Ich glaube auch nicht, dass es angemessen ist, in diesem Zusammenhang, wenn wir über die Rechte von Kindern reden, zu sagen, es sei kein Recht, sondern eine staatliche Leistung für diejenigen, die sie brauchten, aber nicht für jedermann. - Das war wieder ein Zitat des Ministers. Es ist für jedes Kind ein Recht, und daran, bitte schön, halten zumindest wir fest.
Das zunehmende Sich-Herausziehen des Landes aus der Finanzierung dieses Kinderrechts ist auch darum zutiefst unsozial, weil die Kommunen besonders hier im Osten nichts mehr zum Zulegen haben. Und weil keiner mehr etwas zulegen kann, deshalb müssen Sie an die Standards heran, deshalb müssen Sie die Standards zur Disposition stellen. Was Sie hier erklärt haben - ich muss das alles gar nicht wiederholen -, ist schlimm genug. Ich fürchte, es bleibt nicht einmal dabei.
Im Übrigen: Die Tagesmütter, haben Sie gesagt, brauchten dann auch eine hoch qualifizierte Ausbildung. Na schön, wir werden sehen, wie Sie uns dieses Konzept der Tagesmütter vorlegen. Ich kann mich in diesem Zusammenhang noch an Debatten aus der ersten Legislaturperiode erinnern, als wir das alles schon einmal hatten.
Was die Sozialassistenten betrifft: Ich kenne sie zu wenig, um mir ein Urteil zu bilden, nur müssen Sie mir einmal erklären, wie bitte schön diese Sozialassistenten in den Einrichtungen zu einer Arbeitsstelle kommen sollen.
Wie sollen sie denn in die Einrichtungen reinkommen? - Wir haben zurzeit ausreichend ausgebildete und qualifizierte Kindergärtnerinnen in den Einrichtungen, und die arbeiten nicht einmal voll. Wie soll denn das funktionieren? - Ich fürchte, Sie machen sich etwas vor und bauen wieder ein Versprechen auf, das Sie am Ende nicht halten können.
Die PDS hat sich seit dem Jahr 1991 für die Sicherung eines hohen Niveaus der Kinderbetreuung eingesetzt. Das war auch gerade zu Zeiten der SPD-Regierung nicht immer leicht und auch nicht immer von Erfolg gekrönt.
Es ist allerdings schon dreist, zu behaupten, ohne die PDS wäre in den letzten acht Jahren nichts anderes herausgekommen. Ich kann mich an heftige Debatten erinnern, die wir mit der SPD-Fraktion, mit den Ministerien und auch mit dem Ministerpräsidenten geführt haben.
Nur einige Beispiele: Bereits im Jahr 1995 hatte die SPD-Fraktion ein Gesetz vorgelegt, mit dem die Platzpauschale auf 280 DM gesenkt werden sollte. Nach langwierigen Verhandlungen und nach dem Durchrechnen aller Modalitäten wurde diese auf Druck der PDS auf 370 DM festgelegt.
Ich gebe zu, auch ich habe mir nach den harten Debatten nicht vorstellen können - denn dieses Gesetz ist in vielen Dingen sehr gut gewesen -, dass die SPD nach nur zwei Jahren schon wieder an die Pauschale geht. Sie wollte dann nur noch 250 DM für einen Kindergartenplatz ausgeben. Wir haben das dann nur noch wenig erhöhen können, nämlich um 20 DM pro Platz. Immerhin haben wir aber eine schrittweise und langsamere Absenkung durchgesetzt. Außerdem haben wir gemeinsam mit der SPD eine Prüfung der Auskömmlichkeit vereinbart. Diese Prüfung hat dann gezeigt, dass es schon schwierig war, die Kinderbetreuung mit dieser Platzpauschale abzusichern.
Auf Druck der PDS wurde der Anspruch auf einen Ganztagsplatz mit zehn Stunden Betreuung definiert. Das können Sie auch in den Protokollen der Ausschüsse nachlesen.
- Das ist nicht unsinnig. Sie, Frau Feußner, haben dort einen Ganztagsplatz mit vier Stunden Betreuung gefordert. Dazu müssen Sie einmal erklären, wie dann die Berufstätigkeit von Eltern noch abgesichert werden kann!
(Beifall bei der PDS - Frau Feußner, CDU: Genau so ist es! Das heißt aber nicht, dass die Einrich- tungen nur vier Stunden geöffnet haben! Sie ver- stehen das wahrscheinlich nicht!)
Die tatsächliche Inanspruchnahme der Betreuungsleistung - die SPD und das Ministerium sind damals von etwa sieben Stunden ausgegangen - lag bei fast neun Stunden täglich. Sie wollen aber nur vier Stunden haben. Wissen Sie eigentlich, was Sie damit tun?
