidierung dieses Landes? Ich konnte das nicht finden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sehen Sie, Frau Dr. Hüskens, das ist genau der Unterschied. Sie müssen auch unsere Papiere bis zum Ende lesen.

(Oh! bei der CDU)

Schauen Sie hinein! Wir haben viele Punkte genannt.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Ach!)

Es geht um Personalabbau. Es geht um eine konsequente Verwaltungsreform. Es muss alles getan werden.

(Zuruf von Minister Herrn Prof. Dr. Paqué)

- Nein, der Bund - -

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Aber der Bund soll zahlen!)

- Wir haben im letzten Punkt dargestellt, dass eine Entschuldung eventuell eine der Möglichkeiten ist.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Also der Bund soll zahlen!)

- Nicht nur der Bund soll zahlen. Wir selber müssen auch unsere Hausaufgaben machen. Wir müssen unser Personal abbauen. Wir müssen unsere Verwaltungsreform machen. Wir müssen unsere Aufgaben durchchecken und prüfen, wo gekürzt werden kann. All das steht darin. Lesen Sie es! Es ist ein gutes Diskussionspapier.

Frau Abgeordnete, eine weitere Frage wird gewünscht. - Frau Wernicke, bitte.

Frau Fischer, ich habe Ihrer Rede gut zugehört und ich habe das finanzpolitische Papier sehr gut gelesen. Deshalb stelle ich Ihnen eine konkrete Frage. Sie sprachen davon, dass man im Land ein lebenswertes Wohnumfeld erhalten muss. Sie sagten aber fast gleichzeitig, dass wir uns von flächendeckenden blühenden Landschaften verabschieden müssen. Ich beziehe mich jetzt auf das Wort „flächendeckend“.

Ich habe in dem finanzpolitischen Papier des Kollegen Bullerjahn gelesen, dass er bei der Theaterförderung und bei den Mitteln für den öffentlichen Nahverkehr kürzen will. Hat derjenige - in Eisleben gibt es ein Theater -, der im Mansfelder Land - nach Ihrer Definition in der Provinz - lebt, noch einen Anspruch auf Kultur?

(Beifall bei der CDU)

Jeder hat einen Anspruch auf Kultur, Frau Wernicke. Ich weiß nicht, welche Definition Sie für den Begriff „Provinz“ benutzen. Das steht auf jeden Fall nicht in dem Papier.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Wenn Sie davon sprechen, heißt es nicht nur, dass wir nur die Oberzentren stärken. Das gesamte Umland wird einen ÖPNV und eine Kulturlandschaft haben. Davon bin ich fest überzeugt.

(Unruhe bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fischer. - Meine Damen und Herren! Wir begrüßen jetzt auf der Südtribüne Damen und Herren der Kreisvolkshochschule im Landkreis Aschersleben-Staßfurt sowie Gäste der Landeszentrale für politische Bildung. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Die Debatte wird nun mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fortgesetzt. Es spricht der Abgeordnete Herr Scharf. Bitte sehr, Herr Scharf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Montag wurde an vielen Orten in Deutschland Bilanz zum 15. Jahrestag der deutschen Einheit gezogen. Wenn man einmal von vereinzelten Misstönen absieht, dann bleibt die Bilanz positiv. Wir sind in 15 Jahren enorm weit vorangekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wer gewillt ist, die blühenden Landschaften zu sehen, der kann sie auch sehen.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Oh ja!)

Um bei diesem Bild zu bleiben: Wer die Aufgabe annimmt, ein Land als Ganzes zu entwickeln, der muss auch weiterhin das ganze Land hegen und pflegen und kann sich nicht auf das Anlegen einiger Landesgartenschauen zurückziehen, so schön die im Einzelfall auch sein mögen. Wir geben das Ziel nicht auf, das gesamte Land Sachsen-Anhalt gleichmäßig zu entwickeln. Ich denke, wir haben mit unserem Konzept für die Entwicklung des ländlichen Raumes dafür auch eine schlüssige Lösung vorgelegt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Aber obwohl wir sehr weit vorangekommen sind, haben wir doch nicht alles erreicht, was wir uns in den letzten Jahren als wünschenswert und machbar vorgestellt haben. Es gibt aber zum Glück weiterhin einen Grundkonsens hinsichtlich der Ziele, die wir zu verfolgen haben, das heißt, die Vollendung der deutschen Einheit in Frieden und Freiheit. Damit, meine Damen und Herren, ist auch der weitere Weg für den Aufbau Ost ein gutes Stück weit vorgegeben und zum Glück unter allen Demokraten unstreitig.

