Cornelia Pieper

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Frau Dr. Hein, würden Sie mir zustimmen, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung, welchen Sie als Rechtsanspruch des Kindes bezeichnet haben - dem ich auch zustimmen möchte -, Anfang der 90er-Jahre von der Regierungskoalition aus CDU und FDP eingeführt worden ist? Würden Sie mir auch darin zustimmen, dass es Ihre Regierung aus PDS und SPD in den letzten acht Jahren war, die das Schulhortgesetz - schulortnahe Betreuung von Kindern in Ganztagseinrichtungen an Schulen - welches vom Land mitfinanziert wurde, abgeschafft hat?
Eine letzte Bemerkung: Würden Sie das, was Sie heute an Kritik vorgetragen haben - die meines Erachtens unberechtigt ist -, auch Ihren Genossen von der PDS in Mecklenburg-Vorpommern erzählen, die ein wesentlich schlechteres Kindertagesstättengesetz haben?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich schon gewundert. Herr Dr. Fikentscher hat eigentlich zu Recht festgestellt: Der Landtag hat keine Ent
scheidungskompetenz in außenpolitischen Fragen. Darin gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Fikentscher.
Ich habe mich trotzdem gewundert - nachdem ich es von der PDS gewohnt bin, dass sie zu diesen Themen ständig solche Anträge stellt, über die eigentlich nur der Bundestag bzw. die Bundesregierung entscheiden kann -, dass nun auch die SPD mit einem Alternativantrag kommt.
Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Vielleicht hat es damit zu tun, dass man dem Bundeskanzler in seinen außenpolitischen Aussagen vor der Wahl nicht mehr traut und deshalb einen Antrag stellen muss, weil dieses Misstrauen da ist.
Ich sage für die FDP-Fraktion ganz klar: In der Tat ist das ein Thema, das die Menschen in diesem Land emotional bewegt, meine Damen und Herren. Es ist ein Thema, das die Menschen beschäftigt, und auch zu Recht. Trotzdem halte ich es eigentlich für unverantwortlich, dass wir in den letzten Wochen und Monaten einen Wahlkampf erlebt haben, in dem ein Bundeskanzler namens Schröder dieses Thema instrumentalisiert hat und mit den Ängsten der Menschen in diesem Land gespielt hat.
Ich halte es auch für moralisch verwerflich, für politisch verantwortungslos, mit der verständlichen Sorge der Menschen vor einem Krieg Wahlkampf zu betreiben.
Der Bundeskanzler hat einen deutschen Weg angekündigt, einen deutschen Sonderweg. Die verheerenden Konsequenzen früherer deutscher Sonderwege sind, glaube ich, uns allen noch deutlich in Erinnerung.
Gerade aber vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sollten wir in der ersten Reihe derjenigen stehen, meine Damen und Herren, die der von dem irakischen Diktator Saddam Hussein ausgehenden Gefahr für den Weltfrieden entschlossen entgegentreten. Es steht außer Frage, dass sein Regime im Besitz umfassender Arsenale von Massenvernichtungswaffen ist und inzwischen auch über eine Trägertechnologie verfügt, mit der er sie weit über die Region hinaus zum Einsatz bringen kann. Dass Saddam Hussein hierbei keinerlei Skrupel hat und hatte, hat er wiederholt beim Einsatz von chemischen und biologischen Kampfstoffen gegen seine eigene Bevölkerung und im Krieg gegen den Iran bewiesen.
Der Irak stellt unter Saddam Hussein also eine ganz konkrete Bedrohung und Herausforderung dar, der sich die Gemeinschaft zivilisierter Staaten, meine Damen und Herren, dringend entgegenstellen muss.
Anstatt die Verbündeten durch unabgestimmte öffentliche Äußerungen zu verprellen, wäre die Bundesregierung daher gut beraten, gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Union und in der Nato
Konzepte für die Eindämmung der von Saddam Hussein ausgehenden Gefahr zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren! Dabei hat die Vergangenheit gezeigt, dass im Umgang mit dem Irak diplomatische, politische und wirtschaftliche Druckmaßnahmen nur dann
Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie als Ultima Ratio von der Staatengemeinschaft auch erzwungen werden können. Deshalb ist es eine unverantwortliche Stärkung der Stellung Husseins, a priori eine wie auch immer geartete Teilnahme an Zwangsmaßnahmen gegen sein Regime abzulehnen.
Es besteht für die FDP auch auf Bundesebene kein Zweifel daran, dass hierfür ein eindeutiges Mandat des Uno-Sicherheitsrates vorliegen muss, meine Damen und Herren. Völkerrechtlich fragwürdige Umdeutungen und Auslegungen früherer Mandate sind aus unserer Sicht nicht zulässig. Das von der Uno-Charta vorgegebene Gewaltmonopol der Vereinten Nationen muss uneingeschränkt erhalten bleiben. Deswegen verurteilen wir auch die Vorgehensweise der Amerikaner.
Aber ich sage es noch einmal: Druck kann man nur gemeinsam seitens der Europäischen Gemeinschaft ausüben und nicht im Alleingang und mit einem Sonderweg. Deswegen halten wir den Kurs der Bundesregierung in dieser Frage für gefährlich.
Lassen Sie mich an dieser Stelle erwähnen - der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Herr Gertz, hat es zum Ausdruck gebracht -: Selbst wenn eine militärische Intervention anstünde - vor der Frage stehen wir im Moment nicht, auch der Bundestag und die Bundesregierung nicht -, wäre die Bundeswehr nicht in der Lage, in irgendeiner Form dort aktiv zu werden wie auf dem Balkan. Es wäre meines Erachtens auch überhaupt nicht wünschenswert.
Man könnte nur davon ausgehen, dass die USA im Falle einer Irak-Intervention Überflugrechte über deutsches Hoheitsgebiet und die Nutzung von US-Stützpunkten in Deutschland beantragen würden. Sowohl bei „Desert Storm“ als auch bei den Interventionen auf dem Balkan hat insbesondere der Stützpunkt Ramstein eine wichtige Rolle als Drehscheibe für logistischen Nachschub und das Krankenhaus Kaiserslautern für die Versorgung verletzter Soldaten gespielt. In jedem Falle muss aber eine Genehmigung der Bundesregierung erteilt werden. Also auch dieser Frage müssen wir uns im Moment nicht stellen.
Deswegen ist es, glaube ich, nicht gerechtfertigt, in irgendeiner Weise über diese Anträge hier im Landtag zu entscheiden. Wir werden beide ablehnen.