Es gibt noch eine ganze Menge mehr Positiva des derzeitigen Kinderbetreuungsgesetzes: das Recht auf Ganztagsbetreuung, das den Eltern eine Vollzeitarbeit erlaubt, das Recht auf laufende Anmeldung - von den Warteschlangen, die es schon wieder gibt, wurde schon gesprochen -, die Zusammenarbeit von Hort und Schule zur Hausaufgabenbetreuung und Wegebegleitung und vieles andere mehr. Auch das, meine Damen und Her
Sagen Sie nicht, dass wir uns das alles nicht leisten könnten. Sagen Sie nicht, wir seien ein so armes Land, dass wir uns diese konsumtiven Ausgaben - die Sie immer gefordert haben zu streichen - nicht leisten könnten.
Frau Hüskens, Sie haben vorhin erklärt, dass es in Europa kein besseres Kinderbetreuungsrecht gebe. Ich habe aber eines kennen gelernt. Finnland hat ein besseres. Finnland ist kein reiches Land, leistet sich aber drei Betreuungskräfte für 21 Kinder, wovon eine eine universitäre Ausbildung hat. Dort arbeiten zusätzlich zu den drei Betreuerinnen Assistentinnen - das wäre dann der Platz für unsere Sozialassistentinnen - und Sonderpädagogen, Krankenschwestern sowie nach Bedarf auch Ärzte mit den Einrichtungen zusammen.
Finnland bietet ein Jahr vor dem Schuleintritt vier Stunden Vorschulunterricht kostenlos an. In den Elternbeiträgen, die im Maximum 200 € betragen und bis auf null gesenkt werden können, sind drei Mahlzeiten enthalten. Es ist schon so, dass die Entwicklungsbedingungen von Kindern in Finnland - und zwar von null Jahren bis zu den ersten Jahren der Schulbetreuung - deutlich besser als in Deutschland sind, und zwar in Ost- wie in Westdeutschland, obwohl wir im Osten immer noch einen deutlichen Vorsprung gegenüber dem Westen haben. Damit ist auch die Chancengleichheit, die Chancengerechtigkeit und sind die Lebenschancen der Kinder in Finnland besser.
Wenn wir aber den umgekehrten Weg gehen, müssen wir uns überhaupt nicht wundern, wenn dann solche Ergebnisse herauskommen, wie sie überall beklagt werden. Unsere Defizite sind hausgemacht.
Wir stehen für ein kinderfreundliches Sachsen-Anhalt, damit dieses Land eine Zukunft hat. Wir werden die entsprechenden Proteste der Betroffenen unterstützen. - Danke schön.
Frau Dr. Hein, würden Sie mir zustimmen, dass der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung, welchen Sie als Rechtsanspruch des Kindes bezeichnet haben - dem ich auch zustimmen möchte -, Anfang der 90er-Jahre von der Regierungskoalition aus CDU und FDP eingeführt worden ist? Würden Sie mir auch darin zustimmen, dass es Ihre Regierung aus PDS und SPD in den letzten acht Jahren war, die das Schulhortgesetz - schulortnahe Betreuung von Kindern in Ganztagseinrichtungen an Schulen - welches vom Land mitfinanziert wurde, abgeschafft hat?
Eine letzte Bemerkung: Würden Sie das, was Sie heute an Kritik vorgetragen haben - die meines Erachtens unberechtigt ist -, auch Ihren Genossen von der PDS in Mecklenburg-Vorpommern erzählen, die ein wesentlich schlechteres Kindertagesstättengesetz haben?
Ich fange mit der letzten Frage an: Das Kindertagesstättengesetz in Mecklenburg-Vorpommern stammt aus Regierungszeiten der CDU.
(Frau Feußner, CDU: Da haben Sie aber lange gebraucht! - Herr Gürth, CDU: Sie sind wenig glaubwürdig! - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)
- Sicher. Aber es wurde nicht verschlechtert. Die Mecklenburger sind in einigen Parametern sogar besser als wir in Sachsen-Anhalt.
Zum Hortgesetz muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, dass es eine Erfindung der FDP gewesen ist.
Darin wurden die Schule und der Hort voneinander getrennt. Dies ist der Ausgangspunkt dafür gewesen, dass die Hortbetreuung in dieser Form auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten war. Sie haben im Übrigen auch die Hortbetreuung damals im Kindertagesstättengesetz festgeschrieben. Ich kann mich noch sehr gut an die Debatten erinnern, als mir damals Kindergärtnerinnen, die diesen 150-Stunden-Kurs absolviert hatten, sagten, Hortbetreuung könnten sie auch. Den Ausgangspunkt dieser Entwicklung haben Sie selbst gelegt.
Zu Ihrer ersten Frage: Ja, Sie haben den Rechtsanspruch damals festgeschrieben. Ich habe vorhin gesagt, dass ich das für eine Leistung halte. Aber Sie wollen den jetzt abschaffen, nicht wir.
Frau Hein, Sie haben eingangs gesagt, dass Sie den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz als Recht
des Kindes begreifen. Habe ich das so zu verstehen, dass Sie der Auffassung sind, dass gerade ein kleines Kind in einer staatlichen Einrichtung besser aufgehoben ist als bei seinen Eltern?