Meine Damen und Herren! Die finanzpolitischen Rahmendaten spielten in den öffentlichen Bilanzen, die am 3. Oktober gezogen wurden, nur eine untergeordnete Rolle. Sie wurden aber zum Teil dort erwähnt, wo es um die enormen Transfers von West nach Ost ging. Es ist ein Ausdruck der innerdeutschen Solidarität, dass diese Hilfen in der bundesdeutschen Bevölkerung weitgehend unstreitig sind.

Meine Damen und Herren! Leider werden die Ost-WestTransfers immer wieder in Struktur und Umfang teilweise falsch dargestellt und falsch bewertet. Die gröbsten Unrichtigkeiten will ich noch einmal aufzählen: Nach Angaben des Ostdeutschen Bankenverbandes - das konnte man zum Beispiel wieder in der „FAZ“ lesen - stehen Kapitalflüssen in Höhe von rund 100 Milliarden € jährlich 35 Milliarden € an Steuereinnahmen des Bundes aus Ostdeutschland gegenüber. Das gehört zur Gesamtbilanz dazu.

Zudem besteht mehr als die Hälfte der Transfers aus Sozialleistungen wie Renten und Arbeitslosengeld, wie sie überall in Deutschland und nicht nur in den neuen Bundesländern gezahlt werden.

Eines der - in Anführungszeichen - besten Beispiele für eine öffentliche Falschdarstellung für die Verwendung der Mittel für den Aufbau Ost ist in meinen Augen immer wieder der Autobahnbau. Der Neubau einer Bundesautobahn in Bayern, zum Beispiel der A 6 von Nürnberg in Richtung Prag, ist selbstverständlich eine Aufgabe des Bundes. Der Bau einer Autobahn in den neuen Ländern wird immer dem Aufbau Ost zugerechnet. Hier gibt es durchaus Überschneidungen, die die Öffentlichkeit geradezu verwirren müssen.

Die neuen Länder müssen immer wieder daran erinnern, dass selbstverständlich auch in den neuen Bundesländern der Solidaritätszuschlag gezahlt wird. Auch das heutige Musterland Bayern muss immer daran erinnert werden, dass es, bevor es begann, in den Länderfinanzausgleich einzuzahlen, lange Zeit in enormem Maße davon profitiert hat.

Meine Damen und Herren! Wir werden auf absehbare Zeit in hohem Maße sowohl auf den Solidarpakt II als auch auf den Länderfinanzausgleich angewiesen sein. Der Finanzminister ist hierauf bereits im Detail eingegangen. Ich möchte, meine Damen und Herren, ergänzen, dass wir unsere ungewollte Abhängigkeit von diesen Transferleistungen jedem, der die neuen Bundesländer aus eigener Anschauung kennt, auch wirklich glaubhaft machen können. Deshalb hat der Aufbau Ost bei allen Freunden der neuen Bundesländer und bei allen Freunden Sachsen-Anhalts eigentlich kein Glaubwürdigkeitsproblem.

So wird zum Beispiel auch nach der weitgehenden Umsetzung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit zu Recht anerkannt, dass wir auch auf diesem Gebiet weiterhin eine Infrastrukturlücke haben, die geschlossen werden muss. Wir konnten zum Glück auch feststellen, meine Damen und Herren, dass wir in der Qualität von Forschung und Entwicklung an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Sachsen-Anhalt fast das Niveau der alten Bundesländer erreicht haben, aber diese sich über viele Jahre auf einem noch höheren Niveau haben konsolidieren können.

Anders sieht es, meine Damen und Herren, leider bei der Durchdringung der Industrie mit Potenzialen von Forschung und Entwicklung aus. Hierbei hinken wir noch zurück. Wir haben zum Beispiel in Sachsen-Anhalt 2,1 Beschäftigte in FuE je 1 000 Erwerbstätige, Sachsen hat 4,2 und in den alten Bundesländern ist es noch deutlich mehr. Auf diesem Gebiet müssen wir noch deutlich besser werden, damit wir auf Dauer auch im Technologietransfer die Bedingungen erfüllen können, die wir auf Dauer für einen selbsttragenden Aufschwung auch in den neuen Bundesländern brauchen, meine Damen und Herren.

