„Wir haben nach Amerika die meisten Truppen in internationalen Einsätzen - mehr als Frankreich und England.“
Diese Fakten sprechen für sich und lassen gerade deshalb erhebliche Zweifel an der Standfestigkeit der Position der Bundesregierung aufkommen. Das zeigt sich auch daran, dass SPD und Grüne nicht bereit waren, im Deutschen Bundestag einem gleich lautenden PDSAntrag die Zustimmung zu geben.
Das zeigt sich aber auch an dem heute von der SPD vorgelegten Alternativantrag, bei dem sich mir nicht erschließt, aus welchen Gründen dieser vorgelegt worden ist. Aber die Debatte wird diesbezüglich, denke ich, für Aufklärung sorgen.
Meine Damen und Herren! Zusammenfassend bleibt aus der Sicht der PDS festzustellen - was auch in der Begründung zu dem Antrag zu lesen ist -: Konflikte können nur dauerhaft gelöst werden, wenn dies unter gewaltfreien, demokratischen und gerechten Bedingungen für alle Seiten und der Öffnung für eigenständige Entwicklungsmöglichkeiten aller betroffenen Konfliktparteien abläuft. Aus diesem Grund muss der Krieg gegen den Irak und eine deutsche Beteiligung daran konsequent abgelehnt werden. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Wir treten in die Debatte der Fraktionen ein. Die Landesregierung hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Dr. Fikentscher das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages am 13. September dieses Jahres sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder: Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einer militärischen Intervention - es ging um den
Irak - nicht beteiligen. Zuvor hatte er Gründe für diese Haltung dargelegt. Es sind zusammengefasst folgende:
Erstens. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist in keiner Weise beendet. Sein Erfolg hängt auch vom Zusammenhalt der internationalen Koalition gegen den Terrorismus ab. Diese wäre durch einen Krieg gegen den Irak gefährdet.
Zweitens. Die deutsche Entscheidung, in Afghanistan militärisch zu intervenieren, und der anhaltende Kampf in diesem Land gegen den Terrorismus kann nicht ohne Konsequenzen für das weitere Verhalten Deutschlands und seine Möglichkeiten bleiben.
Drittens. Der Nahe Osten ist eine sensible und instabile Region. Niemand hat bisher ein schlüssiges und nachvollziehbares Konzept auf den Tisch gelegt, aus dem klar wird, was nach einer militärischen Intervention dort passieren wird und kann.
Meine Damen und Herren! Die Mehrheit des deutschen Volkes hat bei den Bundestagswahlen entschieden, dass Gerhard Schröder weitere vier Jahr lang Bundeskanzler bleiben soll. Damit bleibt seine klare Aussage auch in dieser Frage Richtlinie deutscher Politik. Diese unterstützen wir.
Wir unterstützen sie, wie es bei einer flüchtigen Betrachtung auch der PDS-Antrag zu tun scheint. Dennoch haben wir gegen den Antrag schwerwiegende Einwände und legen eine Alternative vor.
Unsere Einwände richten sich nicht gegen den sehr allgemeinen Begriff „Krieg gegen den Irak“; denn die konkrete Situation ist eindeutig. Es geht nicht um irgendeinen Krieg, sondern um die gegenwärtige Situation, die allen hinlänglich bekannt ist. Aber zur konkreten Situation gehört auch der Hinweis auf die Bundespolitik; denn dort liegt die Entscheidungskompetenz und nicht im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Obwohl - das darf ich anmerken - eine Debatte darüber durchaus in unserer Kompetenz liegt, denn der Landtag debattiert über öffentlich allgemein interessante und wichtige Fragen. Und das ist eine Frage, die für die Bevölkerung wichtig ist.
Aber unsere Hauptkritik richtet sich gegen die Begründung des Antrages. Es liegen Welten zwischen unserer Auffassung und der der PDS. Es ist historisch falsch, wenn behauptet wird, am 17. Januar 1991 begann der Golfkrieg. Richtig ist, dass der Golfkrieg, genauer gesagt der zweite Golfkrieg, am 2. August 1990 begonnen hat. Genauso wie der Zweite Weltkrieg nicht mit dem Eintritt der Alliierten in den Krieg begonnen hat, sondern mit dem Angriff Hitler-Deutschlands auf Polen, so begann der Golfkrieg nicht mit dem Angriff der Allianz von 26 Ländern unter Führung der USA am 17. Januar 1991 auf den Irak, sondern mit dem Angriff des Irak auf Kuwait an eben jenem 2. August 1990.
Ohne diesen Angriff wäre eine Koalition gegen den Irak nicht entstanden und hätte es den Gegenangriff auf den Irak mit Billigung der Uno nicht gegeben.
Diese Art der Geschichtsbetrachtung der PDS führt dann auch zu dem Standpunkt eines radikalen Pazifismus, den wir ebenfalls nicht teilen. Die Sozialdemokratie hatte seit jeher in ihren Reihen auch Pazifisten. Sie war aber nie eine pazifistische Partei. Für uns ist klar, dass es Situationen geben kann, in denen Kriege geführt werden müssen. Dies ist genauso klar wie die Tatsache, dass der Staat nicht ohne Gewalt auskommt und sich die Medizin nicht auf Vorbeugung beschränken kann.
