Wir haben von vielen Menschen der betroffenen Gebiete gesagt bekommen, dass sie diese Äußerung als ignorant und empörend empfunden haben. Wessen gesamtes Zuhause in den Fluten versinkt oder tagelang im Wasser steht, der hat überhaupt kein Verständnis dafür. Ministerpräsident Böhmer wollte „das Kind schon schaukeln“, wie sein Wahlplakat zeigte; stattdessen haben uns
Der an die Sächsische Staatsregierung gerichtete Vorwurf, Gelder nicht oder zu spät abgerufen zu haben, trifft in der Sache auch diese Landesregierung, weil sie die Gelder effektiv auch erst einen Tag vor der sächsischen abgerufen hat. Bei unseren Gesprächen mit Betroffenen haben wir mit Ausnahme von Dessau festgestellt, dass in ganzen Regionen bislang nur die ersten 500 € zur Auszahlung gekommen sind. Allenfalls private Spenden erreichten diese Opfer. Nun fragt man sich: Wieso geht das schneller als staatliche Hilfe im Rahmen der Fürsorgepflicht als einer klassischen staatlichen Aufgabe?
Unverständlich bleibt uns auch, weshalb sich in diesem Landtag im Gegensatz zu Sachsen und Niedersachsen keine Mehrheit für eine Sondersitzung zum Hochwasser bilden konnte.
Wir haben nach unseren Besuchen eine ganze Reihe von Sofortmaßnahmen, die wir vorgeschlagen haben, präzisiert und qualifiziert, sodass wir dazu für die heutige Sitzung insgesamt drei Anträge unterzeichnet haben, einen davon als Mitunterzeichner, nämlich den zur Bildung des zeitweiligen Ausschusses Hochwasser.
Der Antrag zur Umwidmung von SAM bezieht sich vor allem auf die Tatsache, dass SAM im sozialen Bereich umgewidmet wurden, um SAM zur Flutfolgebekämpfung zu ermöglichen. Diese Umwidmung zulasten des sozialen Bereiches halten wir für ungerechtfertigt und auch nicht für die Lösung. - Wohlgemerkt, wir sind für SAM, aber eben zusätzlich.
Unser Gesetzentwurf entspringt letztlich der Erkenntnis, dass trotz eingeleiteter Soforthilfen und trotz rund 20 Programmen am Ende die Gefahr droht, dass Betroffene in ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Existenz bedroht bleiben. Deshalb geht es uns um eine landesgesetzliche Regelung, die einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung eines Schadensausgleichs für erlittene Hochwasserschäden zugesteht.
Natürlich gehen auch wir nicht von 100 % Entschädigung aus. Darin kann ich Herrn Scharf nur zustimmen. Allerdings halte ich es auch für eine Bankrotterklärung, wenn ein Land einfach sagt: Es wird dabei bleiben und wir werden bzw. können uns an dieser Stelle nicht zusätzlich engagieren. - Ich glaube, wir müssen uns an dieser Stelle zusätzlich engagieren.
Extreme Wettersituationen wie die Jahrhundertflut an der Elbe sind eine direkte Folge der globalen Klimaveränderungen. Durch die zunehmende Erwärmung findet eine erhöhte Verdunstung statt und es kommt zu mehr Niederschlägen. Christian Schwarzenholz, ein Abgeordneter für die PDS im Niedersächsischen Landtag, hat gesagt, es handele sich gar nicht um ein Jahrhunderthochwasser, sondern es werde sich ein Jahrhundert der Hochwasser ereignen.
Deshalb werden uns diese Probleme auch weiterhin verfolgen. Wir haben jetzt die Chance, Herr Scharf, darüber zu reden, die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen und auch tatsächlich zu einer Umsetzung zu kommen. - Danke schön.
Besten Dank, Frau Dr. Sitte. - Als nächster Rednerin erteile ich für die FDP-Fraktion der Abgeordneten Frau Pieper das Wort. Bitte sehr, Frau Pieper.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte namens der FDP-Fraktion zunächst allen betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten und allen freiwilligen Helfern, die mit einem übermenschlichen Einsatz noch schlimmere Folgen des historischen Hochwassers verhindert haben, danken.
Ob nun die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr oder Tausende freiwillige Helfer - sie sind über die Normalität und über die eigenen physischen Kräfte hinausgegangen und haben dadurch eine stärkere Ausweitung der Katastrophe verhindert. Ich finde, das verdient die höchste Anerkennung in diesem Haus.
