Warum soll ich als Opposition unbequeme Wahrheiten mittragen? Wie hat sich Herr Gallert dazu in der „Volksstimme“ geäußert? - Broschürenschreiben ist eben das eine.
Bei den Themen, bei denen Sie sich Ihrer politischen Verantwortung gestellt haben, etwa beim KiFöG, haben Sie dann die folgende interessante Variante gespielt: Die Fraktion ist zum Teil dafür, die Partei ist dagegen. Pudel wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Eine verantwortliche Zukunftspolitik sieht anders aus. Ich denke, die kann man auch ein Stück weit mittragen, wenn man in der Opposition ist.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat in der vergangenen Woche den Fortschrittsbericht für die Nutzung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen vorgelegt. Die SoBEZ zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten bzw. zum infrastrukturellen Nachholbedarf sowie zum Ausgleich unterdurchschnittlicher kommunaler Finanzkraft stellen zurzeit einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung unseres Landes dar. Ab 2006 wird deren Umfang abgeschmolzen und ab 2020 sollen wir ohne Finanztransfer auskommen. Das ist der Brocken, über den wir uns als Bundesland tatsächlich Gedanken machen müssen.
Der Bund erwartet derzeit von uns die ausschließliche Nutzung dieser Mittel im investiven Bereich. Unabhängig von der laufenden Diskussion über die verschiedenen Berechnungsmodelle muss die Frage erlaubt sein, ob eine haushalterische Festlegung in den Hauptgruppen 7 und 8 tatsächlich Sinn macht. Das ist heute schon mehrmals gesagt worden.
Nein, Bund und Länder müssen sich meiner Meinung nach über eine neue Berechnungsgrundlage verständigen mit dem Ziel, dass der Aufbau unserer Bundesländer im Fokus steht und wir nicht irgendwelchen doch schon ein bisschen angestaubten kameralistischen Vorstellungen folgen.
Meine Damen und Herren! Die Finanzierung von Forschungsleistungen, die Finanzierung von Entwicklungsleistungen in Unternehmen ist konsumtiv. Die Kollegen aus der Wirtschaft sehen das völlig zu Recht nicht so; denn wir alle wissen, dass das Ausgaben sind, die unser Land zukunftsfähig machen und die für uns wirklich von eminenter Bedeutung sind.
Gleichzeitig - ich lästere dabei immer ein bisschen - lässt man Denkmäler bauen. Auch sehr viele Fahrradwege sowie den einen oder anderen Straßenverkehrskreisel kann ich bauen, und zwar selbst oben in der Altmark - das ist eine Gegend, die ich sehr gut kenne -, wo eigentlich keiner vorbeifährt. Es sind investive Mittel und es handelt sich demzufolge um eine gute Ausgabe, obwohl die meisten von uns anzweifeln, dass das Geld dort wirklich richtig eingesetzt ist.
Ich denke, wir haben im Landtag Konsens darüber, dass die einseitige Fokussierung der Bundesebene auf die in
vestive Nutzung der Gelder unsere Entwicklung behindert. Es ist schon absurd, dass fast von den gleichen Personen und oft am gleichen Tage gefordert wird, wir sollen mehr Geld für die Bildung ausgeben, die Mittel des Bundes aber nur für Investitionen verwenden.
Besonders gut gefällt mir das Beispiel des grünen Bundestagsabgeordneten Schulz, der der „Financial Times“ einmal vorgeschlagen hat, wir sollten Strafe bezahlen, wenn wir Gelder des Bundes fehlverwenden. Man muss sich das so vorstellen, dass wir für die Hochschulen Geld ausgeben und müssen die gleiche Summe an Anteilen der SoBEZ an den Bund zurückzahlen. Am gleichen Tag hat Frau Roth, von der ich gehört habe, sie gehöre derselben Fraktion an und habe bislang dort ein nicht unwesentliches Amt bekleidet, gefordert, gerade Sachsen-Anhalt müsse dringend mehr Geld in die Kinderbetreuung stecken. Da muss ich sagen: Wo leben die eigentlich?
Ich frage mich, ob die Politiker, die an ein und demselben Tag in ein und derselben Zeitung diese Aussagen treffen, sich wirklich die Mühe gemacht haben, wenigstens herauszufinden, von welchen Investitionen sie denn reden.
Ich kann CDU und SPD im Bund, sollten sie in den nächsten Wochen doch noch zu einer Regierungsbildung in Berlin kommen, nur nachdrücklich auffordern, dafür zu sorgen, dass die Investitionsdefinition bei den Sonderzuweisungen nicht der des Haushaltsrechtes folgt, sondern ein bisschen dem gesunden Menschenverstand und vor allen Dingen den Interessen der neuen Bundesländer, ganz gleich was Sachsen davon hält.