Meine Damen und Herren! Uns ist sehr wohl bewusst, dass über die Begründung nicht abgestimmt wird. Doch wer in Kenntnis dieser Begründung dem Wortlaut des Antrags zustimmt, gerät leicht in die Gefahr, missdeutet zu werden; denn seine eigene Begründung, die ganz anderer Natur sein kann, wird nicht in angemessener Weise wahrgenommen. Dem wollen wir uns nicht aussetzen und werden unsere Stimme nur unserem Alternativantrag geben. - Danke schön.
Herr Dr. Fikentscher, hätten Sie einen ähnlichen Antrag zur Unterstützung der Bundesregierung gestellt, wenn Gerhard Schröder zu dem Schluss gekommen wäre, ein Krieg gegen den Irak sei notwendig, sei völkerrechtlich gedeckt und würde nicht ohne Unterstützung der Amerikaner und anderer Nationen vonseiten deutscher Soldaten erfolgen können? Was ich damit sagen will ist: Gegen den Krieg irgendwelche Anträge zu stellen, ist immer einfach. Aber sich in der Öffentlichkeit hinzustellen und über notwendige Konsequenzen und notwendige Maßnahmen zu diskutieren, dem verweigern sich zu viele Kräfte in diesem Land.
Das mag sein, aber nicht wir. Wir haben den Beweis dafür, dass wir auch zu so etwas ja sagen, angetreten: im Kosovo, in Bosnien, in Afghanistan.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich schon gewundert. Herr Dr. Fikentscher hat eigentlich zu Recht festgestellt: Der Landtag hat keine Ent
scheidungskompetenz in außenpolitischen Fragen. Darin gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Fikentscher.
Ich habe mich trotzdem gewundert - nachdem ich es von der PDS gewohnt bin, dass sie zu diesen Themen ständig solche Anträge stellt, über die eigentlich nur der Bundestag bzw. die Bundesregierung entscheiden kann -, dass nun auch die SPD mit einem Alternativantrag kommt.
Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Vielleicht hat es damit zu tun, dass man dem Bundeskanzler in seinen außenpolitischen Aussagen vor der Wahl nicht mehr traut und deshalb einen Antrag stellen muss, weil dieses Misstrauen da ist.
Ich sage für die FDP-Fraktion ganz klar: In der Tat ist das ein Thema, das die Menschen in diesem Land emotional bewegt, meine Damen und Herren. Es ist ein Thema, das die Menschen beschäftigt, und auch zu Recht. Trotzdem halte ich es eigentlich für unverantwortlich, dass wir in den letzten Wochen und Monaten einen Wahlkampf erlebt haben, in dem ein Bundeskanzler namens Schröder dieses Thema instrumentalisiert hat und mit den Ängsten der Menschen in diesem Land gespielt hat.
Ich halte es auch für moralisch verwerflich, für politisch verantwortungslos, mit der verständlichen Sorge der Menschen vor einem Krieg Wahlkampf zu betreiben.
Der Bundeskanzler hat einen deutschen Weg angekündigt, einen deutschen Sonderweg. Die verheerenden Konsequenzen früherer deutscher Sonderwege sind, glaube ich, uns allen noch deutlich in Erinnerung.
Gerade aber vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sollten wir in der ersten Reihe derjenigen stehen, meine Damen und Herren, die der von dem irakischen Diktator Saddam Hussein ausgehenden Gefahr für den Weltfrieden entschlossen entgegentreten. Es steht außer Frage, dass sein Regime im Besitz umfassender Arsenale von Massenvernichtungswaffen ist und inzwischen auch über eine Trägertechnologie verfügt, mit der er sie weit über die Region hinaus zum Einsatz bringen kann. Dass Saddam Hussein hierbei keinerlei Skrupel hat und hatte, hat er wiederholt beim Einsatz von chemischen und biologischen Kampfstoffen gegen seine eigene Bevölkerung und im Krieg gegen den Iran bewiesen.
Der Irak stellt unter Saddam Hussein also eine ganz konkrete Bedrohung und Herausforderung dar, der sich die Gemeinschaft zivilisierter Staaten, meine Damen und Herren, dringend entgegenstellen muss.
Anstatt die Verbündeten durch unabgestimmte öffentliche Äußerungen zu verprellen, wäre die Bundesregierung daher gut beraten, gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Union und in der Nato
Meine Damen und Herren! Dabei hat die Vergangenheit gezeigt, dass im Umgang mit dem Irak diplomatische, politische und wirtschaftliche Druckmaßnahmen nur dann
Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie als Ultima Ratio von der Staatengemeinschaft auch erzwungen werden können. Deshalb ist es eine unverantwortliche Stärkung der Stellung Husseins, a priori eine wie auch immer geartete Teilnahme an Zwangsmaßnahmen gegen sein Regime abzulehnen.
Es besteht für die FDP auch auf Bundesebene kein Zweifel daran, dass hierfür ein eindeutiges Mandat des Uno-Sicherheitsrates vorliegen muss, meine Damen und Herren. Völkerrechtlich fragwürdige Umdeutungen und Auslegungen früherer Mandate sind aus unserer Sicht nicht zulässig. Das von der Uno-Charta vorgegebene Gewaltmonopol der Vereinten Nationen muss uneingeschränkt erhalten bleiben. Deswegen verurteilen wir auch die Vorgehensweise der Amerikaner.