Nein.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte namens der FDP-Fraktion zunächst allen betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten und allen freiwilligen Helfern, die mit einem übermenschlichen Einsatz noch schlimmere Folgen des historischen Hochwassers verhindert haben, danken.
Ob nun die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr oder Tausende freiwillige Helfer - sie sind über die Normalität und über die eigenen physischen Kräfte hinausgegangen und haben dadurch eine stärkere Ausweitung der Katastrophe verhindert. Ich finde, das verdient die höchste Anerkennung in diesem Haus.
Niemand von uns hätte sich diese Naturkatastrophe, eine Flut in diesen Ausmaßen in unseren Breiten vorstellen können. Ich sage auch, es hätte eigentlich jeden von uns mit seinem Hab und Gut treffen können. Deswegen war die Politik auch zu schnellem Handeln aufgefordert, um den Betroffenen in den Hochwassergebieten ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
Es war richtig, dass die Soforthilfen des Bundes und des Landes schnell und unbürokratisch geflossen sind. Ich finde es auch richtig, Frau Dr. Sitte, dass sich die Regierungskoalition im Abwägungsprozess darüber, ob in der Sommerpause während des Hochwassers eine Sondersitzung des Landtages stattfinden soll, dafür entschieden hat,
lieber zu handeln, statt Wahlkampf zu machen, indem vor dem regulären Sitzungstermin des Landtages eine Sondersitzung einberufen wird.
Die Landesregierung, meine Damen und Herren von der Opposition, hat im Interesse der Betroffenen in den Hochwassergebieten gehandelt. Das sollte auch einmal gesagt werden.
Was die unbürokratischen Hilfen angeht: Frau Dr. Sitte, Sie bringen heute im Namen der PDS-Fraktion einen Gesetzentwurf über staatliche Ausgleichsleistungen ein. Darüber wird noch gesprochen werden. Ich will nur daran erinnern, dass dieser Gesetzentwurf für die Betroffenen mehr Bürokratie, aber nicht schnelle Hilfe mit sich bringt. Deshalb empfehle ich Ihnen: Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück.
Sie schaden den Betroffenen in den Hochwassergebieten damit mehr, als Sie ihnen nutzen.
- Natürlich habe ich Ihren Gesetzentwurf gelesen und zur Kenntnis genommen, sonst hätte ich es nicht beurteilen können, meine Damen und Herren von der PDS.
Lassen Sie mich noch erwähnen, dass die Solidarität zwischen Ost und West, Nord und Süd, wie uns allen bewusst ist, sicherlich beeindruckend ist und ein ehrliches Bekenntnis der Menschen war. Es vermittelte das Gefühl: Wir gehören zusammen; wir lassen euch nicht im Stich; das hätte jeden von uns mit seinem Hab und Gut treffen können.
Während in der Politik oder in den Medien von der Mauer in den Köpfen bei den Deutschen die Rede war, hatte sie die Flut schon längst niedergerissen, meine Damen und Herren. Das finde ich einmalig. Ich habe mich an den Slogan von 1989 „Wir sind ein Volk!“ erinnert. Die Vollendung der inneren Einheit ist in den Köpfen der Deutschen längst vonstatten gegangen. Das sollte an dieser Stelle auch noch einmal gesagt werden.
Es gibt viele Bilder zu korrigieren, die die Politik und die Medien in diesem Land transportiert haben. Das betrifft auch die jungen Menschen in Deutschland. Viele junge Frauen und Männer waren sofort an Ort und Stelle, um zu helfen, um Sandsäcke zu füllen. Das macht einmal mehr deutlich, wir können auf die junge Generation in diesem Land zählen. Sie ist hilfsbereit, leistungsbereit und mutig.
Wir müssen ihnen mehr zutrauen, ihnen mehr Verantwortung übertragen. Die jungen Menschen brauchen in diesem Land wieder Chancen. Wir müssen vor allem
dafür sorgen, dass diese zupackende Generation wieder eine Zukunftsperspektive in Sachsen-Anhalt hat, meine Damen und Herren.
Dieser Aufgabe fühlt sich die Landesregierung aus CDU und FDP in besonderem Maße verpflichtet. Deswegen werden wir auch nicht zulassen, dass Sie die Menschen in diesem Land gegen die Natur ausspielen wollen. Es geht doch nicht darum, dass die Elbauen zubetoniert werden. Wer will denn das in dieser Landesregierung?
Das hat doch überhaupt niemand gesagt, meine Damen und Herren.
Noch im Jahr 1996 sind von den Naturschutzverbänden und vom Bundesverkehrsministerium Verträge ausgehandelt und unterschrieben worden, die den Elbausbau unter ökologischen Gesichtspunkten vorsahen. Erst danach ist man wieder umgekippt.
Es geht um die Sanierung der Buhnen. Es geht um eine europäische Wasserstraße, meine Damen und Herren. Das trifft im Übrigen auch auf die Saale zu.
Nein, ich beantworte keine Frage, Herr Präsident. Ich finde, die Opposition sollte die Fakten zur Kenntnis nehmen.
Es trifft auch auf die Saale zu. Die alte Landesregierung hat 40 Millionen DM für den Ausbau des Hafens in Halle investiert. Jetzt geht es noch darum, die letzten 80 cm bei der Staustufe auszubauen. Es geht um eine europäische Wasserstraße. Da geht es um Investitionen. Das Sodawerk in Bernburg ist das einzige Werk seiner Art in Europa, das nicht an einer europäischen Wasserstraße liegen würde, meine Damen und Herren.
Ein Stopp des Ausbaus würde deshalb Investitionen und Arbeitsplätze gerade auch für junge Menschen verhindern.
Wir wollen keine Ökodiktatur.
Wir wollen Wirtschaft und Umwelt miteinander vereinbart wissen. Wir sagen immer wieder deutlich: Wir wollen, dass dieses Land im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufblüht.
Meine Damen und Herren! In der Broschüre der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser wurde formuliert:
„Für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger bedeutet jedes Hochwasser eine persönliche Katastrophe, verbunden nicht nur mit erheblichen materiellen Auswirkungen, sondern vor allem auch mit einem Vertrauensverlust in die Sicherheit der eigenen Lebensumstände. Das Vertrauen in die Sicherheit ist ein hohes Gut, das unabhängig von der tatsächlichen Gefährdung ist und dessen Bedrohung teilweise mehr noch als der eigentliche Schaden selbst die Lebensqualität beeinträchtigt.“
Deswegen war es wichtig, dass die Politik mit ihrem schnellen Handeln den Menschen Sicherheit vermittelt hat. Dazu zähle ich aber nicht Versprechen à la Schröder, es werde keinem schlechter gehen als vorher, meine Damen und Herren.