Das würde uns in allen ostdeutschen Bundesländern die unberechtigten Vorwürfe ersparen, wir verfrühstückten die Zukunft unserer Kinder und dazu auch noch die der Kinder aus den alten Bundesländern. Nein, wir wollen aktiv die Zukunft unseres Landes gestalten.
Meine Damen und Herren! Ich will die Verantwortung nicht nach Berlin delegieren. Auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung sind die öffentlichen Haushalte in Ost und West von unterschiedlichen Aufgabenstrukturen gekennzeichnet. Jeder, der in die Haushalte eines anderen Bundeslandes gesehen hat, wird das feststellen. Das hat natürlich seine Gründe in unseren unterschiedlichen historischen Entwicklungen und zum Teil auch in den sehr unterschiedlichen finanziellen Ausgaben, die wir uns in den ersten Legislaturperioden geleistet haben und leisten konnten. Ich denke, da sind alle Fraktionen im Plenum mit in der Verantwortung. Auf diese unterschiedlichen Entwicklungen müssen wir natürlich Rücksicht nehmen.
Trotzdem zeigt eine Benchmark zwischen den Haushalten immer noch Einsparpotenziale, und ich gehe davon aus, dass sie es uns ermöglichen werden, zukünftig Neuverschuldung und Zinsbelastung niedriger zu halten.
In diesem Zusammenhang - das muss ich sagen - finde ich es bemerkenswert, Herr Bullerjahn, dass es die SPD in ihrem neuesten Finanzpapier für unzumutbar hält, wenn für die wesentlichen Ausgaben in Sachsen-Anhalt die gleichen Pro-Kopf-Aufwendungen angesetzt werden wie in Schleswig-Holstein. Ich hoffe, dass das die Kollegen in den alten Bundesländern nicht so sorgfältig gele
sen haben, und ich frage mich, was Ihre Genossen in Schleswig-Holstein dazu sagen, die dort relativ lange regiert haben. Ich glaube nicht, dass sie das, was sie dort getan haben, für unzumutbar halten.
Ich glaube, Schleswig-Holstein könnte eher ein positives Beispiel sein. Frau... - wie hieß sie noch? Den Namen habe ich schon wieder vergessen - war durchaus ein positives Beispiel, was sozialdemokratische Haushaltspolitik anbelangt. Sie hat einiges versucht. Vielleicht sollten wir in Sachsen-Anhalt dem einen oder anderen Beispiel folgen; aber ich vermute, dass das gegen die Stimmen der SPD stattfinden würde.
Meine Damen und Herren! Im konsumtiven Bereich gibt es den deutlichsten Unterschied im Personalbestand. Darüber besteht im Landtag Konsens. Es besteht darüber Konsens, Frau Fischer, dass wir sowohl die Ausgaben- als auch die Aufgabenumfänge abbauen müssen. Wir dürfen niemandem vormachen, dass wir Personal abbauen könnten, ohne auf öffentliche Aufgaben zu verzichten. Anders funktioniert es nicht. Ich wäre Ihnen daher dankbar, Frau Fischer, wenn Sie künftig auch den einen oder anderen Vorschlag unterbreiten würden, auf welche Aufgabe und dann auf welche Ausgabe wir im öffentlichen Bereich verzichten wollen.
Darüber hinaus müssen wir die anderen konsumtiven Bereiche sehen. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir deutlich höhere Pro-Kopf-Ausgaben im Kulturbereich haben, dass wir auch in einer ganzen Reihe von Förderprogrammen, die konsumtiver Natur sind, also Hauptgruppe 6, noch über dem Bundesdurchschnitt liegen. Wir müssen dies schlicht und ergreifend sukzessive prüfen und umsetzen.
Bezüglich der Unternehmen ist unsere Vorstellung, dass man von den verlorenen Zuschüssen, die wir im Augenblick zahlen, schrittweise auf rückzahlbare Darlehen umsteigt. Ich glaube, das wird deutlich stärker als bisher dazu führen, dass Unternehmen nur für solche Leistungen Gelder in Anspruch nehmen, die auch Gewinn versprechend sind.
