Zum einen sind die Kosten für Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb der Infrastruktur überhöht. Da die Deutsche Bahn AG über ein weitgehendes Monopol als Netzbetreiber verfügt, fehlt bei der Netzplanung und der Bewirtschaftung der durch den Wettbewerb ausgelöste Effizienzdruck.
Hinzu kommt, dass die Kosten der regionalen Infrastruktur nicht transparent sind. Dies ist besonders kritisch angesichts der Tatsache, dass die Finanzierungsverantwortung für die Planung, den Bau und den Betrieb der regionalen Infrastruktur in Form von Trassenpreisen und Investitionszuschüssen überwiegend den Bundesländern obliegt. Insbesondere muss die Möglichkeit grundsätzlich erhalten bleiben, auch die Schieneninfrastruktur, soweit sie praktisch ausschließlich von Zügen des SPNV befahren wird, zu regionalisieren.
Meine Damen und Herren! Über kurz oder lang führt kein Weg an sauberen Strukturen vorbei: Netz und Transport trennen, das Netz wettbewerbsneutral als bundeseigene Gesellschaft führen und die Transport- und Logistiksparten vollständig privatisieren.
Ich hätte mir für Sachsen-Anhalt gewünscht, dass endlich ein echter Wettbewerb die Schiene erreicht. Preis
strukturen sind grundsätzlich vom Marktgeschehen abhängig. Dazu gehört jedoch eine Wettbewerbssituation, die jedem Anbieter prinzipiell die gleichen Marktbedingungen beschert.
Deshalb noch einmal: Netz und Betrieb trennen, allen Anbietern gleiche Zugangsbedingungen bieten, dann kämen wir zu zukunftsfähigen Bahn- und Preisstrukturen. Davon sind wir aber heute noch weit entfernt. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wir haben den letzten Debattenredner gehört. Beschlüsse zur Sache werden gemäß § 43 unserer Geschäftsordnung nicht gefasst. Wir haben beide Themen abgehandelt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 1 abgeschlossen. Mein Kollege Fikentscher wird nun die Leitung der Sitzung übernehmen.
Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der von uns heute vorgelegte Antrag hat aufgrund seiner kurzen und präzisen Aussage schon im Vorfeld der heutigen Landtagssitzung erheblich für Diskussionen gesorgt. Manchmal denkt man sich, wenn eineinhalb Zeilen so viel auslösen, wäre es vielleicht besser, seitenlange Anträge ein Stück weit zu kürzen.
Das wäre im Interesse aller - inklusive der eigenen Fraktion. Die Spannungen innerhalb der Koalition zu diesem Thema sind fassbarer geworden, politische Differenzen kamen klar zum Ausdruck. Wenn man eine solche Entwicklung mit einem Antrag auf einer Landtagssitzung erreicht hat, kann man als Opposition schon fast zufrieden sein. Aber hierbei geht es um deutlich mehr. Was wollen wir erreichen?
Erstens. Der Landtag soll sich dazu bekennen, neben der Einheitsgemeinde auch das Modell einer qualifizierten Verwaltungsgesellschaft in den kommunalen Strukturen des Landes Sachsen-Anhalt weiterhin zu ermöglichen.
- Verwaltungsgemeinschaft, gut. Wir kommen später noch zu Begriffen. Das ist tatsächlich ein interessanter und
Zweitens. Die Menschen in diesem Land sollen Klarheit darüber bekommen, wie die kommunalen Strukturen in den nächsten Jahren verändert werden sollen und welchen Handlungsrahmen ihnen die Landespolitik dazu vorgibt.
Lassen Sie mich nun auf die erste der beiden Zielstellungen eingehen. Die Linkspartei.PDS hat spätestens seit Beginn der dritten Legislaturperiode intensive Debatten über die kommunalen Strukturen im Land SachsenAnhalt geführt und dabei Positionen erarbeitet, die auch bei uns - das will ich überhaupt nicht leugnen - zu erheblichen internen Auseinandersetzungen geführt haben.
Uns ist dabei klar geworden, dass bei diesen Fragen mehrere Zielstellungen miteinander abgeglichen werden müssen. Die Frage am Ende ist nur: Welche Zielstellung hat die Priorität?