Die Bundesregierung hat gerade in den letzten vier Jahren mit der Chefsache „Aufbau Ost“ dem Osten viel versprochen und nicht gehalten. Das Bild ist durch das schnelle Handeln der Bundesregierung bei der Hochwasserkatastrophe zwar korrigiert worden. Es wird sich aber in den nächsten vier Jahren erweisen, ob das Bekenntnis zum Aufbau Ost echt war. Daran muss sich die rot-grüne Bundesregierung auch von dieser Landesregierung und von den Bürgern dieses Landes messen lassen, meine Damen und Herren.
Ich stelle fest, dass die Landesregierung mit der Verabschiedung des Aufbauhilfefonds durch den Bundestag und den Bundesrat sehr schnell die Sofortprogramme für den kleinen Mittelstand, für mittlere Unternehmen, für freie Berufe, aber auch Hochwasserhilfen für die gewerbliche Wirtschaft auf den Weg gebracht hat. Immerhin sind ca. 90 % der Anträge mittelständischer Unternehmen auf Hilfen aus dem Sofortprogramm bewilligt.
Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass der erste Zuwendungsbescheid in Deutschland - er beinhaltete eine Soforthilfe in Höhe von 15 000 € - durch Minister Herrn Dr. Rehberger im Beisein des Bundeswirtschaftsministers Herrn Müller am 30. August 2002 dem Inhaber der Gaststätte Brauner Hirsch in Schönebeck übergeben wurde.
Dieses Beispiel ist mehr als ein Symbol. Es zeigt, dass die Landesregierung im Interesse der Betroffenen schnell gehandelt hat.
Nichtsdestotrotz gibt es, meine Damen und Herren, einige Kritikpunkte zu nennen, was den Katastrophenschutz in Deutschland anbelangt. Die FDP-Fraktion hat im Sommer dieses Jahres eine Anhörung mit Kommunalpolitikern, mit dem Landesamt für Hochwasserschutz, mit Vertretern der Bundeswehr, der Feuerwehr und des THW durchgeführt. Dabei wurden Kritikpunkte vorgetragen, die ernst genommen werden sollten. Sie wurden bereits von anderen Rednern genannt.
So wurde eine gänzlich fehlende Organisations- und Informationsstruktur moniert, sodass betroffene Gemeinden zum Teil gar nicht oder völlig unzureichend über
Pegelstände, aktuelle Entwicklungen usw. informiert waren. Weitere Kritikpunkte betrafen die mangelnde Abstimmung mit den Krisenstäben unter anderem durch die Einsatzkräfte, die mangelnde Schulung der Einsatzkräfte, zum Beispiel der Wasserwehr, und eine mangelnde Ausstattung der Einsatzkräfte. Das wurde uns allen hinterher bewusst. Oftmals war die Verständigung nur über private Handys möglich. Es fehlten Funkverbindungen zwischen den zivilen Einsatzkräften und der Bundeswehr. Darüber hinaus fehlten teilweise Kenntnisse über den Zustand der Deiche in Sachsen-Anhalt. Auch das System der Deichunterhaltungsverbände hat nicht funktioniert.
Ich finde, das alles sind Punke, die man kritisch beleuchten muss. Es gibt einiges zur Verbesserung des Katastrophenschutzes in Deutschland zu tun. Der FDP wurde von vielen Seiten vorgetragen, dass bei Länder übergreifenden Katastrophen zukünftig eine Koordinierungsstelle im Bundesinnenministerium zuständig sein sollte.
Meine Damen und Herren! In Sachsen-Anhalt entsprachen - es wurde schon genannt - vor der Flut von den insgesamt 589 km Elbdeichen 46 % Elbdeiche mit den Rückstaudeichen der Nebenflüsse nicht der aktuellen DIN-Norm. Bereits im Jahr 1998 wurden in einer Schwachstellenanalyse zum Hochwasserschutz Defizite festgestellt, die im Jahr 2001 mit der Bestandsaufnahme des vorhandenen Hochwasserschutzniveaus im Einzugsgebiet der Elbe bestätigt worden sind.
Hierbei zeigen sich unseres Erachtens auch Versäumnisse der alten Landesregierung, entsprechende wirksame Handlungen abzuleiten und zumindest die bekannten Schwachstellen beim Zustand der Deiche zu beseitigen.
Wir wissen, dass der Bau und die Sanierung von Deichen sehr kostspielig ist, und wir wissen auch, dass gewiss niemand mit dem plötzlichen Eintreten einer solchen Flut gerechnet hat. Doch der vorsorgende Hochwasserschutz und damit die Sicherheit der Menschen in unserem Land und die Sicherheit von Hab und Gut gehören nun einmal zu den Aufgaben des Landes. Ich frage mich, ob angesichts der seit langem bekannten Schwachstellen und Mängel in den letzten Jahren wirklich alles Mögliche getan worden ist, um unsere Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vor den Folgen eines solchen Hochwassers zu schützen.
Ich denke zum Beispiel daran, dass Deiche entlang von Naturschutzgebieten schwer oder gar nicht zugänglich waren. Herr Scharf hat zu Recht erwähnt, dass Wege freigesägt werden mussten, um an die Deiche heranzukommen, und das obwohl die Zeit so sehr drängte. Der technische Hochwasserschutz ist ein Teil der öffentlichen Infrastruktur und muss auch als solcher behandelt werden. Es kann nicht sein, dass Flussdeiche mit Bäumen bewachsen sind und Gehölzbewuchs die Zufahrt und somit die Deichverteidigung erschwert oder gar behindert. Auch hierbei hat es offensichtlich Versäumnisse gegeben, die es zu beheben gilt.
Meine Damen und Herren! Zum vorsorgenden Hochwasserschutz gehört auch, Räume zu schaffen, die Teile des Hochwassers aufnehmen können. Es muss mehr Retentionsräume geben, es müssen mehr Retentions
räume ausgewiesen werden. Das sollte die extreme Hochwassersituation in Zukunft abmildern können.
