Die „Zuckerrübenzeitung“ schreibt im Januar 2007 - wir wissen auch, wie sich die Strukturen bei uns in den neuen Bundesländern verändert haben -, dass Rumänien zehn Zuckerfabriken und Bulgarien sechs Zuckerfabriken hat. Bei der Anbaufläche und der anstehenden Zuckermarktordnung sowie bei einem Beschäftigtenanteil in der Landwirtschaft der beiden Staaten von rund 30 % scheint eine Verschärfung der Lage vorprogrammiert zu sein.
Aufgrund der geografischen Lage und infolge der traditionellen Handelsbeziehungen spielen die mittel- und osteuropäischen Länder für Ostdeutschland eine größere Rolle als für die anderen Bundesländer. Die direkten Chancen und Risiken sind jedoch noch ein wenig diffus.
Auch die große Erweiterungsrunde vor drei Jahren hat Sachsen-Anhalt bisher offenbar kaum beeinflusst, mit Ausnahme der erwähnten Twinning-Projekte und der gestiegenen Verkehrsintensität durch den Transit von Lkw und Pkw.
Als im Allgemeinen sehr problematisch für die neuen Bundesländer erscheint uns die neue Billiglohnkonkurrenz. Die starke Abhängigkeit der ostdeutschen Wirtschaft von den Strukturen der Altbundesrepublik sowie das weitgehende Fehlen großer, leistungsstarker Unternehmen macht es den neuen Bundesländern aber sehr schwer - Herr Kollege Schulz, Sie sprachen es an -, dem aus der EU-Osterweiterung entstehenden Druck zu widerstehen.
Die ostdeutschen Probleme mit der EU-Osterweiterung werden in den unmittelbaren Grenzregionen besonders stark spürbar sein. Ich nenne das Tankstellensterben an den ehemaligen Grenzen. Viele der dort ansässigen Unternehmen haben Angst vor billiger Konkurrenz und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten um die wenigen Arbeitsplätze.
Auf längere Sicht wird sich die EU-Erweiterung auf den ostdeutschen Aufholprozess durchaus auswirken und auch die EU-Fördermittel für Ostdeutschland werden sich langsam zugunsten der neuen Mitglieder verringern. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank für den Beitrag. - Ich rufe den Beitrag der SPD-Fraktion auf. Der Abgeordnete Herr Tögel hat das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Herr Czeke, ich habe lange nicht mehr einen so destruktiven und grottenschlechten Redebeitrag in diesem Landtag gehört.
Ich muss sagen, es erschreckt mich, wie wenig Solidarität Sie mit ihren alten Klassenkampfbrüdern üben
und wie wenig Sie vor allem auch die Möglichkeiten der Entwicklung für diese Länder in den Mittelpunkt Ihrer Rede gerückt haben. Sie haben die Sache lediglich aus Ihrem eingeschränkten Blickwickel eines Agrarpolitikers kritisch beurteilt.
Herr Czeke, vielleicht sollten Sie Ihre Mitgliedschaft im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien überdenken und in einen anderen Ausschuss wechseln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie sicherlich nicht verwundern, dass ich den Schwerpunkt meiner Ausführungen auf Bulgarien legen werde. Als Vorsitzender der Deutsch-Bulgarischen Gesellschaft in SachsenAnhalt liegt mir das besonders am Herzen und darin habe ich die meisten Erfahrungen.
Ich war zugegebenermaßen etwas verwundert darüber, dass der Staatsminister erst zum Schluss reden wird; denn ich habe damit gerechnet, dass er einen großen Teil der Dinge, die das Land in den letzten zehn bis zwölf Jahren in Rumänien und Bulgarien gemacht hat, vortragen wird.
In der Rede von Herrn Schulz ist bereits angeklungen, dass das Land Sachsen-Anhalt die Begegnungsstätte in Plovdiv unterhält. Für diejenigen, die es nicht wissen: Diese Begegnungsstätte ist im Jahr 2003 von der damaligen Landesregierung gegründet worden und wird seitdem mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten finanziert. Ich denke, wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir einen Output bekommen können.
Ich sage auch, dass das nicht ohne Schwierigkeiten geht. Die Verhandlungen, die wir als Deutsch-Bulgarische Gesellschaft mit der Staatskanzlei und mit dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit dazu haben, sind nicht immer einfach, weil wir natürlich auch gucken müssen, dass wir das Geld, das wir in Bulgarien ausgeben, effizient einsetzen, und weil wir natürlich auch vor den Problemen stehen, die Bulgarien derzeit hat. Ich will diese Probleme trotz des Optimismus, den ich habe, nicht außen vor lassen.
Beispielsweise haben wir in Bulgarien derzeit das Problem, dass es dort bereits seit einigen Jahren einen Braindrain gibt. Das heißt, junge, gut ausgebildete Leute gehen nach Westeuropa, weil dort die Verdienstmöglichkeiten besser sind. Es ist beispielsweise ein Problem, für unsere Begegnungsstätte gutes Personal zu finden und dieses auch bei uns zu halten.
Das Problem gibt es aber auch bei Wirtschaftsunternehmen. Wir bekommen Anfragen von Wirtschaftsunternehmen, die Personal suchen und uns darum bitten, unsere Kontakte für sie wirken zu lassen. Auch an dieser Stelle haben wir Probleme, geeignete Mitarbeiter vorzuschlagen, weil der Markt von guten Leuten wirklich leer gefegt ist.