Niemand von uns hätte sich diese Naturkatastrophe, eine Flut in diesen Ausmaßen in unseren Breiten vorstellen können. Ich sage auch, es hätte eigentlich jeden von uns mit seinem Hab und Gut treffen können. Deswegen war die Politik auch zu schnellem Handeln aufgefordert, um den Betroffenen in den Hochwassergebieten ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
Es war richtig, dass die Soforthilfen des Bundes und des Landes schnell und unbürokratisch geflossen sind. Ich finde es auch richtig, Frau Dr. Sitte, dass sich die Regierungskoalition im Abwägungsprozess darüber, ob in der Sommerpause während des Hochwassers eine Sondersitzung des Landtages stattfinden soll, dafür entschieden hat,
lieber zu handeln, statt Wahlkampf zu machen, indem vor dem regulären Sitzungstermin des Landtages eine Sondersitzung einberufen wird.
(Frau Dr. Sitte, PDS: Der Landtag von Nieder- sachsen hat am 28. August getagt! - Weitere Zu- rufe von der PDS und von der SPD - Herr Buller- jahn, SPD: Wollten Sie nicht auch eine Sonder- sitzung, Frau Pieper?)
Die Landesregierung, meine Damen und Herren von der Opposition, hat im Interesse der Betroffenen in den Hochwassergebieten gehandelt. Das sollte auch einmal gesagt werden.
Was die unbürokratischen Hilfen angeht: Frau Dr. Sitte, Sie bringen heute im Namen der PDS-Fraktion einen Gesetzentwurf über staatliche Ausgleichsleistungen ein. Darüber wird noch gesprochen werden. Ich will nur daran erinnern, dass dieser Gesetzentwurf für die Betroffenen mehr Bürokratie, aber nicht schnelle Hilfe mit sich bringt. Deshalb empfehle ich Ihnen: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück.
- Natürlich habe ich Ihren Gesetzentwurf gelesen und zur Kenntnis genommen, sonst hätte ich es nicht beurteilen können, meine Damen und Herren von der PDS.
Lassen Sie mich noch erwähnen, dass die Solidarität zwischen Ost und West, Nord und Süd, wie uns allen bewusst ist, sicherlich beeindruckend ist und ein ehrliches Bekenntnis der Menschen war. Es vermittelte das Gefühl: Wir gehören zusammen; wir lassen euch nicht im Stich; das hätte jeden von uns mit seinem Hab und Gut treffen können.
Während in der Politik oder in den Medien von der Mauer in den Köpfen bei den Deutschen die Rede war, hatte sie die Flut schon längst niedergerissen, meine Damen und Herren. Das finde ich einmalig. Ich habe mich an den Slogan von 1989 „Wir sind ein Volk!“ erinnert. Die Vollendung der inneren Einheit ist in den Köpfen der Deutschen längst vonstatten gegangen. Das sollte an dieser Stelle auch noch einmal gesagt werden.
Es gibt viele Bilder zu korrigieren, die die Politik und die Medien in diesem Land transportiert haben. Das betrifft auch die jungen Menschen in Deutschland. Viele junge Frauen und Männer waren sofort an Ort und Stelle, um zu helfen, um Sandsäcke zu füllen. Das macht einmal mehr deutlich, wir können auf die junge Generation in diesem Land zählen. Sie ist hilfsbereit, leistungsbereit und mutig.
Wir müssen ihnen mehr zutrauen, ihnen mehr Verantwortung übertragen. Die jungen Menschen brauchen in diesem Land wieder Chancen. Wir müssen vor allem
dafür sorgen, dass diese zupackende Generation wieder eine Zukunftsperspektive in Sachsen-Anhalt hat, meine Damen und Herren.
Dieser Aufgabe fühlt sich die Landesregierung aus CDU und FDP in besonderem Maße verpflichtet. Deswegen werden wir auch nicht zulassen, dass Sie die Menschen in diesem Land gegen die Natur ausspielen wollen. Es geht doch nicht darum, dass die Elbauen zubetoniert werden. Wer will denn das in dieser Landesregierung?
Noch im Jahr 1996 sind von den Naturschutzverbänden und vom Bundesverkehrsministerium Verträge ausgehandelt und unterschrieben worden, die den Elbausbau unter ökologischen Gesichtspunkten vorsahen. Erst danach ist man wieder umgekippt.
Es geht um die Sanierung der Buhnen. Es geht um eine europäische Wasserstraße, meine Damen und Herren. Das trifft im Übrigen auch auf die Saale zu.