Jetzt und in der Zukunft geht es um die Bewältigung der Aufräumarbeiten, der Reparaturen der zahlreichen, teils erheblichen Schäden an unseren Deichen. Ich weiß, dass der Landesbetrieb für Hochwasserschutz mit aller Kraft daran arbeitet, die Deiche für ein mögliches Winterhochwasser so sicher wie möglich zu machen. Auch an dieser Stelle möchte ich einmal mehr meinen Dank und meine Anerkennung für die großartigen Leistungen des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft in den letzten Wochen aussprechen.
Meine Damen und Herren! Es gibt keinen absoluten Schutz vor den Folgen eines Hochwassers. Aber unsere Bürgerinnen und Bürger können von ihrer Landesregierung erwarten, dass alles Mögliche getan wird, um sie und ihr Eigentum vor drohenden Gefahren zu schützen. Ich kann Ihnen versichern, dass die FDP-Fraktion in diesem Landtag mit ihren Ideen und Vorschlägen alle Bemühungen der Landesregierung wirksam unterstützt, um die an den Flüssen lebenden Menschen in unserem Land vor den Folgen eines jeden Hochwassers bestmöglich zu schützen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Werte Frau Sitte, wenn wir diesen Haushalt nach acht Jahren Rot-Rot nicht so vorgefunden hät
ten, hätten wir jetzt keine Einsparungen in der Kinderbetreuung vornehmen müssen.
Zweitens. Auch nach den Einsparungen, die wir vornehmen müssen, wird die Qualität in der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt, die einmalig im gesamten Bundesgebiet ist, nicht darunter leiden. Wir sind das einzige Bundesland, das eine Kinderbetreuung von null bis 14 Jahren vorhält.
Wir werden sogar Qualitätsverbesserungen in den Kindergärten vornehmen,
indem wir zukünftig auch Tageseltern zulassen werden bzw. einen Bildungsauftrag, so wie ihn die Pisa-Studie vorsieht, an die Kindergärten geben werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, in der Tat haben wir in Erwägung gezogen,
eine Sondersitzung in der Sommerpause durchzuführen. Ich sage es noch einmal: Es war ein Abwägungsprozess. Im Rahmen dieses Abwägungsprozesses haben wir uns für das Handeln und nicht für Reden entschieden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Seniorinnen und Senioren! Es gibt ein altes chinesisches geflügeltes Wort; man könnte fast sagen, ein Sprichwort, das lautet:
- Hören Sie genau zu, Sie können daraus vielleicht etwas lernen.
„Willst du für ein Jahr vorausplanen, so baue Reis; willst du für ein Jahrzehnt vorausplanen, so pflanze Bäume; willst du für ein Jahrhundert planen, so bilde Menschen.“
Diese Worte sind nicht nur alt, sondern auch sehr weise. Leider hat gerade Deutschland das Thema Bildung sehr vernachlässigt. Um im Bild zu bleiben: Es sind Bäume gepflanzt worden, aber niemand kümmert sich um sie.
Der wichtigste Rohstoff unseres Landes, das Humankapital, liegt brach, Wissen verkümmert. Die geistige Elite wird an hervorragenden Universitäten ausgebildet. Wir haben gerade wieder bezeugt bekommen, dass die ostdeutschen Hochschulen im Ranking ganz vorn an der Spitze sind,
- in der Tat nicht Sachsen-Anhalt, aber immerhin ostdeutsche Universitäten - und trotzdem gehen Wissenschaftler nach ihrem Studium in das Ausland, um dort zu forschen. Wir stellen fest, der Nobelpreisträger, der zwar in Heidelberg zu Hause ist, der Physiker Wolfgang Ketterle, forscht heute am Massachusetts Institute of Technology und nicht in Deutschland, hat aber doch als gebürtiger Deutscher den Nobelpreis 2001 erhalten.
Der internationale Wettbewerb findet nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet statt, meine Damen und Herren, sondern im Zuge der Globalisierung schon längst auch in der Bildungspolitik.
Es geht heute um den Wettbewerb um die besten Köpfe. Es geht - hierbei gebe ich Frau Mittendorf Recht - in der Tat nicht allein um den Anschluss an Bayern, sondern darum, dass Deutschland insgesamt und SachsenAnhalt in der Bildungspolitik wieder Spitze wird.
Nicht erst seit der Pisa-Studie, sondern bereits seit 1994/1995, seit der damals vorgelegten TIMSS-Studie ist klar: Deutschland ist Dank der entsprechenden Rahmenbedingungen nicht nur Schlechtester, was die Wirtschaftsbedingungen anbelangt - übrigens auch Dank der rot-grünen Bundesregierung -, sondern eben auch in der Bildungspolitik.
- Hören Sie bitte zu. - Dieser Zustand ist unentschuldbar; denn Bildung ist kein Selbstzweck. Bildung bedeutet Wissensvermittlung, Erziehung, die Fähigkeit zu lernen und das Gelernte anzuwenden.
Das Ziel ist, junge Menschen zum selbständigen Handeln und Denken zu befähigen, sie bestmöglich auf das Leben vorzubereiten.
Weil ich Ihre Zwischenrufe höre und sehe, dass nicht nur Seniorinnen und Senioren als Gäste unter uns sind, sondern auch sehr viele junge Leute, muss ich Ihnen sagen, dass ich viel mit jungen Menschen in diesem Land spreche.
Diese sind entsetzt über die Bildungspolitik, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur Kenntnis!
Das Abitur nach 13 Jahren haben Sie doch eingeführt; im siebten Jahr der deutschen Einheit mit den Stimmen der PDS. Kein junger Mensch in diesem Land will das 13. Schuljahr machen, meine Damen und Herren. Sie wollen ein gutes Abitur machen.
Natürlich haben wir hier in Sachsen-Anhalt die größte Anzahl an Abiturienten. Aber fragen Sie doch einmal nach der Qualität des Abiturs im Vergleich mit anderen Bundesländern.
- Frau Sitte, ich finde es gut, dass Sie sich aufregen.
Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass nach der Pisa-EStudie in Deutschland fast ein Viertel der 15-Jährigen nur über elementarste Lesefähigkeiten verfügt;
in Sachsen-Anhalt ist es fast ein Drittel, 32 % der Schüler, denen nur ein oberflächliches Verständnis einfacher Texte möglich ist.
In Sachsen-Anhalt - verstehen Sie? Das ist Ihre Politik gewesen. Sie haben doch mitregiert in den letzten acht Jahren!
In der Pisa-E-Studie - wir bleiben bei den Fakten - steht drin, dass es ein deutliches Süd-Nord-Gefälle im Schulvergleich der 15-Jährigen und der Neuntklässler gibt. In den Leistungskategorien Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften schneiden Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen am besten ab.