Professor Paqué ist darin zuzustimmen, dass wir uns zukünftig nur noch das zu fördern werden leisten können, was das Land wirtschaftlich voranbringt und geeignet ist, die hohe Arbeitslosigkeit mittelfristig zu beseitigen. Deshalb müssen wir dem Technologietransfer und der Industrieforschung auch weiterhin eine hohe, in meinen Augen sogar eine höhere Aufmerksamkeit als bisher zollen.

An dieser Stelle will ich auf das eingehen, was ich heute Morgen in der Zeitung gelesen habe, was unser verehrter Kollege Gallert an neuen - die „Volksstimme“ betitelt es so - „radikalen Schwenks“ in der Förderpolitik dieses Landes Sachsen-Anhalt zu kreieren versucht. Wenn das wirklich die neue Absicht der PDS ist, dann frage ich mal die PDS, warum sie sich nicht schon in den letzten Jahren, wenn wir über Förderpolitik gesprochen haben, deutlich anders verhalten hat.

Dieser „radikale Schwenk“, der bei Ihnen erst einmal vermutet wird, ist in meinen Augen doch höchst unglaubwürdig. Ich kann eigentlich nicht davon ausgehen, dass Sie dies wirklich ernst meinen, es sei denn, Sie werden es dem Landtag heute oder in den nächsten Wochen noch etwas deutlicher erklären.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Frau Bull, Linkspartei.PDS)

Dann bitte ich Sie aber auch, Ihr Verhalten bei der Diskussion über den Volksentscheid zum KiFöG zu erklären; dann bitte ich Sie auch zu erklären, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen bei Diskussionen mit Hartz IVDemonstranten aufgetreten sind und wahrscheinlich auch in Zukunft auftreten werden. Und ich bitte Sie auch zu erklären, wie Sie zum Beispiel den Stadtumbau Ost und andere weiterhin unverzichtbare Subventionstatbestände in diesem Land Sachsen-Anhalt umsetzen wollen. Denn es geht nicht in jedem Fall um technologische Höchstleistungen, sondern es geht schlicht darum, dass wir diejenigen Bereiche, die wir fördern, auch zukünftig unterstützen müssen, so sehr - das habe ich vorhin deutlich gesagt - Forschung und Entwicklung natürlich ein Aufgabenschwerpunkt sein müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber das, was Sie heute als möglichen radikalen Schwenk angedeutet haben, werden Sie - kann ich mir vorstellen - überhaupt nicht durchhalten, nicht durchhalten wollen. Oder Sie haben vor, unterschiedliche Zielgruppenansprachen dort zu halten, wo Sie gerade sind, dass Sie beim Verband der Wohnungswirtschaft etwas anderes sagen als zum Beispiel vor dem Bankenverband ostdeutscher Länder oder wenn Sie mit Hartz IVDemonstranten diskutieren. Aber das wäre nicht ganz neu. Wir werden das ganz genau beobachten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Harte Drohung!)

- Das mit der Beobachtung? Aber sagen Sie es nicht gleich Herrn von Bose.

Aber, meine Damen und Herren, egal, wie die Entwicklung läuft, auf eines müssen wir uns einstellen - darüber sind wir uns ja alle einig -: Wir gehen Zeiten sinkender Haushaltsvolumina entgegen. Die mittelfristigen Finanzszenarien, die auf uns zukommen, sind auch in etwa unstreitig. Das heißt, wir werden um eine Neuevaluation aller Förderprogramme und all dessen, was wir uns leisten, nicht herumkommen. Dies ist eine entscheidende Aufgabe.

Jeder weiß auch, dass diese Bewertungen schwierig und immer wieder umstritten sein werden und es letztlich bei den Bewertungen auch auf den Bewertungsalgorithmus ankommt. Wenn man das von Dritten machen lässt oder sich so genannte Experten an diese Aufgabe heranmachen, geben sie sich ein Punktesystem vor und

nach dieser Methode rechnen sie dann die Landeshaushalte durch.