Bei kommunalen Strukturfragen spielen die Qualität und die Effizienz der Verwaltungsarbeit genauso eine Rolle wie möglichst bürgernahe politische Entscheidungsfindungen. Darüber hinaus muss der Einsatz öffentlicher Mittel in der kommunalen Struktur optimal erfolgen können. Gleichzeitig müssen es kommunale Strukturen ermöglichen, dass die Landesverwaltung in ihrer Gesamtheit effektiv und effizient arbeiten kann. Weitere Aspekte sind raumordnerische, kulturelle und historische Belange, die unter anderem deswegen Berücksichtigung finden müssen, weil dadurch die Identifikation des Bürgers mit seiner Kommune entweder befördert oder aber verhindert wird.
Jedes einzelne dieser Ziele wird wahrscheinlich von allen Mitgliedern des Landtages unterstrichen. Unterschiedliche Positionen ergeben sich erst daraus, dass man unterschiedliche Prioritäten setzt und möglicherweise unterschiedliche Wege beschreiten will, um solche Dinge zu erreichen.
Beispielsweise müssen kleine kommunale Einheiten nicht immer bürgernah sein, wenn sie Kompetenzen und Ressourcen verloren haben, öffentliche Daseinsvorsorge zu gestalten oder zu garantieren. Größere kommunale Einheiten müssen demgegenüber nicht immer effizient sein, weil sie Probleme haben, bürgerschaftliches Engagement zu mobilisieren oder plebiszitäre Willensbildung zu ermöglichen. Wichtig erscheint uns aber, auf jeden Fall das Spannungsverhältnis bei all diesen Entscheidungen bewusst zu machen und daraus abgewogene Vorschläge zu erarbeiten.
Dabei kommt die Linkspartei.PDS zu einer differenzierten Betrachtung der beiden kommunalen Ebenen. Während wir auf der Kreisebene die inhaltliche Stärkung der kommunalen Körperschaft durch die Überführung in Regionalkreise als absolute Notwendigkeit erachten, weil dadurch zum Beispiel die Auslagerung von Kompetenzen in faktisch schlecht zu kontrollierende Zweckverbände verhindert werden kann oder wir die Möglichkeit haben, Landeskompetenzen in die kommunale Ebene der Kreise zu geben; ich nenne zum Beispiel die aktuelle Diskussion bezüglich der Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung. Deshalb wollen wir an dieser Stelle ausdrücklich die Positionierung für diese Regionalkreise.
Allerdings - das sage ich auch ausdrücklich - gibt es auf der gemeindlichen Ebene eine andere Prioritätensetzung. Hier gibt es eine sehr viel höhere Bedeutung der Frage: Wie weit kann sich der Bürger mit seiner kommunalen Struktur identifizieren? Ich weiß, dass das auch auf der Landkreisebene eine Rolle spielt. Ich sage aber deutlich: Ob ein Landkreis 170 000 oder 200 000 Einwohner hat oder ob sich die Menschen möglicherweise in einem Regionalkreis mit 450 000 Einwohnern wiederfinden, ist bei Weitem keine so große Differenz in der Möglichkeit, sich mit dieser Kommune zu identifizieren, als wenn ich eine Einheitsgemeinde von 10 000 Einwohnern habe und auf der anderen Seite eine historisch gewachsene Gemeinde mit 1 000 Einwohnern. Darin besteht eine erheblich größere Differenz.
Deshalb sagen wir: Bei der gemeindlichen Ebene spielt die Frage der Identifikation des Bürgers mit seiner Kommune eine erheblich größere Rolle als bei den Landkreisen.
Aus diesem Grund hat die Linkspartei.PDS im Sommer 2005 nach mehrjähriger Diskussion über dieses Thema beschlossen, für die gemeindliche Ebene die mögliche Existenz von zwei Modellen - das der Einheitsgemeinde und das der qualifizierten Verwaltungsgemeinschaft - vorzuschlagen. Beide Modelle unterscheiden sich dadurch, dass bei der Einheitsgemeinde eine politische Gemeinde eine eigene Verwaltung hat und bei der Verwaltungsgemeinschaft mehrere selbständige politische Gemeinden ihre Dinge gemeinsam in einer Verwaltungsgemeinschaft erledigen.