Die Schlussgruppe bilden Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bremen. Ich werde nicht müde, dies zu wiederholen, Frau Sitte. Sie scheinen es schon vergessen zu haben.
Meine Damen und Herren! Zwischen einem Gymnasium in Bayern und einem in Sachsen-Anhalt liegt bei der Lesekompetenz ein Leistungsgefälle, das ca. eineinhalb Schuljahren entspricht. Das müssen Sie sich einmal vorstellen. Was ist denn das für eine Qualität, die wir in unseren Schuleinrichtungen vorhalten?
Das wird sich mit dieser Regierungskoalition aus CDU und FDP ändern. Wir stehen für bessere Bildungschancen in diesem Land.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Bildung ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts; Sie weisen zu Recht immer darauf hin. Aber fast jeder zehnte Jugendliche in Deutschland verlässt die Schule ohne Abschluss. 86 600 Schülerinnen und Schüler schafften im Jahr 2000 keinen Abschluss. Das sind 9,2 % aller Schulabgänger. In Sachsen-Anhalt waren es sogar 12,3 %. Etwa 40 % der jungen Menschen unter 25 Jahren in Sachsen-Anhalt verfügen über keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Mehr Gleichmacherei führt eben nicht zu mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem, meine Damen und Herren.
Laut den Arbeitsmarktdaten lag die Arbeitslosenquote der jungen Menschen unter 25 Jahren im Arbeitsamtsbezirk Magdeburg im Juni 2002 bei 17,2 %. Das ist immerhin ein Anteil von 12,6 % an allen Arbeitslosen.
Ich sage ganz deutlich: Wir kommen mit diesen bildungspolitischen Rezepten der Vergangenheit, auch der 68er-Generation in der alten Bundesrepublik, einfach auch international nicht mehr weiter. Wir müssen Umdenken, wir müssen neu Denken.
Wir brauchen eine auf Wettbewerb, auf Chancengerechtigkeit und auf Leistungsorientierung setzende Bildungspolitik. Darauf setzen wir als Liberale.
Frau Sitte, unsere Kinder sind eben auch nicht dümmer als die in Finnland, Australien, Bayern oder Sachsen. Nehmen Sie das doch endlich zur Kenntnis! Sie haben nur hier in den Schulen die schlechteren Chancen.
Bei den Lerninhalten können deutsche Schüler - das sagt die Pisa-Studie auch aus - durchaus mithalten. Sie können nur weniger damit anfangen. Sie haben eine weniger gute Fächer übergreifende Kompetenz. Sie können ihr Wissen schlechter anwenden.
Dies wird sich ändern. Ich sagte schon, mit der neuen Landesregierung von CDU und FDP und auch mit dem neuen Kultusminister Professor Olbertz ist nicht nur eine bessere Haushalts- und Wirtschaftspolitik für dieses Land angesagt, sondern auch eine bessere Bildungspolitik.
Wir werden die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Dazu liegen Ihnen heute schon Gesetzesinitiativen und Anträge vor.
Ich möchte namens der FDP-Fraktion außerdem noch Folgendes erklären:
Erstens. Bildung muss in diesem Bundesland Priorität haben und sie wird es mit uns haben.
Wir wollen ein leistungsorientiertes Schulsystem; ich sagte es schon. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, dass die sinkenden Schülerzahlen zukünftig als Chance für eine allgemeine Qualitätsverbesserung an den Schulen verstanden und genutzt werden müssen.
Zweitens. Wir müssen mit der Bildung frühzeitig beginnen. Auch dazu liegt heute ein Antrag vor. Wir fordern eine frühkindliche Förderung mit einem klaren Bildungskonzept.
Kindergärten als spielerische Elementarschulen nutzen, frühzeitiges Heranführen an Leistungsorientierung, beispielsweise auch durch das Wiedereinführen der Kopfnoten, der so genannten Sekundärtugenden, und das Sich-Messen im Wettbewerb sind wichtige Kriterien.
Drittens. Alle Schulformen haben die Aufgabe, sich auf die Ausbildung von traditionellen Kulturtechniken, Naturwissenschaften und sozialen Kompetenzen zu konzentrieren. Ich darf darauf hinweisen, dass nach der jüngsten Umfrage des Allensbacher Instituts 80 % der befragten Erwachsenen sagten, dass unsere Schulen heute nicht mehr ausreichend Allgemeinbildung vermitteln würden.
Viertens. Wir wollen die Pflichtförderstufe abschaffen. Wir setzen auf eine individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen. Ich sagte schon: weniger Gleichmacherei. Wir wollen, dass Leistungsschwache gefördert werden, aber auch, dass Begabte frühzeitig erkannt und gefordert werden. Fordern und fördern bilden für uns eine Einheit.
Fünftens. Wer länger lernt, der lernt nicht besser. Im Vordergrund muss die Befähigung stehen, das Lernen zu lernen. Darum brauchen wir Leistungsstandards in der vorschulischen Bildung und Erziehung und flexiblere Einschulungsangebote.
Das 13. Schuljahr wird mit einem Gesetzesvorhaben der Landesregierung im Herbst wieder abgeschafft werden. Wir werden hierbei schneller sein als die anderen Bundesländer, damit junge Menschen in Sachsen-Anhalt wieder nach zwölf Jahren ein gutes Abitur ablegen können.
Last, but not least sagt die jüngste Umfrage des Leipziger Markforschungsinstituts aus, dass sich 93 % der Ostdeutschen für eine bundeseinheitliche Vergleichbarkeit von Standards im Schulsystem aussprechen. Das wollen wir auch. Wir wollen einen nationalen Bildungsbericht. Wir brauchen in Deutschland dringend ein nationales und internationales Benchmarking für Schulen. Wir brauchen Vergleichbarkeit und mehr Transparenz hinsichtlich der Qualitätsstandards in deutschen Schulen.
Ich sage Ihnen außerdem: Wir brauchen nicht diesen Wasserkopf der Kultusministerkonferenz mit dem Einstimmigkeitsprinzip. Wir stehen jedenfalls dafür, dass die KMK zugunsten von mehr Eigenverantwortung von Schulen entmachtet wird, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich beende sofort meine Rede.