Ich glaube, Herr Gallert, das würde uns auch mehr helfen, als wenn wir sagen würden, dass wir nur die innovativen Unternehmen fördern wollen. Als Liberale sagen wir natürlich, dass innovative Unternehmen, innovative Produkte gefördert werden müssen. Ich bin aber der Auffassung, dass wir auch die Unternehmen fördern müssen, die sich bei uns ansiedeln, um Arbeitsplätze zu schaffen. Wir werden nie und nimmer für alle Menschen in diesem Bundesland Arbeitsplätze nur in innovativen Bereichen finden. Es wird immer einen großen Teil der Menschen geben, die auch in anderen Unternehmen und mit anderen Tätigkeiten ihr Geld verdienen.
Meine Damen und Herren! All diese Aufgaben haben wir in den letzten drei Jahren angefasst. Wir sind dabei, die Strukturen unserer Landesausgaben langfristig auf solide Füße zu stellen, und wir werden diese Aufgaben in den kommenden fünf Jahren weiterführen, sodass Sachsen-Anhalt noch lebenswerter und noch wirtschaftsstärker wird. Ich sage salopp: Dann klappt es auch mit dem Nachbarn!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Hüskens. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Regierungserklärung abgeschlossen. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Somit ist Tagesordnungspunkt 1 beendet.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Schülerinnen und Schüler des Luther-Gymnasiums Wittenberg.
Entsprechend § 45 unserer Geschäftsordnung findet, wie Sie wissen, auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der genannten Drs. 4/2409 zwei Kleine Anfragen für die Fragestunde vor.
Ich rufe zunächst Frage 1 auf. Frau Abgeordnete Madeleine-Rita Mittendorf wird ihre Frage, die die Abschlüsse von Schulabgängerinnen und Schulabgängern im Schuljahr 2004/2005 in Sachsen-Anhalt betrifft, stellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 27. Juli 2005 informierte Kultusminister Herr Professor Olbertz über die Abschlussquoten des 10. Schuljahrganges an Sekundarschulen im Schuljahr 2004/2005 und lobte die Leistungen der Schüler und Lehrkräfte.
In der Antwort der Landesregierung auf eine von mir gestellte Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung sieht sich die Landesregierung jedoch nicht in der Lage, die erfragten Zahlengrundlagen für die Pressemitteilung vorzulegen. In den Vorbemerkungen berief sich die Landesregierung lediglich auf eine Zusammenfassung der Ergebnisse durch das Landesverwaltungsamt und konstatierte:
„Ein vollständiges und detailliertes Bild der an den allgemein bildenden Schulen erreichten Abschlüsse ergeben erst die Daten der jährlichen Schuljahresendstatistik des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgt im Oktober/November. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der Vorjahre ist nur auf der Grundlage einer gleichen Datenbasis sinnvoll und muss sich auch für das Jahr 2005 auf die Schuljahresendstatistik des Statistischen Landesamtes stützen.“
1. Warum verkündet der Kultusminister bereits Ende Juli 2005 eine Erfolgsbilanz der Abschlussjahrgänge der Sekundarschulen im Schuljahr 2004/2005, wenn nach Aussage der Landesregierung erst die Daten der jährlichen Schuljahresendstatistik des Statistischen Landesamtes im Oktober/November 2005 ein vollständiges und detailliertes Bild der an den allgemein bildenden Schulen erreichten Abschlüsse ermöglichen?
2. Aus welchem Grund hat die Landesregierung dem Parlament in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage die der Pressemitteilung des Kultusministers zugrunde liegenden Daten des Landesverwaltungsamtes vorenthalten?
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Mittendorf. - Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung zum Thema „Abschlüsse von Schulabgängerinnen und Schulabgängern im Schuljahr 2004/2005 in SachsenAnhalt“ wird durch den Kultusminister Herrn Professor Dr. Jan-Hendrik Olbertz erteilt. Bitte sehr, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Frau Abgeordneten Mittendorf beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt.
Zu Frage 1: Meine Pressemitteilung vom 27. Juli 2005 bezog sich ausschließlich auf die Ergebnisse der Abschlussprüfungen 2005 an den Sekundarschulen. Ermittelt haben wir sie durch eine Befragung aller Sekundarschulen durch das Landesverwaltungsamt.
Für die erschöpfende Beantwortung Ihrer Kleinen Anfrage in der Drs. 4/7069 vom 16. September 2005 waren jedoch Angaben für alle Schulabgängerinnern und Schulabgänger aller Schulformen und Schuljahrgänge erforderlich. Diese Daten liegen meinem Haus erst seit ziemlich genau einer Woche vor, und zwar mit den Ergebnissen der Schuljahresendstatistik, die durch das Statistische Landesamt erhoben wird.