- Das ist deshalb interessant - das sage ich Ihnen auch sehr deutlich -, weil dieser einfache Fakt in dem Alternativantrag der Koalition schlichtweg vergessen worden ist. Aber dazu später.
Vor dem Hintergrund, dass aus unserer Sicht eine Verwaltung effektiv und bürgernah agieren kann, wenn sie für mindestens 10 000 Bürger verantwortlich ist, und zwar unabhängig davon, ob dies in einer Einheitsgemeinde oder einer Verwaltungsgemeinschaft geschieht, müssen wir andererseits garantieren, dass innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft maximal zehn Mitgliedsgemeinden existieren. Sonst wäre der koordinative Aufwand innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft zu groß und dieses Modell würde in der Tendenz unattraktiv.
Wir sagen ferner ausdrücklich, dass die Dinge, die überörtlich innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft erledigt werden müssen, also überörtliche Funktionen auch aus der politischen Gemeinde, in die Verwaltungsgemeinschaft gelegt werden müssen.
Das sind die beiden Grundrahmenbedingungen, von denen wir ausgehen und die die Möglichkeit, Verwaltungsgemeinschaften in diesem Land zu realisieren, weiterhin attraktiv machen würden. Diese Dinge werden wir auch weiterhin in die Diskussion einbringen.
Auch wir wissen, dass es Einheitsgemeinden gibt, die in der internen Willensbildung hervorragend funktionieren. Es gibt Einheitsgemeinden, die über Ortschaftsverfassungen bessere interne politische Willensbildungsprozesse haben als einige Verwaltungsgemeinschaften. Wir sagen im Umkehrschluss aber auch: Es gibt durchaus
Verwaltungsgemeinschaften, die ihre Verwaltung so gut organisiert haben, dass sie erheblich besser und billiger sind als andere Einheitsgemeinden, die intern eine Reihe von Problemen mit diesen Dingen haben.
Wir argumentieren mit der Möglichkeit dieser zwei Modelle nicht gegen die Einheitsgemeinde, sondern wir sagen, dass die Leute vor Ort die Möglichkeit erhalten sollen, entweder das eine oder das andere Modell für sich zu realisieren. Das ist das Anliegen unseres heutigen Antrages. Deswegen wollen wir beide Modelle in der politischen Diskussion halten.
Wir wollen das unter anderem deswegen machen, weil wir der festen Überzeugung sind: Wenn man politisch selbständige Gemeinden gegen ihren Willen in eine Einheitsgemeinde zwingt, dann kommt das, was dann passiert, besonders gut an. Denn das ist die klassische Situation, in der man lieb gewonnene Rivalitäten untereinander weiter kultivieren kann. Das ist eine Situation, die wir uns in zukünftigen Einheitsgemeinden nicht wünschen sollten. Die Einheitsgemeinden, die jetzt im Land Sachsen-Anhalt existieren, funktionieren meistens hervorragend, und zwar aus einem Grund: Sie sind freiwillig gebildet worden.
Wir werden diese Position auch weiterhin artikulieren und wir werden mit dieser Position auch weiterhin agieren.
Nun haben wir zu unserem Antrag heute einen Alternativantrag bekommen. Dieser Alternativantrag ist sehr wohl schon ein politischer Erfolg, aber er wird Sie nicht über die nächsten Wochen und Monate bringen.
Wir haben an der kommunalen Basis die Situation, dass wir als Landespolitiker, wenn es um kommunale Strukturfragen geht, ohnehin nicht mehr wohl gelitten sind.
Wir hatten dazu in der vorletzten Legislaturperiode eine Diskussion mit Gesetzgebungsverfahren. Dann haben sich alle mehr oder weniger darauf eingestellt. Dann kam die Landtagswahl. Dann kam im Jahr 2002 auf einmal alles ganz anders, bis dann zum Ende der Legislaturperiode einige Dinge doch wieder auflebten, die, vorher schon einmal beschlossen, inzwischen wieder aufgehoben worden sind. Wir sehen jetzt, dass nach dem nächsten Regierungswechsel, den wir gehabt haben, bezüglich der kommunalen Struktur wieder eine völlig neue Situation eingetreten ist.