Die Aufbruchstimmung in Bulgarien ist sehr groß und sehr viele Unternehmen aus Westeuropa und aus Deutschland drängen nach Bulgarien. Das ist natürlich
nichts, wovon Sachsen-Anhalt etwas hat; denn die Unternehmen in Sachsen-Anhalt sind nicht gerade die, die derzeit expandieren können und wollen. Aber ich denke, in anderen Bereichen haben wir gute Chancen, insbesondere mit Bulgarien eine Zusammenarbeit zu entwickeln.
Das betrifft etwa die Projekte der Infrastruktur. Die Weltbank stellt in den nächsten Jahren Mittel in Höhe von 2 Milliarden € zur Verfügung, um allein Wasser- und Abwasserprojekte in Bulgarien zu fördern. Es werden Autobahnen gebaut. Zwischen Vidin und Calafat wird eine Brücke über die Donau gebaut. Es gibt im Bereich der Altlastensanierung erheblichen Nachholbedarf; damit haben wir in den neuen Ländern, in Sachsen-Anhalt natürlich Erfahrung.
Insofern gibt es durchaus auch für Unternehmen, die Bulgarien nicht nur als Absatzmarkt sehen, Chancen, entsprechend wirksam zu werden.
Ich möchte noch einen Punkt ergänzen. Herr Czeke sagte, dass im Landwirtschaftsbereich nichts passiere. Der Rinderzuchtverband Sachsen-Anhalt pflegt bereits seit Jahren eine intensive Zusammenarbeit mit Bulgarien, ist regelmäßig in Stara Zagora und hat durch den EUBeitritt jetzt wesentlich bessere Möglichkeiten, die Zusammenarbeit weiter voranzubringen.
Der Tourismusbereich ist ein wichtiger Standortfaktor für Bulgarien; dabei kann sich Sachsen-Anhalt natürlich mit seinen Erfahrungen und Möglichkeiten einbringen. Auch das wird über die Begegnungsstätte organisiert.
Wir haben in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei einige Projekte in Vorbereitung, die dazu beitragen sollen, dass die Strukturfondsmittel, die aus Brüssel nach Bulgarien fließen, vernünftig umgesetzt bzw. überhaupt ausgegeben werden können.
Denn Bulgarien - das muss man so sagen - hat nicht den Vorteil gehabt, den wir im Jahr 1990 gehabt haben, als wir von einem Tag auf den anderen der Europäischen Union beigetreten sind, ausgebildete Fachleute zu haben. Wir haben aus den alten Bundesländern natürlich Leute bekommen mit Erfahrungen in der Umsetzung von Strukturfondsmitteln. Die fehlen Bulgarien. Wir bieten auch hierbei unsere Hilfe und Unterstützung an.
Mit dem bulgarischen Regionalministerium und der Region Süd-Zentralbulgarien versuchen wir, unsere Erfahrungen zu transformieren. Und ich werde - das sage ich ganz deutlich - darauf achten, dass das keine Einbahnstraße ist, dass eben nicht Mittel aus Brüssel über Bulgarien nach Sachsen-Anhalt zurückfließen. Vielmehr werden diese Dinge zum gegenseitigen Vorteil sein; davon profitiert die bulgarische Seite und unter Umständen können davon auch die sachsen-anhaltischen Unternehmen profitieren.
Aber eine einseitige - ich sage es einmal so - Ausnutzung der misslichen Lage, in der sich die Länder zum Teil noch befinden, halte ich für unzulässig.
Ich möchte auch auf einen Aspekt verweisen, der in der Antragsbegründung steht. Das betrifft die künftige Erweiterungspolitik der Europäischen Union. Wir hören dazu zunehmend kritische Töne. Diese Diskussion gab es schon, als Rumänien und Bulgarien beitreten sollten. Viele Politiker, viele Medien haben gefragt: Dürfen die denn das? Können die das überhaupt?
In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass den beiden Mitgliedstaaten der Beitritt zur Union - genauso wie den anderen zehn im Jahr 2004 beigetretenen Staaten - kurz nach der Wende, also Anfang der 90er-Jahre, in Aussicht gestellt wurde. Weil Rumänien und Bulgarien Schwierigkeiten hatten, die Anforderungen zu erfüllen, ist der Beitritt für diese beiden Staaten hinausgeschoben worden. Bulgarien hatte durch den Balkankrieg zusätzlich erhebliche wirtschaftliche Einbußen hinzunehmen.
Wir haben jetzt wieder die Situation, dass gesagt wird: Jetzt ist erst einmal Schluss. Das ist insofern richtig, als die Europäische Union selbst erst einmal ihre Hausaufgaben machen muss. Das ist das Thema Verfassungsvertrag.
Herr Czeke, wenn Sie vorhin kritisiert haben, dass Frau Kuneva nur den Zuständigkeitsbereich Verbraucherschutz bekommen hat und der rumänische Europakommissar für Mehrsprachigkeit zuständig ist, dann ist das natürlich eine kritikwürdige Frage, aber das hätte durch den Verfassungsvertrag, wenn er denn angenommen worden wäre, geändert werden können.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass gerade die PDS sich massiv gegen den Verfassungsvertrag ausgesprochen hat.
Ich möchte auch die öffentliche Meinung kommentieren, die dahin geht: Wir brauchen jetzt erst einmal keine weiteren Mitglieder; wir müssen Schluss machen.