Es ist schon absurd, meine Damen und Herren: Die Bildungsminister in Bologna haben sich längst auf ein Zusammenwachsen des europäischen Bildungsraumes verständigt und in Deutschland meditieren 16 Landesminister immer noch über unterschiedliche Lehrpläne, Schulformen, Unterrichtsmaterialien und die Ausbildung von Lehrern. Das muss sich ändern, oder um mit Rita Piri, einer leitenden Beamtin im finnischen Bildungsministerium, zu sprechen: Ausbildung hat einen hohen Stellenwert in Finnland, höher vielleicht als Besitz. - Das wünsche ich mir für Deutschland.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es unter anderem:
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich... Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstimmung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
So von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes im Jahr 1949 beschlossen. Eine Verfassung, die auf diese Grundrechte pocht, ist Grundlage für unseren demokratischen Rechtsstaat.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt meines Erachtens keinerlei Anzeichen dafür, dass diese Grundrechte in unserer Gesellschaft ge
fährdet wären. Viele jüdische Migranten aus Russland haben inzwischen in Sachsen-Anhalt eine neue Heimat gefunden. Wir alle finden das gut und unterstützen das nach unseren Kräften. In ganz Deutschland gehört jüdisches Leben und auch jüdische Tradition längst zu unserer Kultur.
Ich finde das auch gut so. Die Geschichte, die Deutschland gerade auch im Zweiten Weltkrieg erlebt hat, durch die wir uns betroffen fühlen, schuldig fühlen für das, was insbesondere den jüdischen Bürgerinnen und Bürger widerfahren ist, verpflichtet insbesondere uns Deutsche, dieses jüdische Leben als Bereicherung für unser Land zu empfinden und alles daranzusetzen, dass es nie wieder zu Antisemitismus in Deutschland kommt.
Ich frage mich, warum wir uns ausgerechnet heute in der aktuellen Stunde, die sich mit aktuellen Problemen des Landes beschäftigen soll, über dieses Thema unterhalten. Frau Dr. Sitte hat darauf hingewiesen: Am 5. Juni fand im Deutschen Bundestag, beantragt von der Regierungskoalition der rot-grünen Bundesregierung, eine Aktuelle Stunde dazu statt.
Der Liberalismus, die FDP, wendet sich gegen jegliche Vorurteile und Ressentiments rassistischer und religiöser Art. Wir stehen für Weltoffenheit und Toleranz, für Vielfalt in der Gesellschaft.
Aber vielleicht gibt es für diese aktuelle Stunde doch ein aktuelles Ereignis aus der Sicht der PDS. Ist es vielleicht ein Wahlkampf- oder Ablenkungsmanöver von den aktuellen Problemen, die wir im Lande haben, oder ist es die öffentliche Auseinandersetzung mit der Politik Scharons, Frau Sitte, die Ihnen nicht ganz gefällt?
Es ist keine Glaubens-, sondern eine Friedensfrage, eine Menschenrechtsfrage, die wir im Nahen Osten zu diskutieren haben, nämlich das Bekenntnis von Demokraten, dass Gewalt eben kein Mittel von Politik sein darf, dass es kein Widerstandsrecht der Welt gibt, das palästinensische Terroristen legitimiert, sich selbst zum Sprengsatz zu machen und unschuldige Menschen, Frauen und Männer, mit in den Tod zu reißen. Das muss Politik, das müssen alle Demokraten in diesem Land verurteilen.
Es gehört aber auch das Bekenntnis dazu, dass die israelische Regierung nicht legitimiert ist, durch ihre Siedlungspolitik palästinensische Gebiete zu besetzen.
Wir alle wollen und fordern Frieden im Nahen Osten. Seit langem haben sich liberale Außenminister in dieser Bundesrepublik, ob Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher oder Klaus Kinkel, dafür stark gemacht, dass es zu Friedensbeziehungen in dieser Region kommt. Wir machen uns zum heutigen Zeitpunkt für eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Nahen Osten stark. Die Sprache des Nahen Ostens ist aber die Sprache der Gewalt und der Menschenrechtsverletzung.
Gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte wird keiner je das Existenzrecht Israels infrage stellen. Frieden wird es im Nahen Osten aber erst geben, wenn es einen eigenständigen palästinensischen Staat gibt.
Warum bekommt man, wenn man diese Kritik an der israelischen Regierung, aber nicht am israelischen Volk
ausspricht, immer wieder den Vorwurf, man würde antisemitischen Vorurteilen oder Ressentiments anheim fallen? - Ich finde, es ist die Pflicht der Demokraten, von uns Demokraten, von allen politischen Parteien in diesem Land, darauf hinzuweisen, dass wir, wenn wir den Frieden wollen, nicht nur das Existenzrecht Israels gesichert sehen wollen, sondern wir auch einen eigenständigen Staat Palästina im Nahen Osten brauchen. Das ist verantwortungsvolles politisches Denken; denn wir alle können den Terror und die Gewaltszenen aus dem Nahen Osten nicht mehr ertragen und die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt auch nicht.
Ich stelle aber noch einmal die Frage: Warum diese Debatte heute im Landtag? Braucht die PDS ein Ablenkungsmanöver von ihrer schlechten Politik oder braucht sie zur Motivation der eigenen Leute ein Feindbild? - Dieses Manöver ist zu durchsichtig und es wird fehlschlagen.
Antisemitismus hat in Deutschland keine Chance, meine Damen und Herren.
Wir sollten uns deshalb nicht in Scheindebatten aufregen, sondern uns den wirklichen Problemen wie Arbeitslosigkeit oder besseren Bildungschancen in Sachsen-Anhalt widmen, wozu im Übrigen auch die Erziehung zur Toleranz gehört. Toleranz zeigt sich letztlich im Handeln und im Leben selbst. Je bessere Lösungen wir dafür finden, umso weniger werden Menschen auf Populisten hören - auf die von rechts nicht und auf die von links übrigens auch nicht.
„Antisemitismus darf und wird in Deutschland keine Chance bekommen. Das sind wir uns selbst, das sind wir unserer Geschichte und der Zukunft schuldig.“
Das waren die Worte Wolfgang Schäubles im Deutschen Bundestag. Ich zitiere in diesem Zusammenhang gern einen Demokraten aus einer anderen Partei. Ich glaube, das muss unser gemeinsames demokratisches Anliegen sein. - Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schönste an den Tagen nach dem 21. April und an dem Tag der heutigen Landtagssitzung ist, dass es wieder klare politische Mehrheitsverhältnisse im Lande gibt, dass die Menschen in diesem Land wieder Zuversicht erkennen, dass sie wissen, dass diese Regierung aus CDU und FDP alles daransetzen wird, dass es in Sachsen-Anhalt wieder mehr Investitionen, mehr Arbeitsplätze und bessere Bildungschancen geben wird. Dafür steht diese Koalition, meine Damen und Herren von der Opposition.
Herr Püchel, Sie waren ja nun acht Jahre ein wohl fleißiger Innenminister in Sachsen-Anhalt, aber wenn ich Sie so reden höre, habe ich irgendwie den Eindruck, Sie wollten das Gefühl vermitteln, Sie hätten gar nicht acht Jahre lang hier regiert. Ja, wer hat denn hier regiert? - Es war die SPD-Minderheitsregierung mit Unterstützung der PDS.
Wo hat das hingeführt? Die Minderheitsregierung hat zusammen mit der PDS dieses Land in die Pleite geführt. Diejenigen, die es offen gesagt haben, wie Ihr
ehemaliger Finanzausschussvorsitzender Hoffmann, wurden in die Wüste geschickt und mundtot gemacht.
Das Ergebnis Ihrer Politik, des Magdeburger Modells, lautet:
niedrigste Selbständigenquote und niedrigstes Wirtschaftswachstum von allen Bundesländern, die schlechteste Bildungspolitik, durch die neueste Pisa-Studie bestätigt,
die höchsten Schulden. - Natürlich sind die Ergebnisse des Rankings bekannt, Frau Dr. Sitte. Das wissen Sie doch ganz genau. Sie sind zusammen mit MecklenburgVorpommern ganz hinten; auch dort regieren Sie mit.
Soll ich Ihnen etwas sagen? - Jetzt wollen Sie dieses Magdeburger Modell - so Ihr Genosse Roland Claus, der Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag - auch noch in Berlin einführen. Rot-Grün war schon zu viel für die neuen Bundesländer. Rot-Rot-Grün setzt noch eins oben drauf. Um das zu verhindern, kandidiere ich gern für den Bundestag.
Das Kummerland Sachsen-Anhalt mit den vielen Negativschlagzeilen muss endlich wieder herausgeführt werden aus diesem Tal.
Wir wollen wieder an die Spitze aller 16 Bundesländer, meine Damen und Herren. Das muss das Ziel sein. Deshalb bedanke ich mich auch im Namen der FDPFraktion ausdrücklich bei dem Ministerpräsidenten dieses Landes Professor Dr. Böhmer, der klar aufgezeigt hat, wohin die Reise in den nächsten vier Jahren geht.
Herr Professor Böhmer, Sie haben nicht nur die Zukunft aufgezeigt. Wir knüpfen in dieser Regierungskoalition gemeinsam an eine große Tradition an. Wir waren mit dieser Regierung bereits im Jahr 1994, was die Investitionen anbelangt, an der Spitze aller 16 Bundesländer, insbesondere der neuen, und sind dann zurückgefallen.
Und dahin wollen wir wieder zurück.
Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg einmal einen Ministerpräsidenten - - Sie haben es selbst gesagt. Es war übrigens ein liberaler Ministerpräsident, Herr Püchel, deswegen verstehe ich Ihre Verwunderung nicht und auch nicht, dass Sie sich darüber echauffieren, dass auch die FDP eine Ministerpräsidentenkandidatin aufgestellt hat.
Im Übrigen darf ich dazu nur sagen: Es haben drei Ministerpräsidentenkandidaten zur Wahl gestanden. Wenn
Sie die mathematischen Grundrechenarten beherrschen, was ich Ihnen zutraue, dann müssen Sie von vornherein davon ausgegangen sein, dass nur einer Ministerpräsident in diesem Land werden kann,
und das ist Professor Dr. Böhmer.
Ich sage ganz deutlich: Er hat unsere volle Unterstützung hier im Land. Es gibt viel zu tun.
Wir stehen doch hier vor dem Scherbenhaufen, den Sie angerichtet haben. In unverantwortlicher Weise wurde der Haushalt geschönt, sodass jetzt ein Haushaltsdefizit von rund 1 Milliarde € vorliegt, meine Damen und Herren. Schulden, Schulden, Schulden!
Dann haben Sie, die Sie dafür verantwortlich sind, noch die Dreistigkeit zu sagen, Sie wollen, dass die Beratungen zu diesem Nachtragshaushalt nach der Sommerpause beendet werden.
Wir müssten diesen Nachtragshaushalt gar nicht beraten,
wenn Sie damals einen ordentlichen Haushalt vorgelegt hätten, meine Damen und Herren von der Opposition.
Wir haben für die Gestaltung unserer politischen Ziele den geringsten finanziellen Handlungsspielraum.
Aber wir werden uns diese Aufgabe verantwortungsvoll vornehmen.
Und, Frau Sitte, es gehört in der Tat zur Wahrheit, dass man sich fragt: Auf welche Aufgaben hat sich der Staat zukünftig zu konzentrieren? Muss es für jede neue Aufgabe tatsächlich auch eine neue Steuer oder neue Abgaben geben, die den Bürger belasten? - Das kann es nicht sein.
Deswegen sagen wir ganz klar: Wir brauchen in diesem Land keine 32 Landesämter, 48 Landesgesellschaften und drei Regierungspräsidien.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen mehr Effizienz in der Verwaltung.
Sie haben doch nie als Erstes nach einer Funktionalreform gefragt. Sie wollten immer mit der Verwaltungsreform mit dem Kopf durch die Wand.
Das war der große Fehler. Wir setzen zuerst auf eine Funktionalreform, um dann eine Verwaltungsreform in diesem Land zu machen.
Im Übrigen - - Herr Püchel, Sie freuen sich so, weil die Auseinandersetzung heute im Plenum wahrscheinlich lebendiger ist als zu früheren Zeiten, als die FDP nicht im Landtag war.
Im Übrigen wollte ich Ihnen nur sagen: Es ist gut so, dass die FDP, dass diese Landesregierung den ersten Frauenminister stellt. Sie haben sich darüber beklagt, dass es keine Staatsekretärin mehr dafür gibt. Ihre Regierung hat doch damals die Leitstelle für Gleichstellungsfragen abgeschafft.
Ihre Regierung ist das gewesen. Und in Bezug auf die Gleichstellungspolitik gehen wir doch konform. Auch wir wollen Gleichstellung in der Gesellschaft erreichen
- deswegen hat der Ministerpräsident das auch zum zentralen Thema in seiner Regierungserklärung gemacht -, aber doch nicht durch zusätzliche Personalstellen in der Verwaltung, sondern durch Politik, durch ordentliche Politik, die zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft beiträgt, meine Damen und Herren.
Also lassen Sie das Lamentieren. Gehen wir endlich an die Arbeit.
- Ja, wir gehen an die Arbeit.
Innerhalb von vier Wochen hat es unser Wirtschaftsminister Dr. Rehberger geschafft,
dass bei der EU-Kommission die Genehmigung eingeholt werden konnte für das - -
- Ja, Sie hätten es doch machen können, meine Damen und Herren. Die Ansiedlung des Zellstoffwerkes im strukturschwachen Norden, das ist ein Erfolg auch für diese Landesregierung, und zwar innerhalb kürzester Zeit.
Was haben Sie denn gemacht? Sie haben dem Mittelstand, dem Handwerk ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen.
Das Vergabegesetz bedeutet mehr Bürokratie für Handwerk und Mittelstand. Wir haben als Erstes mit dem In
vestitionserleichterungsgesetz dafür gesorgt, dass dieses Vergabegesetz wieder fällt, meine Damen und Herren.
Wir brauchen mehr Freiraum, mehr Freiraum für den Mittelstand.
Die Studie des Instituts für Wirtschaftsförderung und Strukturpolitik hat ganz klar ausgesagt: 70 % der Firmen in Sachsen-Anhalt haben nicht mehr als 20 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von nicht mehr als 1 Million €. Das heißt, die Struktur des kleinen Mittelstands und des Handwerks ist hier eine ganz andere als in den alten Bundesländern. Darauf muss sich die Wirtschaftspolitik orientieren.
Was Sie mit Ihrer Wirtschaftspolitik gemacht haben, bedeutete mehr Bürokratie, mehr Regulierung, weniger Freiräume, um Arbeitsplätze zu schaffen. Das muss endlich ein Ende haben.
Wir brauchen mehr Investitionen hier im Land und wir brauchen eine effizientere Mittelstandspolitik.
Und, Frau Dr. Sitte, ein Wort zur Bildungspolitik. In der Tat, auch das ist ein Schwerpunkt dieser neuen Koalition. Ein Wort zur Bildungspolitik noch.
Sie sind es doch gewesen mit Ihren Stimmen, die das 13. Schuljahr im siebenten Jahr der deutschen Einheit eingeführt haben. Warum haben wir das in SachsenAnhalt eigentlich gebraucht? Heute führen die alten Bundesländer das Abitur nach zwölf Jahren ein. Und wir haben uns den alten Hut aufsetzen lassen von der Politik, die damals in der alten Bundesrepublik gemacht worden ist.
Lassen Sie uns doch endlich die alten Zöpfe abschneiden. Wir müssen in der Tat ideologiefrei über Bildungs- und Wissenschaftspolitik diskutieren. Deswegen haben wir auch ganz klar vorgeschlagen - auch der neue Kultusminister dieses Landes, Herr Professor Olbertz, tritt dafür ein -: Wir brauchen mehr Eigenverantwortung für die Schulen, mehr Autonomie für die Hochschulen, mehr Wettbewerb.
Zu dem Thema Wettbewerb zwischen den Hochschulen gehört auch, dass man die Studenten in der Bundesrepublik nicht mehr hin und her schickt über eine zentrale Vergabestelle für Studienplätze. Die muss endlich fallen, meine Damen und Herren. Das ist ein Freiheitsthema für Bildungseinrichtungen, auch in diesem Land.
Sie haben auch mit Ihrer Wissenschaftspolitik nach außen immer wieder den Eindruck vermittelt: SachsenAnhalt will nicht mehr, sondern weniger Studierende.
Diese Landesregierung wird auch an dieser Stelle einen Schwerpunkt setzen mit ihrem internationalen Hochschulmarketing. Wir werden im Ausland, aber auch in ganz Deutschland dafür werben, dass junge Menschen
ein Interesse daran haben, hier an den Universitäten und Hochschulen zu studieren. Das ist die Politik dieser Regierung. Das haben Sie in der Vergangenheit versäumt.
Und, Herr Püchel, was die Spallationsneutronenquelle anbelangt, eines der acht größten EU-Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von 7 Milliarden €: Diese Spallationsneutronenquelle ist ein ganz wichtiges Forschungsvorhaben, insbesondere für den Osten und die neuen Bundesländer.
Ich war, wie Sie wissen, bildungs- und forschungspolitische Sprecherin im Deutschen Bundestag.
Ich war mir dessen bewusst, dass es in Europa noch mehr Mitwettbewerber gibt, im Übrigen heute noch. In Großbritannien gibt es zwei Mitbewerber für dieses ESSProjekt, und in Schweden. Es geht darum, dass die nächste Bundesregierung sich für den richtigen Standort in den neuen Bundesländern entscheidet, das sage ich ganz klar.
Ich kann nicht verstehen, dass Sie in Ihre Informationspolitik damals die Bundestagsabgeordneten - das war im Juni vergangenen Jahres - und auch die Wissenschaftler der hiesigen Universitäten nicht einbezogen haben. Ich habe in diesem Jahr, Anfang dieses Jahres, noch mit Naturwissenschaftlern an der Martin-LutherUniversität gesprochen, die noch nichts über dieses EUVorhaben, über dieses Forschungsprojekt gewusst haben. Ich habe es ihnen erzählt.
Jetzt, als klar ist, dass diese Landesregierung sich auch an der Kofinanzierung für dieses EU-Forschungsprojekt beteiligen wird, bin ich gern bereit, das auch zu unterstützen. Denn die Entscheidung dafür fällt im nächsten Bundestag durch die nächste Bundesregierung.
Meine Damen und Herren! Leider hat die FDP-Fraktion heute noch nicht so viel Redezeit wie die anderen Fraktionen.
Deswegen sage ich Ihnen: Es kommt für die Politik dieses Landes darauf an, dass wir auch Visionen vermitteln. Die FDP hat die Vision, dass das Eingangsschild zu Sachsen-Anhalt lautet: „Willkommen in der Zukunft!“, wie ich es neulich in einer mittelständischen Firma, einem Medienunternehmen, gesehen habe. Ich möchte, dass die Menschen, die wir zu Besuch haben, den Eindruck gewinnen, dass sie hier in der Zukunft sind, dass sie sehen, dass etwas passiert und moderne Arbeitsplätze entstehen.
Das muss die Politik sein, das ist unser Ziel. Dafür hat der Ministerpräsident unsere volle Unterstützung. - Vielen Dank.